Ich muss sagen ich finde die meisten „Lösungsvorschläge“ hier auch nicht besonders konkret. Insbesondere wird hier nicht darauf eingegangen, dass es praktisch immer Gründe gibt, warum die Dinge sind wie sie sind. Man kann Änderungen fordern (und viele der Forderungen sind ja grundsätzlich sinnvoll), aber dann muss man auch erklären, wie man die Rahmenbedingungen so ändert, dass eine Veränderung auch möglich wird.
Am einfachsten ist das vielleicht noch beim Wahlalter. Da gibt es ein Grundgesetz, dass das auf 18 Jahre (bei Bundestagswahlen) festlegt. Das Gesetz kann man ändern. Diverse Parteien haben das auch im Wahlprogramm. Laut diesem Artikel haben im letzten Bundestagswahlkampf Grüne, FDP, SPD und LINKE für diese Änderung geworben, CDU und AfD waren dagegen. Weil eine Grundgesetzänderung aber eine 2/3 Mehrheit braucht, gab es nach der Wahl keine Mehrheit für die Reform.
Wer den Status Quo hier ändern will, muss also entweder dafür kämpfen dass die richtigen Parteien eine 2/3 Mehrheit im Bundestag bekommen, oder er muss auf die CDU Einfluss nehmen, dass die ihre Einstellung ändert. „Die Politik“ ist hier nicht das Problem, sondern „die Wähler“ oder Alternativ „die CDU“.
Bei allen anderen angesprochenen Punkten wird es nur komplexer. Über die Repräsentation der Gesellschaft in der Politik hatte ich schon gesprochen. Am erfolgreichsten waren hier in den letzten Jahrzehnten vielleicht die Grünen im Bereich Repräsentation der Geschlechter durch die konsequente Durchsetzung einer Parteiinternen Quotenregelung.
Aber viele der von @Reiner angemahnten Probleme sind in erster Linie die Reaktion von Politikern und politischen Institutionen auf die Dynamiken einer von Meinungs- und Medienfreiheit geprägten Gesellschaft. Sprunghafte Reaktionen auf „anekdotische Ungerechtigkeit“? Wenn die BILD eine Kampagne fährt und Menschen wegen dem „Heizungshammer“ auf die Barrikaden treibt, dann hängen sich da natürlich gerne Politiker aus Opposition und FDP dran, um Beliebtheitspunkte zu sammeln. Das kann man doof finden (tue ich persönlich auch), aber „doof finden“ ist für sich noch kein „konkreter“ Lösungsvorschlag.
In anderen Fällen ist die Situation komplexer, als das Framing hier glaubhaft machen will. Begrenzung von Amtszeiten? Hört sich erstmal toll an. Bis einem klar wird, dass die Arbeit z.B. im Bundestag extrem viel Kompetenz und spezifisches Fachwissen braucht, das man sich nur im Bundestag aneignen kann. Ohne altgediente Abgeordnete würde es eine Machtverschiebung hin zur Bundestags-, Partei- und Ministerialbürokratie geben, die wiederum ihre ganz eigenen Nachteile mit sich bringt.
Auf kommunaler Ebene wiederum (wo praktisch alles ein Ehrenamt ist) können viele politische Positionen schon heute nicht mehr gut besetzt werden, eine Begrenzung der Amtszeiten würde hier de facto zu einer Entvölkerung der demokratischen Institutionen führen.
Also: Verbesserungen im demokratischen System sind immer wichtig, wir werden nie damit „fertig“ sein. Aber eine konstruktive Diskussion braucht ein wenig mehr Tiefe.