Zukunft der Gaskraftwerke mit grünem Wasserstoff

Liebes Lage-Team,

Gerade habe ich euren Beitrag im Podcast über die Problematik der Umrüstung aktueller Kraftwerke auf grünen Wasserstoff gehört. Ihr stellt zurecht fest, dass eine vollständige Umrüstung dieser Anlagen wirtschaftlich unsinnig ist und der Neubau von Wasserstoffkraftwerken eine langfristig sinnvollere Lösung darstellt. Auch eure Bedenken bezüglich des Auslaufens der CO2-Zertifikate und der damit verbundenen Betriebsschwierigkeiten von Mischkraftwerken kann ich nachvollziehen.

Jedoch wurde in eurem Beitrag ein wichtiger Aspekt übersehen: die Nutzung von synthetischem Methan. Synthetisches Methan, das aus grünem Wasserstoff und CO2 gewonnen wird, bietet eine praktikable Lösung, um die bestehende Infrastruktur zu nutzen und gleichzeitig die Umstellung auf eine nachhaltige Energieerzeugung zu ermöglichen.

Es stimmt zwar, dass die aktuellen Gaskraftwerke in der Regel nur bis zu 70% mit grünem Wasserstoff betrieben werden können, die restlichen 30% könnten jedoch problemlos durch synthetisches Methan ersetzt werden. Obwohl der Einsatz von synthetischem Methan eine zusätzliche Energieaufwendung von etwa 7-10% im Vergleich zur reinen Wasserstoffnutzung bedeutet, bietet diese Lösung erhebliche Vorteile.

Durch die Verwendung von synthetischem Methan können wir die bestehende Erdgasinfrastruktur weiter nutzen und vermeiden so die enormen Kosten und den Aufwand für eine vollständige Umrüstung oder den Neubau von Kraftwerken. Diese Übergangslösung verschafft uns die notwendige Zeit, um Schritt für Schritt die Technologie und Infrastruktur für vollständig wasserstoffbetriebene Kraftwerke zu entwickeln und zu etablieren.

Darüber hinaus würde der Einsatz von synthetischem Methan die Befürchtung entkräften, dass unsere Kraftwerke in eine betriebsunmögliche Situation geraten könnten, sobald die CO2-Zertifikate auslaufen. Solange wir bereit sind, die geringfügigen Effizienzverluste hinzunehmen, haben wir ausreichend Zeit, unsere Energieerzeugung nachhaltig und zukunftssicher zu gestalten.

Falls ihr Interviewpartner sucht, die sich viel mit Power-to-Gas befasst haben, kann ich folgende Experten empfehlen:

Dr. Michael Sterner: Der ist Professor für Energiespeichersysteme und Erneuerbare Energien an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg. Er hat umfangreiche Forschung und Publikationen zu Power-to-Gas-Technologien und deren Integration in Energiesysteme vorzuweisen.

Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES): Das IWES ist eine Forschungseinrichtung im Bereich der Energiesystemtechnik. Sie beschäftigen sich u.a. mit der Speicherung erneuerbarer Energien, einschließlich Power-to-Gas-Technologien, und hat zahlreiche Studien und Projekte zu diesem Thema durchgeführt.

Electrochaea GmbH: Diese nutzen einen biokatalytischen Prozess zur Umwandlung von CO2 und erneuerbarem Strom in synthetisches Methan und haben weitreichende Erfahrungen in der praktischen Umsetzung dieser Technologie.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Schmidt

Die Abscheidung von CO2 aus der Luft kostet doch aber auch erhebliche Energie. Ist das in dem zitierten 7-10% zusätzlichen Energieaufwand schon enthalten oder kommt das noch obendrauf? Wie viel wäre das dann?

Da würde sich für mich die Frage stellen, inwiefern es überhaupt machbar ist nicht nur etwa das doppelte des aktuellen Stromverbrauchs für die Produktion von grünem Wasserstoff zu erzeugen, sondern nochmal zusätzlich erhebliche Strommengen für die Anreicherung eines Teils dieses Wasserstoffs mit „grünem Methan“ bereitzustellen.

Mal davon abgesehen, dass ja auch „grünes“ Methan beim Verbrennen CO2 emittieren würde. In jedem Fall müsste man also sicherstellen, das „grünes“ Methan nicht in irgendeiner Form zu Mehremissionen führt (zum Beispiel weil es durch Markteffekte den Erwerb von Verschmutzungsrechten günstiger macht).

Und müssten für die 30% Methan im Energiemix dann nicht auch wieder Emissionsrechte erworben werden? Und ist nicht genau das Problem, dass es diese Emissionsrechte einfach nicht mehr geben wird?

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Sicherlich nicht, da diese Gas wie auch beispielsweise Biogas als CO2-neutral gilt. Aus diesem Grund sind auch keine Zertifikate notwendig. Es wäre nur nachzuweisen, dass man eine entsprechende Menge Synthetisches Methan bezogen hat.

Das Problem ist viel mehr, dass wie du beschreiben hast eine CO2-Quelle notwendig ist. Aktuell gibt es noch industrielle Punktquellen in höherem Umfang. Dort sollte für das CO2 schon bezahlt worden sein. Entweder die Unternehmen lassen sich das also entsprechend vergüten, da sie so mit dem CO2 keinen Verlust machen (Zertifikate kaufen und umsonst das CO2 weitergeben).

Die sollen aber auch aus fossilen Quellen aussteigen und damit werden die Quellen weniger. Auch CO2 aus biogenen Prozessen ist möglich, aber ebenfalls limitiert. Spätestens bei direct air capture hast du das Problem mit dem Energiebedarf schon angesprochen (wobei die Quelle erst mal unbegrenzt verfügbar ist).

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Ich schliesse mich hier der Frage von @ped an:

Woher kommt diese Zahl. Im Kopf hatte ich aktuell so Werte von bis zu 80% für die Methanisierung (EnArgus oder https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0196890423006684?casa_token=r_3bd7wxa_sAAAAA:S0YlK8MM5KuAbrSTXKHBLVt-tgBL1Y46IRLwm1jmCUVVRxvjEh8kLxB3a7LthSJdbcVocs5z1Eo#b0110). Meines Wissen geht es im Test schon ab und zu deutlich höher (z.B. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0378382022002429?via%3Dihub) aber ob und wann das in der Praxis ankommt ist fraglich.

Die 7-10% sind da an der Stelle vermutlich eher die positive Seite, wenn die Effizienz der Methanisierung eben sehr hoch ist. Das ist ähnlich wie mit den prognostizieren Wasserstoffpreisen, die aktuell in der Praxis eigentlich kein Projekt erreicht. Da du aber auf die Publikationen von Herrn Sterner verweist. Wenn er sich das gesamte Energiesystem anschaut, dann kommt auch er dazu, dass Wasserstoff notwendig ist (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cite.201900167). Ich habe sein Hauptargument eigentlich so im Kopf, dass es ihm um die Weiterverwendung bestehender Infrastruktur geht. Aber wenn man das weiter denkt, dann sind dort zwei Infrastrukturen langfristig notwendig und nicht nur eine. Das sollte aber auf jeden Fall teurer sein.

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Wenn man bei synthetischem Methan ein bisschen weiter in die Zukunft schaut, wird es plötzlich sehr interessant und man sollte keinesfalls die Erdgasinfrastruktur abbauen.

Weil der Gesamtwirkungsgrad von synthetischem Erdgas/Methan rechnerisch so grottenschlecht ist, fällt es idR sofort aus jeder Diskussion heraus. Wenn wir aber die Erneuerbaren immer weiter ausbauen, dann kommen wir schon bald in einen Bereich, in dem die Energie häufig (genug) kostenlos bereit steht oder der Verbrauch sogar vergütet wird. Dann ist der schlechte Wirkungsgrad plötzlich egal, denn auch nur 30% genutzter Energie sind immer noch unendlich mal mehr als 0% von ansonsten ungenutzter/abgeregelter Energie. Die Teuerung gegenüber der grünen Wasserstoffproduktion, ist dann das CO2 Capturing und die Methanisierung selbst. Es ist anzunehmen, dass die Gestehungskosten dieses Methans dann sinken werden.

Wenn wir jetzt feststellen, dass wir eine riesige Speicher- und Transportkapazität für diesen Energieträger haben, nämlich das Erdgasnetz und -Speicher, dann kommen weiter interessante Kostenfaktoren hinzu. Man könnte die Erzeugung synthetischen Erdgases/Methan leichter dort platzieren, wo

a) Stromüberfluß und oder

b) CO2 Überfluß besteht.

Für den Transport und die (langzeit-)Speicherung kann man auf die bestehende Erdgasinfrastruktur zurückgreifen. Bzw. wäre ein Erweiterung dieser Infrastruktur einfacher (und billiger?), weil Erdgas technisch deutlich leichter zu beherrschen ist als Wasserstoff. Wasserstoff hat im Vergleich zu Erdgas einfach eine schlechte Energiedichte. Wenn man alle Kosten und Maßnahmen zusammen betrachtet wird es für grünes Methan eine Kostenschwelle geben, die es schlagartig sehr viel attraktiver macht als Waserstoff.

Was kann man tun um die Gestehungskosten dieses grünen Methans zun senken? Hier gibt es sicher mehr als mir einfallen, aber z.B. könnte man das CO2 dort gewinnen, wo es schon in hoher Konzentration auftritt.

Das könnten z.B. Gaskraftwerke oder Biomasse-Kraftwerke sein.

Gaskraftwerke würden so zu einen geschlossen CO2 Kreislauf betragen. Ggf. könnten Gaskraftwerke in Zukunft auch negative (Regel-)Energie liefern und so ihr Methan gleich vor Ort erzeugen (wenn der Platz da wäre…).

Biomasse-Kraftwerke mit CO2 Abscheidung sind tatsächlich eine ziemlich leisungsfähige Methode des CO2 Capturing. Die Planzen erledigen das DAC, das Kraftwerk extrahiert das CO2 aus der Biomasse und die Abscheidung kann auf Abgas mit hochkonzentriertem CO2 operieren…

Ach ja, man könnte ja so viel tun…

Das setzt voraus, dass wir keinen Weg finden Energie im größeren Maßstab effizient zu speichern. Schon heute steht aber tageweise Energiespeicherung (chemische Batterien) technologisch zur Verfügung, eine Entwicklung ausreichend kostengünstiger Implementierungen scheint absehbar. Einige in Entwicklung befindliche Batterietechnologien würden sich auch für längerfristige Speicheranwendungen eignen.

Wenn aber nicht 200%, sondern vielleicht nur 120% der Energienachfrage als Erzeugungskapazität aufbauen müssen, weil wir tages- und jahreszeitliche Produktionsschwankungen über Speichersysteme abpuffern können, dann fällt dein Szenario auseinander.

Ist das nicht extrem teuer? Wasserstoff lässt sich überall erzeugen, wo Wasser und Strom vorhanden ist. Wasser gibt es in Deutschland recht viel, Strom lässt sich erheblich günstiger transportieren als Gas. Kann ein flächendeckendes Gasnetz mit einem dezentralen Wasserstoffnetz konkurrieren?

Ich will das nicht schlecht reden, ich verstehe einfach nicht genug um das beurteilen zu können und würde das gerne ändern :wink:

Angesichts der ins Bodenlose fallenden Gestehungskosten insbesondere für Solarstrom könnte ich mir natürlich auch vorstellen, dass man in 10 Jahren problemlos riesige Flächen in der Sahara mit Solarparks zubauen kann, um dort so viel CO2-Abscheidung und Methan-Sythese betreiben zu können, wie man nur will.

Methan muss aber nicht nur den Vergleich mit dem Verpuffen lassen bestehen sondern auch den mit der Speicherung in anderen Energieträgern.

Wo soll da der sprungartige Verlauf der Wirtschaftlichkeit herkommen? Es wird eine Kostenschwelle geben, wo beide gleich teuer sind.

Die Frage ist, ob die Kosten für Methanisierung und Carbon Capturing + Erhalt und Betrieb des Gasnetzes geringer sind als der Aufwand für Transport und Lagerung von entsprechend mehr Wasserstoff(-Verbindungen)

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Oder auch Müllverbrennungsanlagen.

Einer der größten Gasnetzbetreiber in Deutschland plant derzeit ein Gasnetz für flüssiges CO2. Das gibt dem Thema CCS oder auch Methanisierung noch mehr Bedeutung.

Einen Nachteil, den ich im nicht fossilen Methan sehe, ist dass dieses nie zu 100 % klimaneutral sein wird. Beim Transport und beim Einsatz wird es immer etwas Methanschlupf geben, was bekanntermaßen als starkes Treibhausgas wirkt

hier gibt es Informationen zu verschiedenen Arten, Wasserstoff besser speichern und transportieren zu können. Methan wird auch erwähnt.

Teil 1) Wenn wir nur 120% der Nachfrage aufbauen würden oder sogar nur 200% dann fiele mein Szenario tatsächlich auseinander. Genau das wird aber ziemlich sicher nicht passieren, weil wir ohnehin ein Vielfaches installieren müssen/werden und wenn Langzeit-Speichersysteme existieren würden diese Überkapazitäten wirtschaftlicher. Warum brauchen wir Überkapazitäten? Weil wir auch unter schlechten Bedingungen ausreichend Energie produzieren wollen. Tatsächlich sind heute schon regionale Überkapazitäten vorhanden, weshalb derartige Anlagen immer wieder abgeriegelt werden müssen. Grund dafür sind hauptsächlich die zu schwachen Übertragungskapazitäten bzw. zu langsame Grundlastkraftwerke, also nicht ganz das Gleiche. Und ausreichend große Speichersysteme um die gruselige Dunkelflaute zu überbrücken haben wir ja noch längere Zeit nicht. Diese Kategorie würde ja genau synth. Methan stützen…

Teil2) Ob das nicht teuer ist?
Doch! Ist teuerer als Wasserstoff, weil zu der Wasserstoffgewinnung immer noch die Gewinnung des CO2 und die Methanisierung dazukommen. Und gäbe es Batterietechnologien, die ausreichende Kapazitäten realisieren würden, dann könnten die auch billiger sein. Wirtschaftlich wird dieses Synth-Erdgas-Szenario nur durch Strom im Überfluss und durch die kollateralen Nutzen, wie eben Speicher- und Transportkapazität und -fähigkeit.
Wenn das nicht gegeben wäre oder so lange das nicht in ausreichendem Maße gegeben ist, ist es wahrscheinlich nicht wirtschaftlich, jedenfalls nicht unter aktuellen Randbedingungen, die ja noch immer Rettung des Lebensraums als verhandelbar ansehen :frowning:

Erzeugen ließe sich das Methan genau so wie der Wasserstoff quasi überall, wo genug Strom im Überfluss ist. Beim CO2 aus der Luft gilt das gleiche, aber bei furchtbarem Wirkungsgrad. Also wäre es nicht ungeschickt die ersten Methanisierungsanlagen da zu bauen, wo besonders viel CO2 konzentriert zu finden ist, oder man muss dann das CO2 transportieren, aber auch das ist deutlich leichter als Wasserstoff zu transportieren.

Teil 3) Was die Idee der Synth-Methan Herstellung in der Sahara angeht. Möglicherweise.
Die Probleme sind zunächst die gleichen, wie bei der Strom- und dann der Wasserstoffproduktion (und da gibt es genug), aber Methan wäre z.B. effizienter zu transportieren als Wasserstoff. Am Ende des Tages zählt für eine neu gebaute Infrastruktur in der Wüste das billigere Gesamtpaket, also Konstruktion und Betrieb der Anlagen und Transport der Energie. Da kann Strom, Wasserstoff oder Methan als Gewinner herauskommen. Aber wenn Infrastruktur schon da ist, dann ist das ein ziemlich gewichtiger Faktor in der Kalkulation. Und zu der Infrastruktur gehören auch die vielen Gasheizungen, die letztes Jahr noch schnell eingebaut wurden… ( die. FDP müsste mich eigentlich für diese Idee lieben :wink: )

Grüße
Udo

Ist eine gute Idee. Je nach Anwendungsfall kann sich das durchaus lohnen. Gaskraftwerke werden ja u.a. für Spitzenlasten eingesetzt, weil sie so günstig im „Rumstehen“ sind. Das gilt für Wasserstoffkraftwerke in diesem Maße leider nicht. Insbesondere für die Reservekraftwerke, die nur wenige Stunden im Jahr laufen.

Ich muss sagen, dann sehe ich für grünes Methan eher schwarz. Meine Vermutung ist, dass sich herausstellen wird, das Erneuerbare Energien so oder so sehr viel zuverlässiger und berechenbarer Strom liefern, als das von vielen Kritikern heute befürchtet wird. In Kombination mit mehr Möglichkeiten zur Steuerung des Verbrauchs (Smartmeter, Intelligente Verbraucher) und besseren Netzen (und damit der Möglichkeit, lokale Über-/Unterproduktion geographisch auszugleichen) werden nur verhältnismäßig kleine „Dunkelflauten“ zu kompensieren sein.

Am Wichtigsten ist vielleicht der Tag/Nach-Ausgleich, aber dafür sind Batterien schon heute fast wirtschaftlich genug.

Wenn wir für Wasserkraft die Stromerzeugungskapazität tatsächlich so massiv ausbauen müssen, dann gilt das doppelt: Angenommen wir haben genug EE-Kapazität für unseren „normalen“ Bedarfs und Dann nochmal 200% dieser Kapazität, mit dem wir normalerweise H erzeugen. Kommt es tatsächlich mal zur extremen Dunkelflaute, dann ließen sich die H-Erzeugung ja abstellen und dieser Strom stattdessen ins normale Stromnetz umleiten.

Klar, alles nicht so simpel, wie ich es hier in einem Absatz darstelle, aber bei grünem Methan scheinen schon viele extra Schritte und spezifische wirtschaftliche Grundannahmen dazwischenzustehen.

Aber mein Interesse ist geweckt, ich werde da noch ein paar Sachen zu lesen :wink:

Das Problem: der FDP sind die armen Deppen, die schnell noch eine Gasheizung eingebaut haben, völlig egal. Wenn die ihre Gasheizung schon in 10 Jahren wieder rauswerfen und gegen eine Wärmepumpe austauschen müssen, weil nicht genug grüner Wasserstoff und/oder Methan zur Verfügung steht und/oder Erdgas unerschwinglich/nicht mehr zum Verkauf steht, dann interessiert das Lindner 0, während er in seinem Porsche durch die Landschaft flizt.

Ich bin immer wieder überrascht über die Kommunikation der Bundesregierung bezüglich der Verhandlungen die es mit verschiedenen Ländern zur grünen Wasserstoffgewinnung abhält.
Oder um es besser zu sagen, die Nicht-Kommunikation! Ich lebe und arbeite in Australien, einem der Verhandlungspartner der BRD, wo grüner Wasserstoff generiert und dann nach Europa transportiert werden soll (in welcher Form auch immer).
Tatsächlich ist das australische Ministerium für Umweltschutz sehr bemüht um diese Aufträge und der derzeitige Verhandlungsstand wurde von deutscher Seite im Frühjahr geleaked was in Australien für große Unruhe gesorgt hat…
Nach meinem letzten Kenntnisstand soll der Deal eine Beteiligung der verschieden Staaten in eine Kommerziellen Infrastruktur zur Generierung und Verschiffung von grünem Wasserstoff beinhalten, mit potentiell Milliarden Zugeständnissen der Beteiligten. Diese Verhandlungen werden von mehreren EU Staaten mit Deutschland als Vorreiter geführt.
Ich bin immer wieder erstaunt wie diese Entwicklung nicht Teil des öffentlichen Diskurs geworden ist.
Scheint mir leichte Punkte für Habeck zu sein und verschenktes Potential. Deutschland wird sehr wohlwollend in dieser Vorreiter Position gesehen.

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Ist etwas offtopic, aber halt zu lustig.

Süddeutsche Zeitung: Welche Heizung haben Sie eigentlich in Ihrem Haus einbauen lassen?
Christian Lindner: Ich habe eine Wärmepumpe mit Photovoltaik. Und obwohl mich das persönlich begeistert, möchte ich das dennoch nicht allen anderen vorgeben.

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Ja ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das ein Gewinnerszenario wird. Ich habe auch meine „Großverbraucher“ (Waschmaschine, Trockner, Geschirrspüler und Twizy/LEV ) automatisiert, so dass ich meinen eigenen Solarstrom optimal nutzen kann, oder im Winter nach Grünstromindex optimiert. Das funktioniert gut und würde groß ausgerollt deutlich Potential haben.
Und wenn wir uns tatsächlich zum bidirektionalen Laden von E-Autos durchringen können und jeder Firmenparkplatz ausreichend solcher Anschlusspunkte hätte, dann wäre die Batteriekapazität für den Tag-Nachtausgleich vielleicht sehr bald vorhanden.
Die letzten paar Prozent der Stromverfügbarkeit sind halt die teuersten…

Am Ende des Tages muss man sehen, wie stark die unterschiedlichen Vor- und Nachteile in die Gesamtrechnung eingehen und auch wie schnell manche Entwicklungen umsetzbar sind bzw. wie man mit den sich ändernden Bedarfen umgehen kann. Tolles Thema und die letzte Idee dazu ist noch längst nicht auf den Tisch gelegt worden.

p.s.: Es ist immer schön zu erleben, dass es Foren gibt, in denen tatsächlich konstruktiv Ideen (sogar halbgare) ausgetauscht werden können.

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Sehe ich eigentlich kaum als Problem. Denn wie du selbst sagst gibt es bereits heute gute Kurzzeitspeicher. Was eher ein Problem wird ist die saisonale Speicherung. Da kommt man an chemischen Speichern Stand heute vmtl. nicht vorbei. Man kann das Problem auf verschiedenste Weise etwas abmildern. Aber am Ende führt kein Weg daran vorbei, dass es in einem 100% erneuerbaren Energiesystem teuer wird, in bestimmten Wintermonaten Strom zu bekommen.

Wobei ich ja in Frage stellen würde, ob diese wirklich nötig ist. In den Statistiken bei Zeit.de sehe ich kaum einen erkennbaren Unterschied zwischen „Sommer“ und „Winter“ beim Anteil der EE an der Energieerzeugung. Mit zunehmendem kontinentalen Ausbau der Netze wird das meiner Ansicht nach noch weniger relevant werden. Ich glaube nicht, dass wir (wie das heute z.B. mit Gas nötig ist), einen erheblichen Teil der Energieversorgung über Monate hinweg speichern werden müssen.

Ich hab die entsprechende Statistik jetzt nicht gefunden, aber nur als Beispiel: der November ist ein Monat, in dem es durchschnittlich wenig erneuerbaren Strom gibt - der Dezember liefert wiederum besonders viel Windstrom. Im Schnitt ist das dann vielleicht nicht viel weniger als im Sommer - das hilft mir aber im November wenig. Das ist aber nur die Erzeugerseite. Wenn wir nicht in den nächsten Jahren alle Häuser flächendeckend mit Klimaanlagen ausstatten und die den ganzen Sommer durchlaufen lassen, dann hat der Winter auch einen höheren Strombedarf. Man kann da jetzt qualitativ viel hin und her diskutieren, aber ich habe kaum eine Studie gesehen die nicht von einem signifikanten Bedarf an saisonaler Speicherung ausgeht. Nehmen wir z.B. die hier öfter zitierte Fraunhofer ISE Studie „Die deutsche Energiewende im Kontext
gesellschaftlicher Verhaltensweisen“. Hier geht man bis 2045 von einem Bedarf von 140 bis 190 GW an Gaskraftwerken aus. Das kann man ja mal ins Verhältnis setzen zu dem was wir heute haben.

Zum Thema Transport von Stromüberproduktion in Spitzenleistungen
…habe ich viele Fragezeichen. Es würde mich trotzdem sehr wundern, wenn Methan dort in der Gesamtbilanz positiv heraus sticht, solange die Alternative der Neubau von Stromnetzen ist.

Die Lagerung von Wasserstoff ist, soweit ich es weiß – ich bitte um Widerspruch und Quelle zur Weiterbildung falls das falsch ist –, relativ einfach und nur der Transport ist schwierig, gerade im Vergleich zu Methan, weil durch Diffusion die Verluste deutlich höher sind und bei gleichem Druck durch die selben Leitungen deutlich weniger Energieleistung durch Wasserstoff transportiert werden kann als durch Methan (Wasserstoff hat eine deutlich niedrigere Dichte als Methan). (Falls übrigens jemand dazu eine Quelle hat, nehme ich die gerne in meine Sammlung auf, ich habe das bis jetzt nur in Podcasts gehört).

Machen wir damit eine Gegenüberstellung von der Verwendung von Stromüberproduktion:

  1. Massiv Stromleitung ausbauen zu Großabnehmern von Wasserstoff, die dort lokal den Wasserstoff durch Elektrolyseuren herstellen und lagern. Beispiel: Große Leitungen von der Nordsee bis nach Thyssenkrupp im Ruhrgebiet zur grünen Stahlproduktion. Die Leistung von diesen Elektrolyseuren muss deutlich höher sein als die durchschnittlich abgenommene Wasserstoffleistung, da die Spitzenleistungen der Windräder/Photovoltaik/etc. verwertet werden sollen. Eine überdurchschnittliche Leistung der Elektrolyseure wollen wir allerdings vermutlich sowieso, da wir den umgekehrten Fall – Reduktion der verbrauchten Leistung bei starker Nachfrage und geringer Produktion – auch abfangen wollen. Demnach würde im Beispiel Thyssenkrupp keinen Wasserstoff produzieren während Dunkeflauten und in der Mittags- und Abendzeit bei den typischen Abnahmespitzen, und ganz viel Wasserstoff wenn nachts der Wind bläst. Mehraufwand: Neubau von Stromleitungen und etwas größere Elektrolyseure.
  2. Aufbau von großen Elektrolyseuren (Wassstoff ist Ausgangsmaterial für Methanproduktion) und Synthetikmethananlagen nahe der Stromproduzenten (z.B. Nordsee) und Transport des Methans via des bestehenden Erdgasnetzes zu bestehenden Gaskraftwerken. Diese Elektrolyseure und Synthetikmethananlagen müssten auch sehr hohe Leistungen bringen, da sie lange Zeiten still stehen und die Spitzenlasten auffangen sollen, bzw. nächtliche Überprodktion verwenden sollen. Im Vergleich zu 1. sollten sich die Kosten von Elektrolyseuren nicht unterscheiden, da sie die selben Spitzen auffangen sollen. Das heißt wir vergleichen hier die Kosten von dem Bau von Stromnetzen mit Übertragungsleistung X mit dem Bau von Synthetikmethananlagen mit selber Leistung X. Was wir noch nicht geklärt haben, ist woher das klimaneutrale (sonst nützt das alles nichts) CO2 für das Synthetikmethan her kommt:
    a) Direct Air Capture (DAC) ist sau teuer, aber jeder Orts verfügbar, also auch lokal an den Synthetikmethananlagen verfügbar
    b) Abgase von bestehenden Gasturbinen überall im Land: Dann brauchen wir CO2 Pipelines bis zur Küste. Dazu kommt, dass aus 70% Wasserstoff und 30% Methan Verbrennung nicht reines CO2 kommt. Wenn wir großzügig sind, können wir annehmen, dass neben den Gaskraftwerken sowieso Elektrolyseure für die Produktion von Wasserstoff stehen und dass daraus reiner Sauerstoff kommt, der gelagert werden kann um ihn für die Verbrennung zu nutzen anstatt dafür Umgebungsluft zu verwenden. Auf jeden Fall ist die Aufreinigung von den Abgasen zu reinem CO2 auch ein Kostenpunkt
    c) Abgase von Gasturbinen, die vor Ort an der Küste stehen: Haben die selbe Herausforderungen wie bei der Aufreinigung wie b) und müssen neu gebaut werden, weil bestimmt nicht in der notwendigen Kapazität an der Küste jetzt schon vorhanden (warum sollten sie, da gibt es wenig Verbraucher, dass ist ja der Ausgangspunkt für unser Verteilproblem). Wenn wir sie eh neu bauen müssen, dann können wir sie auch direkt nur mit Wasserstoff betreiben und den ganzen Schritt mit dem Synthetikmethan sparen.
    d. Abgase aus Industrieprozessen: Gibt es überhaupt irgendwelche, die CO2 neutral sind? Die müssten dann ja eigentlich direkt aus der Atmosphäre genommen werden, und dann wären wir wieder bei a).
  3. Anstatt Wasserstoff für Methanproduktion zu verwenden, diesen direkt an der Küste lagern und in neugebaute Gaskraftwerken verbrennen / Wasserstoffzellen zu Strom umsetzen.
  4. Strom in Akkus speichern. Ich glaube es gibt da Fortschritte groß-skallierte Akkus aus anderer Stoffen als Lithium herzustellen, insbesondere, weil die ortsfest sein können und deshalb nicht leicht sein müssen.

Für mich ziehe ich das Fazit, dass ich jeweils 1., 3. und 4. als realistischster als Synthetikmethan ansehe, weil ich zum einen vermute, dass Stromleitungen oder Akkus oder Wasserstoffkraftwerke günstiger als Synthetikmethananlagen sind, aber vor allen weil ich die klimaneutrale CO2 Produktion (also Entnahme aus der Atmosphäre oder Kreislaufwirtschaft, i.e. CO2 Pipelines) als viel zu teuer einschätzen würde.

Zu dem Thema Stromüberfluss finde ich es nochmal wichtig zu betonen, dass das perspektivisch immer nur ein Transportproblem und nie ein Abnahmeproblem ist. In der letzten Lage der Nation wurde aus dem Monitoringbericht 2024 zitiert, dass wir 2045 prognostiziert 1300TWh Strom zur Produktion der heimischen Wasserstoffnachfrage brauchen. Ich habe das gerade auch nochmal aus der Quelle rausgesucht:

In der Grafik links gezeigt ist die Stromerzeugung insgesamt. Die Überproduktion wird deutlich kleiner sein. Aber nehmen wir an wir verdreifachen die Stromerzeugung bis 2045 um so viel Überkapazität zu haben um Dunkelflauten problemlos zu überstehen. Selbst dann können wir die gesamte Überproduktion in Elektrolyse von Wasserstoff stecken und haben immer noch nicht den Bedarf an Wasserstoff gedeckt. Auf Gesamtdeutschland betrachtet (Transportprobleme außen vor gelassen) gibt es meines Verständnisses nach den kostenlosen Strom nicht, den wir für noch ineffizientere Formen der Energiespeicherung über hätten, da alles schon für unsere direkt Wasserstoffnachfrage aufgebraucht wird (und Wasserstoffnachfrage ist im Zweifel zu bevorzugen, da effizienter).

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