Viel weniger Ausländer als gedacht: Zensus korrigiert Bevölkerungszahl deutlich nach unten

Die Ergebnisse der Bevölkerungszählung aus dem Jahr 2022 liegen vor und siehe da: wir sind weniger als wir dachten Zensus 2022: In Deutschland leben 1,4 Millionen Menschen weniger als gedacht | ZEIT ONLINE

Insgesamt leben wohl 1,4 Millionen Menschen weniger in Deutschland als die Bevölkerungsfortschreibung hätte vermuten lassen. Das ist wohl besonders auf etwa 1 Mio Ausländer zurückzuführen, die zwar in Deutschland gemeldet sind, hier aber nicht mehr leben:

Die bundesweiten Abweichungen zur Bevölkerungsfortschreibung betreffen den Angaben zufolge besonders die ausländische Bevölkerung. Laut Zensus 2022 lebten am 15. Mai 2022 in Deutschland rund 10,9 Millionen Ausländerinnen und Ausländer, fast eine Million weniger als bislang amtlich ausgewiesen. Ein Grund dafür sei, dass sich manche Ausländer nicht in Deutschland abgemeldet hätten, etwa wenn sie ihren Ruhestand im Ausland verbringen, sagte Gößl.

Besonders Köln musste wohl Federn lassen, dort gibt es 5,6% weniger Einwohner als gedacht. Aber auch andere Städte sind stark betroffen. Das wird teuer, denn die Kommunen erhalten Geld für jeden gemeldeten Einwohner. Diese Zahlungen werden jetzt wohl gekürzt.

Da muss ein Fehler vorliegen. 1,4 Millionen Ausländer weniger, das wäre der AFD doch aufgefallen?
1,4 mehr fallen ihr jedenfalls sofort auf.

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Ich war heute auch bei der Presse-Konferenz dabei. Hier geht’s zur Quelle:

Presse-Bereich: Presse - Zensus 2022

Zensus via DEStatis: Umstellung der Bevölkerungs­zahlen auf die Ergebnisse des Zensus 2022 - Statistisches Bundesamt

Bitte erlaubt noch einen persönlichen Kommentar:
Vorsicht bei solch verkürzten Aussagen. Das ist Propaganda mit Tendenz zur Des-Information. :wink:

Dass es im Verlauf von 10 Jahren zu statistischen Abweichungen kommt, ist ganz verständlich.
Zensus ist quasi die „Inventur“ statistischer Daten für ein Land.

Die Korrektur in Bezug auf die Anzahl von in Deutschland lebenden Ausländern wird auf die hohe Dynamik der aktuellen Migrationsbewegungen zurückgeführt. Ferner kann es Menschen beim „Weiterziehen“ schlicht aus dem Fokus geraten, deutsche Melde-Gesetze einzuhalten (und sich abzumelden). Es wurde mehrfach betont, dass es sehr unterschiedliche Gründe je Kommune geben kann, wie es zu den statistischen Abweichungen kommt.

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Das ist ja auch logisch: Wenn Deutschland weniger Einwohner hat, dann fällt jeder Zuwanderer proportional mehr auf.

Das mag sein. Wobei der prozentuale Anteil ja trotzdem geringer ist, wenn es vor allem Ausländer waren, die in der Statistik fälschlicherweise erfasst sind.

Da stellen sich mir direkt zwei Fragen:

  1. dass ich „Einwohner“ an meinem Wohnort bin, scheint den staatlichen Stellen hinlänglich bekannt zu sein: ich bekomme z. B. Post vom Finanzamt und ich bekomme Wahlbenachrichtigungen. Darüber hinaus bekommt bereits jedes Kind direkt eine Steuernummer, ist also erfasst. Das Melderecht macht mir darüberhinaus recht strenge Auflagen, bis wann ich mich anzumelden habe, wenn ich umziehe. Selbst bei Hotelaufenthalten muss ich mich anmelden. Wie können die Zahlen dann überhaupt in diesem Umfang unsicher sein? Oder etwas überspitzt formuliert: was macht eigentlich die exzessive Bürokratie in Deutschland beruflich?

  2. Die Tatsache, dass Städte eine zu große Einwohnerzahl gemeldet haben, wurde bereits vor einigen Jahren beim letzten Zensus beobachtet. Wie angemerkt hat dies auch finanzielle Aspekte - kann es sein, dass dies absichtlich geschieht (bereits damals war NRW stark betroffen, meine ich)? Ich erinnere mich an die freche Forderung aus Kommunen, dass man ihnen die dadurch zu hohen (erschlichenen) Zahlungen jetzt aber nicht einfach streichen könne, da sie ja für den Haushalt verplant seien. Wie kann es sein, dass solche Probleme nicht gelöst werden, und bei der nächsten Zählung erneut auftreten? Wir akzeptieren mittlerweile etwas zu häufig, dass der Ehrliche der Dumme ist.

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Ich vermute, dass es in Städten aber auch einfach mehr Fluktuation gibt und daher hier mehr Abweichungen auftreten. Denke aber auch, dass niemand Interesse hat dieses Problem zu beheben. Transparenz ist immer nur dort gut, wo sie zum eigenen Vorteil gereicht. :wink:

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Wie gesagt betrifft das Problem vor allem Ausländer. Wenn zum Beispiel ein türkischer Mitbürger mit dem Übergang in die Rente beschließt, in die Türkei zurückzukehren, dann kriegen die Einwohnermeldebehörde davon erstmal nichts mit (wenn die Person sich nicht explizit abmeldet). Vielleicht meldet sich die Person sogar extra bei Verwandten, damit Dinge wie Korrespondenz mit der Steuer weiterhin zuverlässig laufen.

Ich war selbst zeitweise bei meinen Eltern gemeldet, obwohl ich mich in der Zeit dauerhaft (aber mit der Absicht der Rückkehr) im Ausland aufgehalten habe. Das ist auch erstmal nicht zwingend illegal. Ein Verwandter von mir lebt den größten Teil des Jahres in Südafrika, ist aber weiter in Deutschland gemeldet.

Solche Diskrepanzen lassen sich nicht immer von Behörden aufklären, aber ein Zensus erfasst eben (im Idealfall) die tatsächlichen Bewohner einer Wohnstatt und berücksichtigt damit auch, wenn dort jemand zwar gemeldet, aber nicht wohnhaft ist.

Ein weiteres Grundproblem ist, dass es in Deutschland keinerlei Zentralregister gibt. Die Daten unterschiedlicher Kommunen und Behörden werden nicht, oder nur unvollständig und in sehr aufwändigen und fehlerhaften Verfahren miteinander abgeglichen. Ja, jeder hat eine Steuer-ID, die hat aber erstmal nichts mit der Meldeadresse zu tun usw.

Die „exzessive Bürokratie“ in Deutschland versagt also nicht, sondern macht genau, was sie soll: Daten unterschiedlicher Behörden voneinander getrennt und inkompatibel halten.

(Das ist natürlich nur ein negativer Sekundäreffekt einer eigentlich sinnvollen Idee: Aus den Erfahrungen der Nazi-Zeit heraus gehört es zur Genetik der Bundesrepublik, dass möglichst wenige Dinge zentral gesteuert und (aus)nutzbar sind. Siehe auch Föderalismus).

Hat die Erkenntnis eigentlich Auswirkungen auf den Wohnraummangel? Ich meine wurde der Bedarf an Wohnungen an Hand der vermutetten Bevölkerungszahl errechnet ? Oder an Menschen die keine Wohnung finden?
Denn entweder hat sich das Wohnraumproblem jetzt entschärft oder es hat sich kurioserweise nichts dran geändert, obwohl 1,4 Millionen Menschen weg sind.

So einfach ist es nicht. In Deutschland fehlten 2023 knapp 700.000 Wohnungen. Aber es gab zum Stichtag 30. Juni 2022 „nur“ knapp 450.000 Wohnungslose, davon viele nur zeitweise. „Nur“ ca. 50.000 Menschen lebten 2022 in Deutschland auf der Straße.

Entsprechend ist die Zahl der fehlenden Wohnungen nicht ein absoluter Mangel irgendwelcher Wohnungen, sondern ein Mangel an passenden Wohnungen zum passenden Preis am passenden Ort.

Ein Wohnungsmangel liegt zum Beispiel auch dann vor, wenn jemand der eigentlich eine Wohnung beispielsweise in Bautzen hat gerne für einen neuen Job nach Frankfurt ziehen würde, aber keine Wohnung findet, die er mit seinem Gehalt auch bezahlen kann. Der Mensch ist nicht wohnungslos, eine Wohnung fehlt trotzdem.

Wenn man jetzt 1,4 Millionen Menschen aus der Einwohnerzahl Deutschlands rausnimmt, dann wird dadurch nicht zwangsläufig die Zahl der fehlenden erschwinglichen Wohnungen niedriger – oder jedenfalls nicht im gleichen Umfang.

Hinzu kommt, dass die Zahl der „fehlenden Wohnungen“ von unterschiedlichen Organisationen (z.B. Sozialverbände, Bauwirtschaft, Ministerien) unterschiedlich berechnet wird.

Ich hoffe das macht Sinn.

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Also zusammengefasst: teuer und schlecht. Wir haben das während der Corona-Pandemie gesehen, Herr Pistorius sieht es gerade bezüglich der Daten von Reservisten für die Bundeswehr, und es gibt etliche weitere Fälle dieser Art: Das Land wird zunehmend dysfunktional und nur noch durch die üppige Alimentierung aus den Füllhörnern der Fördertöpfe und Sozialkassen zusammengehalten. Das ist zu wenig, und besonders verwunderlich ist, dass es irgendwie niemanden zu stören scheint. Der Verweis auf „unsere Geschichte“ ist da für mich leider mittlerweile auch nicht mehr als eine wohlfeile Ausrede…

Ich würde das weniger als Ausrede, denn als absolute Phantasielosigkeit bezeichnen. Ich würde auch ungern in eine Situation kommen, in der das Bundeskriminalamt mit ein paar Klicks mein ganzes Leben durchleuchten kann. Vor allem weil (in vielen Fällen sinnvollerweise) immer mehr Daten über jeden von uns gesammelt werden.

Aber es gibt heutzutage für sowas durchaus innovative Lösungen. Große Softwarekonzerne müssen zum Beispiel auch Wege finden, wie sie ihre Datenmengen zwar analysieren und auswerten können, ohne dabei aber irgendeinem Mitarbeiter Zugang zum gesammelten Datensatz eines spezifischen Kunden geben zu müssen (aus Datenschutzgründen).

Sinn würde es meiner Meinung nach also ergeben, wenn es eine zentrale Datenbank gibt, die Datensätze darin aber grundsätzlich je nach Behörde getrennt verschlüsselt werden. Damit zum Beispiel die Ausländerbehörden auf die Daten der Familiengeldstelle zurückgreifen können, muss die nötige gesetzliche Grundlage angegeben und von der Familiengeldstelle bestätigt werden. Oder es muss ein richterlicher Beschluss vorliegen.

Dadurch würde das Recht auf Datenschutz der Bürger weitgehend gewahrt bleiben, aber bei richtiger Umsetzung wären die Abläufe in den Behörden trotzdem deutlich vereinfacht.

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