NS-Raubkunst: Beratende Kommission raus, Schiedgerichtsbarkeit rein

Aloha,

die Kulturstaatsministerin Roth hat jetzt doch durchaus überraschend die Beratende Kommission abgeschafft. (Das Ende der Beratenden Kommission: Ohne Kompass durch den Raum der Geschichte - DER SPIEGEL) Die Beratende Kommission ist ein von der Bundesregierung eingerichtetes Gremium, welches in Streitfällen von NS-Raubkunst vermitteln konnte. Allerdings konnte es nur dann tätig werden, wenn beide Seiten (also Anspruchssteller und Inhaber des Kunstwerks) dem Prozess zugestimmt haben. Ganz offensichtlich war das aber natürlich eine enorme Hürde, weil viele Institutionen die im Besitz (vermeintlicher) NS-Raubkunst sind diesem Prozess nicht zugestimmt haben.
Deshalb wurde die Kommission jetzt abgeschafft (anstatt sie zu stärken - wie es im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart worden war!). An die Stelle der Kommission sollen jetzt Schiedsgerichte treten. Befürworter der Maßnahme behaupten, dass dadurch das Problem der „einseitigen Anrufbarkeit“ gelöst würde. Kritiker monieren, dass auch Schiedsgerichte nicht prinzipiell einseitig angerufen werden können.

Unter den Kritikern auch Hans-Jürgen Papier. Der ist nicht nur derzeitiger Kommissionsleiter, sondern vor allem auch ehemaliger Präsident des BVG - die Kritik an den Schiedsgerichten kommt also immerhin von nem juristischen Fachmann. Ich zitiere aus dem obigen Spiegel-Artikel:
„Den Vorsitzenden Papier erstaunt, wie wenig scharf gestellt das Nachfolgevorhaben ist. Denn ein Schiedsgericht in seiner gewohnten Form widerspricht dem anderen großen Versprechen Roths: Dass es für ein Verfahren künftig reichen soll, wenn nur eine Partei Aufklärung fordert. Schiedsgerichte seien allerdings ohne doppelte Zustimmung kaum denkbar, sagt Papier.“

Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn das Thema in der Lage beachtung finden würde, denn selbstverständlich ist der Umgang Deutschlands mit potentieller NS-Raubkunst wichtig, wenn wir historische Verantwortung ernst nehmen. Außerdem wurde hier ja jetzt quasi recht überraschend von Claudia Roth eine Vereibarung des Koalitionsvertrags über Bord geworfen.
Allerdings hat mich die Berichterstattung über den Umgang Deutschlands mit der NS-Raubkunstkommission ziemlich ratlos zurückgelassen. Ist die Abkehr vom jetzigen System denn ein Gewinn? Wird das Problem der einseitigen Anrufung nun gelöst oder nicht? Ist das ein sinnvoller Schritt oder steht hier (wie der Spiegelartikel impliziert) durchaus auch ein Machtkampf zwischen Akteuren im Vordergrund?
Insbesondere die Fokussierung auf Schiedsgerichte hat mich irritiert, denn die sind in ihrer Bewertung ja durchaus ambivalent (die einen sagen sie sei super effizient, die anderen sagen dass hier hinter dem Rücken anderer Akteure / der Öffentlichkeit gedealt werden würde). Wie ist das denn im vorliegenden Fall zu bewerten? Sind soe wirklich der richtige Ort, um die strittige Fragen der NS-Raubkunst zu klären?

Vielen Dank für Eure Mühe,

Noergel