LdN389 - Rudis Lücke

Schön, dass ihr das Thema Finanzielle Transaktion noch mal aufgenommen habt. Hatte mir gut gefallen im zugehörigen Interview zu hören, wie die unterschiedlichen „Wirtschafts-Lager“ sich hier einig sind.

Maurice Höfgen erklärt diese Lücke seit gut zwei Jahren gefühlt mindestens einmal im Monat in seinem Wirtschaftsbriefing bei J&N.

In diesem Beispiel anhand der Aktienrente, aber immer wieder auch in Bezug auf Infrastrukturelle Themen und Beteiligungen des Staates.

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Die FDP bezeichnet diese Möglichkeit gerne als unmoralisch oder Tasche Spielertrick. Es wäre sehr viel darunter anrechenbar (Eigenkapitalerhöhung bei DB statt dafür Telekom Aktien zu verkaufen, Eigenkapitalerhöhung bei Autobahn GmbH, Kauf von Tennet was wegen Haushaltslage jetzt auch abgeblasen würde und somit eine Lügenbegründung ist, stille Beteiligung an Intelwerkstatt 10mrd Zuschuss aus dem KTF der dann fürs Klimageld genutzt werden könnte etc).

Auch das genannte Beispiel Ukraine als Notlage zu erklären wäre ja schön lange möglich. Es zeigt nur wie verkopft die FDP bei dem Thema ist und alles abblockt um alles was irgendwie sinnvoll und Sozialstaat ist wegzusparen und somit abzubauen. Ziel: Weniger Staat.

Eine weitere Option, die Maurice immer nennt ist die änderung der Buchungsregeln für Anleihen. Lindner vergibt diese ohne Zinsen wodurch die Wertpapiere nicht zu 100€ sondern z.b. 70€ verkauft werden. Die Differenz wird direkt im Ausstellungsjahr gebucht. Dadurch wird die Last nicht gestreckt sondern direkt fällig, was Lindner oft nutzt um zu argumentieren wie teuer und die Schulden kommen. Spargrößenordnung war hier auch 10Mrd€ meine ich. (so mein Verständnis aus dem Gedächtnis)

Zu der Mastrichtgrenze von 60% der Staatsverschuldung führt Maurice immer an, dass dieser Wert bei der Einführung einfach frei gewählt wurde ohne wissenschaftlichen Hintergrund. War wohl der Mittelwert der damaligen Staatsverschuldungen.

Es gibt zudem viele Studien die zeigen wie Sparpolitik populistische und rechte Parteien bestärken. Also alles andere als staatsdienlichd er FDP und auch Scholz Kurs muss man sagen.

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Ich bin ein großer Fan Eures Podcasts. Zum Thema Schuldenbremse, die Ihr ja vehement unter Beschuss nehmt, möchte ich folgende Punkte ins Rennen werfen:

  • Prinzipiell liegt es ja nahe, dass Investitionen mit Schulden finanziert werden. Das macht ja auch jeder Privatmensch. Aber ich glaube nicht, dass die Schuldenaufnahme zur Finanzierung von Investitionen dient. Vielmehr haben doch die Politiker einen ganz, ganz großen Anreiz, mit den Schulden die laufenden Ausgaben zu finanzieren. Ihr habt das an Hand der Rente mit 63 schon mal schon durchgerechnet. Es ist doch Geld da, ohne Ende. Bund, Länder und Gemeinden rechnen im nächsten Jahr mit fast 1 Billion EURO Einnahmen. Die Frage ist doch, wie ich das Geld ausgeben. Und da sehen wir: Bindeshaushalt: von 500 Mrd EUR fließen fast 100 Mrd in die Rentenkasse. Das hat nichts mit Investitionen etc. zu tun. das ist Konsum pur. Und da sehe ich es schon problematisch zu sagen: Egal, hauptsache, die jetzigen Arbeitnehmer zahlen für die Rentner - und ihre Kinder auch noch. Und wenn die Autobahnen verrotten - dann zahlen sie das auch noch oben drauf. Passt schon.
  • der drittgrößte Posten im Bundeshaushalt mit 40 Mrd EUR pro Jahr sind die Zinsen für die Bundesschulden. d.h. hätten wir die nicht, wären all die Investitionen, die jetzt so dringend notwendig sind, kein Problem. Anders herum: Wenn wir jetzt noch weiter Schulden machen, werden wir künftig nicht 40 Mrd pro Jahr für die Zinsen zahlen, sondern vielleicht 50, 60 oder 70 Mrd - damit beschneiden wir die Möglichkeiten in der Zukunft auch.
  • ich sage damit nicht, dass die Schuldenbremse strengstens durchgezogen werden muss, aber man sollte mit dem Thema sehr, sehr vorsichtig umgehen. Und Politiker haben immer den Anreiz: Haue ich jetzt Geld raus an meine Wähler, werde ich erst einmal wieder gewählt - und wer die Suppe dann auslöffelt, ist mir doch egal, dann bin ich schon in (staatlich finanzierter) Rente.
    Viele Grüße
    Matthias
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Das ist mMn ein sehr problematisches Argument, da es davon ausgeht, dass wenn wir die unzähligen Milliarden Schulden nicht aufgenommen hätten, die nun zu diesen Zinsen führen, wir dennoch in einer vergleichbaren Position wären. Und das ist mMn nicht haltbar, es sei denn, man hält den Staat für komplett inkompetent.

Anders ausgedrückt:
Dafür, dass wir diese Zinsen heute zahlen müssen, haben wir einen Gegenwert in Form von Investitionen erhalten, der dazu führt, dass wir heute auch auf der Einnahmen-Seite ein deutliches Plus haben. Man könnte daher allenfalls in Frage stellen, ob das Plus auf der Einnahmeseite größer ist als das Minus durch die Zinsen, aber diese Frage ist auf Grund der Komplexität volkswirtschaftlicher Zusammenhänge kaum zu beantworten.

Also Ja, meinetwegen zahlen wir im Jahr 2050 auch gerne 200 Milliarden an Zinsen - wenn wir dafür eine Infrastruktur (inklusive „Humankapital“) haben, um entsprechende Einnahmen zu generieren. Die höhe der Zinsen an sich ist einfach kein relevanter Faktor, ohne die andere Seite der Waage zu sehen.

Es wird immer so sein, dass der Bundeshaushalt zum Großteil laufende Kosten decken wird und nur zu einem deutlich kleineren Teil Investitionen. Auch für Unternehmen gilt, dass in kaum einem Wirtschaftszweig mehr als 10% des Umsatzes (das wäre hier der Bundeshaushalt) in Investitionen fließt, realistisch sind oft eher 5%… die Tatsache also, dass 20% des Bundeshaushaltes nicht in Investitionen fließt, hat keinerlei Aussagekraft, es ist einfach normal, dass >90% der staatlichen Einnahmen nicht in Investitionen fließen. Alles andere zu erwarten wäre einfach unrealistisch.

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Ich finde dieses ständige Politiker-Bashing (teilweise durch Politiker selbst) extrem ermüdend. Gibt es Politiker, die dämliche und auf reine Wahlwerbung ausgerichtete Ausgaben tätigen, oder sich sogar noch selbst bereichern? Klar. Aber das kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es scheinbar genug kompetente und verantwortungsvolle Politiker gibt, dass wir zu einem der wohlhabendsten Gesellschaften der Menschheitsgeschichte geworden sind. Anstatt immer „den Politikern“ unlautere Absichten zu unterstellen sollte man eher diskutieren, wie man Politikern insgesamt bessere Anreize setzt und politisches Handeln transparent macht.

Und wenn wir früher mehr Schulden für Investitionen gemacht hätten, müssten wir jetzt vermutlich mehr Zinsen zahlen, hätten aber die ganzen aktuellen Probleme nicht – und damit auch eine stärkere Wirtschaft, die für mehr Einnahmen sorgt. So wird doch auch ein Schuh draus.

Die dümmste aller Strategien ist meiner Meinung nach, Investitionen in Infrastruktur und Bildung nicht zu tätigen, weil man schon so viele Zinsen auf Schulden für Sozialleistungen und Konsum zahlt. Das wird die wahre Abwärtsspirale.

Grundsätzlich ist es praktisch garantiert, dass der Staat im Schnitt jedes Jahr mehr einnimmt. Denn unsere Wirtschaft wächst (wenn auch langsam) und ein Kombination mit der (durchaus erheblichen) Inflation der letzten Jahre entstehen so also automatisch mehr Einnahmen. Gleichzeitig steigen aber natürlich auch die Ausgaben (wieder aufgrund der Inflation) und die Bürger erwarten zunehmend auch mehr vom Staat (Ganztagsbetreuung, Pflege, etc.).

Klar, aber wer weniger Konsumausgaben will, der muss sich auch positionieren wo gespart werden soll. Und zwar konkret. Wie schon oft diskutiert sind die Möglichkeiten beim Bürgergeld und Leistungen für Asylbewerber extrem eingeschränkt. Damit lässt sich kein Haushalt sanieren. Also, was soll es sein:

  • Nullrunden oder Reduzierungen bei der Rente?
  • Abbau der Gesundheits- und Pflegeversorgung?
  • Weniger Lehrer und schlechtere Ausstattung für die Schulen?
  • Kein Geld mehr für die Bundeswehr?

Alles andere ist mehr oder weniger Pillepalle, gesetzlich oder völkerrechtlich vorgeschrieben oder offensichtlicher volkswirtschaftlicher Schwachsinn. Überall wo man sparen kann, tut es richtig weh – und zwar nicht nur den gesellschaftlichen Randgruppen, die man an der Urne vielleicht noch ignorieren kann.

Die offensichtliche Alternative ist: Massiv in die Wirtschaft investieren, damit mittelfristig die Einnahmen deutlich steigen. Das muss natürlich mit einer bedeutenden Zuwanderung auch mäßig gut ausgebildeter Menschen kombiniert werden, damit dieses Potenzial an zusätzlicher wirtschaftlicher Aktivität auch ausgefüllt werden kann.

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Du hast Recht, wenn die Schulden dazu dienen, die Investitionen zu tätigen, die notwendig sind und der laufende Bundeshaushalt dazu dient, die laufenden Staatsausgaben wir Soziales, Verteidigung, Bildung etc. zu bedienen, wäre ich glücklich und würde einer Ausweitung der Schulden gerne zustimmen. Allerdings werden die Schulden ja dazu verwendet, die laufenden Ausgaben zu finanzieren. Deutschland (nur der Bund) hat derzeit 2,5 Billionen Schulden. Wenn wir für diese 2,5 Billionen EUR Infrastruktur bekommen hätten, bräuchten wir jetzt nicht über marode Straßen zu sprechen. WIr haben aber keine Infrastruktur bekommen für die Schulden. Und ich befürchte: auch für neue Schulden bekommen wir nicht Infrastruktur, sondern glückliche Wählerclientel.

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Hier liegt das zentrale Problem. Meines Erachtens gibt es keine belastbare Projektion, die zeigt, dass wir uns diese Schulden „leisten“ werden können. Zumal ab 2028 ohnehin schon hohe Zins- und Tilgungskosten aus der Corona-Zeit auf uns zu kommen werden.

Ehrlich wäre meines Erachtens: strikter Sparkurs (d.h., insb. Strukturreformen, aber auch Wegfall von Leistungen, Subventionen) sowie die Generierung neuer Einnahmen (Steuern). Erst dann kann man über weitere Schulden sprechen.

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Es gibt auch keine belastbaren Prognosen, dass die Schulden zu einem Problem werden :wink:

Ich bin weiterhin, wie in der Vergangenheit schon ausgeführt, klar dafür, sich international zu orientieren, wie viele Schulden „akzeptabel“ sind. Ich stimme deinem Pessimismus dahingehend zu, dass ich auch davon ausgehe, dass das gesamte System von „Staaten, die sich gegenseitig hoch-verschuldet sind“ irgendwann zusammen brechen wird. Wenn das passiert wird das Resultat zwar erst einmal eine Wirtschaftskrise gigantischem Ausmaßes sein, aber die Folge wäre vermutlich eine Entwertung aller Schulden. In diesem Fall wäre es nicht von Vorteil, das „vorbildliche Land mit wenig Schulden“ zu sein, also auf der Gläubigerseite zu stehen und dort „leer auszugehen“.

Insofern gilt für mich, dass es keinen Sinn macht, einen wirtschaftlichen Nachteil in Kauf zu nehmen, nur, um im Hinblick auf die Staatsverschuldung „noch vorbildlicher zu sein als alle anderen“. Das Ziel muss sein, nicht stärker verschuldet zu sein als andere Länder in vergleichbarer Situation (gemessen am BIP). Und die Staatsverschuldung relativ zum BIP betreffend steht Deutschland immer noch deutlich besser dar als die anderen „großen“ europäischen Staaten (2023: Deutschland: 63,6%, Frankreich: 110,6%, Spanien: 107,7%, Italien: 137,3%, UK: 101,1%). In Anbetracht dieser Zahlen halte ich die Panik, die hier wegen weiterer Verschuldung geschoben wird, einfach für massivst übertrieben. Diese übertriebene Angst vor Staatsschulden wird international übrigens regelmäßig als deutsches Unikum (als Teil der „German Angst“) gesehen, was witzigerweise oft damit begründet wird, dass in der deutschen Sprache nicht zwischen „debt“ und „guilt“ differenziert wird, wodurch „Schulden“ im Hinblick auf „Schuld“ sprachlich ein größeres Tabu sind als in anderen Staaten. Ob das stimmt sei dahingestellt, aber es sollte uns vielleicht zu Denken geben…

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Hallo Lage Forum Mitstreiter,

ich habe mir den Podcast, das Video von J&N und auch noch etwas dazu auf google angelesen.
Entweder habe ich hier einen kompletten Denkfehler oder irgendetwas passt an Rudis Lücke nicht.
Ich fasse einmal zusammen: Rudis Lücke besagt, dass wenn der Staat (Egal ob Bund oder Bundesländer) sich an Gesellschaften des öffentlichen Rechts (ist die DB übrigens nicht, was mich noch mehr verwirrt) beteiligt, dann kann er das Eigenkapital dieser Gesellschaften mit Haushaltsgeld oder Staatsschulden aufstocken, wobei diese nur eine Ausgabe (Liquidemittel) für den Staat darstellt und keinen Aufwand, da er im Gegenzug eine Forderung erhält oder gar Anteile.
So habe ich Rudis Lücke verstanden.

D.h. bedeutet jedoch im maximal Fall, der Staat könnte das Eigenkapital maximal aufstocken, wodurch sich diese Gesellschaften höher Verschulden könnten. Die Schulden sind durch das Eigenkapital abgesichert.
Soweit so gut und auch verstanden.

Nun müssten jedoch die Schulden auch irgendwie einmal bedient werden, sonst wird die Gesellschaft Verluste erwirtschaften und das Eigenkapital sinkt (Aktiva und Passiva müssen ausgeglichen in der Bilanz sein).

Und hier fängt nun meine Verwirrung an. Sagen wir die Bundes Autobahn Gesellschaft investiert in neue Brücken. Dann wird in der Bilanz ein Anlagevermögen (Aktiva) im Wert der Brücke gebucht. Diese wird über die Jahre abgeschrieben. Der Aktiva sinkt. Es kommen jedoch keine Einnahmen rein, um die Schulden zu bedienen, denn die sinken ohne Tilgung nicht.
D.h. es müssen Einnahmen generiert werden für diese Gesellschaften. Das heißt bei H2 Pipelines, Glasfaser, Straßen, Brücken, Schienen usw. Benutzergebühren (Maut) müssen her.
Bei Schulen oder Gebäuden in öffentlicher Hand (Rathaus) ist das nicht möglich.

Nun kommen meine Fragen,
Wie funtioniert das denn mit dem Wettbewerbsrecht? Wenn das alles stimmt, könnte der Staat massenhaft solche Gesellschaften gründen und ein Monopol herstellen. Bei Telekom und Post (DHL) ist es genau andersrum geschehen und es war zum Vorteil aller Kunden.

Dann frage ich mich wie weit sich der Staat „verschulden“ kann. Wenn das eine Linke Tasche Rechte Tasche trankaktion wäre, könnte der Staat einfach 1 Billion Euro aufnehmen und diese in die Gesellschaften stecken. Top Infrastruktur kann kommen!?!
Irgendwie klingt das alles etwas unlogisch für mich, weil diese Gesellschaften auch einen riesigen Schattenhaushalt ausmachen könnten, der nicht durch das Parlament kontrolliert werden könnte.

Dann noch eine Anmerkung zur Definition von Investition (Neu) und Reparatur.
Aufwendungen, die für dessen Reparatur und Instandhaltung anfallen, sind grundsätzlich sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben abzuziehen. Es sind als Betriebsausgaben, keine Investitionen.
Bsp Brücke, wird diese Repariert ist dieses eine Betriebsausgabe. Reißt man diese ab und beu diese neu, ist das eine Investition.
Ich will eigentlich damit sagen, dass jede Investition, jährliche Betriebskosten mit sich bringt. Das haben die Regierungen der letzten 20 Jahre leider vergessen und an diesen kräftig gespart. Das muss sich dringend in Zukunft ändern.

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Die Staaten, die du genannt hast, sind nun aber alle auch kein Beispiel dafür, dass eine hohe Verschuldung in der Regel zu einem besseren „Staatswesen“ führt.

Warum musste in UK Liz Truss nach 1 Monat (?) abtreten? Warum sind die Finanzmärkte im Hinblick auf Frankreich aktuell so nervös? Warum wollen insbesondere die hoch verschuldeten Staaten der EU alle Eurobonds?

Wenn man deine Argumentation auf die Spitze treibt, können wir doch auch eigentlich die Einkommensteuer abschaffen. Lasst uns einfach alles auf Pump finanzieren. Zahlen können die nachkommenden Generationen oder auch niemand. :wink:

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Bei all dieser Infrastruktur nimmt fließt ja schon heute Geld. Welche buchhalterischen Feinheiten beachtete werden müssten weiß ich nicht, aber grundsätzlich scheint es mir nicht absurd, dass der Staat hier auch ausreichend Einnahmen erzielen könnte, um die Schulden auch zu bedienen. Oder es wird eben Geld nachgeschossen.

Darum redet ja auch kaum jemand darüber, über dieses Modell Schulen oder Rathäuser zu finanzieren. In aller Regel geht es um „harte“ Infrastruktur, wobei das ja wiederum im Bundeshaushalt Platz für mehr Geld für Schulgebäude machen würde.

Denkbar wäre es aber natürlich schon, denn die bundeseigene Gesellschaft könnte die neuen Gebäude ja theoretisch an die kommunalen Träger vermieten, die Mieteinnahmen dann aber als Dividende an die Bundesregierung ausschütten, die diese Gelder dann wieder an die Kommunen zurückgibt. Umständlich, aber warum nicht?

Vermutlich ja, der Staat hat ja auch heute noch ein paar Monopole (z.B. Schieneninfrastruktur, Autobahnen). Staatliche Kontrolle über Monopole macht auch unter bestimmten Bedingungen Sinn, nämlich wenn ein natürliches Monopol vorliegt, die Schaffung zweier konkurrierender Angebote also physisch oder wirtschaftlich nicht möglich ist.

Naja, bei uns auf dem Dorf hat die Postfiliale nur noch von 9-12 Uhr auf und verkauft keine Briefumschläge (!) mehr, weil sich das angeblich nicht rechnet. Das Porto ist auch nicht billiger geworden. Ich will nicht sagen, dass die Postprivatisierung grundsätzlich schlecht war, aber „alle Kunden“ hatten davon sicher keinen Vorteil. Auch die Telekom hat sich durch die Privatisierung nicht über Nacht zu einem günstigen, kundenfreundlichen und effizient arbeitenden Konzern gewandelt.

Ja!

Das ist vermutlich der verfassungsrechtliche Knackpunkt. Aber andererseits kann das Parlament ja jederzeit über Untersuchungsausschüsse und Gesetzte die totale Kontrolle über bundeseigene Gesellschaften ausüben. Auch die ursprüngliche Kreditaufnahme zur Finanzierung der Gesellschaften unterliegt ja der parlamentarischen Kontrolle.

Im Juni 2023 wurde das bei beyond the obvious thematisiert. Dort insbesondere auch damit die über 1000 Milliarden Euro Target2 Forderungen Deutschlands zu mobilisieren um den Investitionstau abzubauen.

Ein Vorschlag war es eine Firma im Europäischen Ausland zu gründen, sie mit Kapital zu versehen und durch das richtige Routen der Zahlungen unsere Forderungen wieder abzubauen.
So eine Firma z.B. in Frankreich kann dann in Deutschland Firmen beauftragen, um die Infrastruktur wieder herzurichten oder neu zu bauen.

„Unsere angeblich durch TARGET blockierten Mittel werden so zu Giralgeld und können beispielsweise zum Abbau des immer größer werdenden deutschen Investitionsstaus, zur Finanzierung des Ausbaus von digitaler Infrastruktur und für vieles mehr genutzt werden .“ – bto : Wir könnten also das Märchen vom reichen Land wahr werden lassen.“

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Das würde dann ja eine Verschuldung durch die Hintertür bedeuten.
Das kann ja nicht im Sinn des Verfassungsgerichtsurteils sein.

Ist das so? Ich bin mir da nicht sicher.

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Warum durch die Hintertür? Wenn der Bundestag eine Kapitalerhöhung der bundeseigenen Gesellschaft beschließt, ist das doch völlig above board.

Die erstmalige Transaktion muss ja als Teil des Bundeshaushalts verabschiedet werden. Wie soll das anders gehen?

„Bei Telekom und Post (DHL) ist es genau andersrum geschehen und es war zum Vorteil aller Kunden.“

  • wo war die Privatisierung denn für die Kunden von Vorteil?
    Die Wettbewerb treibenden Unternehmen sind meiner Erfahrung nach alle gleichermaßen miserabel.

Im Glasfaserausbau hinken wir im internationalen Vergleich massiv hinterher. Die Postdienstleistungen sind selbst in Zentralberlin eine Frechheit, bei meiner Mutter auf dem Dorf geradeaus katastrophal. Die kann ihre Post grundsätzlich im nächsten Ort mit dem Auto abholen, weil der Postbote auf seiner Route offenbar prinzipiell nicht genug Zeit bekommt, alle Dörfer abzufahren.

Wenn sie irgendwann nicht mehr Autofahren kann - tja, dann kriegt sie wohl keine Post mehr.

Surfen tut man bei ihr mit gepflegter ISDN-Geschwindigkeit - mit etwas Glück, und nachts um 2.

Lohnt sich halt nicht, solche Dienste auf dem Land besser zur Verfügung zustellen.

Wo genau hat denn Privatisierung wirklich Vorteile für die Bevölkerung gebracht, und welche Vorteile sind das genau?

Ich sehe: Kaputte Infrastruktur, nicht-funktionierende Dienstleistungen, zu Tode privatisierte Krankenhäuser in denen niemand mehr arbeiten möchte, abgehängte ländliche Regionen, massive soziale Probleme durch den Abverkauf von Bereichen wie dem sozialen Wohnungsbau, deren Konsequenzen und Bekämpfung die Sozialausgaben in die Höhe treiben.

In Großbritannien wurde das Abwassermanagement privatisiert. Das Ergebnis? Millionen Liter rohes Abwasser, das seit Jahren unbehandelt und ungeklärt in öffentliche Gewässer geleitet wird und diese für die Öffentlichkeit zu einem Gesundheitsrisiko machen.

Wenn ein infrastrukturell wichtiges Unternehmen schlecht wirtschaftet, wie die Bahn zu Zeiten des geplanten Börsengangs, dann muss am Ende eh die Allgemeinheit die Zeche zahlen.

Die Privatisierung von Bereichen, die für die Funktion einer Gesellschaft essentiell sind, dürfen nicht von ihrer Profitabilität abhängen.
Der ÖPNV, die Post, Gesundheitsversorgung, Glasfaserausbau werden sich in Ost-MeckPomm nie finanziell lohnen - und müssen trotzdem zuverlässig gewährleistet sein.

Den Bau und die Bewirtschaftung von Wohnraum in Städten wue Berlin, München, Hamburg kann man nachweislich nicht dem Markt überlassen, ohne das einem die Wohnungsnot um die Ohren fliegt.

Das probieren wir jetzt seit Jahrzehnten weltweit immer wieder aus, immer mit dem gleichen Ergebnis.
So langsam sollte es doch mal an der Zeit sein, dass wir aufhören immer wieder die gleichen Fehler zu machen aber ein anderes Ergebnis zu erwarten.

Um die Verfehlungen der Privatisierung wieder zurückzurollen braucht es massive Investitionen - und dafür Staatsschulden. Der Klimawandel macht die Lage noch dringlicher (siehe Bahn).
Das hätten wir, als die Zinsen auf einem Rekord tief waren, längst machen sollen, aber das hat die CDU ja wie so vieles leider verschlafen.

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Ich denke der Vergleich mit den Privatgesellschaften hinkt ein bisschen, da diese ja normalerweise den Anlagenmarkt mit ihren Gewinnen outperformen müssen, um Investoren anzulocken.

Wenn man das Beispiel der Autobahn GmbH weiterspinnt, dann sollte diese mit Mauteinnahmen genug Geld für Zins und Tilgung generieren um die Schulden zu rechtfertigen. Ich denke das sollte möglich sein.

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ich denke man muss an dieser Stelle in Waren und Dienstleistungen denken und nicht in Geld.
Wenn Bauarbeiter eine Brücke bauen, sparen alle, die sie benutzen Zeit und Energie. Wenn die aufgebrachte Zeit und Energie für den Bau geringer ist als die durch die Nutzer ersparte, erwirtschaftet die Gesellschaft am Ende Gewinne. Wie die Geldflüsse darum gestaltet werden ist weniger eine Frage des gesellschaftlichen Gewinn oder Verlustes sondern eine Rahmenbedingung, die es für private Akteure mehr oder weniger attraktiv macht, diese Investition zu tätigen.

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Warum schießen sich eigentlich alle so auf die Schuldenbremse ein? Meiner Ansicht nach ist es nicht die beste Möglichkeit für den Staat Geld Einzunehmen. Hier meine persönliche Sortierung:

  1. Wirtschaftswachstum fördern: Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums, wie Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung, erhöhen (leider nur) langfristig die Steuereinnahmen.

  2. Subventionen und Förderungen anpassen: Hier könnte man gezielt für Klimaschutz arbeiten, ähnlich wie es die USA und China machen.

  3. Bekämpfung von Steuerhinterziehung: Kostet zwar initial etwas und braucht Vorlaufzeit, aber sollte ein guter Bringer sein.

  4. Steuern erhöhen: Ich denke da vornehmlich an eine Erbschaftssteuer um der „Dynastienbildung“ wie es Herr Bachmann genannt hat vorzubeugen.

  5. Schulden aufnehmen: Der Staat kann Anleihen ausgeben oder Kredite aufnehmen, um kurzfristige Finanzierungslücken zu schließen oder langfristige Investitionen zu tätigen.

  6. Effizienzsteigerungen in der Verwaltung: Ich denke hier kann man zwar den Output erhöhen, aber die Kosten werden bleiben, da die Leute ja nicht entlassen werden.

  7. Mehr Geld aus der EU ziehen: Deutschland ist Netto-Beitragszahler und wird es auch bleiben, aber vielleicht lassen sich mehr Projekte aus EU-Mitteln finanzieren?

  8. Reformen im Sozialwesen: Änderungen und Reformen im Sozialwesen, wie Anpassungen bei Renten, Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld, sind bei uns zwar nötig und hätten auch einen großen Hebel, aber ich denke das Thema ist einfach zu verbrannt als das einer Regierung hier ein großer Wurf gelingen könnte.

  9. Verkauf Staatsvermögen: Sehe nichts gutes an dieser Option.

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Das Problem ist, dass viele deiner gewünschten Maßnahmen selbst wieder Geld kosten (z.B. Wirtschaftswachstum fördern), für sich nicht annähernd genug Geld generieren, um die anderen Punkte zu finanzieren (z.B. Bekämpfung von Steuerhinterziehung) oder politisch noch weniger machbar als eine höhere Schuldenlast (z.B. Steuern erhöhen). Um die Reform/kreative Auslegung der Schuldenbremse kommt man also nicht herum, wenn man das mit der Infrastruktur ernst meint. Andere Maßnahmen sind sicher wichtig, aber eben nicht ausreichend.

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Zeitpunkt 42:00 - Maastrichtkriterien aus den Neunzigern… Vielleicht ne Dummi-Frage, aber warum sollen das denn damals Überlegungen gewesen sein, um den Euro zu schützen - den es da noch gar nicht gab??? :thinking: Möglichkeit 1 = gemeint sind die Nuller und nicht die Neunziger Jahre. Möglichkeit 2 = es handelt sich formal um den/das ECU und Planungen für den noch nicht existierenden, aber schon irgendwie angedachten zurkünftigen Euro. Weiß jemand die Lösung? Thx!