LdN 398: ETF's und Langlebigkeitsrisiko

Liebe Lage der Nation, vielen Dank für Euren steten Einsatz für qualitativ hochwertigen Journalismus und einen Podcast mit Tiefgang.

Da Ihr so gut recherchieren könnt bin ich, überrascht, wie auch schon beim Lage-Buch, dass Ihr beim Thema Altersvorsorge das Problem des Langlebigkeitsrisikos außer Acht lasst. Ich bin Aktuarin (DAV), d.h. geprüfte Versicherungsmathematikerin, also sicher bei dem Thema auch nicht voll objektiv, doch ist mir aus dieser Perspektive das Risiko sehr klar.
Wer, wie z.B. Herr Merz, damit rechnet, dass er lange leben wird, z.B. weil seine Eltern beide über 90 Jahre alt sind, der muss sich auch darum kümmern, dass das bis Rentenbeginn angesparte Geld im Alter möglichst lange reicht. Rentenversicherungen dienen gerade dazu, dieses Langlebigkeitsrisiko abzusichern und zahlen, so lange die versicherte Person lebt und wenn sie 120 Jahre alt wird. Das bedeutet nicht, dass ETS’s schlechte Produkte sind, doch sollte sich jeder die Frage stellen, bevor er eine Entscheidung über seine Altersvorsorge trifft, ob und wie er sich gegen das Langlebigkeitsrisiko absichern möchte. Ich fände es schön, wenn Ihr auch darauf hinweisen könntet.

Dazu gab es gerade auch einen interessanten Streit zwischen dem ifa Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften und dem Fondsverband BVI. Herr Prof. Russ hat dazu einen informativen Kommentar veröffentlicht (BVI-Analyse zu Fondsentnahmeplänen: Zu schön, um wahr zu sein!). Darin wird deutlich, wie sehr die Bewertung der unterschiedlichen Lösungen (Versicherungen versus Fondsentnahmepläne) davon abhängen, welche Annahmen zugrunde gelegt werden. Es bleibt jeden überlassen für sich zu bewerten, welche Annahmen er sinnvoll findet. Für die Entscheidung über die Art der Altersvorsorge ist es gut, sich dieser bewusst zu sein.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass die Kosten der Riesterversicherungen in Teilen auch daher kommen, dass die Zulagenverwaltung verwaltungsintensiv ist (Einrichtung einer Schnittstelle zur ZfA, regelmäßige Korrekturen der Zulagenhöhe, …) (sicherlich können einige Unternehmen auch an der Verschlankung ihrer Verwaltung arbeiten). Wenn, wie im Ampelvorschlag, auf die ETF Fondssparpläne Zulagen gezahlt werden sollen, bin ich gespannt, ob diese so kostengünstig bleiben können.

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Ich sehe deinen Punkt aber um ehrlich zu sein, wie viele Menschen werden mit 90 noch etwas von ihrem Geld wirklich nutzen können? Mein Plan ist es noch gute 20 Jahre Rente zu haben und dann mit 0€ ins Altersheim zu gehen, falls ich dann noch lebe. Es kommt halt stark auf das individuelle Ziel an das man erreichen möchte. Im Endeffekt ist jede Versicherung individuell eine Wette…auch die Rente.

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Auch das Altersheim kostet Geld …

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Wenn er bei 0 steht und keine Kinder zum schröpfen da sind, übernimmt das dann die Allgemeinheit.
Passt zu der neoliberalen Einstellung, die sich gerade in Deutschland breit macht.

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Man zahlt als Kind auch erst ab 100k Einkommen was zum Heim dazu:

Um dieses Risiko sinnvoll abzuschätzen hilft es einmal auszurechnen wie lange es bei der jeweiligen Versicherung dauert, bis man das eingezahlte Geld wieder ausgezahlt bekommt. Da kommt man sehr oft auf Werte die deutlich über dem Altersdurchschnitt liegen. Bei mir waren es z. B. 105 Jahre. Mit einer marktüblichen Rendite von ETFs kommt man dann oft sogar dazu, dass das angesparte Vermögen bei der Auszahlungsrate der Versicherung unendlich hält. Bei den 400.000 € aus dem Beispiel im Podcast könnte man bei 6 % Rendite jedes Jahr 24.000 € erwirtschaften und sich somit unendlich lange eine Rente von 2.000€/Monat leisten. Geht in der Praxis nicht ganz so einfach, zeigt aber, dass das Geld schon sehr, sehr lange hält.

Alle mit bisher angebotenen Versicherungen haben diesen „Vorteil“, doch hat sich dieser bisher immer nur als scheinbarer Vorteil erwiesen.

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Das „Langlebigkeitsrisiko“ (schon witzig, dass lang leben ein Risiko ist [ich verstehe natürlich was gemeint ist :sweat_smile:]) kann durch verschiedene Lösungen abgefedert werden. Bspw. können ab ca Alter 50 Rentenpunkte gekauft werden. Dies kann auch bei der Steuer geltend gemacht werden. Einmal angespartes Kapital kann auch beim Eintritt in die Rente umgewandelt werden (auch teilweise). Je nachdem wieviel % ich pro Jahr aus einem Depot nehme, kann auch diese Entnahme nachhaltig sein. Es gibt die 4%-Regel, die auch nicht unumstritten ist. Senkt man die 4% aber auf bspw 2-3% ab, ist das Bankrottrisiko massiv geringer. Man kann auch eine gedreckelte, ertragsorientierte Entnahme vorgenommen werden. Dann ist die Entnahme aber nicht gleichmäßig. Es kann also durchaus ne Menge Möglichkeiten, wo das Langlebigkeitsrisiko berücksichtigt werden kann. Die Menschen benötigen aber Unterstützung um das zu Durchblicken. Da sehe ich eine Menge Kommunikationsbedarf :+1:

Bei Versicherungsprodukten ist oft das Problem, dass die kaum zu Durchschauen sind. In vielen Fällen, haben die Leute keine Vorstellung darüber was mit dem Geld passiert. In meiner bAV steckt bspw der A0RPWH. Den kenne ich sehr gut :sweat_smile: mein Versicherungsberater hat sich wirklich wie ein Berater und nicht wie ein Verkäufer verhalten. Die Kombination aus Verstehen des Produkts, Zuschuss seitens des Arbeitgebers sowie Abzugsfähigkeit bei der Steuer und Sozialversicherung macht die geringere Rendite (es bleibt immer noch ein Versicherungsunternehmen dazwischen, welches auch was verdienen möchte) akzeptabel. Es gibt in der Versicherungsbranche zu viele schwarze Schafe :thinking: darunter leiden dann auch die, die wirklich bemüht sind. Mein Arbeitgeber hat da aber ein ordentliches Produkt identifiziert.

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@der_Matti

Immerhin versucht er entsprechende Ersparnisse für 20 Jahre zu erreichen. Wenn du dann aber einmal in der Pflege angekommen bist, kannst du gar nicht so schnell schauen wie dein Vermögen schrumpft. Das kann auch mit 70 passieren. Wie wäre es mit einer Pflegeversicherung? Dafür muss man dann aber auch die Bedingungen erfüllen. Mit etwaigen Vorerkrankungen ist da oft schon vorbei.

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Als gesetzlich Versicherter leiste ich eine Zwangsabgabe in eine PV. Etwas, wovor sich Selbständige schützen können.
Ansonsten ist alt werden teuer, keine Frage.
Das gilt zu Hause mit einer Rundumbetreuung genauso wie im Altenheim. Und wer es sich leisten kann, über den Mindeststandard zu gehen, wird das vermutlich auch, denn der ist wirklich erbärmlich.

Ansonsten sind rüstige Rentiers eine gute umworbene Zielgruppe. Er will, wie diese, noch mal 20 Jahre seine neue Freiheit genießen (am besten dank staatlich gefördertem Ansparplan mit Steuervergünstigungen) und dann dem Staat auf der Tasche liegen.

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Da wir hier schon fleißig Finanztipps geben, werf’ ich auch noch ein Konzept rein: Sofortrente
(Disclaimer: Produkt habe ich 10min gegoogelt, keine Gewähr)

Die ergänzt den ETF-Sparplan als Altervorsorge in meinen Augen hervorragend: Damit kann man sein ETF-Vermögen zum Rentenbeginn (oder wenn die Kurse gerade günstig stehen) auf einen Schlag flüssig machen, gibt das ganze Geld einer Versicherung, die einem dafür bis zum Lebensende eine monatliche feste Rente zahlt.
Dieses Produkt kann man natürlich auch schon im Arbeitsleben abschließen, mir ist aber unklar, ob das dann so attraktiv ist.

Es stellt sich bei Vermögens-basierter Altervorsorge immer die Frage, ob es bis zum Lebensende reicht. ETFs helfen nur, dass sich das Vermögen mehrt.

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Was unterm Strich rauskommt, sobald du ein Pflegefall wirst, ist ein Witz. Zumindest, wenn man sich auf die gesetzlichen Lösungen verlässt. Da sehe ich das Kernrisiko. Ich verdiene nicht schlecht, kann dadurch einen guten Betrag zur Seite legen. Aber ich bekomme keine private PV. Damit wird alles was ich anspare im Pflegefall draufgehen. Und dann liege ich irgendwann auch dem Staat auf der Tasche. Obwohl ich gern dafür vorsorgen würde. Ich kenne nicht seine/ihre Situation. Ich weiß auch nicht, ob er/sie das wörtlich gemeint hat.

Für mich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich an die 90 rankomme :see_no_evil: mit 20 Jahren würde ich dem Staat unter reiner Rentenbedingung im Normalfall nicht auf der Tasche liegen. Aber ich sehe Pflege als nicht unwahrscheinlich an.

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Damit meinte ich was auch du geschrieben hast. Du sparst mit dem ETF und schichtest den ganz oder teilweise in so eine „Sofortrente“ um. Ob das ein guter Tausch ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber es wäre so ein Ansatz für die „Langlebigkeit“.

Ich hatte mich bei dem Beitrag etwas gewundert, als wie „magisch“ die Geldvermehrung durch Zinseszins über lange Zeiträume wirke, während gleichzeitig die allgemeine Inflation ausgeklammert wurde. 400.000€ klingt nach einem sehr hohen Betrag nach heutigen Geldwert. In dreißig oder vierzig Jahren wirkt diese Summe mutmaßlichen nicht mehr so „magisch“.

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