LdN 398: ETFs: Umgang mit Schonvermögen

Liebe Lage,

Ich möchte noch einen zusätzlichen Aspekt beleuchten, der mir in letzter Zeit aufgefallen ist. Sowohl in der aktuellen Rechtslage als auch bei den neuen Vorschlägen.

Aktuell ist es ja so, dass man irgendwann beim Bezug von Bürgergeld zunächst sein Vermögen aufbrauchen muss. Ich hab noch nicht recherchiert ab wann und wie das bei anderen Sozialleistungen ist. Aber irgendwann gibt es den Punkt. Dann dürfen Riester, Rürup, … sowie ein selbst genutztes Eigenheim behalten werden. Meine Angesparten ETF-Anteile muss ich aber verkaufen, ggf zu schlechtem Kurs und auch noch Steuern zahlen. Obwohl ich vielleicht vorhatte, davon im Alter meine Miete oder die Unterbringung im Heim zu bezahlen. Und so ist dann ein ganzer großer Vorteil von dem Sparen dahin. Wo ich mich gegenüber Eigenheimeigentümern deutlich im Nachteil sehe. Es gibt wohl schon ein Schonvermögen, beim Bezug von Bürgergeld.
Im ersten Jahr habe ich alleinstehend 40000 Vermögen, dass ich nicht antasten muss. Das fällt nach einem Jahr weg. Das ist nach allen Berechnungen die ich selbst angestellt habe, viel zu wenig um bei mir die Rentenlücke zu schließen. Wenn ich jetzt vorsorge, später in eine Notsituation komme und Bürgergeld brauche, muss ich meine Rente aufgeben. Und bin auch noch deutlich schlechter gestellt als Leute, die davon einfach in Debitkarte gefahren sind, lecker essen gegangen sind oder sonst das Geld ausgegeben haben.

Auch bei der Neuregelung klang für mich eine Änderung hier unwahrscheinlich.

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Aber ist die Regelung so nicht sinnvoll?

Wenn der Staat jemanden unterhält, kann er ja auch erwarten das er Mittellos ist, oder?

Das ist ein richtiger und wichtiger Punkt. Es gibt leider momentan keine Möglichkeit sinnvoll für seine Rente vor zu sorgen. Riester, Rürup und Lebensversicherung sind sicher aber haben so hohe Kosten und so geringe Rendite, dass sie nicht ausreichen. ETF sind aufwändig, bringen viel Rendite, aber da darf man halt nicht in einer Notlage kommen. Betriebsrente könnte eine Lösung sein, aber nur wenn der Arbeitgeber ordentlich was dazu gibt. Auch hier ist die Rendite klein und die Kosten hoch und vor allem muss man bei der Auszahlung die gesparten Steuern noch nachzahlen.

Es gibt ein riesiges Rentenproblem bei der gesetzlichen Versicherung und privat vorsorgen geht auch nicht. Man ist allein gelassen. Ich weiß nicht wie es mit Stiftung, Firma oder Verein aussieht, evtl. gibt es hier noch eine Möglichkeit. Das war mir bisher jedoch zu kompliziert.

Es geht um die ungleiche Behandlung verschiedener Arten privater Altersvorsorge. Andere Varianten werden verschont.

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Weil bisher Anlagen in Aktien, Fonds und Wertpapiere nicht als Säule der privaten Rente in Deutschland angesehen werden. Das ist einfach eine politische Entscheidung. Meine Briefmarkensammlung hat vielleicht auch einen gewissen Anlagewert, deshalb muss er vom Staat aber noch nicht als „Vorsorge“ anerkannt werden, selbst wenn ich es als solche betrachte.

Anderes Beispiel: wenn ich zur Vorsorge in Immobilien investiere, dann wird dieses Vermögen auch nicht verschont.

Ich denke schon, dass sich da grundlegend was ändern wird. Wenn die Regierung wirklich ein steuerlich und durch Zuschüsse gefördertes „Vorsorgedepot“ einführt, dass ähnlich wie Riester, Rürup oder eine Renten-Lebensversicherung Teil des offiziellen Rentensystems wird, dann wird es da auch einen speziellen Schutz geben. Wie der genau aussehen wird, wird sich erst mit der eigentlichen Gesetzesvorlage klären, aber ich wäre extrem erstaunt, wenn es da keine Sonderregelungen geben wird.

Das ist eine Abwägung, die man bei der Auswahl des Vorsorgeinstruments berücksichtigen sollte. Dafür hat man ja bei ETFs auch eine erheblich höhere Rendite.

Man müsste mal recherchieren, wie das z.B. in den USA, in Kanada oder in Schweden ist. Ich meine mich zu erinnern, dass es dort spezielle Depots zur Altersvorsorge gibt, in die der Einzelne „einspart“. Die könnte man auch mit der betrieblichen Altersvorsorge mit Gehaltsumwandlung und Arbeitgeberzuschüssen (wie in den USA) ebenso kombinieren wie mit den Einzahlungen aus einem Teil der Rentenbeiträge (wie in Schweden). In diese Depots dürfen nur von einer fachkundigen staatlichen Agentur „zertifzierte“ Anlagen aufgenommen werden, die Kriterien wie sehr breite Aufstellung (Index statt Aktienpicking), niedrige laufende Kosten (ETFs statt Fonds), kein oder niedriges Emittentenrisiko (ETFs statt Zertifikate) etc. erfüllen. In Schweden hat diese staatliche Agentur einen eigenen Fonds aufgelegt, der sehr niedrige Kosten hat und überragend performt (wer sich nicht für eine andere Anlagenart entscheidet, dessen Beiträge fließen „per default“ in diesen staatlichen Fond).

An das Vermögen in diesem speziellen Altersvorsorgedepot dürfen die Anleger nur in ganz konkret definierten Notfällen (in den USA: schwere Krankheit) ran. Und in diesen Fällen müssen die staatlichen oder betrieblichen Zuschüsse anteilig zurückbezahlt werden.

Diese konnten sollten per default zum Schonvermögen gehören und Tabu sein! Das ist auch im Interesse des Staates: Was hilt es, wenn der Staat jetzt Sozialhilfe spart und dann aber später dem Rentner Sozialhilfe zahlen muss.

Ich halte es ohnehin für moralisch fragwürdig, jemand mit der Angst vor der Altersarmut in eine Beschäftigung zu schwingen - ganz abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass das gut funktioniert.

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In den USA gibt es das sogenannte „401(k)“ Depot, das (sehr grob) den Plänen von Lindner entspricht (wobei das 401(k) eine erhebliche Arbeitgeberkomponente hat). Dieses Depot ist pfändungssicher (Ausnahme: Steuerschulden und Geldstrafen). Allerdings können Entnahmen aus dem Depot gepfändet werden.

In den USA stellt sich die Problematik mit der Sozialhilfe allerdings auch nicht in der selben Form, weil es dort keine mit dem deutschen System vergleichbaren staatlichen Sozialleistungen gibt.