LdN 383 - Antisemitismus

Eure angekündigten Sonderinformationen zum Thema „Antisemitismus“ machen mich ganz bespannt - finde ich sehr gut. Dann wird mir hoffentlich auch klar, wo dieser „Antisemitismus“ in der Menschheitsgeschichte seine tiefen Ursachen hat. Es muss ja irgendwo vor dem Alten Testament liegen. Auch ist „Antisemitismus“ ja kein Phänomen der sog. „westlichen Welt“, ganz im Gegenteil: er tritt mehr oder weniger offen in allen Teilen der Welt auf. Warum nur??? Und warum eigentlich sind „die Juden“ Ziel des Rassismus in der Menschheitsgeschichte? Ich kenne kein anderes Volk, das in gleicher Weise weltweit betroffen ist.

Spannend wäre, je nach Analyse der Ursachen, ob es einen signifikaten Unterschied antisemitischer Tendezen zwischen Menschen gibt, die sich als religiös oder nicht religiös identifizieren.

Laut dieser regelmäßigen weltweiten Umfrage, gibt es einen signifikanten Unterschied nach Religionszugehörigkeit, was vermutlich nicht verwundert:

Gesamtquote: 26%

Buddhist: 17%
Hindu: 19%
Atheisten/None: 21%
Christian: 24%
Muslim: 49%

Deutschland ist auch gesondert erfasst, hier sind es 27%.

Nicht kontrovers ist also sicherlich, das Religionen ohne monotheistischem Geltungsanspruch zu etwas weniger Vorurteilen führen könnten. Juden kommen im neuen Testament nicht sonderlich gut weg, genau wie im Koran / Hadith.

Ich würde das eher im Hinblick auf die Nähe zum Konflikt deuten.

Buddhisten, Hindus und Atheisten haben hier keine Stakes, folglich liegt hier nur ein sozial-historischer Basis-Antisemitismus vor. Im Christentum hat Antisemitismus eine sehr lange Tradition, wurde aber zum Glück nach dem zweiten Weltkrieg deutlich bekämpft, sodass das Christentum nur noch minimal hervor sticht. Der Nahost-Konflikt hingegen ist ein Konflikt zwischen primär muslimischen Volksgruppen/Staaten und einer primär jüdischen Volksgruppe, folglich führt dieser Konflikt auch dazu, dass Antisemitismus hier deutlich stärker vertreten ist.

Vor 100 oder 200 oder 500 Jahren wäre der Antisemitismus bei Moslems und Christen vermutlich ähnlich ausgeprägt gewesen - machen wir uns nichts vor: Antisemitismus war im 18ten und 19ten Jahrhundert in christlichen Ländern allgegenwärtig… selbst in den USA gab es schon während der ersten Migrationswelle (1680-1776) massiven Antisemitismus in den vom Puritanismus geprägten Gebieten.

Konflikte führen zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Hinblick auf die gegnerische Konfliktpartei - grundsätzlich. Daher bin ich mir z.B. ziemlich sicher, dass aktuell die Zahl der Hindus, die Moslems hassen (und vice versa) in Indien in die Höhe schnellt, eben wegen dem lange anhaltenden Konflikt mit Pakistan…

Was ich sagen will ist einfach:
Ich warne davor, das Problem in einer spezifischen Religion zu sehen. Ja, im Koran gibt es eine Menge Antisemitismus - ebenso in der Bibel. Und ja, das verschärft das Problem. Aber es ist kein Normalzustand, dass Religion X Religion Y hasst - wie viel Hass es gibt, hängt davon ab, wie viele ungelöste Konflikte es gibt. Dadurch, dass es heute kaum noch Konflikte zwischen Christen und Juden gibt (sondern man teilweise fast schon verbündet ist), gibt es auch weniger Antisemitismus unter Christen als früher.

1 „Gefällt mir“

Ich muss missverstanden worden sein. Die Frage war, ob es Unterschiede nach Religion gibt. Antwort: Laut Umfragen ja. Dass Juden weder in Bibel noch Koran / Hadith gut wegkommen, bestreitest du nicht.

Ansonsten habe ich keine Schlussfolgerungen gezogen, sondern habe versucht beim spezifischen Thema zu bleiben. Ich könnte mir übrigens sehr gut vorstellen, dass die Verhältnisse zwischen Christen und Muslimen in dieser Frage mal umgekehrt waren (im europäischen Mittelalter gibt es viele Anhaltspunkte dafür). Sprich: Die Bücher sind nötiger Teil der Erklärung, aber kein ausreichender.

2 „Gefällt mir“

Auch ich möchte wirklich ganz eng beim Thema bleiben und es wirklich nur auf den „Antisemitismus“ beschränken. Das ist schon komplex genug. Und ja, wenn man will, kann man auch gerne die Frage nach den Ursachen des „sozial-historischen Basis-Antisemitismus“ stellen.

Und wie gesagt, es muss schon vor den Zeiten des Alten Testaments liegen!

Vielleicht kann uns hier ein qualifizierter Relegionswissenschaflter weiterhelfen?

Ich kann Peter Schäfer, und Michael Blume empfehlen. Beide sind glaube ich nicht im Forum aktiv.

2 „Gefällt mir“

Üblich waren damals Glaubensrichtungen mit mehreren Gottheiten. Wenn man ein Volk unterjocht hat, hat man deren Götter einfach integriert. Wenn ein König Gott sein wollte, bitte. Dann ist es halt noch ein Gott mehr.
Die Juden waren da ein Störfaktor, da sie andere Götter immer als minderwertig ansahen und wer es mit seinem Glauben ernst nahm, sich gegen Gesetze, die das Anbeten forderten, widersetzte.
Gleiches Problem hatten die Römer dann später mit den Christen.

Ist schon etwas her, aber folgender Podcast hat mein Verständnis über Antisemitismus und die Abgrenzung zu Antizionismus sehr geprägt: Rechtswissenschaft: Der Unterschied zwischen Kritik und Antisemitismus · Dlf Nova. Ist gut, kann ich empfehlen.

@vieuxrenard Vielleicht auch für euch interessant, anscheinend recherchiert ihr zu dem Thema ja gerade intensiv

2 „Gefällt mir“

Also sorry, aber dieser Versuch einer Erklärung mag zwar im ersten Moment einfach klingen, ist aber bei genauerem Hinsehen einfach nur banal. Es gab und gibt mehr als nur eine monotheistischen Religion neben dem Judentum und auf der anderen Seite gibt es mehrere polytheistische/henotheistische Religionen.

Stellt sich also doch wieder die Frage: Warum eigentlich der Antisemitismus?

Und wenn man sich die unten genannten Quellen ansieht, muss man festhalten: die Begriffe müssen sehr trennscharf und exakt definiert werden (ohne mögliche Mehrdeutigkeiten, Interpretationsspielräume oder Auslassungen).

Die Mehrheit der Muslime hat auch keinerlei „Stakes“ im arabisch-israelischen Konfilkt. Alleine 0,9 der geschätzt 1,9 Milliarden Muslime weltweit kommen aus den 5 Ländern Indonesien, Bangladesch, Indien, Pakistan und Nigeria [1]. Die haben mit disem Konflikt nichts zu schaffen. Das erklärt also nicht, warum der verlinkte Antisemitismus-Index etwa bei Muslimen in Indonesien (49%) oder Malysia (83%) [2] so besonders hoch ist.
[1] Islam by country - Wikipedia
[2] You are being redirected...

Die These, dass Antisemitismus eine quasi zwangsläufige Folge des arabisch-israelischen Konflikts sei, hält ersten einer empirischen Überprüfung nicht stand und übersieht zudem, dass es bei Antisemitismus eben nicht bloß um eine Ablehnung von Israel oder Zionismus geht und auch nicht um eine bloße Ablehnung von Juden, sondern darüber hinaus auch um eine Ablehnung alles „Jüdischen“ - inklusive allem, was dafür gehalten wird. Die Geschichte des Antisemitismus hat gezeigt, dass sowohl die Zuschreibungen, wofür Juden angeblich alles verantwortlich sein sollen, als auch die Zuschreibungen, wer oder was angeblich alles jüdisch ist, sehr kreativ sind, um es mal salopp zu formulieren.

Ein aktuelles Interview mit dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Berlin macht m. E. nochmal ganz gut deutlich, dass es bei Antisemitismus immer auch im einen bestimmten Umgang mit dem Abstrakten geht und warum dieser auch eine Gefahr für die Demokratie ist (und nicht nur für Menschen, die als Jüdisch gelesen werden)

2 „Gefällt mir“

Sorry, aber das ist viel zu kurzsichtig.

Ebenso wie „das Christentum“ sich als Weltgemeinschaft betrachtet, gilt das auch für „den Islam“. Ebenso wie es im Christentum eine gewisse „Solidarität“ gibt (dh. z.B. Christen in westlichen Ländern auf Christenverfolgung in muslimischen Ländern hinweisen) gibt es das auch im Islam. Gerade im Islam gilt, dass die Imame aus weiten Teilen der Welt in bestimmten arabischen Ländern (u.a. Ägypten, aber natürlich auch Saudi-Arabien und andere Staaten der arabischen Halbinsel) ausgebildet werden, wodurch es zu einem immensen Austausch - auch an rassistischen Ideen - kommt. Die großen Strömungen (Sunniten und Shiiten) sind ähnlich vernetzt wie die Katholiken…

Wenn du wirklich davon ausgehst, dass diese Konflikte, die die Lebenswirklichkeit der Menschen maßgeblich beeinflussen, keine Auswirkung auf das Vorhandensein von Antisemitismus haben, fehlt uns jede Diskussionsgrundlage, dann leben wir einfach in völlig unterschiedlichen Welten.

3 „Gefällt mir“

Diese meine Erklärung halte ich nicht für die alleinige, aber ich finde sie logisch vor dem Hintergrund dessen, was man an geschichtlicher und psychologischer Erfahrung haben kann:

Ich habe über lange Zeit die freitägliche Sendung „Schalom“ des BR mit grossem Interesse gehört, ich hatte fast alle Bücher von dem verehrten Franz Kafka gelesen, und davor fast Alles von Ephraim Kishon (was für eine Kombi!). Nach der Schule arbeitete ich ein paar Monate in einem Kibbuz. Alles zusammengenommen bilde ich mir ein, einen gewissen Zugang zur jüdischen Mentalität (so divers sie auch ist) zu haben. Wenn ich mir also die Frage des teilweisen Hasses auf die jüdischen Menschen seit vielen Jahrhunderten beantworten möchte, komme ich nie an folgender Überlegung vorbei:

Jüdische Menschen (hauptsächlich leider Männer) haben eine überdurchschnittliche geistige Bildung. Die Übung im strengen Denken sehe ich in den religiösen Disputen. In der besagten Radiosendung legte je Sendung ein Rabbiner eine zur Woche passende Bibelstelle aus. Das war unglaublich interessant, selbst wenn nicht selten eine fast absurde Haarspalterei damit verbunden war. Ich stelle mir also über die 3000 Jahre die Streitgespräche der Rabbiner und Schüler vor. Daraus muss doch eine Denkkunst entstehen, die stets nach mehr Wissen verlangt.

Ich glaube also, überall wohin die Juden nach der Vertreibung durch die Römer hinkamen, waren sie im Grunde den Einheimischen an Bildung überlegen und konnten das in überdurchschnittlich erfolgreiche Karrieren aller Art ummünzen. Und zusammen mit ihrem Festhalten an der eigenen (geheimnisvollen) Religion war das der ideale Nährboden für breite Missgunst und für Misstrauen. Wie schnell daraus Pogrome werden können, ist tausendfach zu beklagen.

Vielleicht ist das eine noch zu eurozentrische Sicht, aber dann gilt es wenigsten für die westliche Welt.

Ich finde es ermutigend, wie Wissensdrang durch Mentalität und Kultur verbessert werden kann und also die Menschheit nicht schicksalhaft an der eigenen Dummeheit zugrunde gehen muss (wie man es gerade kommen sehen könnte). Ich halte die Juden dennoch nicht für die besseren Menschen, aber wie ich herzuleiten versucht habe, für die im Durchschnitt schlaueren.

2 „Gefällt mir“

Dass muslimische Geistliche - ebenso wie Politiker oder Medien in muslimischen Ländern - zum Teil unbewusst und zum Teil gezielt antisemitische Denkweisen reproduzieren, ist aus meiner Sicht offensichtlich. Es erklärt aus meiner Sicht auch zumindest zum Teil, warum Antisemitismus unter Muslimen weltweit so stark verbreitet ist. Das ist aber etwas ganz anderes, als zu sagen, dass Muslime wegen ihrer Involviertheit in den arabisch-israelischen Konflikt - sei es praktisch, sei es mental, etwa in Form von Solidarität für andere Muslime - weltweit im Schnitt antisemitisch(er) sind als Nicht-Muslime. Nochmal anders runtergebrochen: Antisemitismus kann durch bestimmte Deutungen dieses Konflikts (stärker) Verbreitung finden, aber nicht durch den Konflikt an sich oder allein durch die Tatsache, dass eine Konfliktpartei muslimisch ist.

Okay, was ist deine Erklärung dafür, dass Antisemitismus unter Muslimen stärker verbreitet zu sein scheint als unter anderen Religionen?

Für mich ist es absolut logisch, dass ein konkreter Konflikt zu mehr Hass auch zwischen den beteiligten Gruppen im weiteren Sinne führt. Das ist ein nicht-rassistischer Erklärungsansatz, eben weil er die Ursache des Hasses nicht in einer Ethnie oder Religion begründet sieht, sondern in einem konkreten Konflikt. Alle anderen Erklärungsansätze scheinen mir darauf hinaus zu laufen, im Sinne eines Gut-Böse-Schemas eine Religion als inhärent minderwertiger zu sehen (a.k.a. „Der Islam ist Böse“).

Ich sage nicht, dass religionsspezifische Kriterien nicht auch eine Rolle spielen - der Islam braucht dringend eine Aufklärung, denn je stärker der Einfluss einer Religion auf die Gläubigen ist, desto weniger Platz ist für Konzepte der Aufklärung (Gleichberechtigung, Menschenrechte und co.), was mehr Extremismus ermöglicht. Aber mir ist es zu einfach gedacht, den muslimischen Antisemitismus nur mit „der Rückständigkeit des Islam“ zu begründen.

1 „Gefällt mir“

Das habe ich doch eben schon beschrieben.
Ein konkreter Konflikt kann zu mehr Hass zwischen den beteiligten Gruppen führen, ja, Aber es ist eben ein arabisch-israelischer Konflikt und kein muslimisch-jüdischer. Das heißt: er erklärt vielleicht Hass von Arabern auf Israelis, aber eben nicht von Muslimen auf Juden. Aber nicht alle Muslime oder alle Juden auf dieser Welt sind nur aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit direkt an diesem Konflikt beteiligt - das war die Pointe meiner Ausführungen zu den fehlenden „Stakes“ - etwa in Bangladesch oder Nigeria. Und genau diese „unzulässige Verallgemeinerung“ - also wegen des Verhaltens einiger eine gesamte Gruppe in „Haftung“ zu nehmen, ist ja gerade eine Interpretation, die Kennzeichen von Rassismus oder in diesem Falle Antisemitismus sein kann.
Ich habe auch nicht argumentiert, dass der Antisemitismus dem Islam inhärent wäre, geschweige denn, das er per se „Böse“ wäre. Islamische Religion hat allerdings - genauso wie christliche - allein dadurch, dass sie in Abgrenzung zum Judentum entstand, ein gewisses Potenzial für antijüdische Denkmuster. Wie ausgeprägt diese sind und welche Rolle Antijudaismus oder Antisemitismus bei der konkreten Auslegung der Religion spielen. Und ebenso wie der Antijudaismus über Jahrhunderte in der christlichen Religionsauslegung eine sehr starke Rolle gespielt hat (siehe etwa die Aussagen Martin Luthers über Juden), gibt es gegenwärtig auch Auslegungen des Islam, in denen antisemitische Darstellungen, Bilder und Denkweisen eine zentrale Rolle spielen.

Edit: Vielleicht noch als Ergänzung ein Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung zum Thema:

Gerade ganz frisch ist ein - meiner Ansicht nach sehr differzierter und deshalb sehr beachtenswerter - Beitrag von Tom Khaled Würdemann in der APuZ erschienen. Weil der Beitrag viele der hier schon verhandelten Themen streift, möchte ich ihn allen empfehlen. @Flixbus @Daniel_K

Ein kleiner Auszug:

Das eigentliche Problem des Bezugs auf Israel in der IHRA-Definition ist aber, dass das siebte der elf aufgeführten Beispiele eine historische Aussage macht, deren Komplexität im Rahmen einer Antisemitismusdefinition nicht adäquat widergespiegelt werden kann.
Demnach ist die Unterstellung, dass „die Existenz des Staates Israel“ ein „rassistisches Unterfangen“ sei, gegebenenfalls antisemitisch.
[… (Ich überspringe einige wichtige Absätze)]
Zur Verdeutlichung ein zugespitztes Beispiel: Ein Deutscher, der 1920 einen „jüdischen Plan“ zur Beherrschung seines Heimatlandes unterstellte, hing einem antisemitischen Wahn an. Ein Araber aus Palästina, der das Gleiche annahm, beschrieb damit in Bezug auf die jüdische Nationalbewegung die Realität. Das klingt hart – es sagt aber nur, dass es sich zwischen arabischer und zionistischer Bewegung zuvorderst um einen politischen Konflikt handelte, wie es im Zeitalter der Nationenbildung viele gab, und nicht lediglich um einen sich als Judenhass äußernden Verblendungszusammenhang. All das war auch führenden Zionisten dieser Zeit bekannt. Kein geringerer als der erste israelische Ministerpräsident David Ben-Gurion äußerte 1956 gegenüber dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses Nahum Goldmann, dass er selbst, wäre er Araber, „niemals“ Frieden mit den Zionisten schließen würde. Schließlich hätten sie ihnen „ihr Land weggenommen“.Zur Auflösung der Fußnote[17] Auch der israelische General und Minister Moshe Dayan und der Politikwissenschaftler und Geheimdienstoffizier Yehoshafat Harkabi haben in ähnlicher Weise die Feindschaft der palästinensischen Araber als naturgemäßes Ergebnis des politischen Konflikts betrachtet.Zur Auflösung der Fußnote[18] Die Geschichte ist also komplizierter, als es das siebte Beispiel der IHRA-Definition suggeriert.

Bevor der falsche Eindruck einer kompletten Exkulpation des Antizionismus vom Antisemitismus entsteht eine weitere Passage:

Die Wurzeln dieser Politik der Zerstörung liegen zu einem großen Teil im Revisionismus, der seit Jahrzehnten in der palästinensischen Politik verbreitet ist – in der Vorstellung also, dass nur der Sieg über das „illegitime zionistische Projekt“ den Konflikt beenden könne. Dieser Revisionismus wiederum beruht nicht ursächlich auf Antisemitismus, sondern auf Nationalismus.
[…]
Zu diesen Wurzeln gehört aber auch der Antisemitismus. Die Idee und Wahnvorstellung, dass „den Juden nicht vertraut werden dürfe“, wirkt für den Motor des politischen Konflikts zwischen Israel und Palästina wie ein potenter Extra-Treibstoff. Für die palästinensisch-arabische Nationalbewegung boten Momente des historischen muslimischen Antijudaismus und des modernen europäischen Antisemitismus Deutungsschablonen, die zu oft übernommen wurden. Insbesondere im Islamismus ist das sichtbar und eine Trennung zwischen politischem Konflikt mit Israel und Antisemitismus fast unmöglich: Der Konflikt wird meist a priori als Angriff „der Juden“ auf die muslimische Gemeinschaft gedeutet.

edit: Link korrigiert

1 „Gefällt mir“