LdN 367: NYT - Ist Israel in eine Falle der Hamas getappt?

Es ist schon interessant, dass du lieber bei einer Analogie bleibst, die wie ich schon erläutert habe, aus mehreren Gründen nicht passt, als die Realität zu beschreiben. Sonst müsstest du dich ja fragen lassen, warum es auf einmal keine Selbstverteidigung mehr sein soll, wenn die israelische Armee gegen die Hamas vorgeht und etwa in den letzten Wochen in Rafah Tunnel und Waffendepots aufspürt, deren Brigaden kampfunfähig macht oder deren Kommandeure ausschaltet, wie heute in Beit Hanun.

Dass es eine politische Strategie für den Gazastreifen gibt, ist offensichtlich. Das fordern auf israelischer Seite ja neben Zigtausenden Demonstrierenden auch diverse Parteien, Spitzenpolitiker und nun sogar schon öffentlich der Sprecher der Armee. Aber das eine widerspricht dem anderen überhaupt nicht. Genau so wie ein Militäreinsatz alleine keine Lösung für den Gazastreifen sein kann, kann ein Verzicht auf eine militärische Zerschlagung der Hamas keine Lösung für die Sicherheit der israelischen Zivilbevölkerung sein.

Moving the Goalposts. Du fragest, wie es wohl wäre, wenn die Israelis beschossen würden und ich habe darauf hingewiesen, dass sie beschossen werden. Nicht mehr und nicht weniger.

Da sagt der andauernden Raketenbeschuss was anderes. Auch der Beschuss aus dem Libanon kommt explizit als Unterstützung der Hamas.

Doch, da die Hamas immer noch eskaliert.

Exakt, aber hier feuerst du gerade den Beteiligten, der den am Boden liegenden immer weiter tritt, an.

Exakt, im Nachgang. Da sind wir uns sogar einig. In der akuten Situation sind diese Fragen aber nicht relevant, sondern es ist im Zweifel relevant, dafür zu sorgen, dass derjenigen, der gerade dabei ist, sich exzessiv zu verteidigen (und dabei reihenweise Passanten umkloppt, selbst wenn diese Passanten „Freunde“ desjenigen sind, der ihn angegriffen hat), damit aufhört.

Kein Beispiel dieser Welt wird der Komplexität dieses Konfliktes gerecht. Das ist schlicht unmöglich.
Der Sinn von Beispielen ist auch nicht, die komplette Komplexität des Konfliktes abzubilden, sondern, einzelne Aspekte in einem anderen Kontext zu betrachten. Ernsthaft: Du kannst jeden Vergleich, zu jedem beliebigen Thema, mit dem Argument ablehnen, dass der Vergleich selbstverständlich nicht identisch mit dem Thema ist und sich in zahlreichen Punkten vom Thema unterscheidet. Das ist ein universelles Argument gegen jeden Vergleich - zeugt aber davon, dass man nicht verstanden hat, worum es bei solchen Vergleichen oder Gleichnissen geht.

Sorry, aber da brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Wenn du in Zirkel- bzw. Selbstbezügen diskutieren willst, be my guest. Sinnvoll ist das nicht - und meine Zeit ist mir dafür wirklich zu wertvoll, was eigentlich auf die ganze Nahost-Diskussion zutrifft (weshalb ich ehrlich gesagt eher dafür war, den Beitrag von @Jane1 gar nicht freizugeben, weil alle darin enthaltenen Argumente bereits mehrfach diskutiert wurden und klar war, dass er nur wieder dazu führen würde, dass sich diese ganze, völlig unproduktive Diskussion noch mal im Kreis dreht).

Mein letztes Wort zu der Debatte bleibt daher:
Zu glauben, dass man die Hamas schwächt, indem man extrem hart gegen sie vorgeht und dabei zehntausende Zivilisten tötet, ist einfach naiv. Was am Ende dieses israelischen Kriegseinsatzes stehen wird ist noch mehr Hass auf beiden Seiten und damit eine noch stärkere terroristische Bedrohung - das freut die Hamas (und die Extremisten in der israelischen Regierung, die wollen, dass der Konflikt so weit eskaliert, bis die israelische Bevölkerung genug Hass entwickelt hat, eine vollständige Vertreibung der Palästinenser zuzustimmen), Leidtragende sind die friedlichen Zivilisten auf beiden Seiten. Das siehst du anders, das ist okay, aber Diskussionen darüber machen einfach absolut keinen Sinn.

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Nur weil du eine Analogie ablehnst müssen das andere nicht auch tun. …

Was Selbstverteidigung ist ist klar geregelt. Es ist die Abwehr einer akuten Gefahr. Wenn ich ein Land besetzt habe und der Gegner sich in Löchern oder dem Exil versteckt, ist die Gefahr gebannt. Dann gelten andere Maßstäbe zur weiteren Einhegung der Gefahr.

Für die Zerstörung von Tunneln oder das aufspüren von Waffenlagern muss man also den Gegner bombardieren? Kannst du erklären warum? Ich dachte man macht das mit Infanteristen am Boden?

Was du beschreibst kann man problemlos im Rahmen einer wohlwollenden Besatzung tun.

Wäre dann der nächste Step Israels? Invasion in Katar?

Stimmt. Interessiert Netanjahu und die Rechtsextremen in seinem Kabinett aber nicht. Gantz hat dem Kabinett sogar ein Ultimatum gestellt, diese Strategie zu erstellen. Leider hat auch das im Kabinett Netanjahu niemanden gejuckt. Gantz hat mittlerweile Konsequenzen gezogen und das Kriegskabinett verlassen.

Die Opposition gegen Netanjahu und seine rechtsextremen Schergen hilft dem Gazastreifen also nichts.

Nein, das ist kein Moving the Goalposts. Ich habe klar geschrieben, dass ich die Gefährdung durch 10 ungelenkte Raketen nicht als vergleichbar ansehe. Daraufhin hast du darauf hingewiesen, dass auch Israel beschossen werde. Ich wies daher erneut auf die schlechte Vergleichbarkeit des sehr ungleichen Beschusses hin, mehr nicht. Und dazu habe ich als indirekten Beleg auf die Opferzahlen hingewiesen.

Mein Torpfosten steht fest an der Stelle, an der er auch zuvor stand. Du ignorierst einfach nur was ich initial schrieb.

Israel hat glücklicherweise einen sehr starken Abwehrschirm gegen Raketen. Ganz ehrlich, würde ich in Gaza leben hätte ich weit mehr Angst vor Raketen und Bomben als wenn ich mich in Israel befinde. Ich gehe sogar noch weiter. Ich hätte mehr Angst vor rechtsextremen Siedlern, die von der Netanjahu-Regierung beschützt werden, als vor Raketen aus dem Libanon. Und das völlig zurecht. Die Dimensionen sind einfach andere.

Nein, ich „feuere“ niemanden an. Ich bin diese Unterstellungen auch ehrlich gesagt langsam leid. Ich argumentiere hier, u.a. dafür, dass neben einer juristischen auch andere Betrachtungsweisen legitim sind.

Dann frage ich mich nur, warum du dann gerade in einer Diskussion, in der es genau um diese Komplexität und die daraus folgende Notwendigkeit unterschiedlicher Betrachtungsweisen geht, ein Beispiel wählst, was so dermaßen grob vereinfachend ist, um damit zu begründen, dass nur eine Betrachtungsweise legitim bzw. angesagt ist.

MIlitärisch ist die Hamas auf jeden Fall geschwächt und ich vermisse hier ein Argument, warum diese Feststellung naiv sein soll. Die Frage ist, ob man die (nicht nur) aus israelischer Sicht gegebene Notwendigkeit einer militärischen Schwächung anerkennt oder nicht. Wenn das nicht gegeben ist, macht eine Diskussion aus meiner Sicht auch nur wenig Sinn. Das bedeutet wie schon gesagt nicht, darin einen Ersatz für eine politische Lösung zu sehen.
Setzt man das aber voraus, so ist es naiv, zu glauben, man könne eine Armee wie die Hamas militärisch bekämpfen, ohne dass dabei es zu zahlreichen zivilen Opfern kommt - eine Armme, die direkt aus Wohnhäusern, Krankenhäusern, Schulen etc. agiert, deren Kriegsführung sämtliche Regeln missachtet , die es durch jahrelangen Aufbau entsprechender Infrastruktur (Tunnelsysteme etc.) systematisch darauf ausgelegt ist, dass es massenhaft zivile Opfer gibt - und zwar sowohl beim Gegner als auch bei der eigenen Bevölkerung, eine Armee, die offen sagt, dass zivile Tote aus ihrer Sicht kein Nachteil, sondern als eine politische und mediale Waffe sind.

Ich würde sagen, ich mach dann mal hier zu.

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