LdN 387 Interview Bachmann

Im Interview hat Rüdiger Bachmann gut die Themen Schulden und Staatsfinanzierung dargestellt und dabei auch auf unterschiedliche Sichtweisen der Wissenschaft hingewiesen. Wofür soll sich jedoch Scholz bei Bachmann entschuldigen? In der NZZ vom 6.4.22 empfiehlt Bachmann den sehr schnellen Ausstieg aus der Versorgung mit russischen Gas. Er empfiehlt dies aus spieltheoretischen Überlegungen, weil die Verluste für die russische Seite dann größer sind, als die Verluste der deutschen Volkswirtschaft.
Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine LNG Terminals und die Gasspeicher waren noch nicht gefüllt. Das in dieser Situation nicht die Spieltheorie, sondern auch andere Aspekte das politische Handeln bestimmen, finde ich einleuchtend. Zumindest braucht sich Scholz dafür nicht entschuldigen. Auch dann nicht, wenn später ein geordneter Ausstieg aus der Versorgung mit russischen Gas gelungen ist. Schlechte Politik war das jedenfalls nicht. Eher ein Warnsignal für den Umgang mit wissenschaftlichen Empfehlungen.

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Nur eine kleine Hinzufügung: Bachmann ging darüber hinaus in seinen Empfehlungen immer davon aus, dass man Mitteleuropa mittels LNG Gastankern an Europas Westküste versorgen könne. Voraussetzung dafür war aber, dass die Fördermenge der Pipelines an den LNG Terminals dort (vor allem Spanien und Portugal) hoch genug sei um Mitteleuropa zu versorgen.

Es stellte sich sehr bald heraus, dass das nicht der Fall war. Bachmann räumte daher später ein, dass seine Berechnungen nur vereinfachte Modelle gewesen seien und nur eine theoretische Machbarkeit darstellen sollten.

Ich bin froh, dass Scholz damals nicht dem öffentlichen Shitstorm der Moralischen folgte, sondern sich zusammen mit Habeck für ein Aufstocken der Gasspeicher entschied.

Wäre der Winter kälter geworden hätten wir sonst enorme Probleme bekommen können, bis hin zur Quasikapitulation vor Putin.

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Ich fand Herrn Bachmann etwas anstrengend zu folgen da er sehr schnell geredet hat. Ich weiß natürlich das ihr als Moderatoren auf das Redetempo des Gastes wenig Einfluss habt. Aber ich fand es doch etwas überraschend das er in der Lehre tätig ist. Er wirkte auf mich sehr gehetzt.

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Einfach Geschwindigkeit runterregeln :wink:

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Ja ich weiß ^^ hab extra nachgesehen ob ich es aus Versehen hochgestellt hatte :person_shrugging:
Das geht in einer App gut aber nicht in einer Vorlesung. Deswegen war ich ja überrascht über sein Tätigkeitsfeld.

Vielleicht spricht er auf Englisch ja langsamer :wink:

Mir hat es allerdings auch nichts ausgemacht.

Bevor ich das nochmal hören muss: Kann jemand aus dem Kopf in kurzen Stichworten seine 3 „Minimalkonsens“-Vorschläge zur Reform der Schuldenbremse wiedergeben?

Es scheint zZ nicht nachtvollziehbar, wie viel russisches Gas unter neuem lable seinen Weg in die EU findet. Vor diesem Hintergrund finde ich das Gefeixe über angebliche Unabhängigkeit ein bisschen verfrüht

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Ich habe mir das Interview nicht zu Ende gehört, weil ich es wahnsinnig anstrengend fand ihm zu zuhören. Die Geschwindigkeit war das eine, aber er hat beim reden ja kaum Luft geholt und sich regelrecht überschlagen. Außerdem hat er die Moderatoren teilweise „überredet“ und ist manchmal ins Wort gefallen. Ich hab mir das 10 Min gegeben, dann hab ich ausgeschaltet. Klar ist die Expertise das eine, aber die Stimme oder redensart gehört für mich auch dazu.

Es ging auch kurz um die nicht verfolgten Initiative in den USA Klimasubventionen für Privathaushalte einzuführen, z.B. Wärmepumpen anzuschaffen.

Dabei ist es schon krass, wie wenig es dafür bedarf.
Ich lebe in den USA. Hier haben 90% der Haushalte (Studie der eia.gov) eine Klimaanlage.
Ich selbst habe 2016 gebaut und die Baufirma beauftragt, statt Gasheizung eine Kombigrät Klima/Wärmepumpe einzubauen.
Für technisch nicht so versierte: Das physikalische Prinzip ist jeweils das Gleiche und beruht auf dem Grundsatz, dass sich Gase (z.B. Luft) beim Komprimieren erhitzt und beim Ausdehnen abkühlt. Bei einem Kombigerät lässt sich quasi der Fluss umkehren.

Das Aggregat hat $1500 mehr gekostet als eine normale Klimaanlage.
Aber die Gasheizung, die ich nicht brauchte, hat dann $1000 davon eingespart.
Für einen möglichen Hausverkauf in der Zukunft habe ich jedoch trotzdem Gasleitungen installieren lassen und auch der Schornstein ist da.
Würde mich also nicht wundern, dass wenn man das alles weglassen würde, ein Wärmepumpen-Upgrade der eh installierten Klimaanlage sogar billiger wäre.

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Sehr spannend und für mich sehr gut zu hören! Danke :slight_smile:

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Ich fand es auch super, vielen Dank! Bachmann kenne ich schon länger aus dem Podcast WRINT Wirtschaftskunde (dort in gegenseitiger Ergänzung mit dem ebenfalls tollen Christian Bayer), den ich sehr empfehle.
In meiner Wahrnehmung hat sich Bachmann hier in der LdN weitgehend auf Grundwissen der klassischen VWL, angereichert mit ein paar Spezialeffekten, beschränkt. Bei WRINT geht es meist etwas komplexer zu (und die Dynamik macht das Hören manchmal nicht ganz leicht), sodass es über die liberalen Grundintuitionen öfter hinausgeht.

Hervorhebenswert fand ich die Idee einer von der reconciliation clause inspirierten Ausnahme von der Schuldenbremse für die Legislaturperiode. Das wäre mal etwas, das auch den politischen Wettbewerb mE deutlich versachlichen und auch für Nicht-Politiknerds anschaulicher machen könnte. :slight_smile:

Zur Erbschaftssteuer wurde eingeworfen, dass Aktien an die Mitarbeiter:innen ausgegeben werden könnten, um die Finanzierung zu schaffen. Das zeigt schön, wie viele Möglichkeiten es gäbe, wirtschaftspolitisch klug und sozial gerecht zu gestalten, wenn man denn möchte. Denn das ist ja nur eine unter vielen Möglichkeiten, die man bei der Finanzierung der Erbschaftssteuer auch bspw. staatlich begünstigen könnte. Hat mich etwas an das italienische Marcora-Gesetz erinnert.

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Ich fand das Interview nicht per se schlecht, aber im Allgemeinen scheint es in der Lage einen Bias zu geben, besonders Expert:innen aus der Wirtschaftswissenschaft zu interviewen. Das finde ich schade. Bisher gab es folgende Spezials mit Expert:innen:

Rüdiger Bachmann (LdN387, Wirtschaftwissenschaft)
Steffen Mau (LdN369, Soziologie)
Jochem Marotzke (LdN343, Klimawissenschaft)
Monika Schnitzer (LdN342, Wirtschaftswissenschaft)
Ronen Steinke (LdN330, Rechtswissenschaft)
Marcel Fratzscher (LdN288, Wirtschaftswissenschaft)
Philippa Sigi-Glöckner (LdN247, Wirtschaftswissenschaft)
Hermann-Josef Tenhagen (LdN182, Wirtschaftsjournalist)
Achim Truger (LdN181, Wirtschaftswissenschaft)

Würde mich freuen, wenn da ein bisschen mehr Diversität reinkommt.

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Wenn ich mich richtig erinnere, waren es zwei Minimalkonsens-Stichpunkte und ein persönlicher Zusatz.

  1. Nach einem außerordentlichen Aussetzen der Schuldenbremse auf Grund eines „Schocks“ oder einer Krise, soll diese schleichend über z.B. drei Jahre wieder eingeführt werden. Also ein Jahr aussetzen, dann ein Jahr 3% des BIP, dann 1%, dann 0,35% oder so ähnlich.

  2. Die erlaubte Verschuldung sollte „atmend“ gestaltet werden anstatt fix bei 0,35% des BIPs zu liegen. Relevant sollte die aktuelle Verschuldungsquote sein, meine ich.

  3. Siehe Beitrag von @tacuissem. Bachmann schlägt eine einmalige Aussetzung der Schuldenbremse pro Legislaturperiode vor (durchzusetzen mit einer einfachen Mehrheit).

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Danke, so hab ich’s auch in Erinnerung. Bei 2. allerdings schien mir, dass ihm in seiner zuvor geäußerten Kritik der Schuldenbremse auch der Zinssatz wichtig war, da dieser das Sparbedürfnis signalisiert, das durch dt. Staatsanleihen besser befriedigt werden könnte. Mich hat dann überrascht, dass sich das in der späteren Formulierung von Reformvorschlägen nicht mehr wiedergefunden hat.

Ich erinnere mich noch gut an eine Sendung bei Lanz bei der ein Streitgespräch zwischen Bachmann und Habeck entbrannte. Bachmann war für einen sofortigen Stop der russischen Gaslieferungen und erklärte, dass nach seinen „Modellen“ maximal ein Einbruch wie in der Corona-Krise zu befürchten sei. Habeck hat damals - für mich recht einleuchtend - mit der physischen Wirklichkeit gegen argumentiert: es gibt keine Terminals, keine Pipeline-Infrastruktur, keine Tanker etc… . Nachdem Gespräch war ich damals froh, dass Habeck im Amt war.

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Genau

Ergänzend die Begründungen

Zu (1): - volkswirtschaftliche Schocks dauern meist länger als dass man sofort zur starren Regelbindung (Neuverschuldung auf jährlich 0,35% des nominellen BIPs) zurückkehren sollte. Möglich: Erwartungen der privatwirtschaftlichen Akteure über großzügigere Vorgaben managen (T1: 1%, T2: 0,5%, T3: 0,35%)

Zu (2) Begründung: zu starr, Schuldentragfähigkeit berücksichtigen; es macht eben einen Unterschied für die Neuverschuldung und dessen Wirkung, wenn eine Volkswirtschaft einen hohen Verschuldungsstand hat bei hohen Zinsen - oder eben nicht. Die aktuelle Regelung stabilisiert zwar Erwartungen, ist aber nicht schlau.

Zu (3) genau: „Joker“ - wie in den USA - mit „fiscal forward guidance“.
(Müsste man aber mal polit-ökonomisch durchdenken, könnte mir vorstellen, dass dieses Tool dann am meisten vor der Wiederwahl der amtierenden Bundesregierung genutzt wird. Ob das gut ist?)

Er nannte übrigens noch mehr Optionen, die heute schon gehen, ohne die Steuerbremse komplett zu reformieren oder abzuschaffen,
etwa bestehende Ausnahmen zu nutzen (Stichwort Beteiligungsgesellschaften u. „Beton-Infrastrukturprojekte“).
Zu dem kurz angerissenen „Konzept der Zukunftsausgaben“ hätte ich gerne mehr gehört, aber da kamen leider keine Fragen.

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Danke dir für die Ergänzungen.

Da hatte Herr Bachmann die Idee, die Möglichkeit das Tool einzusetzen auf die ersten zwei Jahre einer Legislaturperiode zu beschränken.

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Hi!

Mochte das Interview mit Bachmann sehr gerne, vielen Dank dafür!

Eure Fragen fand ich, sagen wir mal, allerdings dann doch manchmal eher basic und inhaltlich sehr stark streuend (fragen wir doch alles mal, was wir ins schon immer mal einen VWL Prof fragen wollten, wo er mal in Berlin zu Besuch ist…,).
Wünschte mir weiterhin (etwas stringentere) Interviews mit WiWis zur Bewertung der aktuellen Wirtschaftspolitik… vielleicht sogar einen Ökonomen in der LdN Redaktion, so dass ihr auch bei der Einschätzung ökonomischer Zusammenhänge ähnlich sicher und grandios seid wie bei in den juristischen und politischen Fragestellungen?

Herzliche Grüße!

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Hallo zusammen,

das ist mein erster Beitrag und hoffe, hier an der richtigen Stelle für inhaltliche Rückfragen zu sein.

Besonders spannend fand ich die Ausführungen zur Möglichkeit, öffentliche Unternehmen im Rahmen finanzieller Transaktionen kreditfinanziert mit Eigenkapital auszustatten, beispielsweise jährliche 100 Mio. Euro für Unternehmen XY. Damit könnte das Unternehmen dann physische Investitionen (Immobilien, Straßen, …) tätigen. Dazu hätte ich Fragen und freue mich über Einschätzungen aus dem Forum.

  1. Was ist der Grund für die Begrenzung auf physische Investitionen? Zielt es darauf ab, dass es Investitionen in Sachanlagen sein sollen, die auf der Aktivseite der Bilanz aufgeführt werden, damit es bilanztechnisch keine Probleme gibt?
  2. Könnten öffentliche Unternehmen (etwa ein „Bildungsunternehmen“) damit auch ein Verlustgeschäft führen, etwa indem sie (defizitäre) Bildungseinrichtungen betreiben?
  3. Wäre es nötig und möglich, dass sich die Unternehmen in einem solchen Fall auch, überwiegend oder vollständig über öffentliche Zuweisungen finanzieren?

Ich würde mich freuen, wenn mir hier jemand mehr Klarheit schaffen könnte oder diese Geschichte um finanzielle Transaktionen in einem weiteren Podcast nochmal vertieft werden könnte. Denn wenn ein solches Vorgehend weitestgehend möglich wäre und Investitionen so finanziert werden könnten (und ein kleinerer oder größerer Teil der Investitionen aus dem regulären Haushalt ausgelagert würde), dann wäre Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz ja im Zweifel etwas weniger dringend.