Georgien und sein Transparenzgesetz

Hi Philip, hi Ulf,

Wie seht ihr das eigentlich, wie die deutschen Medien darüber berichten, dass Georgien ein Transparenzgesetz einführen möchte, nachdem NGOs ihre Auslandsfinanzierung offenlegen müssen?

Mein Eindruck ist: Transparenzgesetze dieser Art sind also nichts per se Undemokratisches, Verwerfliches oder Anti-Westliches. Wir haben eine AfD, die sich mutmaßlich aus Russland und China finanzieren lässt, überlegen selber, wie wir mit Russia Today umgehen, haben die russische Einflussnahme auf die US-Wahlen in Medien und sozialen Netzwerken erlebt und die EU überlegt selber, wie es sich juristisch und mit ähnlichen Transparenzgesetzen gegen ausländische Einflussnahme über NGOs schützen kann ( EU ‘foreign agents’ law spooks NGOs – POLITICO ) - ähnlich wie die USA und Australien welche haben.

Aber hört man sich die Berichterstattung vom ZDF an, dann tun die gerade so, als wäre das, was gerade in Georgien passiert, ein Anti-Europa-Gesetz ( Georgien: Proteste gegen umstrittenes Gesetz - ZDFheute ).

Beiträge dazu erwähnen außerdem immer wieder den potentiellen EU-Beitritt Georgiens, was zwar schon vor dem Krieg in Diskussion war, aber mir überhaupt nicht naheliegend erscheint: wir teilen mit Georgien nicht mal eine EU-Grenze, und sind weder historisch, noch geografisch stark verbunden. Mitten in einem Krieg asiatische Staaten der ehemaligen Sowjetunion mit ökonomischen Anreizen politisch auf die eigene Seite zu ziehen - das wirkt auf mich wie reine Provokation. Natürlich darf jedes souveräne Land eigenständige Partnerschaften schließen - aber wenn wir „sanfte wirtschaftliche Vereinnahmung“ bei anderen Ländern mit Skepsis betrachten (Stichtwort: Chinas neue Seidenstraße), dann sollten wir aus meiner Sicht diese kritische Haltung auch bewahren, wenn es um unseren eigenen Umgang mit Schwellenstaaten geht.

Die Nachdenkseiten haben unter dem Titel „Doppelmoral à la Ursula“ einen eigenen kritischen Artikel dazu - den verlinke ich mal nicht, das kann sich jeder ergoogeln, der das möchte. Deren Hinweise auf EU-Projekte im Land, die von dem Gesetz betroffen wären, fand ich für das Gesamtbild allerdings durchaus relevant. Ebenso den sprachlichen Hinweis, dass „Auslandsargenten“ eine stark konnotierte Übersetzung ist, die bei vergleichbaren Gesetzen sehr selektiv nur jeweils bei „Ostblock“-Gesetzen genutzt wird.

Ich bin EU-Liebhaber und sehe mich wirklich nicht als großen Putinversteher, aber bei dieser Entwicklung bin ich mir nicht sicher, ob ich „uns“ gerade auf der richtigen Seite sehe. Vielleicht ist mein Blick dazu zu kurz, vielleicht fehlt mir juristisches oder sonstiges Wissen - ich würde mich jedenfalls freuen, wenn ihr das Thema aufgreifen könntet.

Viele Grüße!

2 „Gefällt mir“

#bump

1 „Gefällt mir“