Erneute Klimaschutzklage

Schön zu hören, dass die Digitalisierung beim BVerfG zumindest so weit voran geschritten ist, dass solche Verfahren nicht mehr das ganze Gericht lahmlegen - dass das in der Vergangenheit ein großes Problem war ist denke ich unbestritten. Auch ist es schön, zu sehen, dass Greenpeace sich über solche Dinge Gedanken macht und aktiv das Gespräch mit der Verwaltung des Gerichts gesucht hat, um derartige Probleme vorher abzuklären.

Wie aktuell diese Änderungen sind siehst du allerdings schon an deinem Post: der erste August 2024 ist noch nicht erreicht. Daher nehme ich an, dass wir uns aktuell am Ende einer Transformationsphase befinden und Ulfs Befürchtungen zumindest zum Teil noch zutreffen würden, wenn Greenpeace die Klagen sofort und analog einreichen würde, währen sie zum Zeitpunkt der geplanten digitalen Klageeinreichungen durch Greenpeace (die, so verstehe ich den Text, nach dem 01.08.2024 stattfinden sollen?) möglicherweise nicht mehr zutreffen.

Also ja, das könnte man vielleicht noch mal aufgreifen, wobei jetzt natürlich Sommerpause ist und sich die Frage stellt, ob es nach der Sommerpause noch Sinn macht. Schwierige Sache.

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Ja, das stimmt. Vielleicht wäre dann ja interessant, wie viele sich der Klage angeschlossen haben.

Pressemitteilung:

Artikel bei nd:

Hier die BPK:

Besonders spannend finde ich, dass die Generationengerechtigkeit nicht nur in Punkto Klimafolgen angemahnt wird, sondern auch in Bezug auf die Klimaschutzmaßnahmen selbst. Das Argument ist, dass das Aussitzen der Klimakrise den nachfolgenden Generationen ungleich drastischere Emissions-Einsparungen abverlangt, als wenn man heute schon mit dem Einsparen beginnen würde:

„Durch die bisherige Untätigkeit von Verkehrsminister Volker Wissing sind in wenigen Jahren wesentlich härtere Maßnahmen unvermeidlich - damit wird in Freiheitsrechte eingegriffen. Besonders betroffen sind Menschen auf dem Land mit geringem Einkommen, für die bislang kein Mobilitätsangebot aufgebaut wurde."

Und das kommt zu genau dem Zeitpunkt, wo die BuReg ankündigt, im Namen der Schuldenbremse eine Milliarde Euro aus dem Budget der Bahn-Sanierung herauszunehmen und für Autobahn-Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen (was ohne KSG-Novelle bzw. Abschaffung der Sektorziele sicher nicht passiert wäre).

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Spannendes Zitat aus der BPK (ab 37:00):

„wenn das KSG so durchgeht und erst ab 2030 neue Maßnahmen im Verkehrsbereich kommen, dann brauchen wir ab 2030 im Jahr 10x so schnelle Reduktionen im Verkehrsbereich wie im Moment. Diese Reduktionsrate ist unvorstellbar, das bedeutet nichts anderes als Fahrverbote, Verschrottungen von noch laufenden Pkw, es bedeutet dass Menschen auf dem Land nicht mehr von A nach B kommen“

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Ach so schlimm wird es schon nicht kommen, die FDP hat uns doch technologische Lösungen versprochen, mit denen wir dann nach 2030 quasi in Deutschlandgeschwindigkeit den Co2 Ausstoß senken. Da düsen wir dann mit grünen Wasserstoff hier übers Land und kreieren dann so im vorbeifahren blühende Landschaften!
Und wenn das nicht reicht, dann ließe sich ja auch die erlaubte Ausstoßmenge nach 2030 noch wieder anheben, damit die jungen Menschen dann auch nochmal ein bisschen auf den Pinsel treten können. So wird ihnen dann auch Gerechtigkeit.

Aber nochmal im Ernst:

Ist ja tatsächlich noch schlimmer, weil die Bahn auch ohne den Milliardeneinschnitt ja schon Strecken streichen wollte. (Deutsche Bahn: Politiker werfen Bahn nach Plänen über Zugstreichungen vor, dem Osten zu schaden - DER SPIEGEL) So lange vom Verkehrsministerium unabhängig agierende Bahnmanager da ihre Boni maximieren wollen, wird es keinen Bahnaufbau geben, der für Menschen außerhalb urbaner Zentren eine echte Alternative zum eigenen PKW ist.

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Du schreibst, dadurch dass viele klagen, entstünde „kein massiver Mehraufwand“ … , aber es bleibt immer noch Mehraufwand.
Und was soll der Nutzen davon sein?
Dafür finde ich weder hier noch auf der Seite von Greenpeace eine Begründung.
Da finde ich eine easy Anleitung, wie ich Zukunftsklägerin werden kann, aber warum dieser Weg gewählt wird… nichts.

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Bin kein Jurist: gelten die Mitklagenden als Nebenkläger und werden dadurch früher/besser informiert?

Wenn du Kläger bist, dann musst du eigentlich jedes einzelne Schriftstück, das Teil des Verfahrens ist, vorgelegt bekommen. Bei den Verfahren, bei denen ich bisher beteiligt war und bei denen ich anwaltlich vertreten war, ist das jeweils über den Anwalt gelaufen: Der Anwalt hat Post bekommen und an mich (zusammen mit den nötigen Infos) weitergeleitet. Vorenthalten darf dir der Anwalt glaube ich nichts (aber da kenne ich mich nicht gut genug aus).

Ob das Gericht die Schriftstücke nur einmal pro Anwalt ausfertigen muss (und der Anwalt diese dann für alle Mandanten vervielfältigt), oder ob jeder Kläger seine individualisierte Post bekommt (u.U. über den Anwalt zugestellt) weiß ich nicht.

Habe an Greenpeace geschrieben wegen der Klage und Eurer Anmerkungen dazu.
Hier die Antwort:
Guten Tag, Frau Bickelmann,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre kritische Rückmeldung!

Durch die Blockade wirkungsvoller Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr und die Aufweichung des Klimaschutzgesetzes braucht Deutschland sein CO2-Budget viel zu schnell auf. Um die Auflagen durch das Klimaschutzabkommen von Paris trotzdem erreichen zu können, müssten in den 2030er Jahren deutlich drastischere Reduktionsmaßnahmen ergriffen werden. Da dies potenziell die Grundrechte aller in Deutschland lebenden Menschen verletzen wird, haben wir uns dazu entschlossen, allen Menschen eine Beteiligung an der Verfassungsbeschwerde von Greenpeace und Germanwatch zu ermöglichen.

Unsere federführende Anwältin Roda Verheyen dazu: “Die Kläger:innen, die ich 2021 vor dem BVerfG vertreten habe und die jetzt wieder dabei sind, waren dafür, die breite Beteiligung zu ermöglichen. Sie wollten nicht mehr allein Stellvertreter sein, sondern allen Menschen die Möglichkeit geben, ihr Recht auf Klimaschutz in die eigene Hand zu nehmen.” Schon im Vorfeld der neuen Verfassungsbeschwerde, haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie wir gewährleisten können, dass eine Beteiligung vieler Menschen das Bundesverfassungsgericht nicht überfordert. Dazu sind wir bereits mit der Verwaltung des Gerichts in Kontakt gewesen. Durch die Umstellung auf digitale Verfahren sehen wir keinen massiven Mehraufwand für das Gericht: Das Bundesverfassungsgericht stellt zum 1. August 2024 auf digitalen Datenverkehr um. Die Vollmachten kommen nicht in einem Papierberg an: Klageschrift und Liste der Beschwerdeführer:innen werden digital über das elektronische Anwaltspostfach und nicht mehr in Aktenordnern bei Gericht eingereicht. Das Gericht bekommt von unseren Anwält:innen mit der Klageschrift eine elektronische Liste der Kläger:innen. Diese werden wir als PDF und zusätzlich als CSV-Datei oder ein anderes geeignetes maschinenlesbares Dateiformat einreichen, damit das Gericht die Daten in sein System importieren kann. Unser Vorgehen ist nicht zu vergleichen mit tausenden von Briefen, die einzeln bei Gericht eingehen – solche Aufrufe hat es in der Vergangenheit gegeben. Für das Gericht entsteht auf administrativer Ebene ein überschaubarer Mehraufwand.

Inhaltlich wird das Gericht jedoch Zeit benötigen, um die Anträge der Verfassungsbeschwerde zu prüfen. Wir fordern das Gericht nicht nur dazu auf, das aufgeweichte Klimaschutzgesetz als verfassungswidrig zurückzuweisen, sondern auch Bundesregierung und Bundestag zu zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr zu verpflichten. Individuelle Beschwerdegründe der Beschwerdeführer:innen muss das Gericht nicht prüfen. Alle Kläger:innen, die über eine Vollmacht für Roda Verheyen zur Klage hinzukommen, beziehen sich auf die vom BVerfG bereits als rechtmäßig bestätigte “Intertemporale Freiheitssicherung”.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Lage besser verdeutlichen und wünsche Ihnen einen schönen Start in die Woche.

Umweltfreundliche Grüße

Lauritz Kemna
Service und Information für Fördernde und Interessierte

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Wieder das gleiche… Mehraufwand geringer als früher wg. Digitalisierung.
Dennoch wird Mehraufwand eingeräumt, da das Gericht Zeit benötigt, die Anträge zu prüfen.

Und was nun der Nutzen für die Klage, den Prozess oder das Ergebnis sein soll, wenn viele statt nur einige Klage erheben: nichts, keine Begründung. Darauf wird nicht eingegangen.

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Ob das wirklich legitim ist - da bin ich mir nicht so sicher. Aber ich würde es auch so einschätzen, dass das die Güterabwägung von GP war, und das deckt sich auch mit den Infos, die wir von Insidern bekommen haben. Deswegen haben wir dieses Vorgehen ja auch als PR-Aktion kritisiert: Wer klagt, sollte vor allem einmal gewinnen wollen, zumal wenn es um so viel geht wie hier.

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Weil es juristisch gesehen auch keine Vorteile gibt.

Das ist ja der Kern unserer Kritik: Wie groß die Nachteile tatsächlich sind, lässt sich von außen schwer beurteilen, aber definitiv sicher ist, dass es keinerlei juristischen Vorteile gibt. Deswegen unsere Kritik, dass es sich um eine PR-Aktion handelt, leider zum Nachteil des Verfassungsgerichts, das wahrlich genug zu tun hat.

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Update: Diesen Montag unterschrieb Bundespräsident Steinmeier die KSG-Novelle mit Abschaffung der Sektorziele - lustigerweise an genau dem Tag, an dem die Frist ablief, nach der Bundesverkehrsminister Wissing nach dem alten KSG gezwungen gewesen wäre, ein Sofortprogramm vorzulegen.

Die neuen Klimaklagen wurden entsprechend am Dienstag in Karlsruhe eingereicht.

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Die Kritik an der Massenbeschwerde ist ebenso fundiert wie in Teilen relativiert (siehe zitierte Stellungnahmen von Greenpeace im Thread).

Was hier noch nicht vorgetragen wurde: die faktische Teilnahme ist ein Akt der Selbstermächtigung und Selbstwirksamkeit, den ich vor dem Hintergrund des Politikversagens im Angesicht der Klimakrise für demokratieförderlich halte. Zudem: Gesetzgebende, die seit vielen Jahren immer aufs Neue versuchen, mit fadenscheinigen Gesetzen vielleicht doch in Karlsruhe durchzukommen, tragen zuallererst zur Belastung des Gerichts bei.

Ich bleibe unentschlossen und würde mich freuen wenn das Thema nach der Sommerpause in der Lage noch einmal aufgenommen wird.

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Lieber Thomas,

ja, der Podcast muss das Thema noch mal aufnehmen und etwas richtig stellen, Du bist mir zuvorgekommen. Auch Podcastbetreiber, die zuvor am Verfassungsgericht gearbeitet haben, sind nicht allwissend. Die Digitalisierung ist auch hier fortgeschritten und deshalb macht die Zukunftsklage, auch mit vielen Klägern, den Gerichten nur wenig mehr Aufwand, das war in der Vergangenheit anders. Greenpeace und Germanwatch haben sich im Vorfeld mit dem Gericht auseinandergesetzt, um auf alles vorbereitet zu sein und den größtmöglichen Erfolg zu haben. Nichts anderes habe ich von den beiden Organisationen erwartet.
Allerdings gibt es Podcastanhänger für die die Podcaster heilig sind (wie mein Mann leider) und die alles ungefiltert akzeptieren und deshalb nicht klagen. Deshalb bitte richtigstellen, danke.

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Ich nehme an, dass weder Greenpeace noch das Gericht mich zwingen kann, eine digitale Empfangsadresse anzugeben? Insofern wird das nicht in allen Fällen richtig sein. Auch wird es einige Schriftstücke geben, die eben nicht digital versendet werden dürfen.
Ich denke, Greenpeace macht es sich hier zu leicht.

Könnte bitte einer der Befürworter der Einzelklagen sagen, was der Vorteil/Sinn/Zweck von beliebig vielen Einzelklagen sein soll?

Ich sehe keinen, mMn gibt es keinen.

Was hier wiederholt wird: es handele sich nicht um „viel“ Mehrarbeit, sondern wg. Digitalisierung nur um „etwas“ Mehrarbeit. Die Fragen nach dem Nutzen/Vorteil/Sinn gegenüber einer begrenzten Anzahl, gut ausgewählter Klagenden: da schweigen sich alle aus, auch das Statement von Greenpeace.

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Es geht Greenpeace nicht um einen möglichst reibungslosen und effizienten Ablauf im Gericht, sondern um eine möglichst starke Einbindung und Selbstwirksamkeit der Bevölkerung insgesamt. Und natürlich um eine Bindung von Teilen dieser Bevölkerung an die Organisation und ihr Anliegen.

Man muss diese Prioritäten nicht teilen, aber der Sinn und Nutzen der Vorgehensweise (aus Sicht von Greenpeace) ist offensichtlich. Juristerei ist für aktivistische Organisationen kein Selbstzweck, sie ist eingebettet in eine größere Vision davon, was man erreichen möchte und selbst bei einer Verfassungsklage ist für eine Organisation wie Greenpeace unter Umständen nicht die Maximierung der Erfolgschancen auf ein möglichst gutes Urteil entscheidend, sondern die Gestaltung des Wegs den man dahin nimmt.

Zumal ja auch andere Klagen anhängig sind, die juristische Frage also nicht vollständig von der Verfahrensführung von Greenpeace abhängt. Man könnte also auch kritisieren, dass überhaupt mehr als eine Person zum selben Thema in Karlsruhe klagt, wenn man es wirklich so genau nimmt …

Um klar zu sein: ich bin mir auch nicht sicher, dass das Verhalten von Greenpeace hier sinnvoll/angemessen ist. Aber ich finde es extrem nachvollziehbar.

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Mein Verständnis ist, dass eine bestimmte Anzahl schon Sinn macht: wenn die Position der Kläger, ihre Betroffenheit von unzureichendem Klimaschutz sich unterscheidet, so dass man verschiedene Aspekte abdecken kann, die sich in einer einzigen Klage nicht abdecken lassen. Daher: eine Handvoll bis ein Dutzend gut ausgesuchter Fälle.

Was die Einzelklagen anbetrifft: mich würde schon die Begründung eines Menschen interessieren, warum er/sie eine Einzelklage einreicht oder dies für sinnvoll hält oder welcher Vorteil darin läge.

Die Position von Greenpeace: deren Position/Motivation scheint mir klar, ich erachte sie halt nicht für sinnvoll bzw. zielführend.

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Liebe Marie-Luise,

ich bin Einzelklägerin, meine 15jährige Tochter übrigens auch (sie hat sich frei ohne Beeinflussung der Mutter dazu entschieden), wie schon mehrere Leute argumentiert haben, haben sich Greenpeace und Germanwatch im Vorfeld gut überlegt, wie sie die Zukunftsklage gestalten.
Da ich schon seit über 22 Jahren aktiv ehrenamtlich für Greenpeace in einer Ortsgruppe unterwegs bin, habe ich natürlich mehr Erfahrung bzw. Hintergrundwissen wie Greenpeace arbeitet und seine Ziele verfolgt. Da ich auch noch in weiteren Gruppen aktiv bin, wie z. B. Parents for Future u.a. kann ich auch Vergleiche anstellen.
Meiner Erfahrung nach, werden in keiner Organisation die einzelnen Schritte so detailiert geplant, wie bei Greenpeace. Nichts wird dem Zufall überlassen, alle Szenarien, die passieren können, werden durchgedacht und dazu gehört immer auch die rechtliche Seite.
Klar es passieren trotzdem Fehler, wird sind alle nur Menschen und haben vielleicht was übersehen.
Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass die vielen erreichten Erfolge von Greenpeace, genau an diesen gut durchdachten und geplanten Strategien liegen. Deshalb vertraue ich auch hier der Zukunftsklage und finde es schade, dass manche Menschen ihre Energie aufs diskutieren verwenden, anstatt, dass sie die Notwendigkeit einer solchen Klage sehen und nicht bereits Kläger sind und weitere Menschen zum Klagen überzeugen. Hier muss die Energie hin!
Ich vertraue auch nicht blind, ich habe mich sehr intensiv über die Zukunftsklage im Internet informiert, an vielen Stellen findet man das nötige Hintergrundwissen (nicht nur auf der Greenpeace-Homepage).
Hier z.B. ein Link zu einem Youtube-Video mit 6 Gründen für die Zukunftsklage:

Gruß Natalie

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