Energie vs. Strom

Hallo zusammen,

es wurde hier zwar schon von FabianS angesprochen, ich muss da aber auch nochmal reingrätschen: Bitte passt gut auf, wann ihr von „Energie“ und wann ihr von „Strom“ sprecht. Umgangssprachlich wird das zwar oft gleich gesetzt, das mag in alltäglichen Diskussionen auch in Ordnung sein. Wenn es aber um Zahlen und Energiewende geht, ist der Unterschied essenziell.

Es ist aktuell eben nur ein geringer Teil unseres Energieverbrauchs durch Strom gedeckt. Ich arbeite in der öffentlichen Verwaltung im Bereich Energie- und Mobilitätswende und habe Moderne Energiesysteme studiert. Seit vielen Jahren bekomme ich immer wieder zu hören, dass die Energiewende doch gut vorangeht. „Sind doch schon halb fertig“ etc. Dass Strom aber (über den Daumen gepeilt) 20% unseres Energieverbrauchs ausmacht, wird dann nicht erwähnt. Energieverbrauch der nicht durch Grünstrom gedeckt ist, ist eben fast immer fossil.

Das Stromnetz umbauen ist die eine Sache. Energiewende bedeutet aber eben vor allem Elektrifizierung von fossilen Systemen. Ob das über Direktstrom, Wasserstoff oder sonst was ist, Strom wird den Löwenanteil auffangen müssen und hier haben noch nicht mal die Oberfläche angekratzt.

Gerade konservative Parteien und Politiker (allen voran Söder und co) versuchen regelmäßig ein Bild zu malen, dass wir doch auf einem guten Weg sind und dann kommen immer schnell die 50% ins Spiel.

Für die Energiewende ist es essentiell, Schritt für Schritt vorzugehen. Der erste Schritt muss dabei sein, Verständnis in der Bevölkerung zu schaffen. Wir sind noch weit davon entfernt, dass die Bevölkerung Physik der 7. Klasse versteht (Was ist Leistung, Spannung, Stromstärke etc.) und sich Größenordnungen von Energieeinheiten vorstellen kann. Das ist aber ggf. auch zu viel verlangt. Unumgänglich ist es aber, dass die breite Masse verstehen muss, woher unsere Energie kommt und da ist der Löwenanteil eben nicht Strom, sondern fossil. Wenn das verstanden ist, kann langsam ein Verständnis aufgebaut werden, dass wir für ein klimaneutrales Energiesystem größtenteils auf strombasierte Systeme umsteigen müssen und in der Folge viel mehr Strom (und damit Wandlungsanlagen, Netze und Speicher) benötigen.

Die akribische Trennung bzw. Verwendung der Begriffe „Energie“ und „Strom“ in den Medien ist daher kein Detail sonder essenziell für eine erfolgreiche Energiewende. Diese beginnt in den Köpfen der Menschen, sonst schaffen wir es nicht.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr das richtig stellt.

An der Stelle möchte ich mich aber auch für die Darstellung positiver Nachrichten in eurem Podcast bedanken! Vielleicht kann man ja mal Erfolgsmodelle der Energiewende (auch im kleinen, bspw. Bürgernergien oder auch Projekte großer Betreiber wie eon) vorstellen, das kann anderen Projekte viel Aufwind bescheren.

Viele Grüße
Jens

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