EAutos in Norwegen

Ich bin öfter aus familiären Gründen in Norwegen. Lange Zeit war es tatsächlich so, dass es reservierte Spuren für E-Autos zum Beispiel auf der Autobahn gab. Mittlerweile ist das nicht mehr so, gerade weil es so viele E-Autos gibt. Dass es so viele Neuzulassung für E-Autos in Norwegen gibt, liegt wohl auch mit daran, dass die meisten Menschen in Norwegen in eigenen Häusern wohnen und dort problemlos laden können.

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Ich denke, das ist der natürliche Gang der Dinge.
Sonderrechte für E-Autos dienen dazu, dem E-Auto dazu zu verhelfen, sich durchzusetzen. Ist dieses Ziel erfüllt, braucht es keine Sonderrechte mehr. Bei aktuell 80% Neuzulassungsquote in Norwegen (bereits 2022 und 2023) braucht es wohl keine Sonderanreize mehr.

Dieses Problem wurde schon mehrfach hier im Forum angesprochen und ich stimme zu, dass die Ladeinfrastruktur weiterhin das zentrale Problem bei der Mobilitätswende ist. Als Mieter in einem üblichen Wohngebiet ein E-Auto zu fahren bringt Nachteile in der Alltagspraxis mit sich (wenn man das Auto nicht auf dem Firmenparkplatz laden kann oder andere Sondersituationen vorliegen, die ein regelmäßiges Laden ohne Zeitverlust ermöglichen). Hätte ich hier an meinem Wohnort ein E-KFZ müsste ich mir permanent Gedanken machen, wie ich den Akku voll bekomme, ohne dabei Zeit zu verschwenden. Es wäre einfach nicht praktikabel. Ich habe damals mal ein E-KFZ von meinem Arbeitgeber geliehen bekommen und musste das Teil mit Haushaltsstrom mit einem 20-Meter-Verlängerungskabel aus dem zweiten Stock aufladen (was zwar ewig dauert, aber über Nacht ganz gut funktioniert und auch keine Verkehrsgefährdung darstellt, wenn man direkt vor’m Fenster einen Parkplatz bekommt und das Kabel zur Straßenseite spannt, sodass über dem Gehweg genug Platz ist…). Aber eine Dauerlösung war das definitiv nicht, ein E-KFZ kaufen würde in in dieser Situation definitiv nicht.

Deshalb fordere ich hier ja auch massive Ausgaben in die Ladeinfrastruktur. In dicht bebauten Wohngebieten (also „Mehrfamilienhäuser“ oder gar „Wohnblöcke“) müssen Ladesäulen an jedem zweiten Laternenpfahl quasi Standard sein, damit die Menschen dort ein E-KFZ überhaupt in Erwägung ziehen können. Aktuell sind wir noch weit davon entfernt, dass das E-Auto in klassischen Arbeitervierteln praktisch nutzbar ist. Da sind andere Länder (Norwegen, aber auch die Niederlande) wesentlich weiter.

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Es liegt auch daran, dass die Norweger im Geld schwimmen, während Strom aufgrund der Wasserkraft-Gegebenheiten sehr günstig und wenig volatil ist. Daher finde ich jeden Vergleich mit Norwegen im Hinblick auf die Energiewende nicht sonderlich geschickt.

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Zum Podcast EAutos in Norwegen. Der Grund für die hohe E-Quote ist einfach:
Es gibt eine extrem hohe Steuerbelastung auf Verbrenner aber keine für BEV („For purely electric cars, including fuel-cell cars, there is no import tax“), so dass im Endeffekt schon vom Kaufpreis von BEV günstiger ist:
For passenger cars in Norway, the rates for 2021 are as follows:
Weight1 tax
NOK 0.00/kg for the first 500kg of weight
NOK 27.15/kg for the following 700kg
NOK 67.68/kg for the following 200kg
NOK 211.49/kg for the following 100kg
NOK 245.97/kg for the remaining weight
CO2 tax

  • NOK -978.12 per g/km below 50g/km of CO2 emissions
  • NOK -831.37 per g/km below 87g/km (including the first 50g/km of CO2
    emissions)
    NOK 0.00 per g/km for the first 87g/km of CO2 emissions
    NOK 1,095.40 per g/km for the following 31g/km of CO2 emissions
    NOK 1,227.52 per g/km for the following 37g/km of CO2 emissions
    NOK 2,382.68 per g/km for the following 70g/km of CO2 emissions
    NOK 3,800.83 per g/km for the remaining CO2 emissions
  • Only for cars with total CO2 emissions below 50g/87g
    NOx tax
    NOK 78.14 per g/km of nitrogen oxide emissions

Vor einiger Zeit war ich mal an einer Untersuchung beteiligt, bei der herauskam, dass letztlich die Erhöhung von Fahrzeugsteuern für Verbrenner viel effektiver den EV Anteil erhöht als dies durch EV incentives erreicht werden kann. Der klassische Fall ist Norwegen. In den Niederlanden deutete sich das auch an (mal sehen, was die neue Regierung daraus macht).

Quellen:

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Möchte auch ne persönliche Anekdote einstreuen. Ich war vor kurzem für zwei Wochen im Urlaub in Norwegen und wir hatten auch ein Mietauto eingeplant, um das Land unabhängiger bereisen zu können. Uns wurde dann proaktiv von der Autovermietung die Nutzung eines E-Autos angeboten/schmackhaft gemacht, was wir dann auch probiert haben.
Ich bin in meinem deutschen Alltag ein absoluter Radfahrer, finde die Erfahrungen dort aber durchaus instruktiv für Gespräche mit E-Auto-Skeptikern. Es gibt tatsächlich weit verstreut Ladesäulen, die wurden uns sogar im Mietauto auf dem Navi angezeigt und ansonsten gibt es Apps um Ladesäulen im ganzen Land zu checken und ggf. seine Routen etwas daran anzupassen (auch die Bezahlung läuft darüber). Nach kurzer Eingewöhnung läuft das echt problemlos und die Ladepausen alle 200-400km kann man auch gut nutzen um ne Pause zu machen, Einkaufen zu gehen oder sonstwas (bei uns: Zelt trocknen).
Es geht also auch problemlos ohne zu Hause eine eigene Ladesäule zu haben.
Und mein Endeindruck: Zumindest im Bereich der auto-bezogenen Individualmobilität sieht so die Zukunft aus. Zudem: wenn ein endlos weites Land wie Norwegen (wir haben Leute getroffen, die ca. 24 Stunden mit E-Auto von Narvik nach Südnorwegen gefahren sind ohne sich einen abzubrechen) eine solche Infrastruktur hinbekommt, sollte das Deutschland eigentlich auch zumindest anstreben
(mir ist natürlich bewusst, dass die Stromverfügbarkeit aus Erneuerbaren und die finanziellen Spielräume des Staates in Norwegen andere sind)

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Dieser Verweis auf Norwegen ist so, als würden meine Kinder fragen, warum sie nicht jährlich neue iPhones bekommen, so wie die Schulfreunde, deren Eltern groß geerbt haben.

Norwegens strukturelles Defizit liegt bei 10%, wenn man die Einkünfte aus Öl- und Gas exkludiert. In Deutschland hingegen hat das BVerfG nochmal klargemacht, dass im Normalbetrieb die Ausgaben den Einnahmen entsprechen müssen.

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Ist nur jetzt do nicht mehr plötzlich umsetzbar, da durch die fehlgesteuerten Subventionen sich Vermögende freikaufen konnten. Es wäre also wieder mal eine Bestrafung für kleinere Einkommen. Sozialen Ausgleich kann man wohl bei sowas kaum vom derzeitigen Parteienspektrum erwarten.

… wenn man die Schuldenbremse so im GG belässt wie sie drinsteht und man sich darüber hinaus auch noch selbst Einschränkungen auferlegt (siehe Folge zu „Rudis Lücke“) und unwillig ist, die Einnahmen über höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen zu erhöhen. Da geht es nicht um ein Naturgesetz, sondern von Neoliberalen auferlegte Einschränkungen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deinen Kommentar richtig verstehe. Freikaufen kann sich bei dem Model niemand - es sei denn sie/er kauft das EV, was halt günstiger als der Verbrenner ist.

Wenn Steuern für Verbrenner plötzlich massiv erhöht werden geht das immer zuerst zulasten der kleineren Einkommen, weil diese prozentual mehr Geld von ihrem Einkommen ausgeben müssen. Da wir leider lange eine völlig schlecht gemachte E-Autoförderung hatten, konnten sich mit dieser Förderung vor allem Gut verdienende ein E-Auto mit staatlicher Unterstützung gönnen. Bedeutet diese Menschen würden doppelt profitieren, da die Subventionen hatten und dann weniger Steuern zahlen. Und alle Parteien, nicht nur SPD und FDP, sondern auch Grüne und SPD haben gezeigt, dass ihnen am Ende vom Tag sozialer Ausgleich egal ist. Die SPD arbeitet für Rentner und Boomer und die Realogrünen und für Vermögende, die kein Bock auf FDP haben.

Naja Menschen mit kleinen Einkommen kaufen sich in der Regel keine Neuwagen, weder Verbrenner noch E-Autos. Eine Steuer auf den Kauf neuer Verbrenner würde also erst mit Verzögerung durchschlagen. Außerdem könnte man natürlich die Steuer, wie oben am Beispiel Norwegens erklärt, nach Gewicht und/oder CO2 Austoß und/oder Preis staffeln. Damit würden dann niedrigere Einkommen nicht unverhältnissmäßig belaßtet (klar gibt es dann immer noch Einzelfälle, z.B. Familien mit 6 Kindern die einen Kleinbus brauchen der dann halt relativ groß und schwer ist, aber man kann ja auch nicht immer auf jeden Einzelfall Rücksicht nehmen).

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Trotzdem ist der Einwand von @WayneS doch absolut valide. Eine Reform der Schuldenbremse, wie sie die meisten Ökonomen fordern, gibt uns sicherlich mehr Spielraum bei Investitionen - aber eben auch nicht unbegrenzt. Und deshalb ist und bleibt der Vergleich mit Norwegen ein schlechter. Neben der schon angesprochen Staatsverschuldung hat Norwegen ein mehr als doppelt so hohes BIP pro Kopf. Mehr als 90% des Stroms kommen aus Wasserkraft - da würde sich jedes Land deutlich einfacher tun mit der Elektrifizierung.
Norwegen lässt sich die Steuererleichterungen für E-Autos jährlich 2,3 Mrd US Dollar kosten [1]. Rechnet man das mal anhand der Einwohnerzahlen um, würde das in Deutschland ca. 35 Mrd US Dollar entsprechen. Nur für diese eine Subvention. Dass Norwegen mit all ihren günstigen Voraussetzungen verhältnismäßig klug umgeht, finde ich auch. Aber man muss diese eben auch erstmal haben.

[1]

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Man muss es ja nicht genauso wie Norwegen machen. Deutschland fördert Autobesitz und -Nutzung auf sehr vielfältige Art und Weise – Pendlerpauschale, Dienstwagenprivileg, freie Nutzung von Straßen und Autobahnen für PKW, reichhaltiges und günstiges Angebot an öffentlichen Parkplätzen, etc.

Man könnte ohne negative Auswirkungen auf den Haushalt die Privilegien und Förderungen für Verbrenner kontrolliert abbauen. Zum Beispiel Maut auf Autobahnen und in großen Städten, progressiv nach Fahrzeuggewicht; Anwohnerparken wird teurer je nach Schadstoffklasse; Pendlerpauschale und Dienstwagenprivileg werden schrittweise über 15 Jahre für Verbrenner abgebaut. etc. etc. Die eingesparten Subventionen bzw. höheren Einnahmen investiert man in Fördergelder für kleine, erschwingliche BEVs.

Möglichkeiten gäbe es da viele, auch solche die man sozialverträglich und mit Übergangszeiträumen gestalten kann. Der Gesamteffekt wäre ein ähnlicher wie in Norwegen, ohne die Notwendigkeit neuer Schulden oder unverhoffter Geldsegen.

Eine Änderung der Schuldenbremse ist mit den aktuellen politischen Kräfteverhältnissen nicht machbar, fertig.

Mal abgesehen davon macht das den Vergleich mit Norwegen nicht besser. Norwegen ist in Teilen eine Rentenvolkswirtschaft, die Geld aus Rohstoffen zieht. Die finanzieren die ganzen Subventionen ja nicht aus Schulden. Der Gedanke den zukünftigen Fahrern von E-Autos auf Schulden finanzierte Kaufprämien zu zahlen, die direkt wieder zu Preiserhöhungen bei den OEMs führen, ist mir persönlich zutiefst zuwider. Wenn wir schon Dinge auf Kredit finanzieren, dann bitte nicht wieder Teslas und BMWs.

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Dann frage ich mich aber ehrlich gesagt, was jetzt das geniale am norwegischen Konzept ist, das wo wir uns in Deutschland was abgucken können? Der von mir verlinkte Artikel beschreibt ja ganz gut, dass die Norweger schon in den 90ern viel getan haben, um die E-Mobilität voran zu bringen, aber die Autos bis 2012 kaum in der Breite angekommen sind. Erst mit der massiven steuerlichen Vergünstigung ging der Anteil der E-Autos dann auch massiv nach oben. Das ist ehrlich gesagt aber ein No-Brainer. Wenn ich jede Menge Geld in die Hand nehme und damit ein Produkt deutlich günstiger mache (der geringe Strompreis hilft im übrigen auch noch) ohne das alte Produkt wesentlich teurer zu machen, dann funktioniert das natürlich und alle finden es auch noch toll. Vielleicht können @vieuxrenard und co. ja auch noch einmal näher ausführen, was sie genau am norwegischen Weg für Deutschland übertragbar sehen.

Mathematisch gesehen absolut d’accord. Allerdings wird der große Unterschied der sein, dass die Akzeptanz in der deutschen Mittelschicht für Maßnahmen, bei denen ich das alte Produkt teurer mache, eine ganz andere sein wird.

Insofern bin ich da eher skeptisch. Ich denke die Wahrscheinlichkeit wäre hoch, dass der Gesamteffekt eher Gelbwesten-ähnliche Zustände in Deutschland wären.
Am Ende werden wir in Deutschland einen Mittelweg finden müssen aus Subventionsabbau bei den Verbrenner und Subventionen bei den E-Autos. Aber den norwegischen Weg oder auch nur Effekt sehe ich als unrealistisch an.

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Bei solchen Themen bin ich grundsätzlich entspannt. Das deutsche Volk ist sehr phlegmatisch. Es wird viel geschimpft, aber dann fügt man sich in die neue Situation. Das geht in jede erdenkliche Richtung.

Das mit den Steuern ist doch ein Ansatz. Warum setzen wir nicht eine Zusatzsteuer beim Kauf eines Verbrenners von 10% fest? Und da es keine Mehrwertsteuer ist, müssen sie auch Unternehmer zahlen. Würde E-Autos sehr attraktiv machen.