Börsenpreis für Strom geht am 26. Juni morgens und abends durch die Decke

Was bisher eher die Finnen kennen: der Börsenpreis für eine kWh Strom erreichte heute morgen fast 3 Euro! Heute abend werden eine Stunde lang rund 2 Euro/kWh aufgerufen.

Strompreis an der Börse spielt verrückt: Kilowattstunde kostet plötzlich 295 Cent (shz.de)

Brisant ist das für Kunden, die schon den jeweils aktuellen Börsenpreis plus einen Aufschlag zahlen („dynamische Tarife“).

„Der Anbieter Tibber warnte seine Kunden vor den extrem hohen Strompreisen. Erwartet wurden diese am Mittwoch zwischen 4 und 8 Uhr, sowie am Nachmittag zwischen 18 und 22 Uhr. In dieser Zeit sollte so wenig Strom wie möglich verbraucht werden, schrieb der Anbieter in seiner App. Betroffen von den extremen Preisschwankungen sei der gesamte deutsche Strommarkt.“ (shz.de)

Da freut man sich dann doch an seinem alten analogen Zähler, der neuerdings nicht nur rückwärts laufen darf, wenn das Balkonkraftwerk es so will, sondern auch solche Preisspitzen ignorieren muss.

Was ist der Grund? Genannt wird ein technischer Fehler. Aber es könnte natürlich sein, dass wenig Windstrom und viel Sonnenstrom erwartet wird und deshalb Beschaffungsprobleme in den Stunden mit hohem Verbrauch, aber relativ wenig Sonnenstrom erwartet werden.

Technischer Fehler der Auktionsplattform. Der Vorfall ist so außergewöhnlich, dass es garantiert in Kürze ein ausführliches Post-Mortem geben wird.

3 „Gefällt mir“

Wieso soll das brisant sein? Das ist doch gerade der Sinn von variablen Strompreisen. Wenn der Preis hoch ist gibt es einen Anreiz, dass der Stromverbrauch reduziert wird. Wenn der Preis gering ist, dann gibt es den Anreiz mehr zu verbrauchen.

Auch wenn es hier wohl ein technischer Fehler war, kann jeder Mensch mit einem variablen Stromtarif heute von der Information profitieren. Wer heute anstelle morgens oder Abends zur Mittagszeit Waschen Spülen, sein E-Auto laden kann sieht den Börsenpreis von quasi 0 Euro/MWh oder leicht darüber. Etwas, das bei wenig Wind und Sonne eben genau so angereizt werden sollte, um vorhandenen Flexibilität zu heben.

Wenn du dich also über solche Preisspitzen nicht ärgern musst, dann aber sehr wohl über viele Stunden, wo du profitieren kannst (sofern die entsprechenden Verbrauchsprozesse verlagert werden können).

3 „Gefällt mir“

Ich stimme Dir zu. Insgesamt wird die Energiewende nicht funktionieren, wenn man einfach nur mehr Windräder und Sonnenkollektoren aufstellt, ohne die Infrastruktur auszubauen und Anreize für einen Verbrauch zu Zeiten hohen Angebots zu setzen.

Das hilft ja auch. Schon mein Vater hat in den 70ern abends um 22:00 Uhr eine Runde durch’s Haus gemacht und alle möglichen Verbraucher, die nicht wie die Nachtspeicherheizung oder Wärmepumpe direkt vom Versorger eingeschaltet wurden, einzuschalten.

Und es ist auch jedem Tibberkunden klar, dass nachmittags / abends vor 22:00 Uhr der Strom teuer ist. Nur gucke auch ich nicht täglich in die Kurve für den nächsten Tag. Und morgens ist der Strom eigentlich nicht sehr teuer. Da werden sich einige aber umgucken.

Tatsächlich ist der Strom heute morgen ja über die Grenzen geflossen, sonst wäre das Netz zusammengebrochen. Nur konnte er gestern nicht für heute über die Grenze gehandelt werden. Das schadet dem Ruf des Systems und das kann niemand wollen, weil es gebraucht wird (s.o.)

Ansonsten habe ich einen Akku, der mir von Anfang Februar bis Ende Oktober immer genügend Saft gibt, bis die PV-Anlage um 8:00 Uhr liefert.

Inzwischen kann der Vorfall als lehrreiches Beispiel dafür herhalten, welche Probleme ein entkoppeltes Netz den Staaten bereiten würde, und welche Probleme derzeit bestehen, wenn man sich weitgehend auf erneuerbare Energie verlässt (was an einem erwartet besonders sonnigen Tag kurz nach der Sommersonnenwende auch heute schon der Fall ist. Da ist noch etwas zu tun. Ähnliche Probleme gibt es ganz sicher auch innerhalb Deutschlands.

Ist das so oder ist das nicht der falsche Schluss?
Denn, soweit ich das verstanden habe, gab es ein technisches Problem, weshalb der deutsche Markt vorübergehend vom Rest des Marktes entkoppelt wurde.
In Deutschland setzen wir aber bisher noch verhältnismäßig wenig auf erneuerbare Energien. Ein Speichernetz ist noch gar nicht angelaufen (was ja auch erst Sinn macht, wenn die erneuerbaren eine gewisse Relevanz haben). Auch die Stromtrassen sollen erst in 10 Jahren soweit sein, wie wir sie eigentlich haben wollen.
Die Frage ist doch: wie wäre Deutschland aufgestellt gewesen, wenn die Energiewende bereits geschafft worden wäre. Und die zweite ist natürlich, wie man den Spotmarkt redundant gestalten kann, dass ein Ausfall des bisher einzigen Marktes aufgefangen werden kann.

1 „Gefällt mir“

Sehe ich genau andersherum.

Die Kritiker der Energiewende beschweren sich dauernd über Stromimporte - hier haben wir gesehen, was passiert, wenn wir keinen Strom importieren können.

Die Kritiker der Energiewende sagen, dass fossile (und nukleare) Grundlastkraftwerke günstigen Strom produzieren könnten - hier haben wir gesehen, was passiert, wenn wir den Strom aus diesen Grundlastkraftwerken beziehen müssen.

Für mich ist dieser Vorfall eher ein Zeichen dafür, dass die Energiewende noch schneller umzusetzen ist.

1 „Gefällt mir“