Zwei Gedanken zum "Wohnraummangel"

Es wird zur Zeit ja viel über Wohnraummangel geredet, gemeint ist damit meistens der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Städten. Die diskutierten Lösungen sind seit Jahren immer die gleichen: Enteignung von Immobilienkonzernen und Bau von mehr Sozialwohnungen.

Geht man das Thema einmal von der anderen Seite an und schaut sich die Ursachen des Problems an, so werden m.M. nach zwei Ursachen in der öffentlichen Debatte unterbelichtet und damit auch Ansatzpunkte für Lösungen vernachlässigt.

Zum einen sollte man die fortschreitende Urbanisierung mehr in den Fokus rücken. Genau betrachtet herrscht der Wohnraummangel in Deutschland nicht überall, sondern nahezu ausschließlich in Städten. „Während die Leerstandsquote in Erfurt, Jena und Weimar 2020 bei nur 3,5 Prozent gelegen habe, stünden in ländlichen Regionen fast 11 Prozent der Wohnungen leer.“ (Zeit.de). Würde sich die Politik mehr darauf konzentrieren, ländliche, strukturschwache Regionen zu stärken, würde sich nicht nur die Attraktivität der Regionen erhöhen, was die Urbanisierung bremsen und so den Wohnraummangel in den Städten lindern könnte, man würde gleich mehrere Probleme mit diesem Ansatz abräumen: Die Investitionen nützen natürlich nicht nur denen, die aufs Land ziehen sondern auch denen, die bereits dort leben. Gelingt es so, die Frustration im ländlichen Raum zu lindern, sind solche Maßnahmen womöglich auch geeignet, um den Rechtsruck in Deutschland einzudämmen.

Wirft man einen Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland seit 1995 (+2,2% von 1995 bis 2022) und auf die Entwicklung der Gesamtwohnfläche in Deutschland seit 1995 (+31,4% von 1995 bis 2022) könnte man eigentlich meinen, der Wohnungsmarkt in Deutschland müsste vollkommen entspannt sein. Wie gemeinhin bekannt, ist dem aber nicht so. Wo ist also der ganze Wohnraum hin? Logische Konsequenz zusammen mit dem seit 1995 von 6,5% auf 2,8% 2021 gesunkenen Wohnungsleerstand kann nur ein höherer pro Kopf Wohnraum sein. Interessant ist hierbei die Altersverteilung des Wohnraums pro Kopf. Hier hat das statistische Bundesamt festgestellt, dass vor allem alte Menschen (65+) deutlich mehr Wohnraum verbrauchen als junge Menschen. Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig und zu einem nicht unerheblichen Teil sicher damit zu erklären, das Wohnraum teuer ist und die allermeisten Jahrzehnte für ihr Eigenheim sparen müssen, dennoch gibt es hier einen Ansatzpunkt, wo die Politik eingreifen kann. Der Wohnungsmarkt muss flexibler werden, die Kosten die beim Immobilienkauf bzw. Verkauf entstehen müssen sinken. Aktuell entstehen Käuferinnen und Käufern hohe Kosten durch Notar, Grundbucheintrag usw., die natürlich die Zahlungsbereitschaft senken und so die Attraktivität für ältere Menschen zu verkaufen mindern. Um dabei nicht Investoren in die Hände zu spielen, die Immobilien nur als Spekulationsobjekte verwenden, ließe sich zum Beispiel eine Gewinnbesteuerung einführen, wenn die Immobilien innerhalb von z.B. 20 Jahren wieder verkauft wird.

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Im ersten Teil deines Posts gehst du auf den Mietmarkt ein umd dann über die Wohnfläche sum Eigentum überzugehen.

Ich debke das sind mehrere Probleme auf einmal die auch mehrere Lösungsansätze bedingen.

Der Zuwachs an Wohnraum im Alter ist ja nicht auf das Eigentum begrenzt sondern auch im Mietmarkt zu finden.

Eine Beaknnte von mir wohnt allein in einer 5 Raum Wohnung, nachdem dieb3 Kinder ausgezogen und der Mann verstorben ist.
Da sie aber schon so lange dort wohnen ist jede kleinere Mietwohnung teurer als die viel zu Große.

Das wäre ein Punkt an dem z.B. große Wohnungsunternehmen ansetzen könnten:
Den Personen kleineren Wohnraum im Umfeld zu gleichen Konditionen wie in ihrem Altvertrag anbieten ggfls. mit einem kleineren Modernisierungsaufschlag (wenn denn wirklich moderner) statt zu marktüblichen Konditionen.

Damit könnte man sicher einigen Wohnraum für „neue“ Familien frei bekommen.

Bei selbstgenutztem Eigentum sieht die Sache anders aus.
Da kann man aber vielleicht über den Tellerrand schauen.

In Schweden wird bei Verkauf von Wohnrecht oder Eigentum immer eine Gewinnsteuer fällig, egal wie lange man das Objekt gehalten hat.
Man kann sie durch Modernisierungs- und auch Instandhaltungskosten etwas senken, aber zahlen tut man immer.

Heißt der Staat verdient auch ordentlich an den Spekulanten (die es hier auch gibt) allerdings ist durch einfach kaufen und verkaufen eher selten ein Gewinn zu erzielen, zumal nicht immer zwingend der Höchstbietende den Zuschlag für ein Objekt bekommt.

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Ich stimme dir absolut zu, das Problem, dass Menschen in viel zu großen Wohnungen verbleiben, nachdem z.B. die Kinder ausgezogen sind, existiert auch auf dem Mietmarkt, ist aber dort nicht ganz so ausgeprägt. Hier die Quelle vom Statistischen Bundesamt. (Wollte ich eigentlich in den ursprünglichen Post reinpacken, hatte dann aber keinen Platz mehr)
Der Grund ist wahrscheinlich der, den du genannt hast: Menschen ziehen mit Familie in große Wohnungen ein, die Kinder ziehen irgendwann aus. Der Vermieter erhöht die Miete nicht oder nur wenig, gleichzeitig steigen die Preise auf dem Wohnungsmarkt an. Kein Wunder, dass die Menschen in ihren Wohnungen bleiben. Die Frage, die ich mir da stelle ist, wie man da raus kommt. Vor allem auch aus umwelt- und klimapolitischer Sicht (Flächenversiegelung, mehr Wohnraum der schließlich auch geheizt werden will, klimaschädliche Baustoffe usw.) wäre ja eine bessere ‚Allokation‘ des Wohnraums im Vergleich zum Neubau wünschenswert.

Das würde bedeuten, in der Fläche dieselbe Infrastruktur auszurollen wie in den Städten. Wäre zum einen unbezahlbar und würde zum anderen immense Ressourcen verbrauchen. Das funktioniert nicht.

Nee, das liegt daran, dass ältere Generationen noch auf Vermögen sitzen, dass die jüngeren großteils nicht haben und auch nicht mehr haben werden, außer wenn sie in der Erblotterie gewinnen.

Und natürlich liegt es auch daran, dass man sich kaum noch leisten kann, im Alter in eine kleinere Wohnung zu ziehen, weil die dann teurer ist als die größere. Das liegt aber nicht an den Notargebühren, sondern daran, dass Immobilien als gewinnbringende Investitionsobjekte auf maximale Rendite getrimmt werden, d.h. ein paar verdienen sich eine goldene Nase und der Rest darf bezahlen.

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Ja und nein.

Es geht doch dabei nicht darum, auf jedem Dorf ein Shoppingcenter, ein Krankenhaus Theater/Oper/Kino zu errichten.

Es geht vielfach um Grundlegendes in Kleinstädten, also Waren des täglichen Bedarfs, Anbindung, medizinische Grundversorgung und vielleicht ein bisschen was für die Freizeitgestaltung.

Und je kleiner der Ort umso schwierieger die Lösung, gar keine Frage.

Wobei ich auch immer wieder feststelle, dass man mit „Fläche“ meistens doch eher alles außerhalb von Großstädten meint.

Während bei mir „Fläche“ alles unterhalb von 5.000 Einwohnern ist.

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Dieses Argument hat für mich eine logische Schwäche.

  1. Wenn man sich mit Wohnungsbau eine goldene Nase verdient, warum wird dann so wenig gebaut? Würde ja allen Marktregeln widersprechen.
  2. Wenn lediglich die Rendite der Preistreiber ist, müssten Genossenschaften und öffentlicher Wohnungsbau je erheblich billiger anbieten können. Können sie aber gerade im Neubau nicht und tun es auch nicht.

Ich muss jetzt doch mal eine Lanze für das „Dorf“ brechen (also so unter 5000 Einwohner).
Ich hab auch mal eine Zeitlang in Hamburg und Berlin gewohnt, würde das mal als Vergleichserfahrung für Großstädte heranziehen.

Also wir haben kein Kino, kein Theater, keine Fitnessstudios, kein Tattoostudio und keine Bowlingbahn in unserem 2000 Einwohner Dorf. Es gibt trotzdem jetzt keinen Mangel an Freizeit Möglichkeiten. Wir haben einen See am Ort mit Ruderclub, 2 Segelclubs, ein Kurschwimmbad und ein Seebad. Man kann Wandern, Moutainbiken, Bogenschießen im Wald, es die Turnhalle der Grundschule bietet abend Badminton bis Fußball an, es gibt einen Fußballplatz mit Verein, und so weiter. Vieles spielt sich halt draußen ab.
Das obligatorische Schützenfest ist das Jahreshighlight (muss man aber mögen), die Freiwillige Feuerwehr organisiert jährlich dem Martinszug durch Dorf mit St. Martin auf dem Pferd, für Kinder und Familien.
Es gibt eine Grundschule. 6 moderne Klassenräume mit Smartboard, eigenem Gemüsegarten, den die Kinder pflegen und so direkt lernen.
Mal einige Beispiele, das ein Dorf gar nicht so kacke sein muss. Ist in den meisten Dörfern die ich kenne ähnlich. Viel Zusammenhalt, jeder grüsst jeden, man kennt sich im Ort, hilft sich gegenseitig.
Internet mit Glasfaser bis 250.000 ist ok. Öpnv ist dünn, ja. Zur weiterführenden Schule fahren die Kinder hier morgens ca 15 km oder 30 min. Ob es in der Stadt immer kürzer geht?

Es gibt halt auch nicht für jede Profession ausreichend Arbeitsplätze im nahen Umfeld, daher viele Pendler.
Obwohl viele Firmen hier im Umfeld schon hidden Champions sind… Schroth…SKS…Schulte Home… Severin… Capristo…

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ich finde die Idee attraktiv den Leerstand ausserhalb der Ballungszentren durch verbesserte Infrastruktur zu bekämpfen.
Wichtig ist ja nicht nur die Versorgung mit Schulen , ÖPNV , Ärzten und Läden sondern auch und vor allem mit Arbeit.
Als bei meinen Großeltern das Hüttenwesen eingestellt wurde, begann man abzuwandern weil keine Arbeit da war. Wo niemand wohnt, lohnt keine Infrastruktur und so begann der Teufelskreis.

Wären wir dann nicht wieder über Umwege bei „Mobilfunk und Glasfaser für alle“? HomeOffice und Firmenansiedlung ohne Infrastruktur wie Internet wird schwierig.

Man muss sich überlegen wie man den Kreislauf bricht.
Aber ganz ehrlich muss ich sagen seit die Arbeitgeber in der Pandemie gemerkt haben dass HomeOffice kein Teufelswerk ist, hab ich die 1,5h in die nächste Metropole schon länger nicht mehr auf mich nehmen müssen und die 100mbit der Telekom sind zumindest hier vollkommen ausreichend am Rande einer Mittleren Kreisstadt.

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Ich bin schon der Meinung, dass die hohen Nebenkosten ein Grund dafür sind, dass der Immobilienmarkt relativ starr ist. Je nach Bundesland fallen irgendwas zwischen 7% und 8,5% für Grunderwerbsteuer und Notar an. Wenn das nicht so teuer wäre, würden sicherlich öfter Häuser und Wohnungen gewechselt werden und an die Lebenssituation angepasst werden. Ich wäre daher auch dafür, dass für den Notar eine Pauschale anfällt, damit nicht in einer Stunde für das Vorlesen eines Standardvertrags fünfstellige Beträge fällig werden. Außerdem wäre eine Erhöhung der Grundsteuer bei gleichzeitiger Streichung der Grunderwerbsteuer sinnvoll. Dann hat die Gemeinde auch regelmäßig Einkünfte und ist nicht vom aktuellen Marktgeschehen abhängig. Und alle tragen gleichmäßig zum Haushalt bei, egal wie lange sie das Haus schon besitzen. Das wäre nur ziemlich unfair für alle, die in den letzten Jahren gekauft haben, da müsste man die bereits gezahlte Grunderwerbsteuer irgendwie verrechnen.

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