Zur Hochwasserkathastrophe gibt es viele Fragen

Das Thema der Hochwasserkatastrophe ist ja überall (noch) sehr präsent. Eure Bewertung vieler Details würde mich interessieren.

Wie seht Ihr das Zusammenspiel zwischen Bund/Ländern, THW, Feuerwehr, Bundeswehr, Freiwilligen? (Meine Erfahrung vor Ort: keiner hat ein umfassendes Lagebild, viele machen was, das meiste nützlich aber Astimmung und Information vor Ort ist kaum möglich, extrem viel geht über soziale Medien – nicht nur bei den Laienhelfern).

Bedeutung der freiwilligen Helfer.

Staatshilfe vs. Versicherung vs. Spenden

Laschets Lachen (Ich hätte zunächst gedacht, Taten sind wichtiger als sowas, aber nach den Eindrücken vor Ort bewerte ich es auch als unangemessen).

Wie können wir solchen Ereignissen als Land besser begegnen?

(Die Frage nach den Ursachen stelle ich hier nicht, da mE klar)

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(ein Versuch einer rationalen und moralfreien! Betrachtung)

Aus meiner Sicht ist eine Staatshilfe für Beschädigte grundsätzlich falsch. Diese Hilfen geben am Ende des Tages einfach nur falsche Anreize und würde bedeuten, dass sich viele Menschen gar nicht mehr versichern. Warum auch, wenn der Staat zahlt.
Was wir also brauchen ist ein Gesetzt, dass dem Staat untersagt hier finanzielle Mittel für Hausbesitzer zu Verfügung zu stellen. Entweder hat der Eigentümer dann eine Versicherung oder dann halt nicht. Der Staat sollte dann nur den Eigentümern helfen, die nachweislich von Versicherungen abgelehnt wurden.

Sollte das nicht passieren, wird ein solches Ereignis wieder von Parteien für den Wahlkampf missbraucht.

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Richtig, eine Betrachtung frei von jeder Moral. Am Ende aber doch inkonsequent. Warum sollte der Staat ausgerechnet Leuten helfen, die ihre Häuser so in gefährdete Zonen gebaut haben, dass keine Versicherung sie mehr versichern will? Das empfinde ich als nicht logisch oder rational.

Wenn schon Neoliberalismus, jeder für sich, keine Solidarität, Survival of the fittest, dann bitte konsequent. Ohne falsche Anreize zu setzen in der Nähe von Flüssen zu wohnen.

Hallo ich sehe das genau so der Eindruck entsteht das medial kaum druck auf die Politik kommt. Über Facebook werde ich fast täglich live mitgenommen von diesem wunderbaren Menschen Markus Wipperfürth und wie man da alles mitverfolgen kann ist es Organisatorisch ein wirkliches Chaos wenn etwas gemacht wird von offiziellen Kräften klappt es super aber das wird nicht gut koordiniert. Ohne die freiwilligen Helfer vor Ort wäre da immer noch ein Katastrophaler Zustand !!

Wenn von einem Tag auf dem anderen ein Großteil jeglicher Infrastruktur wegbricht und gleichzeitig Zestörungen wie nach einem Krieg auftreten, dann ist es klar, dass die Politik nicht alles innerhalb einiger Tage lösen kann. Da wäre - jede - Gemeinde überfordert.

Was mir (wieder Mal) auffällt, ist die Tatsache, dass es in Deutschland keine Behörde gibt die in solchen Fällen übergreifend und koordinierend zuständig ist.

Vieles liegt in der Zuständigkeit der Gemeinden oder Kommunen die naturgemäß selbst stark betroffen sind.l und dann vielleicht noch ein bisschen Informationskoordination des Landes.
Darüber hinaus … nichts.

Aus den vergangenen Großkatastrophen nichts gelernt und stetes Beharren auf die typisch deutsche Kleinstaaterei.

Hier in Schweden gibt es mit dem MSB eine Reichsweite Behörde deren Aufgabe es ist genau auf solche Szenarien vorbereitet zu sein.

Dazu gehört u.a. dass sie genau wissen wo welche Einsatzkräfte mit welchem Equipment vorhanden ist und diese auch direkt beordern kann.

Also nicht wie jetzt gehört dass die Hamburger Feuerwehr mit Booten anrückt die gar nicht mehr gebraucht werden, nur weil man meinte das könne helfen.

Sehr schön war das bei den umfangreichen Waldbränden hier in Schweden zu sehen, wo die Wehren je nach Bedrohungslage im eigenen Wehrbereich rotiert wurden.
Auch unsere lokale Feuerwehr musste ausrücken obwohl es bei uns hier gar nicht brannte und kam zurück als das Risiko hier stieg.

Ein Recht des MSB finde ich sehr beeindruckend: sie haben das Recht jede dauerhaft in Schweden lebende Person nach ihren Fähigkeiten zum Einsatz anzufordern.
Der evtl. betroffene Arbeitgeber hat kein Mittel einen solchen Einsatz eines Mitarbeiters zu verhindern.

Eine solche Behörde die im Krisenfall die übergreifende Koordination aller verfügbaren Einsatzkräfte wie Feuerwehr, Bundeswehr, THW u.s.w. übernimmt fehlt schlicht.
Damit fehlt aber auch für die betroffenen Gemeinden die Stelle wo sie zentral Hilfe anfordern können und es bleibt alles am Geschick des jeweiligen Bürgermeisters / Landrates hängen, was er organisiert bekommt.

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Naja, eigentlich ist Katastrophenschutz Sache der Länder, und nicht der Kommunen. Natürlich sind die Kommunen am Ende gefragt, was bei ihnen alles kaputt gegangen ist, aber wenn da jetzt wirklich niemand Übersicht und Plan hat ist das die Schuld der Länder. Helmut Schmidt hat z.B. damals seine politische Karriere darauf aufgebaut, bei der ähnlich verheerenden Sturmflut in Hamburg von 1962 als Innensenator die Zügel in die Hand genommen und Entscheidungen getroffen zu haben, selbst wenn u.U. gar nicht klar war, ob ihm überhaupt die Kompetenz dazu zustand.

Man kann von ihm und seiner späteren Politik halten, was man will, aber offensichtlich sind solche Persönlichkeiten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz derzeit nicht vorhanden. Da ist einfach niemand, der Verantwortung übernimmt und die Kommunen werden sich selbst und irgendwelchen mehr oder weniger zufällig vorbeikommenden Helfern überlassen. Und dass einer der eigentlich Verantwortlichen jetzt Kanzlerkandidat ist, sollte einem zu Denken geben.

Ich bin mit der hiesigen Feuerwehren gut vernetzt, ich höre von Feuerwehrleuten die vor Ort waren dass sie aus der (Aufmarsch-) Wartezone gar nicht ins Krisengebiet abgerufen wurden. Die örtlichen Landräte und ihr Personal sind überlastet bzw. überfordert. Die Kommunikation unter den einzelnen Organisationen scheint es nicht zu geben bzw. ist nicht geplant aufgebaut.

Von daher scheint mir der schwedische Ansatz eine gute Lösung zu sein.

Edit
Was man nicht aus dem Blick verlieren darf ist, dass die „Entscheidungsträger“ vor Ort auch alle Betroffene sind.
Ich glaube nicht dass jemand unter diesen Umständen belastbar ist. In der Regel hängt man in seinen eigenen Problemen. Jemand der mit privaten Problemen belastet ist ist auch auf der „Arbeit“ nicht unbedingt Effektiv.

Das kann ich voll bestätigen!

Zur Koordination und dem Wirken von Behörden: ich war 8 Tage vor Ort, habe erst selbst Keller geleert und Schlamm geschaufelt, danach nur noch koordiniert und geholfen, bis zu 300 Helfer mit Material zu versorgen und an Stellen zu schicken, wo sie sinnvoll helfen konnten.

Mein Fazit aus dieser Zeit: ohne die vielen Helfer wäre es unerträglich für die Betroffenen. Wenn THW und Feuerwehr „durch“ sind, dann liegen immer noch 15-30 cm Schlamm, Kaputte Möbel und Hausrat im Keller. In jedem einzelnen Keller, ggf. weitere Etagen. Was soll ein alter Mensch, vielleicht nicht mehr gesund dann tun? Koordination, auch der Bagger und Radlager etc. war nicht zu erkennen. Die Fahrer dieser Geräte wissen aber idR, was sie zu tun haben. Klar, Brücken, Straßen etc. da wird es schon jemanden mit Überblick geben aber auf einer feineren Ebene…?? Es braucht beides. Den „großen Überblick“, der sich mit Amtshilfe und den externen Profis beschäftigt, aber auch lokale Stellen mit einem sehr intensiven Blick fürs Detail - und die müssen jeweils gut verbunden sein. Ist schon doof, wenn man ein Team losschickt und die finden nach etlichen Tagen noch ältere Menschen in einem Haus mit vollem Keller, seit Tagen kein Strom, kein Wasser, keine Hilfe, kein warmes Essen…

Für mich als „Laie“ aber mit einigem Potenzial an der Hand war es praktisch nicht möglich mit offiziellen Stellen sinnvoll in Verbindung zu treten, in jedem Dorf finden sich andere vermeintliche oder echte Verantwortliche, gemeinsame Strukturen oder Standards oder solide Informationsquellen sind schwer zu finden – vor allem wenn man in einer Region mit schlechtem Netz steckt.

Die Menschen (Helfer und Betroffene) untereinander über soziale Netze, im Schwerpunkt Messenger (Whatsapp, Telegram) verbinden sich schnell und umfassend – aber auch da werden dann Probleme sichtbar: wenn Informationen zu dünn sind (z.B.: von wann ist eine Hilfe-benötigt-Meldung, von wem?) ist das keine gute Basis, um ein Team loszuschicken. Außerdem ist die Situation extrem dynamisch und Informationen veralten schnell.

Die Verbindungen, welche mir in dieser Zeit entstanden sind reichten dann bis in die Kreise von Militär und Feuerwehr – aber auch eher informell und verbindend, weil die selbst nach Informationen suchten und kein umfassendes Lagebild hatten.

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Also nach dem was ich jetzt so aus der Berichterstattung mitbekommen habe sind sowohl für die Warnungen der Bevölkerung als auch für die „Einsatzleitung“ jeweils die lokalen Behörden zuständig und nicht mal Landesebene.

Das auch Landesebene nicht ausreichend ist hat man bei den diversen „Jahrhundert Hochwassern“ gesehen wo auch landesübergreifende Koordination nötig war.

Und auch jetzt hier, wenn Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern frei sind und anrücken könnten, an wen sollten sie sich wenden, um zu fragen wo sie gebraucht werden?

Ich hatte jetzt eine Reportage im ZDF gesehen wo es freiwillige Helfer waren die die Organisation übernommen haben, sowohl was die Koordination der anderen Freiwilligen war, als auch die Koordination von LKW zur Müllabfuhr u.s.w.

Nur ist da auch das Manko, dass die anderen Freiwilligen erst dorthin dirigiert werden müssen.

Besser wäre ein zentraler Krisenstab bei dem 24/7 alle Fäden zusammenlaufen.

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