Zukunft der Schnelltests

Generell stimme ich der Meinung der Lage zu, dass die Möglichkeit für kostenlose Schnelltests vorerst bleiben sollte. Durch das Einführen einer Gebühr holt man sich soziale Ungerechtigkeiten ins Haus. Denn es werden nicht nur die Impfmuffel getroffen, sondern auch diejenigen, die aus medizinischen Gründen sich nicht impfen lassen (Autoimunkrankenheiten, Schwangere, Kinder …). Bei Personen die finanziell nicht gut aufgestellt sind, führt dies zu einer zusätzlichen Belastung die nicht immer gestemmt werden kann. Als Folge können sie nicht mehr oder nur eingeschränkt am öffentlichen Leben/sozialer Interaktion teilnehmen. Eine Abhilfe hierfür könnte sein, dass es nur noch Schnelltests gegen Gebühr oder in Arztpraxen (mit Atest), sowie für Kinder gibt. Hierdurch würde sich aber wieder die Hürde für die Tests deutlich erhöhen.
Man muss aber auch davon ausgehen, dass die Anzahl der Teststellen so oder so in kürze abnehmen wird: mehr leute sind geimpft => es lassen sich nicht mehr so viele Leute testen => der Betrieb des Testzentrums ist unwirtschaftlich => Testzentrum wird geschlossen.

Auch der Vorschlag von Spahns Ministerium, dass Geimpfte sich gar nicht mehr testen lassen müssen, wird dafür sorgen, dass es immer weniger Testangebote gibt. Und bei Jenen, die sich testen lassen müssen, aber nicht bereit oder in der Lage sind, jedes Mal 30, 50 oder 80 Euro für einen Test auszugeben, wird es zu Vermeidungsverhalten führen. Sie werden sich halt privat treffen statt im Restaurant oder Kino. Die Nachfrage geht noch weiter zurück und noch mehr Testzentrem werden schließen. Folge: Eine anhaltende gesellschaftliche Spaltung zwischen „Geimpften“ und „Ungeimpften“ (die ja alles andere als homogene Gruppen sind) und ein Infektionsgeschehen, was vermutlich zu einem Großteil unerkannt bleibt - inklusive der mit Sicherheit neu auftretenden Mutationen.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass viele der bisher noch nicht geimpften einen niedrigen sozialen Status, niedrigere Einkommen, schlechtere Bildung, prekärere Arbeitsverhältnisse und weniger Gesundheitskompetenz besitzen, kann man diesen Vorschlag nur noch als zynisch empfinden.

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Ich bin bei diesem Thema (in der letzten Zeit oft) zwiegespalten.
Auf der einen Seite finde ich es nicht richtig den „Impfverweigerern“ die Schnelltests zu bezahlen.
Auf der anderen Seite finde ich die Argumentationskette von @kaigallup als schlüssig.

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Ich finde es gibt einfach kein gutes Argument dafür, gleichzeitig eine Testpflicht zu haben und andererseits Leute selber dafür zahlen zu lassen. Entweder halte ich Tests aus epidemiologischer Sicht für erforderlich, dann sollte ich aber auch ein Interesse daran haben, dass möglichst flächendeckend getestet wird. Und das geht nur, wenn es kostenfreie, gut zugängliche Testmöglichkeiten gibt. Oder es ist empidemiologisch nicht erforderlich, dann gibt es aber auch keinen Grund, Leute zum Testen zu zwingen, nur um sie zu bestrafen. Selbst wenn man es für eine gute Idee hält, Leute über finanziellen Druck zu einer Impfung bewegen zu wollen (m. E. wäre dann aber eine Impfflicht, die gerichtlich überprüft werden kann, die offenere und ehrlichere Variante), sind Tests mit Abstand der schlechteste Ansatzpunkt, zumal inzwischen klar ist, dass bei Delta und hohen Impfquoten ein großer Teil der Infektionen bei Geimpften/Genesenen auftritt.

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Aber es gibt sehr gute Argumente für eine Testpflicht für Ungeimpfte, für die die Leute selber bezahlen. Ausgenommen natürlichen Menschen, die sich aus medizinischen Gründen oder wegen Ihres Alters (noch) nicht impfen lassen können.

Und damit ist es wohl beschlossene Sache: Ab 11.10.2021 muss man die Schnelltests selbst bezahlen. Und sie werden quasi Einlasscode für Indoor Aktivitäten.

Und wie lauten diese „sehr guten Argumente“? Und was hat eine Testpflicht nur für einen Teil der potenziell Infizierten für einen epidemiologischen Sinn?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ungeimpfte in der Lage sind, das Virus zu verbreiten, ist enorm viel höher als die Wahrscheinlichkeit, dass eine vollständig geimpfte Person es verbreitet.

Wenn man also die Schwelle der Sicherheit, die man akzeptabel findet, nicht bei 100% - denn 100%ige Sicherheit gibt es nicht - sondern so setzt, dass Geimpfte immer darüber liegen, und aktuell getestete Ungeimpfte ebenfalls noch darüber liegen, dann haben wir da dein gesuchtes Argument für Testpflichten für Ungeimpfte.

Und die Schwelle dort zu setzen ist schlicht aus Praktikabilitätsgründen sinnvoll und epidemiologisch plausibel. Die einzige diskutable Alternative wäre noch, sie so zu setzen, dass nur noch voll Geimpfte und PCR-Getestete darüber kommen und die erwiesenermaßen schlechteren Antigen-Tests nicht mehr ausreichen. Bei der Variante könnten wir uns aber diese Diskussion hier vermutlich schenken.

Denselben wie alle Maßnahmen, die in den letzten eineinhalb Jahren zur Eindämmung der Pandemie getroffen wurden: die Übertragungswahrscheinlichkeit mittels praktikabler und vertretbarer, wenn auch nicht 100% effektiver Mittel - zur Erinnerung: 100% Effektivität gibt es genausowenig wie 100% Sicherheit - auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.

Es ist kein valides Gegenargument, darauf hinzuweisen, dass Leute bei einer Maßnahme durchs Raster fallen könnten, insbesondere nicht, wenn es sich dabei um Personen handelt, von denen ohnehin ein massiv geringeres Risiko ausgeht. Das sollte sich in den letzten anderthalb Jahren doch wirklich herumgesprochen haben. Alle Maßnahmen waren ohne Ausnahme so konstruiert, dass bewusst Restrisiken übrig blieben, einfach, weil es anders nicht praktikabel oder rechtlich nicht vertretbar war. Und dennoch hatte wohl der allergrößte Teil davon ganz klar einen epidemiologischen Sinn.

Ich bin ein absoluter Gegner davon, dass Steuern „verschwendet“ werden, wenn das nicht notwendig ist. Für mich kommt die Neuerung aber einer Impfflicht gleich. Eine Impfflicht, die wohl auch wahrscheinlich für einen Großteil der Bevölkerung Sinnvoll ist. Aus Meiner Sicht müssen wir hier einfach die direkten Folgen und die Langzeitfolgen betrachten.
% Anteil der Schwer Erkrankten - % Anteil der Schweren Nebenwirkungen einer Impfung
% Anteil mit LongCovid Folgen - % Anteil an Spätfolgen nach einer Impfung
(Leider habe ich hier keine aktuellen Daten, eventuell kann mir jemand helfen)

Was jedoch das Alter der Menschen, die mit Covid gestorben sind veröffentlicht. Bis ca. 50 Jahre gibt es praktisch keine Covid-Toten. Ich als Nichtvirologe, sehe ich die direkten folgen einer Impfung als relativ gering. Die Folgen einer Infektion haben meiner Meinung nach eine mindestens genau so unwahrscheinlich für junge und gesunde Menschen.

Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich für viele Menschen sogar sinnvoll, sich nicht impfen zu lassen, da das Risiko geringer ist. Und aus diesem Fall sollte jeder selbst entscheiden dürfen und nicht jedes Mal zur Kasse gebeten werden müssen.

PS: „moralische“ Argumente interessieren mich i.d.R. gar nicht und tragen auch nicht zu einem konstruktiven Ergebnis bei. Zudem ändern sich diese ständig. Bei Delta hat sich z.B. herausgestellt, dass geimpfte deutlich ansteckender sind als bei anderen Varianten. Und wir können moralische Argumente nicht bei jeder Variante neu ausdiskutieren.

Mal wieder wird hier Long Covid außer Acht gelassen :smirk:

Es ist zwar nur eine Stichprobe, aber allein in meinem Bekanntenkreis gibt es drei Fälle von jungen Leuten mit Long Covid: zwei Jungs mit 18 und 19, beide Leistungssportler mit leichtem Covid-Verlauf, für die nun Dank Fatigue und Atemproblemen an ihren Sport erstmal nicht mehr zu denken ist. Dann noch eine 27-jährige, die schon im März 2020 an Covid erkrankt war und inzwischen zwar wieder halbwegs Treppen steigen kann, allerdings nach anderthalb Jahren immer noch keinen Geschmacks- und Geruchssinn hat.

Zu Recht wurde hier im Forum schon wiederholt darauf hingewiesen, dass es nichts bringt nur auf die Sterbewahrscheinlichkeit zu gucken.

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Long Covid zu berücksichtigen heißt aber ja gerade nicht, zu sagen, „kann es auch geben und daher ist jede Infektion automatisch ein Gesundheitsrisiko“, sondern wissenschaftlichzu untersuchen bzw. zu definieren, a) welche Symptome eigentlich genau unter „Long Covid“ verstanden werden b) wie lange diese auftreten, c) wie häufig sie sind. Und das ganze bitte mit geeigneten methodischen Ansätzen, d. h. a) mit Kontrollruppe (also Leute ohne Coronainfektion), b) mit medizinischer Untersuchung (nicht nur telefonischer Befragung) und c) Ausschluss eines Selektionsbias.
Ich kenne bisher nur eine Handvoll Studien, die das bezogen auf Kinder und Jugendliche gemacht haben - aber keine für Erwachsene. Bei denen waren Häufigkeit und Dauer der Symptome in der Kontrollgruppe nicht viel weniger und insgesamt lag die Prävalenz weit unter den 10%, die immer mal wieder genannt werden.