Zuckersteuer halbiert Zuckerkonsum bei Kindern

Nenne mir ein beliebiges, weit verbreitetes Lebensmittel bzw. eine weit verbreitete Zutat und ich kann dir garantieren, dass du einzelne Studien zu dessen Schädlichkeit finden wirst.

Soja ist generell des Teufels (böses Östrogen), Mehl sowieso (Gluten), von Milchprodukten wollen wir erst gar nicht anfangen, bei Fleisch erübrigt sich die Diskussion ebenso, und Eier… der Cholesterin-Mythos ist bis heute nicht tot zu kriegen… wie gesagt, man kann zu fast jedem Nahrungsmittel Studien finden, die eine negative Wirkung attestieren, aber bei kaum einem Lebensmittel finden sich wirklich überzeugende Meta-Studien.

Das Problem in diesem Thread ist für mich persönlich, dass es viel zu sehr in Richtung der „Optimierung der letzten 5%“ geht, statt um die eigentlich wirklich relevanten 95%. Sind langkettige Kohlenhydrate gesünder als Zucker? Klar. Ist Olivenöl gesünder als Palmöl? Gut möglich! Aber das ist einfach für diejenigen, die an Übergewicht leiden, in der Regel nicht das primäre Problem.

Wenn es darum geht, Übergewicht zu vermeiden, ist die Reihenfolge und Bedeutung der einzelnen Faktoren ziemlich klar: Zu aller erst geht es eben doch um die Kalorienbilanz und die Zusammensetzung an Makro-Nährstoffen, dann, wenn die stimmt, kann man sich, wenn man noch weiter gehen will, gerne um die Optimierung im Hinblick auf die Mikro-Nährstoffe kümmern. Ja, 100 kcal aus Zucker mögen schlimmer sein als 100 kcal aus langkettigen Kohlenhydraten, aber hier bewegen wir uns in Detailfragen, die nicht den Impact haben, der hier suggeriert wird. Wer sich zuerst um die Mikro-Nährstoffe oder die genauen Details innerhalb einer Makro-Nährstoff-Klasse wie der Kohlenhydrate oder Fette kümmert, macht den zehnten Schritt vor dem ersten. Die korrekte Reihenfolge ist Makro-Nährstoffe > Bewegung > Ernährungsdetails. Ich behaupte, dass nahezu alle Menschen, die abnehmen wollen, besser damit fahren, den Proteinanteil ihrer Nahrung zu erhöhen, als damit, Zucker durch langkettige Kohlenhydrate zu ersetzen.

Ist es sinnvoll, Kinder nicht zu stark an Zucker zu gewöhnen - gerade im Hinblick auf die Suchtwirkung von Zucker? Absolut! Daher ist auch eine Zuckersteuer durchaus zu begrüßen. Ist es Sinnvoll, Kindern Zucker ganz zu verbieten? Sicherlich nicht, denn sie müssen auch den Umgang damit lernen.

Deshalb bleibe ich auch bei meiner Meinung, dass ein der Kalorienbilanz angemessener Zuckerkonsum (dh. das Abdecken noch nötiger Kalorienzufuhr, wenn alle Nährstoffbedürfnisse gedeckt sind, auch durch Zucker) grundsätzlich unproblematisch ist. Wäre es besser, stattdessen langkettige Kohlenhydrate zu konsumieren? Klar, aber es ist eben nicht so bedeutend, wie gerne getan wird.

Der Kern einer jeden guten Diät ist, dass sie nicht zeitlich begrenzt ist („2 Wochen Extremdiät, dann wieder wie vorher!“), sondern darauf ausgelegt ist, dass man sich vorstellen kann, sie für den Rest des Lebens beizubehalten. Das schafft langfristige Veränderung. Dazu gilt es, Lebensmittel zu finden, die einen akzeptablen Kompromiss aus Genuss und Nährwerten liefern. Und da darf auch ruhig Zucker dabei sein, eben in angemessenen Mengen. Ebenso die Tiefkühlpizza, die mMn viel besser als ihr Ruf ist.

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Das mag sein. Ich rede hier nicht von einer Zutat, die in wenigen Lebensmitteln vorkommt, sondern von einem kompletten Ersatz ganzer „natürlichen Fette“ durch einen zentralen Hauptträger, der sich durch viele Lebensmittel zieht und die Hauptstruktur dieser Lebensmittel bildet.

100% Zustimmung.

Das sehe ich auch so. So schwer ist auch ein grundlegendes Verständnis von Tagesumsstz und Kalorien nicht. Wäre sicher möglich in der Schule zu lehren statt beispielsweise Märchen aus der Bibel. Zeitgleich sollten für Obst und Gemüse die Steuern fallen, gern auch für andere sinnvolle Lebensmittel. Ich bin aber weiterhin strikt gegen eine weitere Steuer die zum einen einen sehr belehrenden Charakter hätte und zum anderen als Belastung bei sehr sowieso hohen Preisen wahr genommen würde.

Ich habe das Gefühl, nichts ist so schwer totzukriegen wie die Vorstellung, gesunde Ernährung sei vor allem eine Frage des Gewichts. Robert Lustig hat gezeigt, dass 40% der nicht-übergewichtigen Bevölkerung an Gesundheitsschäden leidet, die auf schlechte Ernährung zurückzuführen sind (und 20% der Übergewichtigen nicht). Nur weil das Gewicht stimmt, stimmt noch lange nicht die Ernährung. Gesunde Ernährung hat nicht nur einen fotogenen Körper zum Ziel, sondern auch ein langes und beschwerdefreies Leben.

Karies, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vorzeitige Alterserscheinungen, Krebs und viele weitere Leiden jenseits des Gewichts als „die letzten 5%“ zu bezeichnen, könnte in den Ohren von Betroffenen befremdlich klingen.

Nachdem wir einigermaßen erfolgreich das unselige Motto „Friss die Hälfte“ losgeworden sind, sollten wir es zur Abwechslung mal mit „Friss was Gescheites“ probieren. Dann lösen sich neben den Kalorienproblemen auch viele weitere Probleme ganz von selbst. Und wer sich dennoch regelmäßig oder gelegentlich ungesund ernähren möchte, kann und soll das ja auch weiterhin tun. Aber deswegen müssen wir diese Ernährungsweise nicht gesund nennen oder gar steuerlich begünstigen.

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Ich glaube du verstehst hier die Aussage von @Daniel_K ziemlich falsch. Denn so wie ich es aufffasse geht es ihm ja eben nicht darum den Status Quo zu erhalten sondern um die Frage ob nach einer deutlichen Reduktion des Zuckers gegenüber dem Status Quo eine weitere Reduktion, ein Verbot von Süßstoff, der Ersatz von Palmfett durch Rapsöl, etc. noch einen signifikanten weiteren Nutzen bringt oder ob das nicht nur noch die letzten 5 % der Optimierung wären.

Zudem sind bei den von dir angesprochenen Kranheitsbildern ja noch weitere Einflussfaktoren zu berücksichtigen wie Zahnhygiene, Bewegung, etc.

Wie ich es verstehe, gibt es Überschneidungen und Unterschiede in Daniel_Ks und meiner Sichtweise.

Als Gemeinsamkeiten sehe ich, dass wir uns beide eine Zuckersteuer vorstellen können, für eine bewusste, nährstoffreiche Ernährung sind und Anreizen für Sport positiv gegenüberstehen.

Unterschiede sehe ich bei dem, was darüber hinausgeht: Dass es gesundheitlich unbedenklich oder vernachlässigbar sein soll, weiteren Kalorienbedarf mit Schokolade, Eis und Tiefkühlpizza zu decken, glaube ich nicht. Die vorliegenden Studien zeigen, dass solche Kalorien nicht leer, sondern giftig sind (um diese zugegeben zugespitzte Formulierung aufzugreifen). In den vielen Quellen, die hier geteilt wurden, konnte ich keine einzige finden, die das anders sieht. Daher meine Aufzählung von Schäden, die auch ohne Übergewicht drohen.

Vielleicht habe ich Daniel_K auch missverstanden. Oder wir haben einfach unterschiedliche Standpunkte. Was ja auch in Ordnung ist.

Stimmt. Aber bloß weil andere Faktoren ebenfalls relevant sind, würde ich nicht aufhören, über die hier in Rede stehenden Faktoren nachzudenken.

Die Studien zeigen das aber doch allgemein für Leute mit einem normalen Kalorienbedarf. Das heißt der Effekt der leeren Kalorien ist entweder ein Kalorienüberschuss oder ein Nährstoffmangel.

Wenn jemand aber wie hier aufgeführt recht penibel plant was gegessen wird und dabei einen etwas höheren Anteil an Zucker hat, dann sehe ich da schon einen deutlichen Unterschied und finde nicht, dass man dann die allgemeinen Ergebnisse der Studien 1:1 übertragen kann.

Die Frage ist wie relevant sind welche Faktoren. Wie stark sind die Kariesprobleme in einer Kontrollgruppe die etwas mehr Zucker zu sich nimmt, dafür aber auf die richtige Zahnhygiene achtet.

Wie stark sind die Probleme mit Herzerkrankungen in einer Kontrollgruppe die ausreichend Sport treibt aber etwas mehr Zucker zu sich nimmt?

Edit:
Hätte Sport keinen positiven Einfluss auf die Verstoffwechselung des Zuckers, wie kann dann Sport als Diabetesprävention erklärt werden?

Dieses Planen machen aber eben die wenigsten Menschen, darum ist eine Verringerung des Zuckeranteils im Allgemeinen, sehr sinnvoll. Und die einfachste Methode dazu ist eine Steuer.
Es gibt auch Formel 1 Fahrer, die unter kontrollierten Bedingungen rasen, trotzdem bin ich für Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn. Nicht jeder ist ein Schuhmacher und selbst bei dem würde Ich außerhalb eines Rennens nicht wollen, dass er schnell fährt.

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Aber sowohl ich als auch der user der diesen Einwand hatte haben sich doch schon für diese Steuer ausgesprochen.

Ich kritisiere hier eher, dass zu viel aus Studien abgeleitet wird, was aus diesen teils gar nicht hervorgeht.

Natürlich ist es am Ende am besten alle verzichten komplett auf alles was als ungesund gilt, aber das ist eben ziemlich fern von der Realität und daher halte ich Forderungen neben einer Zuckersteuer auch Süsstoffe gleichermaßen zu besteuern oder diese zu regulieren für kontraproduktiv.

Wenn wir dann noch anfangen alles wofür es kritische Studien gibt regulieren zu wollen, dann bleibt bald nichts mehr übrig und dann kommen wir an einem Punkt wo auch die Akzeptanz für Maßnahmen verloren geht.

Dass ich absolut für die Besteuerung von Zucker bin und diese sogar auch für andere Nahrungsmittel als nur für Getränke befürworte habe ich schon ganz oben geschrieben.

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Vielleicht sollte dieses topic dann einfach geschlossen werden, es dreht sich ja etwas im Kreis :sweat_smile:

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Die Argumente sind, denke ich, ausgetauscht.

Die Beteiligung an der Abstimmung war wie folgt:

Beteiligung

Das Ergebnis des Meinungsbildes:

1. Soll in Deutschland eine Sondersteuer auf Saccharose (Haushaltszucker) eingeführt werden?

Antwort 1

2. Soll der Einsatz von Zuckerersatzstoffen (zuckerfreie Süßungsmittel) in Lebensmitteln stärker reguliert werden?

Antwort 2

Bei Frage 2 entspricht Antwort 1 einem „Ja“ und Antwort 2 einem „Nein“, wie zuvor angegeben.

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Ohne die Diskussion wiederaufleben lassen zu wollen, hier nur für alle Interessierten eine SWR-Reportage zum Thema:

Meine Lieblingsstellen:

  • 9:31: Die Aussagen eines Sprechers von Nordzucker treffen auf die Einschätzung eines Ernährungsmediziners.
  • 16:15: Der Nordzucker-Sprecher windet sich, zuzugeben, dass immer mehr Zucker an die Lebensmittelindustrie zur Herstellung verarbeiteter Lebensmittel geliefert wird.
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Tja, da war noch Klöckner für Ernährung und Landwirtschaft zuständig. Schade, dass sich Özdemir nicht durchsetzt. Zusammen mit Lauterbach ist der im Gegensatz zu Klöckner/Spahn ein Traum. Unglaublich, was für Kanaillen die CDU als Minister einsetzt.

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Unvergessen Klöckners Auftritt mit Nestlé!

Der YouTube-Algorithmus beglückt mich weiter mit interessanten Videos zum Thema. Diese Doku beleuchtet Auswirkungen von Zucker auf das Hirn, die für mich neu waren:

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Ein Ansatz -auch aus Brasilien- könnte eine Nova Kennzeichnung / Steuer sein:

NOVA ist ein System der Klassifikation von [Lebensmitteln], mit dem diese nach Art, Umfang und Zweck der industriellen Verarbeitung in vier Gruppen eingeteilt werden. Die vier Gruppen sind (1) Unverarbeitet, (2) Verarbeitete Zutaten, (3) Verarbeitete Lebensmittel und (4) Hochverarbeitete Lebensmittel. Der Verzehr eines hohen Anteils von hochverarbeiteten Lebensmitteln geht mit einem erhöhten Risiko der Erkrankung an chronischen Krankheiten einher, insbesondere [Adipositas] und [Diabetes]

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Ein Brasilianischer Soziologe hat wohl mal die Einkaufszettel von Probanden ausgewertet, die die Haushaltszucker im Einkaufswagen hatten, lebten länger.
Mögliche Erklärung: der Haushaltszucker wird zum Kochen / Backen genutzt
=> die Person ist weniger Fertiggerichte und ist minimal verarbeitete Lebensmittel

Von daher ist es kontraproduktiv auf Puren Haushaltszucker eine erhöhte Steuer zu verlangen.

Der Zucker in Fertiggerichten und Getränken führt aber zu eher zu Krankheiten (fettleber schon im jungen Jahren, Diabetes…)
Hier sollte unbedingt eine höhere Steuer angesetzt werden, am besten auch auf die meisten Süßstoffe, die sind oft kritisch.

Sorry ich hab jetzt nicht die quelle gefunden, war aus einem Podcast (Ernährungs DOCS oder Matthias Riedl oder so.)

Hier noch ein Link zu brasilianischen Empfehlungen die sich daraus ergeben

U.a.
… 1. Öle, Fette, Zucker und Salz: Benutze sie sparsam, und zwar als Hilfsmittel, um aus Lebensmitteln Mahlzeiten zu zaubern….

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Die Tagesschau berichtet auch darüber:

Bei Zucker sind die Kalorien also nur eines von vielen Problemen. Und, das ist jetzt meine persönliche Abwägung, ich trinke lieber Cola mit evtl. schädlichem Süßstoff als mit gesichert schädlichen Zucker.

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Ich verstehe echt nicht, wieso man nicht einfach mal von positiven Erkenntnissen anderer Länder lernen kann und wir Deutsche, beispielhaft wie hier im Threat, diskutieren wieder Einzelfälle und Sonderlocken. Und sich dann hinterher über zu viel Bürokratie bei der Umsetzung beschweren.

Die Engländer haben es gemacht, es gab nachgewiesen positive Effekte. Einfach mal nachmachen.

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Nun, das ist ja bei fast allem so, Niederlande, Österreich und Estland sind auch bei Digitalisierung weiter oder bei der Stärkung des ÖPNV, wir gucken uns selten etwas ab, sondern haben immer das Gefühl, wir könnten alles besser.

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Infrastruktur lässt sich nicht einfach 1 zu 1 kopieren und Zuckersteuer ist glaube etwas das nicht Wahlkampftauglich ist.