Ich würde gerne einmal zurückkommen zur Titelthema. Leider muss ich gestehen, dass mich die Lagen der letzten Wochen doch das ein oder andere Mal zum Wundern, später Verzweifeln, bald Wut gebracht haben. Das Narrativ ist hier verkürzt „wir müssen jetzt mal mit richtig harten Maßnahmen runter auf 10, besser 0, und danach regelt ZeroCovid den Rest“. Für das erstgenannte Ziel sehe auch ich relativ wenig Alternativen. Jetzt sofort Lockerungen zu starten, zB ab unter 50, das erscheint auch mir, als wolle man denselben Fehler noch einmal machen. Gleichzeitig stört mich ein wenig der Unterton, dass wir jetzt gerade so larifari-Lockdownmäßig dahinschaukeln, und so richtig dolle Maßnahmen jetzt doch mal angebracht seien. Ehrlich gesagt, das mag meine persönliche Wahrnehmung sein, wüsste ich jedoch nicht, wie viel härtere Maßnahmen jetzt gerade gehen sollten.
Schulen sind dicht, (ja die Friseure nerven mich auch, aber davon mal abgesehen), bis auf den essentiellen Einzelhandel ist in meiner Region alles dicht, ich verlasse das Haus nur noch für Spaziergänge und zum Supermarkt, ich sehe kaum noch andere Menschen… Ich weiß nicht, was ich persönlich tun könnte, um die Pandemie weiter einzudämmen.
Und genau da komme ich zum zweiten Teil des Narrativs: ZeroCovid regelt, wenn wir bei 0 sind.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn das hier oder besser in der Lage mal konkretisiert wird, wie das gehen soll. Ich verstehe es nicht.
In dünner besiedelten Gemeinden, geschenkt. Das Dorffest findet wieder statt, und wenn da keiner von außen die Infektion einschleppt, Paradies. Und wenn doch, naja dann ist für zwei Wochen das Dorf zu, bis alle wieder auskuriert sind, und weiter gehts.
Aber nehmen wir: Berlin. Da ist bei 0 wieder Party? ALLES erlaubt? Wie früher? Und wenns dann einen lokalen Ausbruch gibt, was dann? Dann ist in Kreuzberg weiter Party, aber Friedrichshain ist dicht? Und an der „Grenze“, in den U-Bahnen, an den Straßen, stehen lustige blaue Männer mit Maschinengewehren und kontrollieren, ob ich da raus darf? Ich denke, ihr versteht, was ich meine. Wie bitte, ich würde es so gerne verstehen, soll dieses Konzept funktionieren?
Wenn wir auf 0 sind, wie bitte bleiben wir denn da konkret? Wie soll das weitergehen?
Stimmt, ich habe auch keine Patentlösung. Was mich nur so furchtbar stört ist das Narrativ, der stumpfe Glaube „ZeroCovid regelt“. Ich würde mir ein wenig mehr Demut wünschen, davor, dass wir alle nicht wissen, wie es weitergeht, was „danach“ passiert.
Ich glaube, auch ZeroCovid wird uns nicht retten. Es wird immer wieder Ausbrüche geben, es wird immer wieder Leute geben, die sich nicht daran halten. Wir sehen gerade, dass die Impfungen uns nicht helfen, zumindest nicht schlussendlich. Wir werden dieses Virus nicht besiegen. Das sind nicht die Pocken. Wir werden damit leben (und sterben) müssen, noch über Jahrzehnte.
Psychologischer Ansatz, ja gern! Mehr Hoffnung, gern! Aber das so viel besprochene „bei ZeroCovid ziehen dann alle an einem Strang und das ist die Rettung“, da mache ich erst mit, wenn mir jemand erklärt, wie die Strategie dann konkret aussieht.
(PS: ich hoffe, man liest meine Verzweiflung raus. Ich schätze eure Arbeit trotzdem sehr, tausend Dank! Und auch vielen Dank für die Möglichkeit, hier meinen Senf loszuwerden! Bussi )