Zahlung für Importe auf Treuhandkonto des Interationalen Gerichtshofs

Mit Blick auf die letzte Entscheidung des internationalen Gerichtshofes zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine wäre meiner Meinung nach die Einrichtung eines Treuhandkontos zu Gunsten der Ukraine für Wiederaufbau und Entschädigung angemessen.
Dazu die Verpflichtung, dass sämtliche Zahlungen (EU/USA/G7) gen Russland für Bezug von Rohstoffimporten (Gas, Öl, Kohle etc.) nur noch auf dieses Konto zu leisten sind. Die Auszahlung der Mittel wäre von weiteren Urteilen des IGHs abhängig. Das hieße, dass bei einem Freispruch Russland das angesammelte Vermögen ausgezahlt bekommt, während bei einem Schuldspruch, wovon ich aufgrund der schrecklichen Bilder stark ausgehe, die Ukraine direkt entschädigt werden kann - quasi als Reparationsleistung.
Gleichzeitig kommt Europa um das leidige Thema Importstopp herum, maximal wird es einen Exportstopp seitens Russland geben. Ein Exportstopp würde gleichzeitig die Befürchtung Russlands untermalen, dass es im Unrecht ist. Darüber hinaus läuft auch die Forderung Russlands, Energieleistungen in Rubel zu zahlen vollständig ins Leere. Natürlich sollte dies auch für bereits erfolgte Lieferungen gelten. Russland hätte keine Verfügungsgewalt über das in der EU geführte Treuhandkonto.
Wie seht Ihr diesen Vorschlag?

Und wie soll das durchgesetzt werden? Warum sollte Russland das mitmachen? Es ist vollkommen glasklar, dass sie dieses Geld niemals sehen werden - in Russland wird nur das „Fußvolk“ medial verblendet, der Regierungsapparat weiß ziemlich genau, was da in der Ukraine passiert, und er weiß auch, dass sie hier mit keinem „Freispruch“ zu rechnen haben.

Folglich kann man mit nahezu 100% Sicherheit davon ausgehen, dass Russland in dem Moment, in dem dieses Treuhandkonto eingerichtet wird, diesem widersprechen wird und die Lieferungen einstellt, denn völlig ohne Zahlung weiterhin liefern macht aus Sicht Russlands keinen Sinn, und Geld auf einem Treuhandkonto, auf das man niemals Zugriff haben wird, ist effektiv eine Nicht-Zahlung. Das heißt, dass kein Dollar oder Euro jemals auf diesem Konto landet.

Bezüglich Reparationen halte ich es für viel sinnvoller, die derzeit eingefrorenen russischen Devisenreserven bei den Zentralbanken der EU und der USA von meines Wissens ungefähr 300-400 Milliarden Dollar heranzuziehen. Das ist ne Menge Geld - die Gewinne des Öl- und Gasverkaufs von einem Jahrzehnt oder mehr - und Russland hat aufgrund eigener Dummheit jetzt keine praktische Handhabe, die Freigabe dieses Geldes zu erwirken oder dessen Verwendung zur Entschädigung der Ukraine irgendwie zu blockieren. Man lässt es nach Ende des Krieges einfach eingefroren, bis der internationale Gerichtshof sein Urteil gefällt hat, und dann vollstrecken EU und USA dieses, indem sie Russlands Reserven offiziell pfänden und der Ukraine in Form von Reparationszahlungen stellvertretend für Russland auszahlen.

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Warum sollte Russland sich darauf einlassen? (Mal ganz davon abgesehen, dass die USA den internationalen Strafgerichtshof und seine Urteile nicht anerkennt…)

Weil es keine andere Wahl hat. Wenn man Russlands Zustimmung benötigte, um über dieses Geld zu verfügen, wäre es Russlands Zugriff jetzt gerade jawohl kaum entzogen.

Die Gelder einfrieren und die Gelder stehlen sind nochmal zwei verschiedene Dinge. Ich bezweifle, dass Russland im Falle eines multilateralen Friedensvertrags die Auszahlung der Gelder nicht zu einer Bedingung machen wird. Soll heißen, es wird vor/mit Ende des Kriegs aufgetaut werden.

Alternativ könnte das Ganze offiziell oder inoffiziell als Kaufpreis für die Krim und den Donbas verstanden werden. Man sollte sich gut überlegen, ob man dieses Narrativ aufbauen möchte.

Zum einen sind alle UN-Mitgliedsstaaten also auch Russland automatisch Vertragsstaaten des IGH. Zum anderen geht es nicht darum, ob Russland sich darauf einlässt. Das ist unwichtig. Als Beklagte hat es natürlich eine andere Sichtweise.
Auch erfolgen die angesprochenen Zahlungen idR durch Unternehmen mit Sitz in der EU/USA.

Es geht darum, den Druck zu erhöhen und dabei die Zahlungsansprüche Russlands zu separieren und dann gerichtlich die Folgen des Angriffskrieges mit möglichen Reparationsforderungen zu prüfen.
Die Ausweitung auf das gesperrte Zentralbankgeld halte ich auch für eine gute Idee.

Da nimmst du an, dass Russland am Ende des Krieges genug Verhandlungsmacht hat, diese Forderung gegenüber der internationalen Gemeinschaft - neben den diversen anderen, die sie gegenüber der Ukraine haben und um die es ja in erster Linie geht, z.B. den NATO-Verzicht - durchzusetzen. Das ist angesichts ihrer aktuellen militärischen Verluste IMHO eine nicht selbstverständliche Annahme.

Ganz abgesehen davon, dass die internationale Gemeinschaft westlicher Staaten auch noch das Aufheben der Handelssanktionen als Verhandlungsmasse einbringt. Ich kann mir sehr gut vorstellen dass Russland am Ende hinnehmen muss, dass es nicht alle Sanktionen auf einmal loswerden kann, sondern z.B. auf einen Teil der eingefrorenen Gelder verzichten muss, der für Reparationszahlungen herangezogen wird.

In Zusammenhang mit Zahlungen für künftige und noch nicht erfolgte Lieferungen ist es nicht unwichtig. Russland kann einfach diese Lieferungen verweigern, wenn ihm die Zahlungsmodalitäten nicht passen - sehen wir ja gerade live in der Frage, ob Rubel oder Euro/Dollar gezahlt werden sollen (hier diskutiert: Putins Rubel-Forderung), wie Russland seine Nicht-Liefer-Option versucht, zu nutzen, um in diesem Fall sogar einseitige Vertragsänderungen zu seinen Gunsten durchzudrücken.

Im Fall der Rubel-Frage halte ich den Ausgang für offen - ich weiß nicht, ob Russland nur blufft oder am Ende die Lieferung einstellt, müsste ich die Wahrscheinlichkeiten schätzen, würde ich 50:50 sagen. Ich würde hingegen Geld darauf wetten, dass Russland diese Option nicht nur androht, sondern auch verwirklicht, wenn ihm von unserer Seite einseitig die Änderung der Zahlungsmodalitäten auf ein Treuhandkonto außerhalb des Zugriffs Russlands aufdiktiert werden sollte.

Das stimmt, aber das ist nun tatsächlich völlig unwichtig. Russland hat das Gas, Russland kann es behalten. Das ist entscheidend.

Niemand weiß, wie stark die russiche Verhandlungsmacht zum Zeitpunkt der Friedensverhandlungen sein wird. Ich sehe aber eine signifikante Wahrscheinlichkeit, dass Russlands die größere Verhandlungsmacht haben wird.

Aktuell sieht die militärische Lage für mich nach einem strategischen Sieg Russlands aus. Russland hat weite Gebiete im geostrategisch wichtigen Süden sowie im propagandistisch wichtigen Donbas besetzt. Dass Russland damit gescheitert ist Kiew einzunehmen und eine unerwartet schwache taktische und logistische Leistungsfähigkeit offenbart hat, schmälert diese Erfolge nicht. Ferner liest man schon länger nichts mehr von spektakulär großen russischen Verlusten.

Ich halte es auch für nicht selbstverständlich, dass die Zeit gegen die Verhandlungsmacht Russlands läuft. Mal angenommen Russland begnügt sich nach der Einnahme Mariupols mit der Konsolidierung der bisherigen Gebietsgewinne, d.h.mit dem Einfrieren des Konflikts durch einen Waffenstillstand. Welche Heimatfront wird schneller einbrechen, die in Russland oder die in der Ukraine? Wie lange werden es die (teilweise geflüchteten) ukrainischen Familien aushalten getrennt zu sein? Und wann wird sich die Aufmerksamkeit der westlichen Medien und Politiker vorrangig einem neuen Thema zuwenden?