Vielleicht hier und da, wir haben aber der neoliberalen Logik folgend auf hunderte Milliarden Steuern verzichtet. Der Spitzensatz bei der Einkommensteuer lag in den neunziger Jahren bei weit über 50 %, heute sind es noch 42%, fürSuperreiche dann irgendwann 45%. Solche Einnahmeausfälle reißen natürlich gigantische Löcher in die Staatskasse.
Außerdem haben wir uns alle Mühe dabei gegeben, radikal zu sparen, Haushalte auszugleichen und um Himmels willen keine Schulden mehr zu machen, selbst nicht für sinnvolle Investitionen wie zB Reparaturen.
Nun stehen wir vor der Situation, dass der Bundeshaushalt zwar relativ ausgeglichen und die Staatsverschuldung im internationalen Vergleich eher niedrig ist, zugleich aber haben wir unsere Infrastruktur 20 Jahre lang mehr oder weniger vergammeln lassen. Letztlich sind kaputte Straßen, Brücken und Bahnlinien aber auch eine Form von Schulden, nur dass sie sich eben nicht im Bundeshaushalt niederschlagen. Aber natürlich gehen sie den Leuten jeden Tag auf die Nerven. Die Schätzungen variieren, aber die Schulden durch kaputte Infrastruktur liegen jedenfalls bei mehr als 500 Milliarden €. Wir müssten also einen kompletten Bundeshaushalt ausgeben, nur um Schienen und Schulen wieder zu sanieren.
Woher kann man das Geld nun nehmen? Das wiederum ist relativ einfach, wir haben das in der Lage schon x-fach erzählt: Eine vernünftig reformierte Erbschaftssteuer, die vor allem große Nachlässe belastet, könnte im Jahr etwa 50.000.000.000 € einbringen, ohne dass es den Menschen ernsthaft weh tun würde, insbesondere würden über 90 % der Erbenden gar nicht mehr belastet. Daneben könnte man eine Vermögenssteuer einführen, die ebenfalls erst Vermögen ab 2 Millionen € erfasst. Mögliches Volumen je nach Satz: rund 30 bis 50 Mrd. Euro jährlich, die die Betroffenen ebenfalls easy zahlen könnten, nämlich aus den Erträgen (!) ihres Vermögens.
Warum das nicht passiert? Weil die Linkspartei zu sehr mit sich selbst und ihrer Freundschaft zu Putin beschäftigt ist, als ernsthafte und konstruktive linke Politik zu machen. Und weil die Sozialdemokratie leider vergessen hat, dass ihre Wurzeln mal im sozialen Ausgleich lagen, und sich lieber mit relativen Peanuts wie dem Mindestlohn beschäftigt, statt die wirklich dicken Bretter zu bohren.
Ich persönlich bin überzeugt, dass sich für einen Infrastruktur-Wumms von 50 Milliarden € jährlich, finanziert durch eine Vermögenssteuer für wirklich reiche Menschen, eine gesellschaftliche Mehrheit finden ließe. Aber es müsste sich jemand hinstellen, der diese Forderung erhebt, sie gut durchgerechnet präsentiert und kontinuierlich in jeder denkbaren Rede dafür wirbt. Wenn die Menschen erst einmal verstehen, dass es für praktisch jeden nur Vorteile hätte, dann könnte die SPD die Union und die FDP ganz gut vor sich her treiben. Aber leider Gottes ist Olaf Scholz eben ein Genosse der Bosse.