Wohnungsnot

Hier bin ich schon sehr zwiegespalten. Ich kenne selbst Leute die im ländlichen Gebiet hart darum kämpfen müssen ihre Eigentumswohnung vermietet zu bekommen, weil es zwar schon einen Bedarf gibt, die Bereitschaft kostendeckende (von großen Gewinnen spreche ich da gar nicht) Mieten zu zahlen ist aber kaum vorhanden. Immerhin ist man ja auf dem Land, da darf Miete nichts kosten.

Überhaupt sehe ich kaum einen Bau von Einfamilienhäusern dort wo wirklich Mietswohnungen in Konkurrenz stehen würden. Vielmehr ist es meist so, dass dort wo Mietswohnungen fehlen kein Platz für deren Bau ist, während außerhalb wo Platz ist wenig Bedarf ist.

Ich wäre aber auch dafür, dass man bei Neubaugebieten zumindest auf ein Mischgebiet hinarbeitet. Vielleicht schafft dann auch das Angebot einen Bedarf. Dass man neben die EFH keinen 8-Stöckigen Wohnturm bauen kann sollte aber naheliegend sein. Es wird also auch eher auf 3-Stöckige Gebäude mit z.B. 6 Wohneinheiten rauslaufen.

Oder wie bei uns im Viertel 5-geschössige Mehrfamilienhäuser am Rand und dazwischen 3-geschössige Reihenhäuser und Doppelhaushälften.
Was für mich ein No-Go ist sind die Vorgaben in den Bebauungsplänen, dass viele EFH noch immer 1,5-stöckig gebaut werden müssen. Mit einem 2,5-stöckigen Doppelhaus würde man auf das gleiche Grundstück und mit nur etwas mehr Baumaterial schon die doppelte Zahl Bewohner unterbringen.

Ein Problem ist auch, dass Bestandsimmobilien aktuell viel zu teuer sind. Wenn man die notwendigen Sanierungsarbeiten einrechnet, ist ein Kauf in vielen Fällen nicht mehr wirtschaftlich. Da lohnt sich ein Neubau (wenn man ein Grundstück findet) trotz horrender Baukosten immer noch mehr als in den Bestand zu investieren. Ein Problem neben überzogenen Preiserwartungen der Verkäufer, sind dabei auch die hohen Kaufnebenkosten.

Tatsächlich ist das meist zu 100% eine Frage des Bebauungsplans. Wirtschaftlich ist praktisch überall die Errichtung von Geschossbauten sinnvoller als die von Einfamilienhäusern. Ausnahme gibt es natürlich (zum Beispiel sehr ländliche Lagen). Reine Einfamilienhaussiedlungen entstehen eigentlich nur, weil die Gemeinde den Bebauungsplan so gestaltet, dass nur EFH zulässig sind.

Vielleicht ist das auch ein Reformansatz: In Ortschaften oberhalb einer bestimmten Einwohnerzahl dürfen einfach keine reinen EFH-Gebiete mehr entstehen, die B-Pläne müssen immer einen gewissen Prozentsatz Wohneinheiten im Geschossbau vorsehen.

Hier müsste man erstmal „Ortschaft“ definieren. Denn es gibt ja kleine Orte die formell Teil einer Großstadt sind, aber 10 km außerhalb liegen und es gibt kleine Orte die eigenständig sind, aber mittlerweile mit einer Großstadt verschmolzen sind.

Und am Ende gibt es ja doch auch einen Bedarf. Wenn ab sofort in Orten größer als 2500 Einwohnern keinerlei Bebauung als EFH (egal ob freistehend oder Reihenhaus) mehr ermöglicht wird, dann wird das sicherlich zu einem großen Aufschrei führen. Und wir haben aktuell ja ohnehin die Problematik, dass Parteien mit reaktionären Programmen und Positionen eine politische Mehrheit erlangen.

Ich wäre daher für behutsamere Mittel. In Großstädten sehe ich im Kernbereich der Stadt wie gesagt nirgends Bebauung mit EFH in der heutigen Zeit. Da ist dann höchstens die Frage ob man statt 6-8 eher 12 bis 16 Stockwerke hätte bauen müssen. Und auch in Kleinstädten sehe ich das in Innenstadtlage nicht.

Ja, die Kaufnebenkosten liegen scheinbar je nach Bundesland zwischen 9,07 und 12,07% des Kaufpreises (einschließlich 3,57% Maklerprovision). Allerdings ist er größte Anteil daran die Grunderwerbssteuer und die ist nunmal ein wichtiges Element der Finanzierung der Länder (und Kommunen?).

Die Grunderwerbsteuer steht den Ländern zu. Laut DIW Berlin ist sie zurzeit die wichtigste Steuereinnahme der Länder, und die einzige Steuer, bei der die Länder den Steuersatz selbst festlegen können. Grunderwerbsteuer (Deutschland) – Wikipedia

Warum der Notar und der Eintrag im Grundbuch allerdings prozentual (zusammen ca. 2%) am Kaufpreis beteiligt werden, ist mir (wie bei vielen notariellen Dienstleistungen) nicht klar. Der Aufwand und die rechtliche Komplexität dürften im Durchschnitt gleich hoch liegen, egal ob ich ein EFH für 200.000 oder 800.000 Euro kaufe.

Naja, inzwischen werden bei uns Baugrundstücke für >400 Euro/m2 gehandelt. Aber klar, dadurch steigt natürlich auch die Preiserwartung für Bestandsbauten.

Ein „behutsameres Mittel“ wäre vielleicht, dass man bestehende B-Pläne für viele EFH-Siedlungen, die an die Innenstadtlagen angrenzen, „aufbohrt“. Hier mal ein Beispiel aus Mainz: https://maps.app.goo.gl/2pZUVGp3WsNwqfE86

Das Gebiet ist komplett mit EFH bebaut und vermutlich zu mehr oder weniger 100% im Bewohner-Eigentum. Wenn man den B-Plan dort anpasst und auch Geschossbauten zulässt (natürlich keine Hochhäuser, aber wie von dir vorgeschlagen 3-6 stöckige Bauten mit entsprechenden Abstands- und Grünflächen), dann würde sich nicht über Nacht der Charakter des Viertels ändern. Aber nach und nach würden einzelne Eigentümer die sicherlich sehr lukrativen Angebote von Investoren zum Verkauf annehmen. Ein 600m2 Grundstück mit Eigenheim ist in so einer Lage vielleicht +/- 800.000 Euro wert. Bei 5 Wohngeschossen könnte ein Investor für das Grundstück diesen Marktpreis deutlich überbieten.

Ähnliches könnte man auch in kleineren Städten und größeren Dörfern im für Bestandsviertel tun (natürlich mit weniger Geschossen).

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Das passiert in meiner Heimatstadt gerade. Gebäude die abgerissen werden, werden durch sowas ersetzt. Neben meiner Arbeit ist ein ehemaliges 2-Familienhaus mit großem Garten durch einen Investor umgebaut worden. Der obere Stock wurde minimal erhöht und in dem Garten gab es einen Anbau und somit hat man aus einem Zweifamilienhaus ein Gebäude mit 6 Wohnungen gemacht.

Ein paar Meter weiter wurde eine ehemalige Villa mit Garten und Freifläche (ehemalige Zufahrt zu einer Industrieanlage auf der mittlerweile ein Betreutes Wohnen und Pflegeheim steht) mit einem Gebäude bebaut, welches glaube ich 26 Wohneinheiten hat. Und ein paar Meter in die andere Richtung wurde ein ehemaliges Autohaus abgerissen und ebenso durch ein größeres Mehrfamilienhaus ersetzt (dort sind aber auch nebendran schon Mehrfamilienhäuser gewesen)

Es gibt aber auch einen Haken. Die 26 Wohneinheiten des einen Projekts haben zwar 56 bis 135 qm (die meisten 78 bis 105), aber weniger als die Hälfte hat 3-Zimmer und das dritte Zimmer ist so geschnitten, dass es auch eher als Arbeitszimmer als als Kinderzimmer geeignet ist. Für Familien entsteht auch in dieser Stadt nicht wirklich brauchbarer Wohnraum in Wohnungen und so zieht es die meisten dann doch ins EFH.

Das halte ich ehrlich gesagt für ein Märchen. Klar, wenn man unbedingt in Berlin im hippen Viertel leben will ist sowas teuer. Wenn man ins Umland zieht sind die Preise ganz andere und wenn man richtig schaut sind doch viele Häuser gut gepflegt. Wenn man natürlich denkt man muss direkt jede irgendwann möglicherweise nötige Sanierung und Verschönerung und Gartentuning haben und diese auch am besten noch von Firmen wird es teuer. Wenn man allerdings auch mal Eigenleistung bringt ist es plötzlich anders. Ist halt anstrengend und Zeit intensiv. Ich habe hinter unserem Haus Ruine mit Asphalt als „Garten“ gehabt. Kosten zur Aufbereitung durch Firmen locker 10.000 bis ehr 15.000. Habe es selbst gemacht. Kosten 4000.

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Ich beziehe mich auf persönliche Erfahrung in einer westlichen Metropolregion. Innenstädte sind unbezahlbar. Im Speckgürtel, d.h. 20-30km außerhalb der Großstädte, ist die Situation wie von mir beschrieben. Mit notwendigen Sanierungen meine ich primär energetische Sanierungen (Fenster, Dämmung, Heizung), aber natürlich auch Dinge wie Elektrik und Sanitär, die nach 30-40 Jahren nun auch mal erneuert werden müssen. Klar kann man die vielleicht noch ein paar Jahre strecken, aber letztendlich muss man die schon mal Einpreisen. Wenn man mit Maklern spricht, bestätigen diese auch meine Einschätzung, dass ein Kauf nicht wirtschaftlich ist. Wenn man alle Kosten zusammenzählt, sind die Immobilien diesen Preis nicht wert. Da ist grotesker Weise bauen auf der grünen Wiese günstiger.

Da bekommt ein Kumpel von mir von seiner Bank tatsächlich andere Infos. Die sagen, dass Bestand mit Kernsanierung am günstigsten ist vor Komplettrenovierung. Dann kommt Bestand der wenige Jahre alt ist und nur Schönheitsreparaturen benötigt und dann Neubau. Am teuersten sind Gebäude die zu neu zum renovieren sind aber zu alt als das man das aufschiebt (Bj 90er mit 2010neue Küche und Bäder)

Natürlich immer bei sonst gleicher Lage. Neubau ist ja oft auf der grünen Wiese. In vielen Städten gibt es nur Bestandsgebäude.

Die Kategorie verstehe ich ehrlich gesagt nicht.

Wieso muss es direkt Großstadtregion sein? Also wir wohnen 15 Minuten von Koblenz (100.000 Einwohner) und 15 Minuten von ICE Bahnhof Montabaur weg mit Direktverbindung nach Köln und Frankfurt. Elektrik hier war eben schon gemacht und Rohre auch. Trotzdem für 130 Quadratmeter Wohnfläche und 320 Quadratmeter Grundstück unter 300.000 ohne Nebenkosten. Damit halt 320.000. Ich gebe dir insofern Recht, dass die Notargebühren in meinen Augen eine Frechheit sind und absolut unangemessen.

Gebäude die in einem Zustand sind wo alles zu neu ist als dass die Verkäufer Abschläge für Renovierung hinnehmen wollen, bei denen aber niemand einziehen will ohne zumindest Bäder und Küche Neu zu machen, weil es oft auch optisch nicht den heutigen Ansprüchen genügt (was die Verkäufer meist anders sehen). Natürlich kann man auch mit sowas Glück haben. Dach ist noch nicht Sanierungsbedürftig aber eben doch in absehbarer Zeit. Und so zieht sich das mit diversen Punkten durch.

Und warum sollten die besonders teuer sein? Bezieht sich das nur auf die geforderten Angebotspreise, oder auch auf die tatsächlichen Verkaufspreise (weil sich die Käufer am Ende doch zu einem schlechten Geschäft breitschlagen lassen)?

Das klingt für mich nicht nach notwendiger Sanierung, sondern nach Wünschen der Käufer. Wieso sollte der Verkäufer preislich runter gehen, wenn Bad und Küche funktionieren und lediglich nicht dem Geschmack der Käufer entsprechen? Und gerade bei Bad und Küche geben viele Menschen oft viel zu viel aus. Unsere wirklich große Küche hätte locker 20.000 kosten können. Mit Abstrichen bei Holzart, Maserung und sonstigem Firlefanz und Eigenleistung waren es dann 7000 mit Montage. Und trotzdem sehr gute Elektrogeräte. Klar die Bäder haben hier und da eine Macke oder im kleinen Bad sind fie Fliesen und Dusche nicht mein Traum, aber dann lebt man eben ein paar Jahre damit bis man Geld für Material hat und in Eigenleistung saniert.

Ich habe oft das Gefühl, dass manche Menschen ziemlich seltsame Vorstellungen haben. Sei es über die Lage, den Wohnort, die Größe und es muss alles natürlich sofort so sein wie ich es mir erträume aber darf nichts kosten.

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Wegen der Restlebensdauer!

Wer schon mal ein Bad neu gemacht hat inkl. Fließen abschlagen weiß, dass das im bewohnten Zustand des Hauses eine riesige Sauerei ist.
Wenn das Bad zum Zeitpunkt des Kaufs zwar noch funktionsfähig ist, aber die ersten Fugen fangen zu bröseln an, es gibt schon Fliesen mit nem Riss oder Sprung etc., dann macht man das lieber vor dem Einzug neu als nach 5-10 Jahren.
Und in der Praxis finden sich wohl laut der Bank dann doch oft genug Leute die trotz der zeitnahen Renovierungen das Geld hinlegen und oftmals auch ihre Finanzierung aufstocken weil man dann doch vieles vorab macht.

Ähnliches hat Verwandtschaft auch hinter sich. Die haben auch drauf vertraut, dass das alles noch etliche Jahre hält und mussten dann schon in den ersten 5 Jahren ordentlich investieren.

Während beim Haus von 1970 allen klar ist was alles an Investitionen zu machen ist, wird wohl beim Haus von 1990 oft unterschätzt wie nah die nächsten nötigen Maßnahmen sind.

Wie gesagt ist die Info von einer Bank, vielleicht auch nicht überall 1:1 anwendbar, aber in der Tendenz mit dem was ich oft so beobachten kann deckt sich das mit der Realität.

Nur weil du Ausrufezeichen benutzt wird es nicht richtiger. Natürlich kann irgendwas immer kaputt gehen, aber ein Bad mit ein paar nicht mehr ganz frischen Fliesen ist kein Grund den Preis zu senken. Schäden am Dach, ein völlig verfallener Außenputz, Ja, das mindert den Wert beachtlich. Alles andere gehört nun mal dazu.

Und wieso sollte das ein Argument sein zur Preissenkung? Jede Renovierung ist Dreck und Sauerei. Gehört zum Eigenheim dazu. Irgendwann hat man immer mal so eine Baustelle im und ums Haus. Absolut kein Argument.

Das ist ja Sache der Käufer, denn ich muss mir dessen bewusst sein.

Edit:
Vielleicht missverstehen wir uns ja beim Begriff Wertmindernd. Ich meine damit natürlich nicht Wertminderung wenn dieser Zustand schon eingepreist ist als weitere Minderung, sondern im Vergleich zu Häusern die 15 Jahre jünger sind oder bereits teilsaniert.

Laut Aussage dieses Fachmanns für Wertschätzung bei der Bank, der einen guten Freund von mir zwecks Gutachten beraten hat ist es eben so, dass die Preisdifferenz zwischen Häusern die z.B. 20 Jahren sind und solchen die 35 Jahre alt sind oft nicht sehr groß. Wenn man aber die durchschnittliche Lebensdauer vieler Gewerke beachtet, dann hat man beim Haus mit 35 Jahren alter recht bald größere Sanierungen. Auch ein 15-20 Jahre altes Bad birgt eben schon ein Risiko, dass eine Sanierung in absehbarer Zeit nötig ist. Fenster sehen oft noch gut aus, sind aber oft weder Stand der heutigen Technik, noch immer in einem sehr guten Zustand.

Gleiches gilt natürlich auch für Eigentumswohnungen. Und dann hat man diese Eigentümergemeinschaften die sich gegen den Einbau einer modernen Heizung oder der Sanierung des Dachs stemmen, weil einfach zu wenig Kapital dazu da sind da einen eigenen Anteil beizusteuern und die Instandhaltungsrücklagen auch oft zu knapp bemessen sind für größere Modernisierungen.

Viele Leute lassen sich vom noch guten ersten Eindruck blenden wenn zwar ein gewisses Alter erreicht ist, der Gesamteindruck aber eben noch ziemlich gut. Der Kumpel von mir hatte z.B. ein solches Gebäude begutachten lassen und dann vom Gutachter die Einschätzung bekommen, dass das Dach sofort neu gemacht werden muss, der Wintergarten eigentlich komplett saniert bzw. neu gemacht werden müsste und ein für Laien nicht erkennbarer Wasserschaden nach weiterer fachmännischer Begutachtung beseitigt werden müsste.

Und dann wären das schnell mal 100 k Investition in den ersten 1-3 Jahren nach Kauf mit denen der Käufer nicht gerechnet hat. (Makler, der ihn vom Kauf ohne Gutachter überzeugen wollte gab dem Dach noch 20 Jahre)

Das ist natürlich ein wenig Off-Topic im Kontext Wohnungsnot, aber ich glaube, dass auch bei Wohnungen durchaus eine Rolle spielt, dass der tatsächlich bezahlte Kaufpreis bei vielen Häusern und Wohnungen nicht dem Wert entspricht, sondern dass gerade Privatleute hier oft sehr naiv an die Sache ran gehen und andererseits gute Chancen links liegen lassen (Meine Frau hat einst eine etwas verdreckte Raucherwohnung günstig bekommen, weil alle 100 Leute die bei der Besichtigung waren verärgert ob des Zustands abgezogen sind, dabei war die Renovierung vergleichsweise günstig zu realisieren und bestand nur aus neuen Böden, neuen Tapeten und einer Grundreinigung des Bads; die Baugleiche Nachbarwohnung ging für fast 50% mehr weg und wurde dennoch mit gleichem Aufwand renoviert)