Wirksamkeit Ausgangssperre

Ich wollte mal Feedback zur Ausgangssperre geben, da ich in den Niederlanden wohne und wir schon seit über 2 Monaten nicht mehr ab 9 Uhr (seit neusten ab 10 Uhr) abends rauskönnen. Die Ausnahmen sind mehr oder weniger die gleichen (Pflege, Arbeit, Hund) aber hier in Den Haag zumindest werden sie kontrolliert. Ich selbst wurde mehrmals angehalten und aufgefordert nach Hause zu gehen kurz vor Sperrstundenbeginn.

In meiner Altersgruppe i.e. gibt es durch die Sperrstunde weniger Parties würde ich behaupten. Studenten treffen sich stattdessen zum Abendessen aber zumindest sind die Personengruppen kleiner. Hier arbeiten auch sehr viel mehr Leute von zuhause, da die Niederlande vorher schon flexibel war mit Arbeitsstrukturen.

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Ich würde mich hier gerne mit einem Erfahrungsbericht anschließen.

Ich wohne in einem Landkreis in Hessen in dem Aktuell schon zum Zweiten mal eine Ausgangssperre zwischen 21 und 5Uhr herrscht (da Inzidenz über 200).

Ich glaube auch das die Ausgangssperre teilweise dazu führt das sich manche Leute nicht mehr (oder nicht mehr so lange) privat Treffen auch in meinem Freundeskreis hab ich da bereits Einschränkungen festgestellt. Aber mein gefühl ist das das vor allem Gruppen betrifft die sich schon vorher vergleichsweise vernünftig verhalten haben. Während Leute die sich vorher vielleicht zu (zu)vielen draußen getroffen haben sich jetzt drinnen treffen. Und wenn ein Gemütliches beisammen sein halt über die „Sperrstunde“ hinaus geht dann muss man halt doch bei den Freunden Übernachten (auch das hab ich in meinem Freundeskreis schon beobachtet).

Ich finde halt wie ihr es auch beschreibt den Kontrast einer „harten“ Ausgangssperre zu einem Laschen sonstigen Lockdown so krass.
Ich lasse mir auch nicht von einer Ausgangssperre nehmen weiter Freizeit zu haben und meine Freunde zu treffen. Wir brauchen endlich eine Perspektive (ala ZeroCovid) das ist das einzige was auf lange sicht dazu führt das sich Leute an die Regeln halten bzw. Vernünftig bleiben.

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Ich beobachte dass wir die Bevölkerung in 3 Gruppen einteilen kann. In eine Gruppe die alles abnickt, in eine Gruppe die mit Sinn und Verstand an die Problematik heran geht und in eine Gruppe der fast alles egal ist.

  • die 1. Gruppe hält sich sowieso an die Vorgaben
  • die 2. Gruppe tut das sinnvolle um sich nicht anzustecken (wenn ich z.B. ein befreundetes Ehepaar besucht habe und den Abend bei denen verbracht habe ist es egal ob ich um 21:00 oder später nach Hause gehe).
  • diese 3. Gruppe wird jede sich bietende Lücke nutzen und ist mit solchen (unkontrollierten) Maßnahmen sowieso nicht zu erreichen.

Was zusätzlich zu fehlender Akzeptanz führt ist dieses hin und her, ja nein aber und die Tatsache dass eine kleinere Bevölkerungsschicht die größte Last (Berufsverbot) der Maßnahmen tragen muss.

Ich würde dem begrenzt zustimmen.
Natürlich sind die Kategoriesierungen nicht so klar zu ziehen aber was ich immer wieder sehe ist das die Gruppe 1 die du beschriebst sich zwar an die Vorgaben hält aber es dort eben auch Leute gibt die diese dann „ausreizen“ also z.B. Man darf sich noch 1 Haushalt + 1 Person Treffen also treff ich mich heute mit den einen morgen mit den anderen etc … d.h. die Regeln eben unhinterfragt akzeptieren und sich einfach stur dran halten (und eventuell noch damit rechnen das sie sich ja nicht infizieren können weil sie sich ja an die Regeln halten).

Wenn ich z.B. wie du es beschriebst freunde besuche und nach 21 Uhr nach hause gehe habe ich gegen die Regel Verstoßen aber wenn ich vorher einen Schnelltest gemacht habe oder nur eine bestimmte Freundes-Bubble habe mit der ich mich noch physisch treffe dann ist das eben trotzdem sinnvoller als wenn ich jeden aben bis 21Uhr in einem anderen Haushalt bin.

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Wenn die Ausgangssperre konsequent kontrolliert würde, wäre diese Gruppe eben schon zu erreichen. Diese Massnahem ist dann gut zu kontrollieren, wenn nicht mit dämlichen Ausnahmen (Joggen, Spazierengehen - nach 21 Uhr? kann ja jeder behaupten, geht um die Ecke zur intensiv-alkoholischen Aerosol-Party) die Politik samt Behörden sich selbst ein Bein stellen würde. Darin besteht eben auch das kopflose Hin-und Her, das die Leute nervt.

Die Ausweichverhalten (Übernachtung, Vorverlegung) bei strenger Auslegung halte ich für vernachlässigbar bzw. ist in dem geringen Mass nicht zu verhindern. Wer verlegt nämlich eine Party vor auf die Zeit zwischen 15 und 21 Uhr? Und wer hat in seiner Wohnung schon mehr als 2 Übernachtungsmöglichkeiten?

Das habe ich auch schon anders gesehen, wo alle Stunde ein anderer Gratulant vorbei gekommen ist.
Ich tu mir schwer, wenn wir uns dann eigentlich nicht treffen dürfen 2 Personen/Partner aus 2 Haushalten. Wir treffen (Privat) nur die beiden dürften das aber nicht. Macht für mich keinen Sinn.

In jüngeren Jahren haben wir bei einer (Drecksau) Party auch schon mal mit 15 Leuten in eine Wohnung geschlafen. So mit Schlafsack und Isomatte.

Ja ich kenne definitiv Situationen wo die Alternative zu vor 9 heimgehen, durchmachen oder bei den Freunden zu übernachten (auch zu mehr al 2 Personen) ist.
Ein schlechtes Instrument (Ausgangssperre) wird nicht besser wenn man es strenger kontrolliert.

Ich berichte aus einer Freundesgruppe (alle Ü50), die sich zu Beginn (März 20) streng an die Regeln gehalten haben. Im April wurde dann ein Spargelessen auf einer Obstwiese mit Abstand von 2 Metern organisiert. Im November herrschte schon nur noch Kopfschütteln über die inkonsistenten und nicht nachvollziehbaren Beschränkungen. Man ist dann dazu übergangen unter ärztlicher Aufsicht Schnelltests durchzuführen und sich zu treffen und auch zu übernachten. Mittlerweile wird die Politik in der gesamten Gruppe von etablierten, staatstragenden, arbeitenden Menschen mit erwachsenen Kindern und Enkeln, also die Mitte der Gesellschaft! nur noch verlacht und alle machen es wie sie wollen, so das selbst ich, der zu Beginn eigentlich der kritische Part war, jetzt schon manchmal den Kopf schüttele: ich glaube das ist eine allgemeine Tendenz, dass mittlerweile die Meisten sich nicht mehr an die Regeln halten.

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Puh. Da wurde aber bereits mitten in der ersten Welle russisch Roulette gespielt. Inmitten der Pandemie wurde bei uns das Spargelessen abgesagt. Und das aus sehr guten Gründen.

Ich würde mich eher der 2. als der 1. Gruppe zuordnen. Aber ganz ehrlich: In Ordnung ist das eigentlich nicht:

Wenn jeder selbst entscheiden darf, an welche Gesetze er sich hält und welche er für unsinnig hält, bricht unsere Rechtsordnung zusammen. Vor allem weil wir oft Regeln nicht verstehen, obwohl sie sinnvoll sind (z.B. ein (Pflicht)Test im Rahmen eines Screenings im Arbeitsplatz oder in der Schule ist eben kein Freifahrtschein für private Treffen). Zum Beispiel, wenn sie grundsätzlich sinnvoll sind, aber ich zu der kleinen Minderheit gehöre, für die sie überflüssig wie ein Kropf sind. Oder weil bestimmte Regeln Minderheiten schützen (z.B. rote Fußgängerampeln). Oder weil sie einen ganz anderen Sinn haben, als ich denke (Ausgangssperren wollen z.B. nicht den Ausgang, sondern den Eintritt in andere Privatwohnungen verhindern)

Das ist die Gruppe, die ich als Covidioten, Egoisten und Dumme bezeichne. Nur deretwegen brauchen wir so etwas wie Kontaktnachverfolgung, Ausgehsperren, etc. - auf Kosten der Mitglieder der 1. und 2. Gruppe. Allerdings bringt das alles nix, wenn es kaum Kontrolle und Sanktionen gibt.

Ja schon, aber solche Fälle sind wie du selbst schon einschränkst, sehr selten. Sagen wir mal 5 % der Privatfeiern werden auf diese Weise durchgehalten. Dann sind aber 95% herausgenommen. Genau darauf kommt es an.

Ich nehme an, Du meinst das ironisch? Auf einer Obstwiese ist, wie wir heute wissen, das Infektionsrisiko nahe 0. Jedes Treffen, das draußen stattfindet ist gut!

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Hallo Roseman,

Nein, das ist mein voller Ernst. Es galt seit dem 28. März ein Kontaktverbot. Und der Spargel musste ja irgendwie zubereitet werden. Daher kann in der Abfolge etwas nicht stimmen, oder das Treffen war nicht legal. Es galt ja unnötige Kontakte generell zu vermeiden. Und ein Spargelessen ist sicherlich sehr schön, aber nicht notwendig gewesen. Jedes unnötige Treffen, welches vermieden wird, ist gut.

Oh ok, da sind wir wirklich diametral entgegengesetzter Auffassung, der Spargel wurde natürlich von einer Person zubereitet, wo soll da das Problem sein? Genau weil soche völlig sinnlosen Anordnungen bestanden, ist es jetzt fast unmöglich sinnvolle Anordnungen durchzusetzen!

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Das sehe ich komplett anders. Nein, die Kontaktverbote waren gewiss nicht sinnlos, sondern eine der Hauptmaßnahmen, die erfolgreich die Inzidenz verringerten. Und machen wir uns nichts vor: Beim Spargelessen wird ja auch mal das eine oder andere Bier getrunken. Und vielleicht dann doch gemütlicher zusammengesetzt, als es Epidemologisch ratsam gewesen wäre. Das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern als Erfahrungswert. Ich war selbst im Oktober, als es erlaubt war, als einer von 7200 Fans im Fußballstadion. Dank Autofahrt war an und Abfahrt problemlos möglich. Aber ich hatte mich dann erwischt, dass ich mit nem Bekannten beim Bier nach dem Spiel im Gespräch näher saß, als ich eigentlich geplant hatte. Das war ebenfalls höchst riskant.

Die meisten Personen, die sich in Deutschland angesteckt haben, waren sich bestimmt sicher, dass sie das mit ihren Kontakten im Griff hatten.

Das Chaos entstand dadurch, dass Landesfürsten meinten, dass in der zweiten Welle die Wissenschaft nicht mehr Ratgeber, denn eher Schwarzmaler seien und anstatt einheitliche Regeln und kurze, harte Restriktionen durchzusetzen stattdessen wochenlang diskutiert wurde, ob man Weihnachten seine Großeltern sehen darf.
Verschiedene Wahlkämpfe taten ihr übriges.

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In der letzten Lage hat (ich glaube) @vieuxrenard gesagt, das die kürzlich vorgestellte Studie aus Berlin die Wirksamkeit von Ausgangssperren in Zweifel zieht.

Ich schätze, er meint damit den MODUS-COVID Bericht vom 19.03.2021. Für Ulfs Schlussfolgerung bietet dieser Bericht aber keine Basis. Zwar spricht der Bericht von Ausweich-Verhalten, verweist aber in der Fußnote auf eine Simulations-Studien, die eine Halbierung der Ansteckungen im Freizeitbereich durch eine Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr zeigt.

Als Alternative Maßnahmen zur Reduzierung von (ungeschützten) privaten Kontakten schlagen die Autoren vor:

  1. Verbot von private Kontakte in Innenräumen außerhalb des eigenen Haushaltes (wie in England), Durchsetzung über den Hin- und Rückwege: Ein Aufenthalt im öffentlichen Raum zum Zweck eines privaten Besuchs ist verboten. „Support Hubble“ für “kleine” Haushalte. „Seit der Einführung dieser Maßnahmen gehen die Infektionszahlen in UK trotz B.1.1.7 kontinuierlich zurück“.
  2. Private Kontakte innen nur, wenn geschützt, ansonsten Verlagerung nach draußen. Und zwar
    a. staatliche Kontrolle des vorherigen Selbsttest bzw. der Impfung auf dem Hin/Rückweg und
    b. Maske als freiwillige soziale Norm (da sind sie aber skeptisch)
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Man kann sich natürlich qualitativ mit Ausganssperren auseinander setzen. Wie sollen die wirken? Was verhindern sie und was nicht? Wer kennt noch ein paar Anekdoten, wie irgendwelche Freunde von Freunden die umgehen, indem sie anderswo im Heizungskeller schlafen?

Oder man kuckt mal quantitativ auf die Zahlen dort, wo es sie in der Vergangenheit gab, im Vergleich zu Gebieten ohne gleichzeitige Ausgangssperre. (Gegenargument natürlich: Korrelation bedeutet nicht unbedingt Kausalität, aber manchmal eben doch.)

Hier hat das mal jemand getan: https://twitter.com/Street_Dogg/status/1373747255577092104

Ergebnis: Wo es in einzelnen Bundesländern zwischenzeitlich nächtliche Ausgangssperren gab, haben die Länder im Vergleich zu den übrigen besser performt. Nach Ende derselben ging es in die vorherige Spur zurück.

Wie hat man sich das denn vorzustellen?

„Schönen guten Tag, Polizei. Sind Sie zufällig gerade auf dem Hin- oder Rückweg zu einem privaten Kontakt in einem Innenraum?“
„Nein.“
„Na, da haben Sie dann ja nochmal Glück gehabt. Einen schönen Tag noch.“

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Ich kann Nachvollziehen wenn man so argumentieren möchte, habe aber persönlich meine liebe Mühe damit. Wenn man Regeln nur um der Regeln willen (bzw. der Rechtsordnung wegen) einhält, ohne dabei den entsprechenden individuellen Kontext betrachtet, dann beraubt man sich wichtigen Spielraum.

Zu Beginn der Pandemie wurde das Konzept „mündiger Bürger“ stärker in den Vordergrund gerückt und dem Bürger ein verantwortlicher Umgang unterstellt . So haben sich z.B. ein Großteil der Leute zu Beginn der Pandemie freiwillig stärker eingeschränkt als gesetzlich vorgeschrieben war.
Im Laufe der Zeit wurde aus meiner Perspektive aber durch immer weitere Regulierungen komplett davon abgekehrt und es hat sich das Mindset „Was man nicht tun sollte, wird verboten“ durchgesetzt, was aber im Umkehrschluss zu „was nicht verboten ist, kann man tun“.

Poche ich jetzt auf der Einhaltung auch noch so sinnloser Regeln (im individuellen Kontext), so kann ich meiner Meinung nach niemandem einen Vorwurf machen, der die Schlupflöcher bestehender Regeln ausnutzt (z.B. mehrere Personen in kurzer zeitlicher Abfolge zu treffen)
Traue ich dem Bürger hingegen zu mit Sinn und Verstand die Regeln in den Kontext zu rücken, kann ich im Gegenzug auch erwarten, dass auch unreguliert kein Blödsinn zu machen ist.
Ich persönlich fühle mich mit zweiter Herangehensweise wesentlich wohler…

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Ich frage mich ehrlich gesagt seit einer Weile, warum in Deutschland die Ausgangssperre jetzt so heiß diskutiert wird, als ob sie alleinig die Inzidenz drücken würde.
Ich wohne in Frankreich (zum Glück aber nicht in Paris) und wir haben seit Januar eine Ausgangssperre von 6 bis 6, seit einem Monat jetzt von 7 bis 6. Keine Ausnahmen für Jogging oder so, aber natürlich für den Weg von und zur Arbeit. Gleichzeitig waren die Schulen geöffnet, und Homeoffice wird von vielen Chefs hier systematisch unterlaufen mit Blankobescheinigungen, die sich die Mitarbeiter selbst ausfüllen, und die bestätigen, dass Homeoffice nicht möglich sei. Die Inzidenz sieht hier nicht besonders überzeugend aus, daher jetzt auch endlich Schul-, Geschäfts-, und Büroschließungen seit ein paar Wochen. Aber praktisch gesehen bedeutet „6 bis 6“ (und auch „7 bis 6“) dass man nach der Arbeit noch Zeit für Supermarkt hat und vielleicht andere Erledigungen, und dann ist Schluss. Im Vergleich zum wirklich harten Lockdown letzen März schlägt mir das arg aufs Gemüt. „Life is work and work is life.“ Sagt man eigentlich eher den Deutschen zu…

Aber zur Wirksamkeit dieser Ausganssperre: Ich finde den Artikel in Le Monde nicht mehr, aber ich las dort vor einigen Wochen den Erfahrungsbericht eines Intensivmediziners aus Marseille. Seine Erfahrung mit der Ausgangssperre: seit deren Einführung bekommen sie weniger alkoholbedingte Verkehrsunfälle spät nachts. Ist ja auch nicht nichts, hilft aber leider in Sachen Pandemie überhaupt nicht weiter.
Zurücknehmen kann man die jetzt aber auch nicht mehr, denn dann würde man das ja zugeben. Und so bleibt sie uns erhalten.

Das Schließen der Schulen, und weiter Einschränkungen in Sachen Büros hat inzwischen auch die derzeitige Welle hier ausgebremst. Fallen tun die Zahlen hier nur langsam. Aber anekdotisch weiß ich auch von Freunden, die noch immer in Großraumbüros in Paris arbeiten (Inkubatoren auch noch, genau mein Humor…) von daher ist das vielleicht auch nicht verwunderlich, dass der Lockdown nicht so effektiv ist wie die letzten zwei.

Und auch hier beobachte ich übrigens seit letzten Sommer schon, dass Regeln nicht beachtet werden, und ich lege sie auch inzwischen großzügiger aus.
Lange Zeit durfte man sich hier nicht mit Leuten aus einem anderen Haushalt treffen; keine Ausnahmen für allein wohnende, auch nicht draußen. Ich habe mehrere Freunde in meinem Bekanntenkreis, die im letzten Jahr von lebensfroh zu akut suizidgefährdet geschlittert sind, schlicht weil sie alleine wohnen. Einer dieser Bekannten wohnt glücklicherweise in der gleichen Stadt, und so ich ihn aus dem Haus gelockt bekomme, lade ich ihn auch zum Essen nach hause ein, zur Übernachtung, schlicht und einfach alles, um ihn überhaupt zu irgendetwas zu bewegen. Das Risiko ist gering, weil er sowieso im Homeoffice arbeitet und ja wie gesagt praktisch keine Kontakte mehr hat. Legal ist es trotzdem nicht, und so beobachte ich auch bei mir selbst einen „Dammbruch“, nachdem ich für mich beschlossen habe, dass diese spezielle Regel schlecht gestaltet ist und ich sie bewusst und ohne Reue breche.

Maskenpflicht draußen, nicht nur innerorts, ist noch so eine Regel, die als Einzigen Effekt hatte, dass niemand mehr die darauf folgenden Regeln beachtete. Meine Fenster gehen auf einen Marktplatz mit Cafés und Geschäften, von daher verbringe ich täglich Zeit mit „People watching“. Die Progression, die ich beobachtet habe:

  1. Regel: Maskenpflicht drinnen.
    Effekt: Masken werden nur aufgesetzt, wenn man einen Laden betritt. Aber auch dann werden viele Ausnahmen gemacht. „Ich bin ja nur ganz kurz hier um Zigaretten zu kaufen.“ Meine Lieblingsausnahme: Maske abnehmen um sich mit Kuss zu begrüßen. So gesehen Juno 2020…
    Wenn die Regel Ausnahmen hat, dann „ist immer Ausnahme.“
  2. Regel: Maskenpflicht überall, immer.
    Effekt: „Das macht ja gar keinen Sinn“ (auch schon nach damaligem Erkenntnisstand) und seitdem werden Masken nur dort (korrekt) aufgesetzt, wo man sich nahe kommt, oder wo man mit Kontrollen rechnen muss. Drinnen werden sie aber meistens korrekt getragen.
    Insgesamt werden mehr Masken getragen, aber jetzt wird es schwer, die geltenden Regeln noch zu erklären, und außerdem haben die Freiräume, die man draußen noch hatte, mit Maske wesentlich weniger ein Akt der Entspannung, als sie es ohne Maske gewesen wären.

Kontrollen sehe ich hier (innerste Innentstadt) nur selten, aber wiederum anekdotisch wurden vor meiner Haustüre zwei schwarze Männer mit Handschellen für das Verletzen der Ausgangssperre abgeführt. Jeden Samstag stehen aber die Covidioten (kleine Truppe von ~ 20 TeilnehmerInnen zum Glück) auf dem Marktplatz, spielen schlechte Musik, tanzen, und umarmen sich unmaskiert gegenseitig. Einmal kam nach ein paar Stunden die Polizei vorbei, und hat sie gebeten, sich Masken aufzuziehen. Bemerkenswert, haben die Beamten doch auch die Möglichkeit, auf der Stelle bis zu ~500 EUR pro Person zu verhängen.

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