Wird die Aktienrente zum Vorwand für die Privatisieriung von Staatsunternehmen?

Ursprünglich wollte die FDP ja mal deutlich mehr in eine Kapital-gedeckte Altersvorsorge stecken, im Koalitionsvertrag ist davon nicht viel übrig geblieben, nur 10 Mrd. Euro. Doch die aktuell klammen Kassen zwingen die FDP scheinbar, nicht mal diese 10 Mrd. direkt aus dem Haushalt nehmen zu können:

Noch schlimmer ist dabei (Quelle):

Das Unternehmen [Anm. Der Post-Konzern] fürchte allerdings, dass die Verwaltung des geplanten „Generationenkapitals“ durch ein großes Post-Aktienpaket unter Verkaufsdruck geraten könnte, um ein Klumpenrisiko zu vermeiden

Nicht nur, das die FDP mit einem falschen Werkzeug die Rentenprobleme angehen will. Sie tut das auch noch mit zu wenig Geld, was zwar weniger Schaden anrichtet, aber dieses Geld holt sie sich nun möglicherweise aus Staatsunternehmen.

Um die Rentenprobleme der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu lösen braucht es aber andere Maßnahmen, zum Beispiel die Rücknahme einiger Versicherungsfremder Leistungen z.B. der Mütterrente, die auch für Nicht-DRV-Mitglieder bezahlt werden.

Und schaut man sich das oft genannte Musterbeispiel Schweden an, werden wir wohl auch um höhere Rentenbeiträge nicht drum herumkommen, wenn man davon immer länger Rente beziehen können will.

Wieso meinst du, dass die FDP gezwungen ist das Geld zu organisieren? Die kapitalgedeckte Altersvorsorge ist ein Projekt der gesamten Bundesregierung und die besteht meines Wissens aus SPD, Grünen und einem kleinen Kreis FDP-Abgeordneter.

Ich finde dieses falsche Werkzeug immer noch hilfreicher als das, was SPD und Grünen zu dem Thema einfällt. Deren Äußerungen und Konzepte kann man zusammen fassen mit „Hände in den Schoß legen, wird schon werden.“

Das ist sicher richtig, aber erkläre das mal den übrigen Regierungsmitgliedern und deren Parteien. Bisher kann ich hier keine Kurskorrekturen in den Fraktionen von SPD und Grünen erkennen. Selbst beim No-Brainer dynamisches Renteneintrittsalter (abhängig von Lebenserwartung und körperlicher Berufsbelastung) mauert man bisher aus Angst um das soziale Image.

Alles zusammengefasst betreiben die Rot-Grünen in der Bundesregierung bei der Aktienrente aus meiner Sicht exakt das gleiche, das sie in anderen Streitpunkten der FDP vorführen, nämlich Blockade aus Prinzip. Und damit schaden sie uns allen (okay, nicht den Rentnern oder denen die kurz davor sind).

Warum wird das eigentlich nicht ähnlich scharf medial kritisiert wie das Rumgeeier um das Tempolimit?

Naja weil es deren Konzept ist und nur wegen der FDP ist das Ding im Koalitionsvertrag gelandet. Außerdem ist ja ein FDP-ler Finanzminister.

Das sehe ich natürlich etwas anders. Ob die Aktienrente tatsächlich hilft, das kann im Moment keiner sagen. Die Schweden haben zwar eine, aber die fängt gerade erst an, zu wirken und niemand kann heute sagen, wie effektiv die ist.
Am besten hätte man gewartet, bis die Erfahrungen vom Kenfo zeigen, ob solche Staatsfonds tatsächlich funktionieren.

An welcher Stelle erwartest du denn Probleme?

Im Grunde ist die Aktienrente nichts anderes als staatlich erzwungenes Ansparen für das Alter, wie es Menschen mit ausreichend finanziellen Möglichkeiten und Verstand(!) seit Jahrzehnten erfolgreich praktizieren.

Auch die häufige Angst vor einem Wirtschaftscrash ist unrealistisch, da frühzeitig vor Bezugszeit meist in sichere Anlagen umgeschichtet wird. Und ansonsten sichert der Cost-Average Effekt gegen viele Probleme ab.

Richtig ist natürlich, dass der Fonds mindestens 20 Jahre zu spät und einige Milliarden Euro zu gering ausgestattet wurde, um signifikant zu helfen.

Da alle vorherigen Regierungen dieses Problem aber ignoriert haben, bin ich froh, dass zumindest ein Anfang gemacht ist

Hast du keinerlei Bedenken, dass der Fonds nicht dort investiert, wo es sinnvoll wäre, sondern dort, wo der Staat einen Zusatznutzen hätte?
Wäre ja nicht das erste Mal, dass das aufgedruckte Label nach ein paar Jahren nicht mehr das ist, wofür es Politiker nutzen.

Das stimmt nicht. Unter dem Begriff Bürgerfonds haben die Grünen ein ähnliches Konzept.

Das ist weniger ein Argument gegen eine kapitalgedeckte Rente als solche, sondern eher eine Frage der rechtlichen Ausgestaltung, wer in welcher Form festlegt worin der Fonds investiert und welche Optionen den Bürgerinnen und Bürgern offen stehen.

Okay, dass wusste ich tatsächlich noch nicht. Danke für den Hinweis. Aber an meiner Kritik einer Kapitalmarkt gedeckten Rente ändert das nichts, aber mir muss ja auch nicht jede Idee der Grünen gefallen.