Wird Antisemitismus auf Amazon geduldet?

Liebes Lage-Team,

nicht nur, weil Ihr selbst Amazon bewerbt, möchte ich euch darüber informieren, dass Amazon nicht nur Literatur von Antisemiten und Holocaustleugnern und -Relativierern vertreibt, sondern diese auch aktiv bewirbt und so an der weltweiten Verbreitung von Hass mitverdient. Zudem gibt es nicht nur dort seit langem eine Blase rechter Aktivisten, die braune Propaganda durch Fake-Kommentare hoch voten und seriöse wissenschaftliche Literatur abwerten und denunzieren. Die Auswirkungen dessen wären ein Thema wert, zumindest aber ein Überdenken eurer Werbepartner.

Dr. Michael Blume, der Beauftragte gegen Rechtsextremismus des Landes BW verdeutlicht das Problem so: „[…] [S]tellen Sie sich bitte einen Moment vor, in Ihrer örtlichen Buchhandlung gäbe es eine Ecke für Antisemitismus und Rechtsextremismus. Dort würde die widerlichste Literatur etwa der Holocaust-Umdeutung und –Leugnung nicht nur aktiv angeboten, sondern auch beworben. Und mehr noch: Die müffelnde Kundschaft dieser blaubraunen Ecke würde geradezu ermutigt, andere Kundinnen und Kunden Ihrer Buchhandlung anzusprechen und die Werke demokratischer, insbesondere weiblicher und jüdischer AutorInnen schlecht zu machen.“

Ich finde, dass eure Werbung für diese „Buchhandlung“ nicht zu eurer streng demokratischen Haltung und eurem aktiven Einsatz für eine offene Gesellschaft passt.

Zur ersten Recherche dieses Themas empfehle ich Folge 22 des Podcasts des Beauftragten gegen Antisemitismus des Landes BW und Experten für Verschwörungstheorien, Dr. Michael Blume. Zum schnellen Einstieg zitiere ich kurz Blumes Beitrag auf Spekrum.de:

Ein auf Amazon vertriebenes und aktiv beworbenes Werk ist Tilman Knechtel: Die Rothschilds. Eine Familie beherrscht die Welt. "Darin behauptet er, dass die jüdische Bankiersfamilie Rothschild selbst die beiden Weltkriege und auch den Holocaust herbeigeführt habe, um die Gründung des Staates Israel zu erzwingen. […]

[A]uf Amazon ist dieses antisemitische Machwerk nicht nur erhältlich, es wird sogar aktiv beworben – derzeit beispielsweise als kostenloses Hörbuch-Lockangebot durch Audible. Längst hat eine extrem antisemitische Blase Hunderte positiver Rezensionen eingestellt und manipuliert damit Empfehlungen und Algorithmen. […]

Und mehr noch: Viele der Rezensierenden feuern sich auch gegenseitig an, nicht nur rechtsextreme Literatur aufzuwerten, sondern auch Bücher von Demokratinnen, Juden und generell seriöse Wissenschaft runterzuwerten. Auch unter meinen Büchern können Sie sich einige solcher Fake-Rezensionen anschauen.

Hier geht es also gar nicht mehr nur um eine inhaltliche Radikalisierung. Extremistische und konkret antisemitische Umtriebe werden aktiv verbreitet und finanziert. Gleichzeitig wird die Bedrohung und auch Schädigung demokratischer Akteurinnen zynisch hingenommen. […]

Der Internet-Konzern vertreibt inzwischen gleich mehrere Bücher des Antisemiten Germar Rudolf, der bereits 1995 vom Landgericht Stuttgart wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Beleidigung und Aufstachelung zum Rassenhass zu einer Haftstrafte verurteilt worden war. 2007 erfolgte eine zweite Verurteilung in Mannheim wegen der Leugnung historischer Tatsachen mit Bezug auf die Schoah und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Nach Verbüßung seiner Haftstrafe auch in Heidelberg, Ulm und Rottenburg setzte sich Rudolf zu seiner zweiten Frau in die USA ab, von wo aus er über den von ihm gegründeten Castle Hill Verlag unter mehreren Pseudonymen weiter Holocaust-Relativierung betreibt und Antisemitismus verbreitet.

Man sollte nun vielleicht hoffen, dass Amazon wenigstens vor den Werken eines mehrfach rechtsstaatlich verurteilten Holocaust-Relativierers zurückschrecken würde. Doch stattdessen ist nun auch auf Deutsch das niederträchtige „Elie Wiesel, Heiliger des Holokaust“ erhältlich, in dem der Friedensnobelpreisträger aufs Übelste verunglimpft wird. Gemeinsam mit dem katholischen Literaten Franḉois Mauriac habe Wiesel einen weltweiten Plan zur jüdischen Manipulation der Geschichte und Unterwanderung der katholischen Kirche durch eine „Holokaust-Religion“ durchgeführt, in der Wiesel als Lügner und „Hohepriester“ fungiere. Auf dem Cover wird er entsprechend als Mittelpunkt und Kontrolleur mehrerer US-amerikanischer Präsidenten wie Barack Obama dargestellt.

Da Amazon, Audible und YouTube bisher auch alle Proteste gegen die antisemitischen Machwerke von Tilman Knechtel und Oliver Janich ignoriert haben, kann ich alle verstehen, die auch im Hinblick auf Germar Rudolf resignieren wollen. Zudem ist mir bewusst, wie mächtig Amazon inzwischen geworden ist und wie viele Autorinnen und Autoren sich also gar nicht mehr trauen, dagegen die Stimme zu erheben. Und doch bin ich nicht bereit, in ein Jahr 2021 zu gehen, in dem die Werke von Elie Wiesel vergriffen bleiben, seine antisemitische Verhöhnung aber vermarktet werden soll.

Nicht nur Amazon und Audible, nicht nur Facebook, Twitter, YouTube, Discord und Telegram haben eine Verantwortung – sondern auch wir alle als Bürgerinnen und Bürger, als Kundinnen und Kunden sowie als öffentliche Stimmen. Ich bitte Sie daher, mit mir gemeinsam laut zu werden, um den Vormarsch von menschenverachtendem Sozialdarwinismus und libertärem Antisemitismus gerade auch im Buchhandel zu stoppen."

Ich fände es schön und konsistent, wenn ihr euren Werbevertrag mit Amazon überdenken und Amazons profitgesteuerte Gleichgültigkeit gegenüber Antisemitismus vielleicht auch einmal im Podcast thematisieren würdet.

Beste Grüße
Fabian Schild

3 „Gefällt mir“

Über die Werbung in der LdN wurde hier im Forum wirklich schon sehr viel diskutiert.
Bitte bemühe die Suchfunktion und ließ dort erst einmal nach. Dann verstehst Du, warum manchmal auch in der LdN Werbung auftaucht, die von einigen Hören als störend, irritierend oder unangemessen empfunden wird.

@Markus-1978: ich dachte eigentlich, in den Foren-FAQ stand das Themas „Werbung“ schon mal als „Off Topic“. Bilde ich mir das ein oder habt Ihr das wieder rausgenommen?

Übrigens: Auf der Seite der LdN ist der Link „Werberichtlinien“ Tod (104)

2 „Gefällt mir“

Hallo TRq,

wie wir im letzten Podcast hören konnten handelt es sich bei talk.lagedernation.org ja nicht primär um ein Diskussionsforum sondern um ein Ort für Leserbriefe zu veröffentlichen.
Und das sich Leserbriefe im Inhalt regelmäßig im Inhalt widerholen, vor allen Dingen wenn sie von verschiedenen Menschen kommen, ist doch nicht überraschend :wink:

Der Beitrag von Fabain Schild beschäftigt sich ja auch gar nicht primär mit Amazon als Werbepartner sondern bringt einen Themenvorschlag, wie es im „Themenvorschläge“-Kapitel angemessen ist :slight_smile:

2 „Gefällt mir“