Wiedereinführung der Wehrpflicht

Es ist zwar noch nicht so konkret, dass nächste Woche der Bundestag darüber abstimmt, aber es geht eher um das wann, als um das ob. Im Verteidigungsministerium bereiten sie alles für das schwedische Model vor. Also alle jungen Männer müssen einen Fragebogen ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dann werden die interessantesten Kandidaten nochmal gemustert. Wenn das passt, kann man freiwillig seinen Wehrdienst ableisten. Ggf. Wird es wieder das Model Pflichtdienst geben, aber diesmal mit der freien Entscheidung zwischen Zivi und Wehrdienst.

Was aus meiner Sicht noch offen ist: sind das freiwillig Wehrdienstleistende die sich mindestens zwei Jahre verpflichten oder sind das wirklich nur klassische Grundwehrdienst leistende.

Meine persönliche Prognose:

Es wird nicht genügend Freiwillige geben. Das ist eine aktuelle Umfrage, die Zahlen sind aber Jahren die gleichen:

Die älteren die schon Wehrdienst geleistet haben, sind dafür, die Jungen dagegen.

Dazu kommt noch, wir sprechen ja erstmal nur von Wehrdienst Leistenden. Aber langfristig brauch man auch genügend Berufssoldaten oder Menschen die sich für mehrere Jahre verpflichten. Es ist jetzt schon so, dass die Abbruchquote bei freiwillig Wehrdienst Leistenden sehr hoch ist. Die Bundeswehr hat aktuell schon über 10k unbesetzte stellen. Wehrdienstleistende kann man auch nicht nach Litauen schicken.

Es fehlen auch Kasernen die Heimatnah sind. Die meisten großen Kasernen sind irgendwo in der Pampa. Super unattraktiv.

Über den Arbeitskräftemangel haben wir auch noch nicht gesprochen.

Die soziale Frage ist auch nicht außer acht zu lassen: es war damals schon so, dass er die niedrig gebildeten zur Bundeswehr sind und die Abiturienten die ein Studium aufgenommen haben, konnten die Zeit nach hinten schieben oder haben direkt verweigert und Zivildienst geleistet.

Mit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht und mehr Geld ist es nicht getan. Man brauch einen gesellschaftlichen Wandel und den sehe ich in Deutschland einfach nicht.

Und wenn jetzt wieder jemand um die Ecke kommt „aber die alten sollen erstmal…. „: die meisten „alten“ haben ihren Wehrdienst schon abgeleistet. Es gab Zeiten da gab es noch nicht mal die Möglichkeit einer Verweigerung. Und alle die ihren Wehrdienst schon abgeleistet haben, stehen sowieso schon auf der Liste der passiven Reserve. Ein weiterer „Wehrdienst“ ohne Verteidigungsfall stünde rechtlich auf sehr hölzernen Beinen.

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Die Wehrpflicht muss vorher klar reformiert werden. Zunächst einmal müssten künftig Männer und Frauen verpflichtend Wehr- oder Ersatzdienst leisten. Ausmustern muss extrem erschwert werden. Wer lieber Zivi machen will muss dies einfach sagen dürfen. Allerdings sollte Zivi 2 Jahre gehen, Wehrdienst 1 Jahr. Wehrdienst sollte auch mehr Rentenpunkte bringen.

Einfach den alten Wehrdienst reaktivieren wäre für mich nicht in Ordnung. Ich habe übrigens noch Wehrdienst geleistet.

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Aus welchem Grund sollten Zivis doppelt so lange „dienen“ und auch noch weniger Rentenpunkte erhalten als Wehrdienstleistende?

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Wird in Frankreich auch die Wehrpflicht wieder eingeführt?

Keine Ahnung.
Aber die ganze Zeit schon gibt es einen Pflichttag.

Anscheinend gibt es seit 2019 wieder einen Dienst von 4 Wochen, der (ab 2026?) verpflichtend werden soll.
Conscription in France - Wikipedia.
Service national universel – Wikipedia

Weil der Wehrdienstleistende im Ernstfall direkt in der Schusslinie steht. Und wir aktuell mehr Soldaten brauchen. Da muss man Anreize setzen.

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Wäre es nicht sinnvoll, dies [edit der Klarheit halber: ab jetzt] vor dem Hintergrund der letzten LdN zu diskutieren?

Als Themenvorschlag wurde es ja bereits aufgenommen.

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Auf jeden Fall, aber die Lage ist ja gerade erst erschienen.
Die hierher verschobenen Beitrag nehmen nicht wirklich Bezug auf LdN 422.

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Die Folge war noch nicht erschienen, als ich den Beitrag geschrieben habe :smiley:

Schon klar; ich habe mich auf weitere Diskussionen bezogen.

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Vor allem inhaltlich. Wie ich es schon an anderer Stelle schrieb, ist ein Wehrdienst für mich überhaupt nur gerechtfertigt, wenn jeder einzelne Tag, den wir einen jungen Menschen in diesen Dienst zwingen, auch einen Mehrwert bringt. In der damaligen Wehrpflicht war das nie der Fall - es war stets „3 Monate sinnvolle Grundausbildung, dann X Monate irgendwo im Keller sitzen und alle paar Wochen mal was sinnvolles tun“. Das darf sich so nicht wiederholen.

Das Problem dabei: Die Bundeswehr wäre jetzt schon überfordern, die Grundausbildung zu organisieren, geschweige denn eine Spezialausbildung in den Monaten danach. Es würde eher noch problematischer werden, als es zuvor war. Deshalb bin ich strikt gegen einen Wehrdienst, weil er einfach nicht realisitsch sinnvoll umsetzbar ist.

Wie gesagt, die Wehrpflicht ist international betrachtet - außerhalb von akuten Krisengebieten wie Israel / Korea - die absolute Ausnahme. Deshalb finde ich es auch so fatal, dass hierzulande so getan wird, als sei es das Natürlichste der Welt.

Das Kalkül hinter dem Wehrdienst ist ja quasi: Wenn wir genug junge Männer zum Militärdienst zwingen bleiben auch einige hängen, die sich trotz schlechter Arbeitsbedingungen als Zeit- oder Berufssoldat verpflichten. Statt dessen sollte man vielleicht einfach die Arbeitsbedingungen des Soldatenberufs entsprechend anheben, dass man sich als Fachkraft nicht verarscht vorkommt, nur die Hälfte dessen zu verdienen, was man anderswo verdienen könnte (und dann auch noch in einer oft unschönen Arbeitsatmosphäre mit Material aus dem letzten Jahrtausend arbeiten zu müssen). Es gibt bessere Wege als den Wehrdienst und ich würde mir wünschen, dass wir darüber mehr diskutieren würden. Stattdessen tun wir so, als hätte der Wehrdienst in der Vergangenheit funktioniert und man müsse nur dahin zurückkehren… das ist doch absurd!

Gegen ein derartiges Modell hätte ich auch nichts. Ich hätte auch nichts dagegen, drei Monate Wehrdienst (eben die besagte „Grundausbildung“) für Mann und Frau verpflichtend zu machen, denn die dort vermittelten Inhalte sind durchaus nützlich (die eigenen körperlichen Grenzen austesten, Grund-Überlebensfähigkeiten trainieren, Grund-Sanitätsausbildung, Basis-Schieß- und Wachausbildung usw.).

Meine gesamte Kritik am alten Wehrdienst basiert auf der Zeit nach diesen drei Monaten, die nach zahlreichen Gesprächen mit anderen Ex-Wehrdienstleistenden in 99% der Fälle komplett verschwendete Lebenszeit waren.

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In der Debatte rund um ein Gesellschaftsjahr, den Pflichtdienst o.ä. wäre es meines Erachtens ganz sinnvoll, auf die bereits bestehenden Freiwilligendienste hinzuweisen. Hier gibt es ja schon Wege, die jungen Menschen gesellschaftliches Engagement ermöglichen und nebenbei politische Bildung & soziale Werte/Einsatz/Zusammenhalt stärken. Wäre es nicht sinnvoller, diese und z.B. parallel den freiwilligen Wehrdienst bekannter & größer & attraktiver zu machen? Das hätte den Vorteil, dass wirklich motivierte junge Leute am Werk sind (die vielleicht langfristig in diesem Bereich bleiben) und auf bestehende, gut erprobte Strukturen zurückgegriffen werden kann. Geld ist hier außerdem ein wichtiges Thema, denn wenn nicht einmal 100.000 FSJ- und BFD-Stellen sicher finanziert sind, wie soll das dann für einen ganzen Jahrgang realistisch aussehen? (Vom Taschengeld mal ganz zu schweigen, spreche hier als FSJlerin aus Erfahrung)

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Weil die „Europäische Armee“ sowieso gerade in der Debatte ist, fänd ich (als Utopie, das ist sehr schwer umzusetzen) einen „Europäischen Wehrdienst“ analog zum „Europäischen Freiwilligendienst“ (den ich gemacht habe und jeder und jedem empfehlen würde) toll.
So ist keine Minute verschenkt, weil man eben nicht nur eine militärische Ausbildung macht (oder soziale Tätigkeit ausübt) sondern auch noch mindestens eine (in der Praxis oft mehrere) Sprache(n) lernt. Das könnte vor allem für die Abiturienten ein Anreiz sein, doch einen Wehrdienst abzuleisten. Nebenbei wird der europäische Zusammenhalt gestärkt.

Aber die Bürokratie und Abstimmung unter den europäischen Partnern wäre natürlich enorm, deswegen leider total unrealistisch.

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Aha. Und jemand, die oder der im Altenpflegeheim, in der Klinik oder in der häuslichen Pflege behinderter Menschen dringend notwendige Unterstützung leistet, hat keinen Anreiz verdient, sondern wird durch eine doppelt so lange Dienstpflicht bestraft? Können wir mal einen Gang zurückschalten und ein bisschen weniger panisch nachdenken? Wir haben ja nicht mal die nötige Hardware (sprich: Kasernen und Ausrüstung) für die aktuell angeblich so dringend benötigten SoldatInnen. Und dass SoldatInnen, die nur wegen der kürzeren Dienstzeit und mehr Rentenpunkten zur Bundeswehr gegangen sind, sich im Ernstfall wirklich „in die Schusslinie“ stellen lassen, bezweifle ich auch.

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Ich finde es überraschend, wie schnell von den beiden festgestellt wurde, dass es doch gerecht wäre, wenn dann auch die Frauen wehrpflichtig werden. Ich finde darüber können wir reden, wenn Männer in der Lage sind Kinder zu gebären!

Da hast du natürlich einen Punkt und diese Arbeit ist natürlich wichtig und soll auch nicht gering geschätzt werden. Aber das Problem ist doch: Wenn wir wirklich davon ausgehen, dass die Bedrohungslage größer geworden ist, brauchen wir halt Soldaten. Gleichzeitig schreckt genau diese Bedrohung aber viele ab, sodass man zwangsläufig einen besonderen Anreiz braucht.

Alternativ könnte man, wie oben vorgeschlagen, einen Mini-Wehrdienst von z.B. 3 Monaten als reine Vorbereitung auf das Reservisten-Dasein einführen. Dann käme man eventuell auch ohne Ersatzdienst aus, weil durch die 3 Monate z.B. Studierende kein ganzes Jahr verlieren dürften.
Aber auch auf diese 3 Monate muss man dann als junger Mensch zu verzichten bereit sein, wenn das ganze freiwillig sein soll.

Weill wir im Pflegediens keinen Mangel an Personal haben? Und ein Pflichtdienst ist auch im „sozialem Dienst“ gute Werbung.

Ich gebe dir recht, dass die beiden recht schnell zu dem Schluss gekommen sind. Das hätte man diskutieren können.
Aber ist der Mann an der Waffe nicht genauso ein stereotypes Geschlechterbild wie die Frau am Herd? Die Frage ist nicht rhetorisch, ich bin ein Cis-Mann und gebe zu dass mir schonmal die andere Perspektive fehlt. Mir fällt jedoch kein Argument ein wieso man(n) ein Y-Chromosom braucht um Wehrdienst zu leisten

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Ich sehe da keine Strafe. Und außerdem wurden schon früher gerne Gehälter für Pflegekräfte durch günstige Zivis gedrückt. Wir brauchen vor allem Soldaten und kein Lohndumping in sozialen Berufen.

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Finde ich nicht. Heutzutage fallen Frauen durch Schwangerschaft eigentlich nur 14 Wochen aus. Alles danach liegt daran, dass Frauen sich oft leicht für paritätische Elternzeit einsetzen, oft auch selbst gewünscht. Das Argument zählt für mich persönlich nicht.

Ich habe übrigens 2 Kinder und eins davon kam als versteckte Schwangerschaft. Trotzdem konnte meine Frau wieder arbeiten weil wir beide paritätisch bis heute unsere Kinder betreuen. Ist übrigens kein schönes Modell in Deutschland weil man nur Hürden bekommt, aber es geht.