Wie wollen wir leben? Wie solidarisch ist unsere Gesellschaft (wirklich)?

Ich fände folgende Fragen interessant, auch weil sie mir in der öffentlichen Debatte zu kurz kommen:

Ist der Grund, dass sich die Corona-Zahlen nicht wie angestrebt reduzieren wirklich - wie häufig dargestellt - dass zu viele Menschen „nur noch nicht verstanden haben“?

Könnte der Grund nicht auch sein, dass zu viele Menschen „einfach keinen Bock mehr“ haben und ihre Individualinteressen wieder über die der Gemeinschaft stellen?

Dass - und darauf will ich hinaus - unsere Gesellschaft weit weniger solidarisch ist und leben möchte als ggf früher bzw. als man sich so eingestehen möchte? Und dass es deshalb ggf einen neuen, schmerzhaft ehrlicheren „Gesellschaftsvertrag“ bedarf oder zumindest die Diskussion darüber?

Beispiel aus einem anderen Bereich aber dieselbe Logik: Faire Tierhaltung: Alle Umfragen zeigen so quasi „klar ist mir das wichtig, gern würde ich mehr ausgeben…“ Die Abverkaufszahlen aber sagen: Die meisten Käufer kaufen nach Preis, wollen günstig, ja auch auf Kosten der Haltung.

D.h. das eine ist das was man sich gegenseitig erzählt, die ethischen Standards die man als erstrebenswert hochhält - die grundehrliche Überzeugung und Handlung aber divergiert davon.

Jede Solidarität hat Grenzen, für jeden liegt diese Grenze woanders und wir müssen im Diskurs eine Grenze für uns als Gesellschaft finden - und ggf, so meine Hypothese, ist die Grenze (inzwischen?) woanders als vermutet.

DAS zu verstehen und sich ek zugestehen würde aus meiner Sicht viel weiter helfen als Grenzwerte hier, Fallzahlen da… Wie wollen wir leben? Ist das nicht die eigentliche Frage?