Wie organisieren wir die europäische Verteidigung?

Hallo liebe Community,

ich hätte ein paar Gedanken zur europäischen Verteidigung und hoffe, jemand mit mehr Ahnung kann meine Überlegungen in die Schranken weisen.

Jede EU-Nation hat Stärken und Schwächen, und ich dachte mir, warum nutzen wir das nicht für unsere Verteidigung? Frankreich ist das einzige EU-Land mit Atomwaffen – natürlich nicht genug, um die gesamte EU zu schützen, und eine Zweitschlagsfähigkeit ist auch fragwürdig. Aber könnten wir es uns zutrauen, den Franzosen die nukleare Verteidigung Europas zu überlassen, sie darin zu unterstützen und den Ausbau dieser Fähigkeiten finanziell und materiell zu fördern?

Ebenso würde ich jeder Nation die Führung in einem speziellen militärischen Segment überlassen: z. B. Italien für die Marine, Frankreich für die Luftwaffe, Polen für die Flugabwehr, Deutschland für Panzer, Artillerie usw. Wenn man dann als deutscher Kampfpilot werden möchte, geht man in Frankreich in die Luftwaffenausbildung. Wenn man als Franzose in die Panzertruppe will, geht man nach Deutschland zur Panzerausbildung. Der sprachliche Fokus läge auf der Landessprache des jeweiligen Landes für die jeweilige Truppengattung, aber Englisch wäre die gemeinsame Sprache. So müssten wir keine europäische Armee aufbauen, es bräuchte dann noch einen gemischten Führungsstab, inspiriert von der NATO. Die Frage bleibt jedoch: Wer hätte das Oberkommando im Kriegsfall?

Ich weiß, dass dies voraussetzt, dass die einzelnen EU-Nationen sich gegenseitig massiv vertrauen müssen, und es ist vielleicht doch sehr naiv von mir zu glauben, dass wir das hinbekommen könnten. Dennoch würde ich diese Diskussion gerne führen.

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Ich denke man müsste auch über eine Reform der Abstimmungen nachdenken. Es kann nicht sein, dass Ungarn dauerhaft alles blockiert und russische Interessen ins die EU trägt. Ggf. muss man auch einen Ausschluss erwägen. Gibt genug Kandidaten, die Teil der EU sein wollen. Ungarn kann sich nicht nur die Rosinen raus picken.

Die Konzentration auf einzelne Fachbereiche halte ich für schwierig. Sehe eher das Prinzip einer kleinen NATO (es werden Aufgaben definiert und jeder legt fest, wie er sich dort beteiligen möchte, entsprechend seiner Fähigkeiten, hat aber eine eigene Armee) oder man gibt eben alles an die EU ab und überlässt die Führung dem EU Verteidigungsministerium. Letzteres hätte eine tiefgreifendere Weiterentwicklung der EU als Voraussetzung

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Eine Aufteilung nach Fähigkeiten hat einen entscheidenden Nachteil: den unterschiedlichen „Blutzoll“. Die Nation, die alle Infanterie oder Panzergrenadiere stellen soll, hat eine ganz andere Last zu tragen, als es die Marine-, Luftwaffe- oder der Logistik-Nationen müssten.

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Ist natürlich ein sehr rationaler Vorschlag, aber das hieße natürlich, dass z.B. die deutsche Marinewerften quasi abgewickelt werden könnten. Das dürfte auf massiven politischen Widerstand speziell in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern führen. Außerdem ist auch die Frage, ob die ganze EU gerne unsere deutschen Panzer kaufen möchte, der Slowakei waren sie jüngst viel zu teuer:

Der Stückpreis von 25 Millionen ist im internationalen Vergleich wohl auch ziemlich viel. Ältere Modelle kosteten unter 10 Millionen, der A7 wurde 2023 noch mit 15 Millionen angegeben (Quelle).

Da hat die Rüstungsindustrie wohl beschlossen sich an dem aufziehenden EU-Russland Konflikt gesund zu stoßen.

Dazu hat @MrRobot einen Vorschlag:

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Wir sollten nicht bei jeder neuen Idee mit Verweis auf den wahrscheinlichen politischen Widerstand die Flinte ins Korn werfen. Wie schon so oft gesagt: Politiker mit Gestaltungs- und Führungswillen und Risikobereitschaft ….

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Ja okay, das ist zugegebenermaßen wirklich nicht das beste Argument.

Da ist mMn die Preissteigerung für Leopard-Panzer schon ein besseres Argument, denn wenn zukünftig alle EU-Staaten z.B. ihre Panzer nur noch in Deutschland kaufen würden, dann bliebe bei Kampfpanzern genau ein Anbieter übrig. Man kann, finde ich, jetzt schon ahnen, wie dieser fehlende Wettbewerb die Preise explodieren lassen dürfte. Daher sollten schon 2-3 Anbieter bleiben, natürlich mit maximaler Gleichheit bei Munition, Treibstoff und wenn möglich Bauteilen.

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So lange so etwas passiert muss mir keiner mehr mit Aufrüstung kommen:

So rüsten wir einfach beide Seiten auf, Gewinner ist die Schwerindustrie, Verlierer die Menschen in der Ukraine, in der EU und das Klima.

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Wenn man schon so weit ist, kann man die Rüstungskonzerne auch verstaatlichen

„Der Importanteil von russischem Öl und Gas sei von 45 Prozent 2021 auf 18 Prozent im vergangenen Jahr gesunken.“
Das Gehört zur Wahrheit auch dazu. Natürlich ist es ambivalent. Die Abhängigkeit sollte durch den Wegfall der Pipeline durch die Ukraine weiter sinken, aber es geht nicht von heute auf morgen. Wenn man davon weg will, dann finde ich die Meinung vom BSW und Linke z.B. auch ambivalent, die weiter am Verbrenner hängen möchten und das Heizungsgesetz verteufeln (Linke hauptsächlich wegen der Förderbedingungen).

Bist du verrückt? :wink: Schau dir mal den Wertzuwachs an, z.B. bei Rheinmetall:

rheinmetall_kurs

Allein seit Anfang November hat sich deren Aktienwert mehr als verdoppelt!!! Das hat nicht mal Bitcoin in dieser Zeit geschafft. Womit sollen wir den sonst unsere private Altersvorsorge machen, wenn nicht damit.

Und beim Hersteller des Leopard 2 scheint es ja auch prächtig zu laufen, wie es aussieht:

Das zusätzliche Kapital wird dann wohl in neue Panzerfabriken investiert, wer braucht auch Züge:

Käufer für die neuen Panzer gibt es auch reichlich:

Das mit der europäischen Aufrüstung läuft also.

Grundsätzlich bin ich auch dafür die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit der EU zu stärken. Der Vorschlag mit den einzelnen Truppengattungen je Land hat aber natürlich auch noch andere Haken. Ein Beispiel sind gerade die französischen Atomstreitkräfte. Stehen diese auch anderen Nationen offen? Wenn ja, darf ein z.B. Tscheche General der (französisch verwalteten) „EU“-Atomstreitkräfte werden und dann über den Einsatz französischer Atomwaffen entscheiden?
Dass würde ja voraussetzen, dass alle europäischen Streitkräfte unter einer gemeinsamen europäischen Führung stehen. Soweit sind wir in der EU noch lange nicht. Wenn es mal soweit kommt, dass Europa mit geeinter Stimme spricht, kann man den Vorschlag gerne nochmal aus der Schublade holen.

Ich hatte folgendes auch schon zum Thema Rüstung geschrieben, aber niemand hat reagiert, deshalb nochmal hier.

Es ging um eine antiimperialistische und friedenspolitisch eingebettete Aufrüstung. Ursprünglich hattenich nur Deutschland im Kopf, aber das Konzept ließe sich auch auf die EU-Ebene hochskalieren.

Ich hadere schon lange mit dem blinden Aufrüsten nach kapitalistischem Modell. Einige Rüstungskonzerne und ihre Aktionäre verdienen sich doof und dusselig an der Situation und unserer Angst, aber die Wehrhaftigkeit der Gesellschaft steigt nie kongruent zur Aufrüstung.

Ich denke, dass in der Breite der Bevölkerung Übereinstimmung darin besteht, angesichts der Weltlage als Gemeinschaft wehrhaft sein zu müssen. Das ist die Einsicht in die Notwendigkeit, die jedem Menschen zuzutrauen ist.

Nur mal eine fixe, noch unausgereifte Idee: Die Antwort könnte eine vergemeinschaftete Aufrüstung sein, vielleicht genossenschaftlich organisiert, also nicht gewinnorientiert und gleichzeitig in Besitz aller Genossenschaftlerinnen (vielleicht sogar automatisch in Besitz aller Bürgerinnen, weil jede*r qua Geburt einen Genossenschaftsanteil bekommt). Ja, das käme einer Enteignung gleich, aber da die Rüstung sowieso zu fast hundert Prozent von Steuergeldern bezahlt wird, kann die Industrie auch gleich allen gehören, die dafür bezahlen.

In diesen Genossenschaften könnten Entscheidungen über Investitionen, über Forschungen und über Implementierung in ein grundsätzliches Wehrhaftigkeitskonzept (inkl. Diplomatie) maximaldemokratisch von gelosten, deliberativen Foren getroffen oder vorbereitet werden. Im Vorfeld und auch während der Durchführung könnten mittels Crowdsourcing die Wissensressourcen der gesamten Bevölkerung angezapft werden. Meinetwegen können die entwickelten Lösungen auch per Volksentscheid nochmal legitimiert oder hinterfragt werden, um die größtmögliche Zustimmung zu sichern.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • die Bürger*innenschaft organisiert gemeinschaftlich mit realistischem Blick auf die Gefahren und Notwendigkeiten ihre eigene Wehrhaftigkeit, was zu einer breiteren Akzeptanz der betroffenen Entscheidungen führt
  • Die Rüstungsindustrie würde nicht singulär betrachtet, sondern als ein Element der allgemeinen Wehrhaftigkeit
  • die Preise für die Rüstung würden sinken, weil kein Gewinn erwirtschaftet werden müsste
  • Es wäre mehr Geld zur Verfügung für andere Investitionen in die Resilienz und Wehrhaftigkeit der Gesellschaft
  • das investierte Geld verschwände nicht in den Taschen einiger weniger
  • die Menschen investierten in sich selbst und wären dadurch vielleicht auch bereit, mehr zu investieren
  • der Zusammenhalt der Menschen könnte gestärkt werden, Spaltung könnte entgegengewirkt werden, weil Entscheidungen gemeinsam getroffen würden.

Der Einwand der Demokratie-Konservativen lautet wahrscheinlich, dass das Parlament bei der Entwicklung einer Wehrhaftigkeitspolitik (ich sage mit Absicht nicht Verteidigungspolitik) außen vor wäre. Dem entgegne ich: ganz genau! Die tatsächliche politische Verteidigungspolitik könnte ja weiter existieren, aber wäre nicht mehr entkoppelt von der zivilgesellschaftlich organisierten Wehrhaftigkeitspolitik, sondern beide müssten sich in ständiger Rückkopplung befinden und keine Seite kann die Realitäten der anderen Seite ignorieren. Das Parlament nicht die Bürgerinnen und die Bürgerinnen nicht die Realpolitik.

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Wie organisiert eine Bürgerschaft gemeinschaftlich Wehrhaftigkeit? Kaufen die dann selbst Panzer?

Wie organisiere ich in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft eine nicht gewinnorientierte Rüstungsindustrie? Wenn selbst Krankenhäuser gewinnorientiert sind?
Und wie motiviere ich Innovation in der Rüstungsindustrie ohne Gewinnaussicht?

Zu: „maximaldemokratisch von gelosten, deliberativen Foren“

  • die wissen immer genau was militärisch sinnvoll ist im Sinne der Anforderungen eines modernen Gefechtsfeldes? Also beschaffen wir Dinge die man da braucht oder die wir gerne aus finanzieller und moralischer Sicht als Rüstungsgüter hätten?

Klingt mir doch sehr theoretisch und abstrakt

Hallo Mike,

danke für deine Fragen. Ich führe das gerne näher aus. Die Antworten jeweils unter den Fragen.

Wie organisiert eine Bürgerschaft gemeinschaftlich Wehrhaftigkeit?
→ Dazu gibt es viele Beispiele in anderen europäischen Ländern, allen voran Finnland, den baltischen Staaten, aber auch der Ukraine. Wehrhaftigkeit ist dort ganz selbstverständlicher Teil des zivilen Lebens, etwa in Form von Katatrophenschutz und -hilfe, aber auch ganz klassischen Vorsorgepraktiken, gemeinschaftlichen Wehrübungen oder Survivaltrainings, Übungen im Katastrophen- oder Angriffsfall, Unterhaltung und Ausbau von Schutz-Infrastruktur, etc.

Kaufen die dann selbst Panzer?
→ Das tun sie (die Bürgerinnen) jetzt schon, nur mit dem Umweg über die Exekutive. Die deutschen Staatsbürgerinnen bezahlen jeden einzelnen Panzer mit ihrem Steuergeld. Nur dass der Staat das Geld verwaltet und an die Rüstungsunternehmen weiterleitet. Dann könnten doch die Rüstungsunternehmen auch direkt den Menschen gehören. Warum soll das bei Wohnungsgenossenschaften (hohe Qualität bei fairen Preisen und Berücksichtigung sozialer Bedürfnisse) funktionieren, aber bei Rüstung nicht?

Wie organisiere ich in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft eine nicht gewinnorientierte Rüstungsindustrie?
→ Man organisiert sie einfach nicht gewinnorientiert. Warum sollte eine Industrie, die das Überleben einer Zivilisation sichern kann, überhaupt gewinnorientiert arbeiten. Auch hier nochmal das Beispiel von Wohnungsgenossenschaften und auch manchen gemeinnützigen Agrargenossenschaften, bei denen das hervorragend funktioniert.

Wenn selbst Krankenhäuser gewinnorientiert sind?
→ Gleiches Argument: Warum sollen sie in erster Linie gewinnorientiert sein. Das gilt es zu hinterfragen. Mit dem entsprechenden politischen Willen bestehen für eine Enteignung (bzw. der positivere Begriff lautet „Vergesellschaftung“) bei Gütern eines höheren gemeinschaftlichen Interesses grundsätzlich rechtliche Möglichkeiten.

Und wie motiviere ich Innovation in der Rüstungsindustrie ohne Gewinnaussicht?
→ Da böten sich gleich mehrere Dinge angesichts realpolitischer Bedrohungen an: u. a. Wunsch nach Frieden, Sicherheit und Überleben

Zu: „maximaldemokratisch von gelosten, deliberativen Foren“
die wissen immer genau was militärisch sinnvoll ist im Sinne der Anforderungen eines modernen Gefechtsfeldes?
→ Ja, das ist u. a. ihre Aufgabe, und selbstverständlich würde die Entscheidungsfindung nie ohne die Berücksichtigung der Notwendigkeiten parlamentarischer Verteidigungspolitik und der praktischen Expertise des Militärs auskommen dürfen.

Also beschaffen wir Dinge die man da braucht oder die wir gerne aus finanzieller und moralischer Sicht als Rüstungsgüter hätten?
→ Ja, genau, und natürlich eingebettet in ein größeres Ganzes der allgemeinen Wehrhaftigkeit.

Klingt mir doch sehr theoretisch und abstrakt
→ Nur weil es keinen Realisierungsautomatismus gibt und der politische Wille noch nicht existiert, heißt das nicht, dass es kein praktischer Vorschlag ist. Und abstrakt wäre es, wenn es keine real funktionierenden Beispiele als Blaupause gäbe.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass das ein nicht leicht zu verdauender Vorschlag ist, und offen für weitere Kritik oder Verbesserungen. Vielleicht hast du noch mehr Fragen? Ich würde mich freuen, wenn wir uns weiter dazu austauschen könnten.

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Unterm Strich würde das eine gravierende Änderung unserer bisherigen Gesellschaftsform bedeuten.
Nicht unmöglich, aber müsste von einer Mehrheit der Gesellschaft gewollt sein.
Würde wohl auch eher langfristig gedacht sein.

Letztlich bedarf es aber schon der strategischen Planung und taktischen Ausrichtung einer Armee, um den Anforderungen realistischer Bedrohungen adäquat begegnen zu können.

Die Grundidee wird mir schon deutlich, allerdings ist mir das konkrete Bild noch recht undeutlich.

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Ja, Mike, das stimmt wohl.

Aber ich habe mir gedacht, dass man ja irgendwo mal zu denken anfangen muss. :wink:

Als Zwischenschritt schwebt mir noch zumindest eine (Teil-)Verstaatlichung der Rüstungsindustrie vor. Wir leben in kostenoptimierenden Zeiten. Das wäre ein einfacher und effizienter Schritt. Die Kontrolle könnten parlamentarische Aufsichtsräte übernehmen.

Aber ich sehe naturlich, dass die wirtschaftlichen und parlamentarischen Realitäten die Chance dafür gegen Null gehen lassen.

Obwohl ich Zweifel habe ob diese Art der Wehrhaftigkeit wirklich effizient ist bezüglich der Beschaffung von Rüstungsgütern.
Wenn politische und gesellschaftliche Erwägungen dann militärischen Erfordernissen entgegenstehen, stelle ich mir das schwierig vor.

Es klingt auch schon stark Richtung real existierendem Kommunismus, Der aber nicht funktioniert solange Menschen ihn umsetzen die „gleicher“ sind.

Ich nehme an, dass die meisten in ETFs anlegen und da hat der DAX-ETF vor allem von SAP profitiert. Die Gewinne von Rheinmetall im letzten Jahr haben die Verluste der anderen wieder aufgefressen.
Ansonsten ist es ja vor allem staatliches Geld das in private Kassen geflossen ist, der größte Teil Kredite, die die Ukraine nach dem zu erwartenden Schuldenschnitt nicht zurückzahlen wird. Wäre das Geld beim Staat geblieben, hätte er, wenn er wollte, ganz andere Dinge für die Altersvorsorge tun können.

Ich verstehe deinen Einwand.

Dass gesellschaftliche Erwägungen und militärische Erfordernisse sich entgegenstehen, kann jedoch in jedem Organisationsszenario der Fall sein. Und vielleicht ist das auch gar nicht schlecht, weil die reine militärische Ratio durchaus das moralische Korrektiv der Gemeinschaft benötigt. Aber ich glaube, dass das gar nicht zwingend der Fall sein muss. Im Gegenteil, ich denke sogar, dass die Wahrscheinlichkeit für mehr Übereintimmung bei einer Verstaatlichung der Industrie sogar steigen würde.
Denn es besteht ja nicht nur ein Spannungsfeld aus den beiden Polen gesellschaftliche Erwägungen und militärische Erfordernisse, sondern der dritte Pol ist das Profitinteresse der Rüstungsproduzenten. Die militärischen Erfordernisse sind für die private Rüstungsindustrie ja keine intrinsische Verpflichtung, die Interessen sind nicht deckungsgleich, sondern in erster Linie sind die milit. Erfordernisse für sie eine Möglichkeit für Wachstum und Profit. Das heißt, dass die gesellschaftlichen Erwägungen (mit Ressourcen haushalten und in andere Bereiche gesellschaftlicher Resilienz und Weiterentwicklung investieren) eher den Profitinteressen der Rüstungsindustrie entgegenstehen.
Ich schließe jetzt mal ganz unwissenschaftlich von mir auf andere: Ich tue mich trotz der sehr offensichtlichen militärischen Erfordernisse sehr schwer damit, eine bedingungslose Forderung nach mehr Rüstung zu unterstützen, weil ich es widerlich finde, dass einige wenige sich an der Situation bereichern. Dazu kommt, dass ich deren moralischen Kompass nicht kenne und die Möglichkeit besteht, dass sie auf einem freien Markt auch an die andere Seite verkaufen. Würde die Rüstung (inkl. Innovationsinvestitionen) allerdings rein kostendeckend gestaltet werden und dazu noch parlamentarisch reglementiert und zivil oder juristisch kontrolliert, dann würde es mir viel leichter fallen, dem zuzustimmen. Ich vermute, dass es mir damit nicht allein so geht.

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Heißt, wenn ein Rüstungsunternehmen dann eine eher staatliche „Institution“ wie ein Rentenversicherungsträger wäre, würden alle Bedarfe der Bundeswehr quasi direkt aus Steuermitteln bereitgestellt. Solange ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.

Wenn ein Rüstungsunternehmen eher eine „Zwischenlösung“ ist wie ein Staatlich dominiertes Unternehmen wie die Bahn (hakt etwas, ich weiß), was zwar wirtschaftlich arbeiten soll, aber eher politisch geführt wird, wäre die Bundeswehr ähnlich funktional und effektiv wie die Bahn?
Beruhigt mich jetzt nicht so wirklich…