Hallo Mike,
danke für deine Fragen. Ich führe das gerne näher aus. Die Antworten jeweils unter den Fragen.
Wie organisiert eine Bürgerschaft gemeinschaftlich Wehrhaftigkeit?
→ Dazu gibt es viele Beispiele in anderen europäischen Ländern, allen voran Finnland, den baltischen Staaten, aber auch der Ukraine. Wehrhaftigkeit ist dort ganz selbstverständlicher Teil des zivilen Lebens, etwa in Form von Katatrophenschutz und -hilfe, aber auch ganz klassischen Vorsorgepraktiken, gemeinschaftlichen Wehrübungen oder Survivaltrainings, Übungen im Katastrophen- oder Angriffsfall, Unterhaltung und Ausbau von Schutz-Infrastruktur, etc.
Kaufen die dann selbst Panzer?
→ Das tun sie (die Bürgerinnen) jetzt schon, nur mit dem Umweg über die Exekutive. Die deutschen Staatsbürgerinnen bezahlen jeden einzelnen Panzer mit ihrem Steuergeld. Nur dass der Staat das Geld verwaltet und an die Rüstungsunternehmen weiterleitet. Dann könnten doch die Rüstungsunternehmen auch direkt den Menschen gehören. Warum soll das bei Wohnungsgenossenschaften (hohe Qualität bei fairen Preisen und Berücksichtigung sozialer Bedürfnisse) funktionieren, aber bei Rüstung nicht?
Wie organisiere ich in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft eine nicht gewinnorientierte Rüstungsindustrie?
→ Man organisiert sie einfach nicht gewinnorientiert. Warum sollte eine Industrie, die das Überleben einer Zivilisation sichern kann, überhaupt gewinnorientiert arbeiten. Auch hier nochmal das Beispiel von Wohnungsgenossenschaften und auch manchen gemeinnützigen Agrargenossenschaften, bei denen das hervorragend funktioniert.
Wenn selbst Krankenhäuser gewinnorientiert sind?
→ Gleiches Argument: Warum sollen sie in erster Linie gewinnorientiert sein. Das gilt es zu hinterfragen. Mit dem entsprechenden politischen Willen bestehen für eine Enteignung (bzw. der positivere Begriff lautet „Vergesellschaftung“) bei Gütern eines höheren gemeinschaftlichen Interesses grundsätzlich rechtliche Möglichkeiten.
Und wie motiviere ich Innovation in der Rüstungsindustrie ohne Gewinnaussicht?
→ Da böten sich gleich mehrere Dinge angesichts realpolitischer Bedrohungen an: u. a. Wunsch nach Frieden, Sicherheit und Überleben
Zu: „maximaldemokratisch von gelosten, deliberativen Foren“
die wissen immer genau was militärisch sinnvoll ist im Sinne der Anforderungen eines modernen Gefechtsfeldes?
→ Ja, das ist u. a. ihre Aufgabe, und selbstverständlich würde die Entscheidungsfindung nie ohne die Berücksichtigung der Notwendigkeiten parlamentarischer Verteidigungspolitik und der praktischen Expertise des Militärs auskommen dürfen.
Also beschaffen wir Dinge die man da braucht oder die wir gerne aus finanzieller und moralischer Sicht als Rüstungsgüter hätten?
→ Ja, genau, und natürlich eingebettet in ein größeres Ganzes der allgemeinen Wehrhaftigkeit.
Klingt mir doch sehr theoretisch und abstrakt
→ Nur weil es keinen Realisierungsautomatismus gibt und der politische Wille noch nicht existiert, heißt das nicht, dass es kein praktischer Vorschlag ist. Und abstrakt wäre es, wenn es keine real funktionierenden Beispiele als Blaupause gäbe.
Ich bin mir darüber im Klaren, dass das ein nicht leicht zu verdauender Vorschlag ist, und offen für weitere Kritik oder Verbesserungen. Vielleicht hast du noch mehr Fragen? Ich würde mich freuen, wenn wir uns weiter dazu austauschen könnten.