Wie kann ein Ende des Ukraine-Krieges aussehen?

In der öffentlichen Wahrnehmung wird viel über Waffenlieferunge, eine Sieg der Ukraine und harten Sanktionen gesprochen. Doch wie kann dieser Konflikt realistisch enden? Wenn wir das mal wertfrei betrachten und die jeweiligen Befindlichkeiten berücksichtigen?

Russland: M. Gorbatschow wird bei uns seit der Wiedervereinigung ja positiv gesehen, in Russland betrachtet man ihn wohl eher als Sargnagel der Sowjetunion. Zudem hat der Westen ihm Anfang der 90er, als er innenpolitisch stark unter Druck stand, einige Zugeständnisse abgerungen. Speziell bei konservativen Russen wie Putin war diese Zeit ein Trauma, denke ich.
Konkret denke ich, das Putin diese Eskalation durchaus von langer Hand vorbereitet hat. Den Wandel durch Handel und die Naivität des Westens hat er genutzt, um wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen, um so Sanktionen vorzubeugen. Die Besetzung der Krim u.a. war eher als Test zu sehen, wo die Schmerzgrenze des Westens liegt.
Nun hat er sich zu Kriegsbeginn wohl offensichtlich verkalkuliert. In der Ukraine gab es keine russlandaffine Mehrheit, die zu Russland gehören will, der neue Präsident der Ukraine geht nicht ins Exil, sondern mobilisiert sein Volk. Die Ukraine entpuppt sich als sehr wehrfähig, was hohe Verluste bei den Russen und das Scheitern der Ziele, die ganze Ukraine zu besetzen, nach sich zieht. Putin steht nun durchaus innenpolitisch unter Druck. Zudem reagiert der Westen und die Nato geschlossener und schneller als gedacht, Sanktionen kommen trotz der Abhängigkeiten, da hat Putin den Westen schwächer eingeschätzt. Ausserdem ist die russische Armee weniger leistungsfähig als gedacht.

NATO und der Westen: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gipfelte es darin, das Obama Russland den Weltmachtstatus absprach. Doch offenbar hat man Putin doch unterschätzt. Die Sanktionen kamen schnell, die NATO ist zusammengerückt. Doch wie lange lassen sich die Sanktionen durchhalten? Ungarn schert schon aus. Die NATO ist grad im Clinch mit der Türkei, die Eigeninteressen über die NATO stellt. Geschlossenheit sieht langfrsitig anders aus.

Welche Optionen gibt es?

  • Die Ukraine gewinnt mit Waffenlieferungen aus dem Westen. Unwahrscheinlich, da Russland langfristig militärisch potenter zu sein scheint. Würde eher auf einen Patt hinauslaufen. Das bedeutet einen dauernden Konfliktherd in Europa, solange die besetzten Gebiete strittig sind.

  • Russland setzt sich durch, behält alle besetzten Gebiete. Wäre eine Niederlage für die Friedensordung des Westens und der NATO. Und könnte andere Länder wie China dazu animieren, es auch mit militärischer Gewalt zu versuchen. Krieg würde ggf wieder legitimes Mittel der Politik.

  • Es gbt eine diplomatische Lösung. Aber wie könnte die Aussehen, so das beide Seite ihr Gesicht wahren?

  • es eskaliert. …

m. E. gibt es für solche Fragen bereits den Thread Ukraine-Krieg: aktuelle Entwicklungen, Szenarien seines Endes und seiner Folgen

Sprry, die Freigabe hat offenbar techt lange gedauert…den beitrag hatte ich vor einigen Wochen erstellt

1 „Gefällt mir“

Ich denke das einzige gute Ende des Kriegs ist ein militärischer Sieg der Ukraine, nämlich dadurch, dass die Ukrainer die Russen von ihrem Territorium verdrängen. Alles andere würde jeden Staat das Zeichen geben, dass man ein schwächeren Nachbarstaat einfach überfallen könnte und man damit noch durch kommt. Dann wären wir erst richtig in einer Spirale der Gewalt gefangen. Wurde so aber auch schon einmal in der Lage angesprochen. Nenn mich naiv, aber dies sollte auch das einzige realistische Ende sein.

Ich sehe ein paar Punkte anders:

Es gibt auch Russen für die Gorbatschow aus genau diesem Grund das beste Staatsoberhaupt jemals war.
Er war aus meiner sicht die Chance für Russland sich dem Westen anzunähern und echten Wohlstand für große teile der Bevölkerung aufzubauen. Ich fand die Folge 4 vom Podcast „next year in Moscow“ zu Gorbatschow sehr gut.

Konservativ finde ich ein sehr mildes Wort für imperialistische Ambitionen und den Wunsch die Sowjetunion wieder aufzubauen.

Ich lese deine Aussage so, das du suggerieren möchtest das Russland durch diesen Krieg beweist das Russland doch eine Weltmacht ist .
Ich finde eher das Russland mit diesem Krieg zeigt das Russland keine Weltmacht mehr ist. Russland ist weder in der Lage Militärisch noch Wirtschaftlich den eigenen Willen in Europa durchzusetzen, geschweigen auf der ganzen Welt.

Ungarn shert seit Tag 1 aus. Das ist nichts neues.
Abgesehen davon sehe keinen Ermüdung des Westen bei Sanktionen. Vor allem sehe ich Deutschland, aber auch in Europa keine politische Mehrheit die Sanktionen lockern würde.

Das Erdogan grade Wahlkampf und dabei den Betrittsprozess von Schweden verlängert sehe ich nicht als Zeiche das die geschlossenheit der NATO ins Wanken gerät.

So jetzt zu meiner Antwort auf die eigentliche Frage. Ich glaube zu allererst wird es darum gehen wann und wie dieser Militärische Konflikt eingefroren wird. Die Frage wann es einen anhalten Frieden/ein Ende des Krieges gibt mag ich absolut nicht vorraussagen und zweifle ehrlich gesagt daran, dass das möglich ist ohne einen Regim wechsel in Russland.

Ich denke damit es verhandlungen über einen Waffenstillstand gibt:

  • Müssen entweder beide Kriegsparteien einsehen das eine Militärische pat situation vorliegt, man militärisch nicht gewinnen kann. Und die Kosten an Menschenleben und Material zu hoch sind um weiter zu machen.

  • Oder eine der beiden Kriegsparteien muss militärisch so stark überlegen sein das die andere einen Diktatsfrieden akzeptiert.

Meine persönliche Hoffnung ist das die nächste Ukrainische Offensive ähnlich Erfolgreich verläuft wie die offensive im letzten September und Putins Regim die Rückeroberung von noch mehr annektierten Gebieten Innenpolitisch nicht überlebt. Es daraufhin erstmal einen Waffenstillstand gibt, in dem die Ukrainie genug bei der Aufrüstung unterstützt wird, das Russland nie wieder auf die Idee kommt in die Ukraine einzumarschieren.

1 „Gefällt mir“

Völlig in Ordnung.

Hinsichtlich Gorbatschow beziehe ich mich eher auf die „offizielle“ Sichtweise der russischen Regierung. Im russischen Volk gibt es sicher andere Meinungen.
Zum Thema Weltmacht beziehe ich mich auf Putins Sichtweise, er hält Russland ja immer noch für eine Weltmacht und gat Obamas Äusserung offensichtlich sehr persönlich genommen.
Meine Aussagen zu den Sanktionen stammen von vor einiger Zeit und haben sich so glücklicherweise nicht bestätigt.
Dein Fazit würde ich aber so teilen

Ich fand heute das Gespräch zwischen Gregor Gysi und dem Berater des ukrainischen Präsidenten Alexander Rodnyansky in der Sendung maischberger sehr aufschlussreich.

Rodnyansky wurde mehrfach die Frage gestellt, wie man den Frieden gegen Russland erzwingen wolle.

Er erklärte, dass das russische Regime implodieren könnte, wenn die Krim verloren ginge. Entsprechend könne man dann die Krim gegen die übrigen Regionen verhandeln.

In dieser Position stecken zwei wichtige Informationen.

  1. Kiew wäre bereit, den Anspruch auf die Krim langfristig aufzugeben.
  2. Kiew könnte planen, die Krim zurückzuerobern (die Ankündigung kann natürlich auch nur Taktik sein)

Der erste Punkt stimmt hoffnungsfroh, aber der zweite sollte uns besorgen, sofern er ernst gemeint ist. Das wäre ein Ziel, das von Militärexperten immer wieder als völlig illusorisch beschrieben wurde. Noch schlimmer, es wurde wohl auch stets von den westlichen Alliierten der Ukraine, wegen des hohen Eskalationspotenzials, abgelehnt (laut Ulrich Wickert sei das auch ein Grund für die langsamen/späten Panzerlieferungen).

Man darf gespannt sein, ob das nur eine Nebelkerze ist. Ansonsten wünsche ich uns allen eine hohe Krisen-Resilienz.

1 „Gefällt mir“

Da scheint der Wunsch nach einer fortgesetzten russischen Besatzung der Krim den Blick auf die Realität zu trüben. Expertenmeinungen sind hier deutlich differenzierter als von dir dargestellt. Nur mal als Beispiel:

Ein strategischer Nutzen, das Bedrohungsszenario für die Krim möglichst hoch zu halten, besteht natürlich einerseits im Binden russischer Kräfte und andererseits in kontinuierlichem Druck auf die russische Führung:

1 „Gefällt mir“

Ich habe mir jetzt tatsächlich alle drei von Dir zitierten Artikel angesehen (und mich dabei über den ZDF-Artikel geärgert, der den Eindruck erweckt, die Krim sei erst 1945 an die UdSSR/Russland gekommen, und nicht schon 170 Jahre zuvor unter Sophie von Anhalt-Zerbst). Lediglich der Tagesspiegel hat einen Experten gefunden, der eine Rückeroberung der Krim für realistisch hält - laut Artikel ein auf der Krim geborener Ukrainer, dessen Qualifikation in militärischen Fragen nicht näher erläutert wird. Die Anderen halten einen Rückeroberungsversuch für irgendwas zwischen Unrealistisch bis Wahnsinn.
Was man nicht vergessen sollte: Den Russen geht es nicht so sehr um die Krim sondern vor allem um den Hafen von Sevastopol. Das ist einer der vier wichtigsten Stützpunkte der russischen Marine, und der Einzige rund um das Jahr eisfreie. Den haben sie in der Vergangenheit schon mit Zähnen und Klauen verteidigt - soweit dass sie mal ihre gesamte Flotte in der Hafeneinfahrt versenkten um gegnerische Schiffe an der Einfahrt zu hindern. Gegen den Versuch Sevastopol einzunehmen wird Bachmut wie ein kleines Scharmützel aussehen.

2 „Gefällt mir“

Zugegeben, das Wording „illusorisch“ war sehr hart. Dennoch, die Masse der Militärexperten hat in den letzten 12 Monaten immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Rückeroberung der Krim kaum denkbar ist. Und auch Masala spricht in deinem 3. Link davon, dass eine Rückeroberung der Krim unklug wäre.

Die Ukraine will ab April zurückschlagen. Die Frühjahrsoffensive soll alle bisherigen in den Schatten stellen, sogar die Krim befreien, heißt es in Kiew. Wie realistisch ist das?

Von der Rhetorik sollte man Abstand nehmen. Der Erfolg hängt davon ab, wie gut diese Offensive durchgeführt werden wird. Ich denke, es wäre schon ein Riesenerfolg, wenn es der Ukraine gelänge, die südliche von der östlichen Front zu trennen, also ab Saporischschja bis zum Asowschen Meer durchzustoßen. Dann könnten die Ukrainer auch die Krim in Bedrängnis bringen.

Um sie im nächsten Schritt zu erobern?

Es wäre unklug, wenn sie das versuchten. Dafür bräuchten sie zu viele Kräfte, die sie aus dem ganzen Land zusammenziehen müssten. Es würden gefährliche Lücken an anderen Punkten der Front entstehen, die für die Russen leichte Beute wären.

Und auch in deinem 1. Link wird eine Rückeroberung als in „absehbarer Zeit nicht realistisch“ bezeichnet.

„Die militärische Rückeroberung ist in absehbarer Zeit nicht realistisch“, erklärt Ukraine-Experte André Härtel von der Stiftung Wissenschaft und Politik ZDFheute. Denn: Für die ukrainische Militärführung gehe es zunächst vor allem um die Öffnung des Korridors, den die Russen in den ersten Wochen nach der Invasion zwischen der Krim und den schon nach 2014 besetzten Gebieten erobert hatten.

Ehrlich gesagt finde ich es ein starkes Stück von dir was du hier unterstellst. Ich bin nicht sicher, ob so etwas normalerweise durch die Moderation gegangen wäre. Ähnliche Polemik, teils sogar beleidigend, wird normalerweise (zurecht) gestrichen.

Aber ich will dir eine Chance geben. Warum meinst du denn, dass ich mir eine besetzte Krim wünschen würde? Weder habe ich Verbindungen zur russischen Elite, noch zu russischen Bürgern, wohl aber zu ukrainischen Freunden. Und die sehen die Krim-Frage sehr differenziert (ethnische Fragen vs. russischer Angriffskrieg).

Das ist exakt was ich mit

die Ankündigung kann natürlich auch nur Taktik sein

meinte. Gut möglich, dass man mit der Rhetorik und einem mgl. Abschneiden von Versorgungswegen Truppen binden möchte.

3 „Gefällt mir“

Eben. Zwischen „unwahrscheinlich“ und „völlig illusorisch“ ist schon ein deutlicher Unterschied, aber vielleicht bin ich da einfach zu pedantisch und auf Genauigkeit bedacht. Allerdings gibt es ja auch eine ziemlich weite Range zwischen einer vollständigen Rückeroberung und der Aufgabe eines Anspruchs auf die Krim. Masalas Szenario zielt ja beispielsweise auf diesen sehr weiten Zwischenraum.

Ach Gottchen. Aber gut: Ich fand die Formulierung schon sehr daneben, dass es „hoffnungsfroh“ stimmen sollte, wäre die Ukraine - angeblich - bereit, den russischen Angriffskrieg mit endgültigen Gebietsabtretungen zu belohnen. Die von dir insinuierte Beitschaft zur langfristigen Aufgabe von Ansprüchen auf die Krim ginge ja in der Tat noch über die Angebote der Ukraine zu Kriegsbeginn hinaus, die Entscheidung über den Status der Krim vorerst offen zu lassen.

1 „Gefällt mir“

Dann hast du den Artikel offensichtlich nicht bis zum Ende gelesen.