Wie das Thema "Jagd" polarisiert. Warum?

Hi,
das Thema der Jagd ist auf der großen Bühne der Politik sicherlich kein vordergründiges Thema. Dennoch finde ich es spannend, wie sehr dieses Thema polarisiert. Mir läuft dabei in den wenigen Stücken, die ich dazu lese und in den Unterhaltungen, die ich mit Jägern in meiner Familie darüber führe selten viel Kompromissbereitschaft über den Weg. Da würde ich mich über eure Einschätzung und die der Forengäste sehr freuen. Regelmäßig wird auf Seiten der Jäger das absolute Feindbild der Grünen heraufbeschworen, die gegen alles sind, was die Jagd ausmacht. Auf der Seite der Grünen und in meiner Bubble, die diesen politischen Meinungen wahrscheinlich am ehesten entspricht, sind dagegen Jäger das Konservativste, was es überhaupt gibt. Hier ein paar Beispielthemen:

Das Waffenrecht habt ihr ja schon angeschnitten. Ein klassisches Thema, bei dem sich die Jägerschaft existenziell bedroht sieht, es aber gute Gründe gibt, Regeln zu verschärfen.

Im Tierwohl gibt es natürlich die radikalen Stimmen, die eine Jagd und den Abschuss von Tieren generell kritisch sehen, dabei aber übersehen, dass es gute ökologische Gründe gibt, die für den Abschuss von Tieren sprechen. Hier gibt es natürlich noch Reizthemen wie der Abschuss von wildernden Katzen, die sich 200-500m von bewohntem Gebiet aufhalten (zum Schutz von Vogelgelegen), die Ausbildung von Jagdhunden mit lebendigen Tieren, verschiedene Jagdformen und vieles mehr.

Ökologisch relevante Themen betreffen zum Beispiel den Einsatz von bleihaltiger Munition, Fragen in Sachen Forstwirtschaft (Fraßschäden), die Wildfütterung oder der Abschuss von Prädatoren.

Aktuell relevant ist das Thema ja auch in der Ampel. Das BMEL ist ja unlängst, wie es scheint ohne Absprache mit den Koalitionspartnern, aus dem Jagdrat CIC ausgetreten. Wohl wegen der Kritik an der Trophäenjagd und Jagdreisen. Stimmen aus der Szene sind natürlich entrüstet, beim Landesjagdverband Thüringen wirft man dem BMEL Neokolonialismus vor.
https://www.ljv-thueringen.de/aktuelles/aktuelles-details/news/djv-pressemeldung-deutschland-tritt-aus-cic-aus/?tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=af3888621adcc49236f3dceb8707bab9

Das ist jetzt ziemlich lang geworden, aber ich finde es einfach spannend wie hier in fast jeder Thematik und oft auf beiden Seiten wenig faktenbasiert diskutiert wird. Common ground scheint die absolute Ausnahme zu sein. Die Links zeigen das recht deutlich, sind aber natürlich auch nur Ergebnis einer kurzen Recherche.

Würde mich freuen ein paar Meinungen zu hören :slight_smile:

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Ich bin selber kein Jäger, aber ich stelle mir die beste Art, Fleisch zu essen, so vor, dass man die Anzahl Tiere direkt aus der Natur dafür nimmt, die sowieso zur Wildpflege getötet werden müssen.

Alles besser als Tiertransporte und -quälerei!

Und selbst bei unseren Direkterzeugern hier, bei denen wir Fleisch kaufen, werden die Tiere nicht auf dem Hof geschlachtet, sondern müssen erst zur Schlachterei transportiert werden.
Das wird zwar nicht in Massen gemacht, aber jeder Transport ist Stress.

Bin selber zwar Jagdscheininhaber, aber schon länger nicht mehr als Jäger aktiv.

Ich denke die verhärteten Fronten entstehen durch grundlegend widersprüchliche Vorstellungen von Naturschutz. Bereits beim Jäger-Lehrgang wurde uns beigebracht, dass jeder Jäger allein durch die jagdrechtlichen Hegepflichten geborener Naturschützer ist. Auf der anderen Seite verstehen Peta und Co. den Abschuss von Wild als maximale Schädigung eines Teils der Natur. Es prallen da zwei nahezu unvereinbare Vorstellungen von Naturschutz auf einander, die beide stark in der Gesellschaft verankert sind und starke Lobbyverbände haben.

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Ja eben, es gibt sehr viel was für die Jagd spricht, aber leider gefühlt genauso viel was man daran konstruktiv kritisieren kann.

Ich habe 2 Probleme beim Thema Jagd. Zum einen sind das die Spiel und Spaß Jäger aus den Städten, die Jagd als Stressabbau sehen. Das sind dann such keine Naturschützer.

Mein wirkliches Problem ist der Wunsch Wölfe zu töten, weil dieser auf natürlichem Weg die Bestände unten hält und man folglich weniger töten darf. So viel dann zum Thema Naturschützer.

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Grundsätzlich ist das Thema Jagd in Deutschland relativ stark reglementiert, was auch gut ist.

Wer jagen darf, wie und was gejagt werden darf ist alles relativ haarklein geregelt.

Zugegeben, als jemand, der seit 25 Jahren Vegetarier ist, habe ich auch so meine Berührungsängste mit Jägern, da man unter Jägern nahezu ausschließlich Menschen findet, die es ganz selbstverständlich finden, Tiere zu essen. Das ist ein Grundkonflikt zwischen Grünen und Jägern, bei den Grünen sind knapp 50% Vegetarier (und 10% Veganer), bei den Jägern sind nahezu 100% Fleischesser. Da wird man auch nur schwer einen Konsens finden können.

Die große Frage ist immer, ob das Jagdwesen in seiner aktuellen Form notwendig ist. Quarks und co. hat da eine schöne Liste mit Pro- und Contra-Jagd-Argumenten zusammengestellt.

Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, daher Maße ich es mir nicht an, sagen zu können, ob die Jagd ökologisch erforderlich ist oder ob die Umwelt den Wildtierbestand ohne große Nachteile (Überpopulation, Seuchen, Baumschäden durch z.B. Wildschweine) selbst regulieren könnte. Von dieser Frage wäre meine endgültige Meinung zum Thema Jagd allerdings abhängig…

Jetzt könnte ich den typischen Fehler machen und auf die Studien, die sagen, dass es die Jagd nicht bräuchte, beharren und fordern, dass das Jagen verboten wird. Aber um so eine extreme Position einzunehmen ist mir die Studienlage, so wie ich sie überschauen kann, bei weitem nicht eindeutig genug (Eine Studie aus der Schweiz, die besagt, dass sich die Natur selbst regulieren könne, reicht mir hier einfach nicht…).

Daher ist meine Position eher gemäßigt. Es gibt Dinge, die an der Jagd definitiv kritisiert werden können und müssen. Und bevor ich ein komplettes Verbot fordere, von dessen Richtigkeit ich selbst nicht 100% überzeugt bin, fordere ich lieber, dass diese Missstände in einem ersten Schritt behoben werden. Die Nutzung von Bleimunition z.B. muss endlich konsequent verboten und das Verbot umgesetzt werden, alternative Munition - auch wenn sie wesentlich teurer ist - muss z.B. vorgeschrieben werden.

Das Thema Wölfe ist glaube ich noch mal ein ganz anderes Thema. Hier sind es auch weniger die Jäger, die für eine Lockerung des Jagdverbotes sind, sondern mehr die Viehhirten, die ihre Herden bedroht sehen.

Ich bin definitiv auch eher „pro Wolf“, aber das bedeutet auch, dass wir akzeptieren müssen, dass hin und wieder mal ein Schaf gerissen wird. Und dafür muss der Bund den Viehhirten entsprechende Entschädigungen zahlen - und die Viehhirten unterstützen, entsprechende Schutzvorkehrungen (Zäune, Hütehunde) anzuwenden.

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Warum muss das der Bund wenn ein eigentlich hier heimisches Wildtier sich zum Glück wieder ansiedelt. Hühnerhaltern wird auch nichts gezahlt wenn ein Fuchs oder Mader zuschlägt.

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Damit die Akzeptanz des Wolfes steigt. Ansonsten werden die Viehzüchter die Wölfe illegal jagen und es ist kaum möglich, das zu verhindern. Egal wie hoch wir die Strafen für das Töten von Wölfen setzen, verzweifelte Viehhirten werden Wölfe töten, wenn sie darin den effektivsten Weg sehen, ihr Vieh zu schützen. Leider.

Die Prioritätenliste ist daher:

  1. Viehhirten dazu bringen, alle zumutbaren Schutzmittel zu nutzen (Zäune, Hunde…)
  2. Wenn trotzdem ein Tier gerissen wird, Schaden ersetzen.
  3. Flankierend dazu hohe Strafen für das Jagen von Wölfen.

Ich bin hier also nicht gegen eine Strafe für die illegale Wolfsjagd, aber ich bin überzeugt, dass eine Strafe alleine die Wölfe nicht retten würde, wenn die (gefühlte?) Bedrohungslage der Viehhirten nur groß genug ist…

Weil Füchse und Marder nicht unter Naturschutz stehen. Klingt doof, aber Füchse und Marder sind so zahlreich, dass der Staat keine Maßnahmen zum Erhalt dieser Arten treffen muss, daher tut er es auch nicht. Wenn dann mal ein Hühnerhalter illegal auf Fuchsjagd geht ist das erstens zwecklos (die Füchse vermehren sich zu schnell) und fällt dann bei der Menge der zu tötenden Füchse auch schnell auf, richtet aber keinen unwiederbringlichen Schaden an der Natur an. Wenn hingegen ein Schafshirte eines der wenigen in Deutschland ansässigen Wolfsrudel tötet sieht die Sache schon ganz anders aus…

Das heißt nicht, dass es okay wäre, illegal Füchse oder Marder zu jagen. Es ist halt nur kein so großes Problem für den Artenschutz, wie dies beim Wolf der Fall ist.

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Also dein Punkt 1 ja, auch kein Problem damit da Subventionen zu gewähren.

Punkt 2: nein, weil unternehmerisches Risiko. Der Hirte muss halt den Verlust mit einpreisen.

Wieder anders (Entschädigung) würde ich es nur sehen, wenn der Hirte große Teile seiner Herde trotz Schutzmittel auf einmal verliert.

Punkt 3 ja bitte.

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Das ist das Mindeste Schutzmittel zu nutzen, weil ein heimisches Tier sich wieder ansiedelt. Ersetzen des Schadens lehne ich zu 100% ab, da es wie @Olaf.K es sagt unternehmerisches Risiko ist und der Wolf nicht plötzlich wieder da war. Die Abschussquoten für Jäger müssen einfach runter, damit der Wolf genug Beute hat. Denn ohne Not geht dieses Tier nicht in die Nähe seines schlimmsten Feindes, des Menschen.

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Ich verstehe die Motivation Schadensersatz zu gewähren, mein erster Impuls war aber auch zu hinterfragen, ob das sein muss und es eher abzulehnen. Dann fiel mir ein, dass ich mal was über den Ersatz von Fraßschäden mitbekommen habe und bin auf § 29 Bundesjagdgesetz gestoßen. Allerdings zahlt hier nicht der Bund und eine Schadensersatzpflicht der Jagdausübungsberechtigten ist nicht hilfreich, sondern verlagert das Akzeptanzproblem nur.

Bleibt aber die Kernaussage, dass Ersatz für Schäden durch Wildtiere unserem Rechtssystem nicht fremd ist. Vielleicht ist die Frage dann nicht so sehr, ob es den Ersatz geben soll, sondern wie das konkret ausgestaltet und finanziert wird.

Es geht halt immer um die Frage, ob der Status Quo geändert werden sollte.
Die Tatsache, dass Wölfe in Deutschland ausgerottet waren, lag daran, dass der Staat dies in der Vergangenheit erlaubt hat. Um 1850 war der Wolf in Deutschland faktisch ausgerottet, weil die Landwirte / Viehzüchter es als ihr selbstverständliches Recht aufgefasst haben, den Wolf töten zu dürfen, wenn er ihre Herden bedroht.

Dadurch, dass der Wolf nun unter Naturschutz wieder zurückkehren kann und den Landwirten / Viehzüchtern - absolut mit Recht - untersagt wird, den Wolf zu töten, hat sich der Status Quo, der die letzten 170 Jahre in Deutschland galt, maßgeblich zum Nachteil der Viehzüchter geändert.

Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass aus Naturschutzsicht der Status Quo der letzten 170 Jahre problematisch war und die Viehzüchter hier einen „ungerechtfertigten Vorteil“ hatten. Aber es muss auch klar sein, dass die Viehzüchter den Status Quo der letzten 170 Jahre nicht kampflos aufgeben werden.

Wie gesagt, das Problem ist die Akzeptanz des Wolfes in Deutschland. Die Ausrottung des Wolfes hing mit seiner Dämonisierung zusammen („der große böse Wolf“) und wenn wir wollen, dass die Bevölkerung den Wolf akzeptiert, müssen wir dem entgegen wirken. Dieser typische Standpunkt, dass hohe Strafen für illegale Wolfsabschüsse genügen würden, geht an der Realität - wie immer, wenn es um die populistische Forderung höherer Strafen geht - vorbei. In der Realität kommt es jetzt schon zu zahlreichen illegalen Wolfstötungen, und das wird nur weiter zunehmen, wenn es mehr Wölfe gibt.

Der Schadenersatz für Wolfsrisse sind absolute Peanuts. Wir reden hier nicht über Milliarden im Jahr, vermutlich nicht mal über Millionen. Es ist ein sehr, sehr niedriger Preis für ein großes Stück sozialen Frieden.

Das ist eine zu romantisierende Sicht. Schon im Mittelalter war es ein Problem, dass Wölfe sich durchaus auch ohne „Not“ Viehherden nähern, das hat letztlich zur Ausrottung des Wolfes geführt. Heute sind die Siedlungsräume von Menschen noch deutlich exzessiv gewachsen, die natürlichen Rückzugsräume für Wildtiere hingegen signifikant geschrumpft. Selbst in Ostdeutschland ist es nahezu unmöglich, ein großes Waldgebiet zu finden, von dem aus nicht in der üblichen Aktionsreichweite des Wolfes ein Viehzuchtrevier liegt. Und der Wolf differenziert hier nicht „selbstverständlich“ zwischen dem Reh im Wald und dem Schaf auf der Weide…

Wie gesagt, einen Teil des Problems kann man mit präventiven Maßnahmen beheben, aber wenn diese präventiven Maßnahmen versagen, macht es Sinn zur Wahrung des sozialen Friedens eine Entschädigung zu zahlen. Denn letztlich stehen hier die Interessen der Allgemeinheit daran, den Wolf wieder anzusiedeln, den Interessen der Viehhirten entgegen. Ein monetärer Ausgleich dafür, dass die Viehhirten ihre Interessen zurückstellen, ist daher sinnvoll.

Dem liegt ein Fehlverständnis des natürlichen Gleichgewichts zu Grunde. Wenn der Wolf „genug Beute“ hat, wird er sich so lange vermehren, bis er nicht mehr „genug Beute“ hat. Und dann wird der Druck auf die Viehhirten steigen. Also einfach keine Tiere im Wald mehr abschießen, damit der Wolf das alles reguliert, wird zwangsläufig zu einem Anstieg der Wolfspopulation führen, bis diese so groß ist, dass ein weiteres Wachstum der Population nur noch durch Angriffe auf Weidetiere möglich ist.

Das natürliche Gleichgewicht besagt letztlich, dass eine Population sich so weit ausbreitet, bis sie zu groß ist, um sich ernähren zu können. Dann kommt es zu einer Reduktion der Bestände durch mangelnde Nahrung und das ganze pendelt sich ein. Wenn aber eben Viehherden in der Nähe sind, bedeutet das in einer Phase der mangelnden „wilden“ Nahrung, dass es zu einem immensen Druck auf die Viehherden kommt.

Populationskontrolle ist daher ein Stück weit notwendig. Ja, wir wollen Wölfe in Deutschland, aber nein, wir können die Höhe der Wolfspopulation nicht den natürlichen Selbstregulierungsmechanismen überlassen, ohne dass es zu erheblichen Konflikten zwischen Wolf und Viehhirten kommen wird.

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Mag ja sein, hat aber trotzdem in meinen Augen nichts damit zu tun das die Gesellschaft das unternehmerische Risiko tragen sollte.

Wenn der Staat bei Hirten für den Schaden aufkommen soll, warum dann nicht auch z.B. bei Spediteuren den Schaden durch Wildunfälle ersetzen?

Ist ja quasi dasselbe.

Oder bei irgendwelchen Gestüten, wenn das Zuchtergebnis nicht stimmt?

Auch da gilt, entweder Versicherung oder Einpreisen.

Nicht wirklich, andere Interessengruppen müssen auch ohne monetären Ausgleich zurückstecken für größere gesellschaftliche Ziele.

Abgesehen davon, wenn sie Viehriß mit einpreisen haben sie doch einen monetären Ausgleich.

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Mein Problem mit dem Thema ist, dass es für mich aus Außenstehender sehr schwer zu beurteilen ist, wie die objektiven Fakten hier wirklich aussehen.

Ich sehe auf der einen Seite die Jäger, die nicht müde werden zu behaupten, dass die Jagd ja absolut notwendig sei um irgendwelche Überpopulationen zu verhindern.

Auf der anderen Seite stehen dann die Naturschützer, die die Ansicht vertreten, dass das Quatsch ist und sich die Natur da schon selber regelt - und dass die Behauptungen der Jäger quasi nur vorgeschobene Scheinargumente sind und es dort mehrheitlich eher um das Ausleben niederer Instinkte geht und um den „Spaß“ ein paar Tiere abknallen zu können.

Und wenn man nach neutralen Informationen dazu sucht findet man mehrheitlich auch nur Quellen, die einer der genannten Gruppen zuzuschreiben sind. Aus dem Grund finde ich es äußerst schwierig sich da sinnvoll eine neutrale Meinung bilden zu können.

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Würde das realistische Risiko bestehen, dass die Spediteure die Wildbestände ausrotten, um Schäden durch Wildunfälle zu verhindern, wäre das vielleicht vergleichbar.

Nochmal: Es geht bei Schadenersatz für Wolfsrisse weniger darum, die Viehhirten zu unterstützen - es ist eine Maßnahme zum Schutz der Wölfe vor Selbstjustiz durch Viehhirten.

Deine gesamte Argumentation berücksichtigt diesen Fakt nicht. Sie berücksichtigt nicht die Realität, dass es bereits jetzt zu zahlreichen illegalen Wolfstötungen kommt. Der Nabu hat die Zahl der illegalen Wolfstötungen 2021 bereits mit 64 seit Wiederansiedlung des Wolfes beziffert - und diese Zahl wird exponentiell steigen, wenn die Wölfe sich weiter ausbreiten. Und wie der Nabu sagt, wurden nur die wenigsten dieser Fälle aufgeklärt.

Deine Argumentation darüber, ob Tierrisse nun Unternehmensrisiko oder Schadenersatzpflichtig sein sollen, geht daran einfach komplett vorbei. Fakt ist, wenn Viehhirten sich in ihrer Existenz bedroht sehen, weil durch das Wiederauftauchen des Wolfes ein Standortnachteil gegenüber anderen Viehhirten entsteht (weil die Wölfe sich halt ausgerechnet in „ihrer“ Region niederlassen mussten), wird ein verzweifelter Viehhirte im Zweifel dafür sorgen, dass die Wölfe sterben - auf dem einen oder anderen Weg. Und im tiefen Wald hört niemand den Wolf schreien, der Staat wird nie in der Lage sein, hier effektiv mit den Mitteln der Strafjustiz den Wolf zu schützen.

Deshalb argumentiere ich für Entschädigungen, weil dadurch den Viehhirten die Existenzangst genommen wird. Einige werden vermutlich dennoch illegal Wölfe töten, aber eben nicht so viele. Es geht dabei um den Schutz der Wölfe, nicht um den Schutz der Viehhirte.

Es ist die ewig gleiche Diskussion, wenn sich „Opferschützer“ darüber beklagen, wenn versucht wird, durch „Täterarbeit“ zukünftige Opfer zu verhindern und so getan wird, als würde der Staat damit „den Tätern helfen“. Ja, den Tätern zu helfen, keine weiteren Straftaten zu begehen, ist präventiver Opferschutz, kein Täterschutz. Das gilt auch hier.

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Und wer garantiert, dass durch diese Bestechung nicht trotzdem illegal Tiere erschossen werden? Für mich liest sich da leider heraus, dass du nicht glaubst dass Recht durchgesetzt werden kann oder sollte. Und wenn wir an dem Punkt sind muss man dich fragen ob der Staat noch seine Aufgaben erfüllen kann.

Natürlich sollte der Naturschutz des Wolfes durchgesetzt werden, aber in der Tat kann der Staat es nicht. Das bedeutet nicht, dass „der Staat nicht mehr seine Aufgaben erfüllen könne“, sondern eben, dass unterschiedliche Straftaten mit unterschiedlich hohem Aufwand mit unterschiedlich hohen Aufklärungsquoten aufgeklärt werden kann.

Illegale Tötungen von Wölfen gehören zu den am schwersten aufklärbaren Taten. Man hat schnell einen Verdächtigen (weil i.d.R. höchstens eine Handvoll Viehhirten davon profitieren), aber man hat eben keine Zeugen, die Taten finden fernab der „dichten Zivilisation“ statt, oft nachts im Wald, die Wolfsleichen werden irgendwo im Wald verscharrt, im Zweifel dauert es Wochen, bis überhaupt auffällt, dass ein Wolfsrudel plötzlich nur noch halb so viele Tiere hat.

Diese Straftaten mit einem sinnvollen Mitteleinsatz aufzuklären ist dadurch i.d.R. faktisch unmöglich, insbesondere ist es i.d.R. faktisch unmöglich, Beweise für die Schuld eines bestimmten Viehhirten zu finden. Im Zweifel waren es halt „irgendwelche Wilderer“.

Also was soll hier die Aufgabe des Staates sein? Einen Förster oder Polizisten pro Quadratkilometer Wald dauerhaft auf Hochsitzen stationieren, um die Wölfe 24/7 zu schützen? Sorry, das war populistisch, aber es muss doch klar sein, dass hier jeder Staat - nicht nur Deutschland - an seine Grenzen gerät. Bestimmte staatliche Ziele (klassischerweise z.B. das Verbot von Cannabis) sind einfach nicht realistisch durchsetzbar und werden es auch nie sein, außer natürlich, wir schaffen den absoluten Überwachungsstaat… und das will auch niemand, zum Glück.

Ja genau das meine ich! Vor allem ist mir das aus anderen Politikfeldern nicht so bekannt, dass es so schwer ist, „objektive“ und gut recherchierte Artikel zu einem Thema zu finden.

Das stimme ich dir zu. Wie immer natürlich die Frage, wie man da wieder ins konstruktive Gespräch kommt und nicht pauschal jegliche Forderung in die eine oder andere Richtung ablehnt.

Hast du in deiner aktiven Zeit oder beim Erwerb deine Jagdscheines aufgeschlossene Jäger kennengelernt?

Und nochmal es ist das unternehmerische Risiko, dass der Staat auch für keinen anderen Unternehmer trägt.

Zum Schutz vor Selbstjustiz: wenn ein Wolf illegal geschossen wird zahlen alle Hirten der Region Strafe.

Ich verstehe deine Intention, Frage mich aber warum du dein Argument nach Schadenersatz durch den Staat immer wiederholst aber mit keinem Wort darauf eingehst warum der Schadenersatz durch die Kunden des Hirten so unmöglich ist.

Das schrieb ich dir bereits 2x, um jedesmal wieder „nochmal“ als Antwort zu bekommen, als ob Schadenersatz durch den Staat die absolut einzige Lösung ist die überhaupt möglich ist.

Warum eigentlich nur Entschädigung?

Warum nicht gleich dem Hirten die Geschäftsaufgabe „abkaufen“?

Dann gibt’s gar keine Herden mehr Problem solved, wobei dann der Wolf halt irgendwas anderes finden wird und dann geht der Tanz von vorne los.

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