Wie ändern wir das: Bildung am Leben vorbei

Naja, mal ehrlich wenn ich da so an meine Schulzeit zurück denke:
Naturwissenschaften ja hatte ich, alle drei (im Gegensatz zu nur einer wie heute)
Kulturelle Bildung? Meinst du jetzt Bilder malen oder klassische Musik durchexerzieren ?
Instrument spielen beschränkte sich bei uns auf Blockflöte und Triangel.
Noten lesen habe ich nie gelernt.

Und im Sport wurde mir nur beigebracht, dass ich nicht sportlich wäre (Leichtathletik) und ansonsten bei den Mannschaftssportarten der Ausgeschlossene.

Im Nachhinein betrachtet ist es also so, dass ich bei den Naturwissenschaften nur die Chance hatte herauszufinden was mir liegt, der Rest war ungeliebt und unnötig.

Sport als Leistungsfach mit Noten gehört nach meiner Ansicht abgeschafft. Sport als Bewegungsausgleich sehr gerne und Pflichtfach, aber eben nicht auf Leistung.

Zum Aufbau der Schule meine persönliche Meinung:
Grundschule: lesen, schreiben, rechnen
Sekundarstufe I( bis 10 Klasse): Vorbereitung auf’s Leben incl. bischen Ökonomie, Ernährung, alle Naturwissenschaften, eine Fremdsprache, politische Bildung, Medienkompetenz u.s.w.
Sekundarstufe II: Vorbereitung auf’s Studium, gerne fachspezifische Wahlmöglichkeiten

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Ich habe mir das Thema nur durchgelesen weil ich wissen wollte wie schlecht die Schule wieder gemacht wird.

Meine Kinder sind jetzt in der 4. und 6. Klasse.
Und ganz ehrlich, es funktioniert.

Aber die Diskussion hier, dreht sich um die falschen Dinge.

Aus meiner Sicht alles Dinge für die Eltern. In der Schule sollte hierzu der wirtschaftliche und wissenschaftliche Background gelegt werden (Zinsen, Vertragsrecht, AGB, etc.). Ernährung, Ausbildung, wird angesprochen.

Das Schulsystem krankt am fehlenden :moneybag:.
Mehr Personal (nicht nur Lehrer), bessere Infrastruktur (Händewaschen muss möglich sein mit Seife :wink:). Nicht immer ist mehr Geld besser, aber hier dringend nötig.

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Man muss es nicht streichen aber keiner kann mir erzählen dass man dafür mehr als ein Handvoll Stunden braucht.

Hattest du dich nicht neulich bei einem anderen Thema darüber beschwert, dass Polemik Diskussionen nicht weiterbringt? Der Kommentar ist schon ziemliches geboomere :wink:

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Wir haben in Deutschland das (nahezu gesamtgesellschaftliche) Problem, dass es vollkommen akzeptiert ist, mit Mathematik und Naturwissenschaften zu hadern. Das vermittelt natürlich auch ein fatales Signal an die Kinder, die diese Inhalte dann lernen sollen.

Stellt man sich jedoch mal auf den Standpunkt, dass in anderen Fächern wie den Sprachen Inhalte mitunter auch reformierbar sind, wird das meist mit Statements wie dem obigen quittiert.

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Vielen Dank für diesen, wie ich finde, sehr relevanten Beitrag!

Ich möchte ergänzen, dass wir in Deutschland ein dreigliedriges Schulsystem haben und dass das nicht bedeuten muss, dass am Gymnasium einfach nur von allem „in bisschen mehr“ unterrichtet werden müsste als an der Realschule. Vielmehr könnten diese Schulformen fundamental verschiedene Bildungsschwerpunkte haben. Im Folgenden beziehe ich mich auf das Gymnasium, dass in meinen Augen insbesondere die zukünftige Bildungselite heranziehen sollte.

Als diametrale Gegenposition zu einigen oben genannten Listen schlage ich folgende gymnasiale Bildungsschwerpunkte vor.

Erste Priorität (sollte zumindest in der Unter- und Mittelstufe etwa die Hälfte des Unterrichts ausmachen):

  • „Methodenkunde“: Das umfasst insbesondere reine Mathematik (altgriechisch: „Kunst des Lernens“). Schwerpunkte in Logik, der wissenschaftlichen Methode an sich, Erkenntnistheorie etc.
  • „Mündigkeitskunde“: Das umfasst im Wesentlichen Ethik. Angereichert um fundamentales Wissen über Gemeinschaftskunde, Geschichte und Jura. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf praktischem Debattieren und Rhetorik liegen.

Zweite Priorität („notwendiges Übel“):

  • Deutsche Rechtschreibung und Grammatik
  • Englisch

Dritte Priorität:

  • Wissensvermittlung und weitere Sprachen

Ich möchte betonen, dass mir eine möglichst breite und tiefe Allgemeinbildung sehr wichtig wäre. Gerade deswegen bin ich aber der Überzeugung, dass sich das Gymnasium nicht priorisiert um die Wissensvermittlung kümmern sollte. Ein methodisch hochgerüsteter und mündiger Absolvent wird mit einer enormen Geschwindigkeit alle Wissenslücken schließen können. Ferner darf und soll die Allgemeinbildung natürlich neben der Schule privat oder durch optionale schulische Angebote erweitert werden.

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Hi,
viele gute und differenzierte Punkte im Thread. Über die Inhalte der Lehrpläme kann man sicherlich streiten, mehr Mathe, weniger Literaturinterpretation oder andersrum.

Mein Sohn hat letztes Jahr ein sehr gutes Abitur gemacht, aber es fehlt noch eine ganze Menge, um fit für das Erwachsenenleben zu sein. Und nein, ein Führerschein gehört meiner Meinung nach nicht zwangsläufig dazu.

Wir erleben gerade mit der erleichterten Anwendung von Künstlicher Intelligenz einen Paradigmenwechsel, der unser aller Leben innerhalb der nächsten Jahre radikal verändern wird und der Bildungssektor wird als einer der ersten betroffen sein. Ich bin davon überzeugt, dass die Wissensvermittlung nicht mehr die Priorität in unseren Schulen sein kann und wir stattdessen unsere Kinder in Methodik, interpersonellen Beziehungen, physischer und vor allem psychischer Gesundheit unterrichten müssen.

Die Gesellschaft wird sich durch die KI kurzfristig „umkrempeln“ und die Bildung sollte vorne weg gehen, sonst nimmt sie niemand mehr ernst. Jetzt ist der Zeitpunkt, das komplette Bildungswesen auf den Prüfstand zu stellen. Eine Gedichtinterpretation oder ein Integral berechnen, dass kriegt jede KI in sekundenschnelle besser hin und unsere Kinder werden dies schneller begreifen und für sich nutzen, als ihre Lehrer und wir Boomereltern.

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Aus meiner Sicht geht es um die Frage, was wir als Schlüsselkompetenzen und -Fähigkeiten ansehen, über die möglichst alle Menschen in einer Gesellschaft verfügen sollten - im Sinne eines besseren Funktionierens der Gesellschaft, im Sinne besserer Möglichkeiten für jede/n Einzelne/n und im Sinne einer besseren Ausnutzung von Ressourcen. Das ist der Kern des klassischen Prinzips der Allgemeinbildung, übertragen auf die Anforderungen einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.
Deshalb müsste man m. E. schon argumentieren, warum beispielsweise Grundkenntnisse über die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts wichtiger sein sollen, als die Kompetenz, sich dieses Wissen aus unterschiedlichen Quellen zu erschließen und darüber zu diskutieren.
Ein zweiter Grund ist, dass durch dieses „das sollen die Eltern machen“ de facto soziale Ungleichheit zementiert (und aufgrund ungleicher Geburtenraten in unterschiedlichen sozialen Milieus sogar verschärft wird). Wenn man z. B. die Medienkompetenz oder die Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen, komplett den Eltern überlässt, bedeutet es de facto, diese Fähigkeiten von den im Elternhaus vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen abhängig zu machen. Schon heute hängt der Bildungserfolg in kaum einem OECD-Land so sehr vom Elternhaus ab wie in Deutschland. Schätzungen zufolge wird ein Potenzial von bis zu 30% Schüler:innen „verschenkt“, die zwar talentiert genug wären, aber aufgrund der sozialen Verhältnisse, aus denen sie kommen, zu Hause eben nicht die Förderung erhalten, die sie für einen Bildungserfolg bräuchten. Daher mein Plädoyer, nicht nur auf Fachwissen oder Methoden zu setzen. Schule ist mehr als nur Berufsausbildung oder -vorbereitung,

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Kannst du bitte kurz erklären was du daran für skandalös hältst? Sicher, „kein Mensch“ ist eine sehr starke Verallgemeinerung, aber wie viele Menschen benötigen das Wissen über Jambus, Trochäus usw. außerhalb von Literaturformaten im Fernsehen (überspitzt ausgedrückt)?

Natürlich kann man es wegen der Allgemeinbildung trotzdem lehren, aber der Nutzen ist weit geringer als der von Vektoraddition, Differentialrechnung oder Stochastik (letzteres ist besonders wichtig weil es die Grundlage für alle KI basierten Produkte ist und man nur damit Zugang zum Verständnis von KI erhält), die man für fast alle technischen Dinge im Leben benötigt oder zumindest einsetzt.

Früher hätte ich dir zugestimmt, dann bin ich zum Studium gegangen und habe gemerkt was ich alles nicht wusste. Und dabei haben sich meine Eltern bemüht mich in solchen Dingen auszubilden. Aber manche Dinge fanden sie einfach unwichtig (welche Versicherungen braucht man, wie macht man eine Steuererklärung), andere unmoralisch (Geldanlage) oder kannten sich gar nicht aus (wie findet man den richtigen Studiengang)?

Mit einer Verlagerung so wichtiger Dinge auf die Eltern behindern wir sozialen Aufstieg. Denn ausgerechnet diese Kinder werden im Zweifel von ihren Eltern weniger Unterstützung in diesen Bereichen erhalten können.

Daher bin ich sehr dafür solche Dinge in den Lehrplan zu integrieren. Die Frage ist wo man dafür kürzt.

Als MINTler hätte ich da Ideen, die wohl nicht allen gefallen werden. :smiling_imp:

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Ich als MINTler kann dir sagen, dass es bei Gedichtsinterpretationen vor allem um Textverständnis (Lesekompetenzstufe 3, die nur rund 50% der Erwachsenen besitzen) und Argumentationstechniken geht. Die einzelnen Aspekte wie Vermaß und vor allem die Stilmittel dienen dabei eher als Festhaltepunkte. Dennoch erfüllen gerade diese Festhaltepunkte einen wichtigen Aspekt, denn sie zeigen den SchülerInnen, dass in Texten mehr steht als nur der reine Text. Die SchülerInnen lernen dabei auch die Wirkung der meisten Stilmittel und Versmaße kennen, die oftmals subtil und emotional wirken. Ähnliches findet man auch im Musikunterricht, wenn zum Beispiel Tonarten und Kadenzen untersucht werden. Gleiches im Kunst unterricht, wenn zum Beispiel über Farbgebung usw. gesprochen wird. Dies sind wichtige Aspekte um schon alleine durch den Text an sich subtile Mythenerzählungen zu erkennen ohne dabei auf die reine mathematische Logik zurückgreifen zu müssen, die im Übrigen auch nicht immer ausreicht, da gerade die Intention des Verfassers in einem unbekannten Berechnungsmodell zu finden ist und eben durch die Sprache verschleiert wird (Beispiele wären hierfür die Neurechten Verschwörungsmythen).

Was ich damit sagen will: Jeder Mensch geht immer von seinen eigenen subjektiven Erfahrungen aus und neigt dazu diese unzulässiger Weise auf viele Aspekte zu extrapolieren und kommt so zu stark vereinfachenden Lösungsansätzen.

Was du mit deinem letzten Satz deines zweiten Beitrag

andeuten möchtest, würde ich gerne einmal aufgreifen und dir durch das vorherige widersprechen und nun allerdings an einigen Punkte wieder zustimmen:

In vielen Bundesländern kann man Mathematik als (Abitur)Prüfungsfach abwählen und auch die Naturwissenschaften bis zum Abitur auf eine reduzieren, was für viele Biologie ist, da Biologie in der Schule vorrangig durch fleißiges Bulemielernen auf gutem Notenniveau zu meistern ist, was für den Rest in MINT nicht gilt. In einigen Bundesländern ist MINT im übrigen MN, da es Technik und Informatik gar nicht als Fach an allen Schulen und erst recht nicht für alle SchülerInnen gibt. Gleichzeitig sollen die SchülerInnen allerdings mindestens drei Sprachen lernen, wogegen nichts spricht. Jedoch haben die Sprachen in vielen Bundesländern deutlich mehr Gewicht als die MINT-Fächer zusammen, was zur Folge hat, dass gerade MINT-Begeisterte seltener ein Abitur schaffen. Betrachtet man es unter dem Kompetenzerwerbaspekt, dann ist die zweite Fremdsprache meistens komplett redundant zu Englisch. Die Lösung wäre hier, dass man eine vollkommen andere Sprache erlernt, sodass man dann die Kompetenz erwirbt, wie man Sprachen mit ander Schrift und komplett anderer Grammatik erlernt.

Ein weiterer Aspekt, den ich gerne immer wieder lesen/hören muss, ist, dass die Fächer immer gegeneinander ausgespielt werden, sodass wir nachwievor ökonomisch argumentieren und eben nicht zu der naheliegenden Lösung kommen, dass die SchülerInnen in einer Zeit mit mehr Wissen eben auch mehr Unterricht insgesamt brauchen. Wieso schmeißen wir 15-jährige in den Fleischwolf des Arbeits"marktes", die noch zum Teil hochpubertär sind und ggfs nur wegen der Pubertät nun nicht weiter zu Schule gehen dürfen? Wieso müssen SchülerInnen unbedingt mit 17 oder 18 Abitur machen und bringen somit nur Probleme an die Universitäten wie Vorbereitungskurse, da die SchülerInnen zwar eine Studienberechtigung aber keine -befähigung haben?

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Ja, genau! Woher will man denn wissen was einen Interessiert und was einem liegt, wenn man es noch nie gesehen hat? Dass man das ganze ansprechend aufbereiten muss und viele Lehrer bestimmt keine Verkäufer ihres Fachs sind, ist geschenkt, aber dass man sich in jungen Jahren mit so vielen Dingen auseinandersetzt wie es geht, halte ich für absolut sinnvoll.

Sportunterricht ist auch absolut reformbedürftig, da bin ich voll bei dir. Man muss die Leistungen der Schüler auch entsprechend bewerten. SuS die sowieso Fußball spielen, können ihre Eins dafür bekommen, wenn sie nach 6 Stunden genauso gut durch die Hütchen dribbeln können, wie vorher. SuS, die es am Anfang nicht konnten, es nach ein paar Stunden aber besser hinbekommen,
haben sich ihre gute Note ebenso verdient und das motiviert dann auch.

Ich kann von mir erzählen, dass ich bis zur 10. Klasse auch kein besonders großer Sportler war. 5km Lauf war bei mir der absolute Endgegner. Ich habe aber irgendwann mal angefangen, dafür zu trainieren und hab es dann zumindest mal geschafft, durchzulaufen. Meine damalige Lehrerin war richtig aus dem Häuschen und hat das sowohl durch Ansprache als auch durch die Benotung gewürdigt. Seitdem mache ich regelmäßig Sport.

Da gebe ich dir vollkommen recht und ich gebe gerne auch zu, dass ich da etwas unterkomplex geschrieben habe. Im Grunde meiner Seele gehe ich eigentlich mit dem gesamten Lehrplan, so wie er ist, mit (bezogen aufs Gymnasium), denn jeder einzelne Aspekte kann mindestens auf die Allgemeinbildung zurückgeführt werden.

Dennoch, wenn wir akzeptieren, dass unser Leben komplexer geworden ist und wir heute dringend Digitalunterricht in den Schulen bräuchten, vielleicht sogar Lebenskunde (wie schließe ich Verträge, welche Versicherungen braucht es, Steuererklärung usw. usf.) und auch mehr Mathematik (wegen der ganzen datengetrieben Jobs und KI-Mündigkeit), dann müssen wir Themenfelder identifizieren, die wir entfernen können. Denn eine Klasse 14, 15 und 16 wird schwierig umzusetzen sein. Erstens benötigt man dann wesentlich mehr Lehrer und zweitens schließt sich daran noch ein (in der Regel) 5-jähriges Studium an. Nicht jeder ist begeistert, solange die Schulbank zu drücken (bzw. den Hörsaal zu besuchen).

Wo streicht man dann also? Musik, Sport oder Kunst haben eine hohe Dichte in der Vermittlung von Allgemeinbildung, bei gleichzeitig nur sehr geringer Stundenanzahl. Das reicht also nicht. Die Reduktion der zweiten und dritten Fremdsprache leuchtet mir zwar ein - Übersetzer sind heute auf jedem Handy - und ist grundsätzlich unterstützenswert, aber wir sollten darauf achten, dass Sprachunterricht auch viel Kulturwissen vermittelt und daher dem kulturellen Verständnis zwischen Nationen dient. Man kann hier auch nicht einfach Stunden reduzieren, denn eine Sprache mit nur 1 Stunde pro Woche zu erlernen ist schlicht nicht möglich. Geschichte (und auch Sozialkunde oder seine Pendants in anderen Bundesländern) vermitteln ebenfalls wichtige Fähigkeiten zur kritischen Sachtextrezeption und stärken ganz massiv die Demokratiefähigkeit unserer Schüler und Schülerinnen. Auch hier täte mir eine Kürzung ziemlich weh.

Daher bleibt aus meiner Sicht vor allem der Deutschunterricht übrig, der spätestens ab Klasse 9 die Vermittlung der Sprache beendet hat und ab da vor allem analytische Fähigkeiten vermittelt (und natürlich das Kleben von Collagen, das Bulemielernen von Gedichten etc.). Ich denke tatsächlich, dass man hier (auf Kosten der Allgemeinbildung) durchaus Stunden reduzieren könnte ohne großen Schaden anzurichten. Aber das ist natürlich ein subjektiver Eindruck.

Die Lektüre eines durchschnittlichen Klausuraufsatzes der Oberstufe in einem nahezu beliebigen Fach dürfte dich da leider eines Besseren belehren…

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Ich stimme dir voll zu.
Die Ganztagsschule als Pflicht mit integrierten Aktivitäten auch im musisch-sportlichen Bereich nebst Entschlackung der Lehrpläne (auf intelligente Weise unter Einbeziehung der Lehrer:innen mit ihrer Erfahrung und Kompetenz) dürfte viele Möglichkeiten bieten, Schüler:innen zu bilden und auf das Leben vorzubereiten, und außerdem mehr Chancengleichheit bewirken.
Strukturell müsste der Föderalismus in Bezug auf die Bildung grundlegend reformiert werden.
Aber während ich das schreibe, kommt es mir fast utopisch vor.

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Du hast recht, die Qualität der vermittelten Fähigkeiten lässt mit Einschränkungen zu wünschen übrig. Und doch ändert sich die Zielsetzung der Themenbereiche im Deutschunterricht. Nimm dir einfach mal einen Rahmenlehrplan zur Hand und schau dort rein.

Vielleicht noch als Nebensatz hierzu:
Das betrifft nicht nur junge Menschen, die aus der Schule kommen - sondern auch Menschen, die nach Deutschland ziehen. Daher bin ich mir nicht sicher, ob es Sinn macht diese Punkte in der Schule zu unterrichten. Für vieles davon (Konsumentenschutzseiten, HowTos, etc) gibt es inzwischen im Internet viele (deutschsprachige) Infoseiten oder sind so vereinfach worden, dass es dafür wenig Wissen braucht (Handyvertrag, Konto, etc). Eventuell ist daher der bessere Weg, ein gewisses Quellenverständnis zu schaffen und sicherzustellen, dass Themen erklärt und zuverlässlich im INternet verfügbar sind. Als Beispiel hier möchte ich Österreich und die Arbeitnehmererklärung (Steuererklärung) hervorheben: das ist in Österreich sehr einfahc zu machen und es gibt hervorragende (deutsche) Erklärhilfen dazu.

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Wo Polemik unerwünscht ist, scheint auch Humor einen schweren Stand zu haben. Ich halte den Satz selbstverständlich nicht für „skandalös“ - schon gar nicht angesichts dessen, was sonst mitunter so im Forum zu lesen ist -, sondern habe mich des Stilmittels der Hyperbel bedient. Als jemand, dessen Berufsalltag zu einem nicht unbeträchtlichen Teil in der Analyse von Gedichten besteht, finde ich den Satz freilich einigermaßen ulkig.

Ansonsten habe ich oben geschrieben, warum ich - z.B. - eine Gedichtinterpretation für eine didaktisch anspruchs- und wertvollere Angelegenheit halte als - z.B. - eine Steuererklärung. Die weiterhin gemachten Punkte zur Sprachkompetenz sekundiere ich vollkommen. Anderes wäre sicherlich noch zu ergänzen, ich würde hier allerdings nur noch einmal folgenden Punkt unterstreichen: Die Frage, „wofür man etwas später braucht“, ist in Bildungsangelegenheiten zumeist eine schlechte Heuristik. Jedenfalls ist es selten eine gute und sicher nie die wichtigste Frage.

Für „Literaturformate[] im Fernsehen“ braucht man dieses Wissen allerdings recht sicher nicht zwingend. Ob Maxim Biller, Thea Dorn oder Juli Zeh einen Jambus von einem Anapäst unterscheiden könnten, würde ich zumindest mal bezweifeln…

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Man könnte vermutlich für die Gedichte eine ähnliche Argumentation herleiten, aber beim Beispiel Integral wäre es für mich relativ unwichtig, dass jemand besonders komplizierte Stammfunktionen bestimmen kann – dafür aber sehr wichtig, dass er grundlegend verstanden hat, was ein Integral ist und wie man es generell berechnet.

Zwar soll das Abitur – wie der Name sagt – „allgemein“ auf ein Studium vorbereiten, aber hier muss man sich m.E. der Realität stellen. Wir lügen uns selbst in die Tasche, wenn wir im Abitur die kompliziertesten Integrale und Ableitungen lösen lassen und das dann als ein hohes Level an mathematischen Kenntnissen verkaufen. In Wahrheit werden viele Schüler irgendwo in der Mittelstufe abgehängt und hangeln sich dann anhand von Kochrezepten durch die folgenden Schuljahre. Die Art und Weise, wie Prüfungsausgaben gestellt werden, macht es möglich. Ich kann das ehrlich gesagt auch verstehen, denn häufig wird im Unterricht weder vermittelt, dass das Thema relevant, noch dass es interessant ist.

Wir hätten viel mehr davon, wenn Menschen, die sich einfach wenig für Mathematik interessieren, auch anders darin unterrichtet werden. Nämlich viel stärker auf das Verständnis der Grundlagen und den Transfer dieser auf die Anwendung hin orientiert. Am Ende bringt es nichts, wenn jemand jede Menge Kochrezepte Boulemie-gelernt hat, aber keine Idee hat, wie sich das eigene Kapital verändert, wenn man es zehn Jahre mit 3% Zinsen anlegt, wie der Bremsweg eines Autos sich verändert, wenn die Geschwindigkeit sich verdoppelt, oder ob 1 Mrd Euro bezogen auf eine Bevölkerung von 80 Mio Menschen viel oder wenig ist.

Sprich: ich würde auf einen geringen Schwierigkeitsgrad aber auf eine hohe Transferleistung abzielen. Der Vorteil: solche Aufgaben kann ich nur lösen, wenn ich die grundlegende Theorie verstanden habe. Das ist (meiner Meinung nach) nicht nur relevanter für’s Leben sondern auch ein größeres Erfolgserlebnis für den Schüler. Und der Lehrer findet auch einfacher heraus, ob die Schüler noch Nachholbedarf haben.

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Mir stellt sich hier beim lesen die Frage, wie wir die rund 25% der Hauptschüler und die rund 4% ohne Schulabschluss auf das Arbeitsleben vorbereiten können.
Gerade jetzt, wo wir händeringend „Facharbeiter“ suchen, wäre es in diesem Bereich zwingend notwendig, die entsprechenden vorbereitenden Kenntnisse dafür zu vermitteln, denn gerade hier mangelt es oft an den absoluten Grundlagen.

Ein paar Gedanken:

  • Unsere Gesellschaft will eigentlich, dass beide Eltern am besten Vollzeit arbeiten.
  • Wir wollen auch, dass sich die Arbeiter/innen engagiert, effektiv, leistungsstark, usw. sind.
  • Eltern haben keine Zeit, sind genervt und gestresst (vor allem wenn 1 Job nicht zum leben reicht).
  • Wer übernimmt dann die Aufgabe, den Kindern und Jugendlichen Empathie, Selbstreflektion, soziale Kompetenz usw. beizubringen?