Wie ändern wir das: Bildung am Leben vorbei

Mir ist aufgefallen, dass sich der Bildungsplan, speziell die höheren Bildungsstufen, (gefühlt) immer weiter von den im Alltag benötigten Fähigkeiten entfernt.

Mein Lieblingsbeispiel ist, dass man in der Schule zwar lernt, ein Integral zu berechnen ,was kaum jemand im späteren Leben auch anwenden wird, aber die wenigsten nach dem Schulabschluss in der Lage sind, sich ordentlich zu ernähren.
Das hat natürlich gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, welche wieder umständlich aufgefangen werden müssen.

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Das Problem ist eher, das die Inhalte spannend und Altersgerecht aufbereitet werden müssen, wofür es in der Regel an geeignetem Lehrpersonal mangelt. Ich würde nicht behaupten das Ernährung in meiner Schulzeit zu kurz kam. Die Inhalte waren nur für mich als 16-jährigen so sterbenslangweilig und an meinem Interessen als Teenager vorbei das ich alles direkt wieder verdrängt habe. Wenn ich mich heut mit Ernährung beschäftige dmämmert es öfter mal und ich denke mir, da war doch irgendwas. Irgendwo hast du das alles schonmal gehört :stuck_out_tongue_winking_eye:

Bei Mathematik würde ich dir Recht geben. in der Schule wird eigentlich kein Mathe unterrichtet sondern Rechnen. Man sollte lieber ein zwei Themen streichen und dafür die mathematischen Grundlagen unterrichten. Es nützt nichts wenn ich ein Integral berechnen kann aber nicht verstanden habe was ich eigentlich tue. Dann bin ich nämlich auf dem mathematischen Niveau eines Taschenrechners.

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Ich denke nicht, dass es unbedingt eine gute Idee ist, noch mehr aus dem Mathe-Curriculum zu streichen und weiter unten auf die Ranglisten zu stehen.

Integrale muss man mal gesehen haben damit man später bei Analyse nicht ganz ignorant da steht. Problem ist eher, dass die wenigsten eine Weiterbildung auswählen wo sie das später brauchen.

Mir ist egal, wo wir in irgendwelchen mehr oder weniger sinnbefreiten Rankings stehen.

Ich finde es wichtiger, dass die jungen Menschen wissen

  • wie man sich gesund ernährt
  • ein Konto eröffnet und führt
  • ein Mobilfunkvertrag abschließt
  • sich über Ausbildungsberufe, Studiengänge, Berufsbilder und Ausbildungsstätten informiert
  • eine gute Fahrschule findet

als dass sie den Laichzyklus des [Gelbmaderlurchs] beschreiben und das Gewicht eines Natriummolekühls berechnen können.

Früher hat man, wenn man aus „gutem Hause“ kam, so was von den Eltern gelernt. Wir wollen aber nicht, dass man aus „gutem Hause“ kommen muss, um bessere Chancen zu haben. Außerdem sind die Themen heute so viel komplexer und veralten so viel schlechter, dass die meisten Eltern einfach keine gute Informationsquelle mehr sind.

Wer immer die Lehrpläne - insbesondere an den Gymnasien - erstellt, hat ein Bildungsideal vor Augen, mit dem man in der realen Welt zu einem nicht unerheblichen Teil nix anfangen kann.

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Junge Leute dürften Smartphones besitzen und mit dem Konzept der Google Bewertungen vertraut sein. Frühe Verkehrserziehung ist darüber hinaus selbstverständlicher Teil der Grundschulausbildung.

Mal im Ernst: Zumindest gymnasiale Bildung basiert auf der Vorstellung, Schüler:innen auf ein Studium vorzubereiten - unabhängig davon, ob sie dieses nun aufnehmen oder nicht. Und die Idee dahinter ist, dass dabei Kompetenzen abfallen, die ihnen auch weiterhelfen, wenn sie nicht studieren, die aber gleichsam breiter angelegt sind als das Antrainieren von sehr spezifischen Tätigkeiten, die sich sinnvoller an Berufsschulen, in einem Praktikum oder bei der Einarbeitung in einen Beruf vermitteln lassen.

Mich erinnert das Ausgangsproblem an die berüchtigte SZ-Glosse, in der es um eine Schülerin ging, die behauptete, sie könne nach dem Abitur zwar Gedichte interpretieren, aber keine Steuererklärung machen. Was man hier natürlich entgegnen könnte ist, dass die Fähigkeit zur gelungenen Gedichtinterptetation beinhaltet, dass man in der Lage ist, komplexe Wissensbestände zu verwalten, sperrige Problemstellungen zu bearbeiten und disparate Infomationen zusammenzubringen. Für eine Steuererklärung benötigt man lediglich die Kompetenz, sich eine App herunterzuladen.

Über gewisse Erweiterungen des Spektrums kann man sicher diskutieren, und Ernährung ist hier ein interessanter Fall, da er einerseits mitunter sogar als eigenes Fach bereits unterrichtet wird, aber unbenommen noch verstärkt werden könnte. Aber die Auswahl von Fahrschulen, seriously?

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Das größte Problem der Schulbildung ist aktuell, dass sie mit der Weiterentwicklung außerhalb der Schule nicht mehr Schritt halten kann.
Natürlich bedarf es einer allgemeinen Basisbildung.
Aber außerdem sollten Kinder heute unbedingt lernen, wie man lernt, insbesondere im Kontext einer sich ständig verändernden, von Krisen geprägten Welt. Kinder müssten erfahren und erleben, wie man sich in Projekten Themen erarbeitet und Ziele erreicht. Selbstwirksam, aktiv.

Kennt ihr Schule im Aufbruch von Magret Rasfeld? https://schule-im-aufbruch.de
Das ist der Weg. Oder zumindest ein möglicher Weg.

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Das hatten wir schon als Schüler gefordert- da ist jetzt auch schon über 40 Jahre her

o.k., vergiss die Fahrschule. Nehm´ ich hochoffiziell zurück!

Worum es mir geht: Wir erwarten, das junge Leute mit 15 oder 18 wichtige Entscheidungen über ihr Leben zu treffen, aber sie beherrschen nicht mal die basaltsten Kompetenzen und schleppen dafür viel Wissen mit sich herum, die eine Anwendgungswahrscheinlichkeit ihrem Leben von unter 10% haben.

Macht es nicht falsch. :wink:
Heute wichtiger denn je.

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Grundsätzliche Zustimmung. Ein Führerschein ist hoffentlich bald nicht mehr von Bedeutung. Mir würden aber noch ein paar andere Schlüsselqualifikationen einfallen, die wichtiger sind als spezielles Fachwissen, was man sich jederzeit reinziehen kann:

  • Sozialverhalten (Empathie, Kooperation, Selbstreflexion)
  • Erkennen von und Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven, Situationen und Interessen
  • Medienkompetenz (wie nutze ich verschiedene Medien gezielter und bewusster)
  • Beschaffung und Einorfnung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen
  • Artikulaton und Aushandlung von Interessen, Umgang mit Konflikten

Vieles davon wird schon versucht, was aber oft daran scheitert, dass die Lehrenden nicht entsprechend qualifiziert sind oder dass die Institution Schule (die eben hierarchisch und nicht kooperativ oder demokratisch funktioniert) dem entgegensteht.

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Meine beiden älteren Kids (16 / 15) hatten beide in der weiterführende Schule (Gymnasium / Wirtschaftsschule) in der 6. oder 7. Klasse mehrere Wochen im Unterricht das Thema „Lernen zu lernen“ und was sie erzählt haben bzw. Unterlagen daraus war wirklich guter Schritt in richtige Richtung!

Nur ist halt auch relevant, ob es auf fruchtbaren Boden fällt. Hat sicherlich auch etwas mit der Reife des Schülers zu tun und sicherlich auch etwas mit Elternhaus (Rahmenbedingungen für Lernen, Fördern & Fordern etc.)

Bei uns hat es einem Kind viel gebracht, das andere hatte nicht so Bock darauf. Dementsprechend sind auch aktuell die Noten.

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Genau und die Eltern bringen den Kindern dann Naturwissenschaften, kulturelle Bildung und Sport bei, weil dazu in der Schule keine Zeit bleibt.

Die Eltern haben durchaus auch einen Erziehungsauftrag und der umfasst die von dir genannten Themen sicherlich. Sollte das Kind sich darüber hinaus noch mit Themen beschäftigen wollen, hat es in der Schule hoffentlich lesen gelernt und wie man einen Fragesatz bildet.

Man muss sich sicherlich über die Lehrpläne unterhalten, aber Schulen sollen die SuS zu mündigen Bürgern erziehen, das erreicht man indem man ihnen Methoden beibringt (Lernen lernen ist ja richtigerweise genannt worden) mit denen sie sich die Welt erschließen können. Alles andere führt doch zur Unmündigkeit.

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Exakt
Sie müssen befähigt werden, mit einer sich in irrer Geschwindigkeit ändernden Welt klarzukommen.
Ich bin schon über 50 und muss zugeben, dass ich schon nicht mehr bei allen Dingen mitgekommen bin, die meine Kinder, die nun erwachsen sind, mit relativer Leichtigkeit gelernt haben.
Aber das ist keine Selbstverständlichkeit. Es geht ja immer schneller. Um mündig zu sein, Mut in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und sich als selbstwirksam zu empfinden, müssen Kinder und Jugendliche in ihrer Persönlichkeit ernst genommen und gefördert werden (siehe Magret Rasfeld). Motivation haben die Kinder, solang sie noch relativ klein sind, intrinsisch. Die sollte man erhalten. Vielleicht hört sich das naiv an und nach immer gleichen Floskeln. Aber so erlebe ich Schulalltag heutzutage eben nicht.

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Wenn wir endlich Ganztagsschulen hätten und den Lehrplan endlich mal entrümpeln würden, hätten die Schulen genügen Zeit, auch solche Themen nahezubringen.

Ja, Erziehungsauftrag schon, aber die Eltern sehe ich eher in den Themen, die @vechte aufzählt:

Welche Eltern können von sich mit fug und recht behaupten, ihren Kindern beibringen zu können, wie man sich heute über Ausbildungsberufe, Studiengänge, Berufsbilder und Ausbildungsstätten informiert?

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Als ich den Thread sah, wollte ich ihn nur lesen, da mir Bildung am Herzen liegt. Doch als ich den Inhalt vernahm, sah ich mich gezwungen einige Aspekte nicht unkommentiert stehen zu lassen:

  1. Inhalt der Lehrpläne/Fachanforderungen: Die Auffassung wie Unterricht sein soll ist in jedem Bundesland anders. So wird zum Beispiel in Schleswig-Holstein nur festgehalten welche Kompetenz die SchülerInnen erwerben sollen, wobei der Lehrer frei in seiner Gestaltung ist, während zum Beispiel in Sachsen ausschließlich der explizite Unterrichtsinhalt vermerkt ist, wobei die Kompetenzen der SchülerInnen nicht aufgeführt sind. Dennoch ist ein Ziel in allen Bundesländern zu erkennen: Die SchülerInnen lernen nicht den „Laichzyklus“ oder „den Hauptsatz der Differentiation und der Integration“ um diesen zu kennen, sondern um anhand dieses Beispiels ein Vorgehen zu erlernen. Es geht im Kern um Problemlösungskompetenz. Jedoch ist die Umsetzung durch Leistungskontrollen, Prüfungen und den eklatant schlechten Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte gepaart mit der gesellschaftlichen Meinung über Schule/Lehrkräfte/Lernen, der extrem MINT-feindlichen Umgangssprache und der Meinung, dass Auswendiglernen gleich Bildung sei, weit weg von diesem Ideal. Folglich sollte die Thematik des Stoffes an sich nicht permanent überhöht dargestellt werden, da wir Lehrkräfte den SchülerInnen lediglich „Werkzeuge“ und ihre Benutzung zeigen.

  2. Verökonomisierung des Lebens: Es dreht sich in der Schule leider alles nur noch um: „Wofür brauch ich das später in meinem Traumberuf?“, „Kann man damit Geld machen?“, „Was muss ich tun damit ich eine gute Note bekomme?“ und „Ach, das wird nicht benotet? Dann muss ich auch nichts machen!“. Dies zeigt gerade auf, dass die SchülerInnen genau das Nachsprechen, was sie von älteren Menschen vorgelebt bekommen. Eine Allgemeinbildung heißt eben nicht, dass jede/r nur das lernt, wovon er/sie denkt, dass er/sie es später angeblich braucht oder eben nicht. Denn genau hier liegt eine Gefährdung der Demokratie. Die vorherigen Phrasen zeichnen ein empathieloses egozentrisches Weltbild und durch die immer weitere Verökonomisierung der Bildung wird dieses immer weiter gefördert. Lassen wir zum Beispiel Musik, Religion und Kunst komplett als Unterrichtsfach weg, dann haben wir hier die Andockpunkte für Propaganda jeglicher Art zugelassen…

  3. Der böse Mathematikunterricht (Der böse MINT-Unterricht): Ja, die SchülerInnen lernen in der Bundesrepublik Deutschland leider nur Rechnen und nahezu keine Mathematik und das ist definitiv verbesserungswürdig und auch ich habe dazu schon an Schleswig-Holsteinweiten Projekten mitgewirkt (und bin dabei auch auf viele Widerstände gestoßen) und bin auch gerade nach meinem Umzug nach Sachsen dabei meinen Weg in solche Projekte zu starten. Aus meiner Begeisterung und der gesellschaftlichen Ablehnung zur Mathematik bin ich überhaupt erst (Seiteneinsteiger)Lehrer geworden. Mathematik ist mit Abstand das undankbarste Fach in der Schule, da man es zum einen nicht unterrichtet und zum anderen die Lernenden ihren Kompetenzerwerb (Logik) nicht bemerken. (Mathematik macht schlau) Aber es geht noch weiter, denn eigentlich müsste man noch viel mehr Mathematik unterrichten, da dieses Fach Resilienzen gegen Mythen aufbaut, wenn man denn Stochastik unterrichten würde (viele Lehrer lassen dieses Thema gerne aus). Statistiken werden flächendeckend nicht verstanden (Fehlurteile: Wie man Wahrscheinlichkeiten richtig versteht - Spektrum der Wissenschaft) und eröffnen somit für die Gesellschaftsspalter Tür und Tor, wie bei den Querdenkern, QAnons, RussiaToday-Gläubigen und Klimaleugnern (Auch eine Krise der mathematischen Bildung - F.A.Z.). Gerade die stochastischen und statistischen Größen sollten von mündigen BürgerInnen bestanden werden, da in dieser Gesellschaft zu häufig mittels Mittelwerten und ausgesuchten Zahlendarstellungen (relative oder absolute) je nach verfolgtem Narrativ argumentiert und polarisiert wird.

Auch die Forderungen nach Unterrichtsinhalten wie gesunde Ernährung usw. sind im Kern obsolet, da diese schon in den Lehrplänen verankert sind. Genauso die Berufsorientierung, die mittlerweile schon meiner Meinung nach zu viel Raum in der Schule einnimmt, da das Leben meiner Meinung nach der Arbeit beginnt.
Auch ist der Aspekt „Lernen zu Lernen“ oft schon integriert, doch wird dieser gerade wegen des LehrerInnenmangel ständig zusammen gekürzt und soll deswegen in einigen Bundesländern von Eltern oder anderem Hilfskräften übernommen werden, was meiner Meinung nach komplett in die falsche Richtung zeigt, wenn ich an den ersten Punkt meiner Ausführungen denke.

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Ich weiß, es ist nur ein Beispiel, aber mit einem Integral umgehen zu können ist absolute Grundbildung. Wichtig für jeden, der sich im Laufe seines Lebens mal über einen Galileo Beitrag hinaus mit Technik, Wirtschaft, Naturwissenschaft oder sonst irgendetwas beschäftigt, was mit Zahlen und Mathematik beschrieben wird.

Aber grundsätzlich verstehe ich deinen Punkt. Schulen sollten Allgemeinwissen (MINT, Powi, Geografie und Geschichte) vermitteln und dann den Schülern Werkzeuge an die Hand geben, die ihnen im Leben helfen werden(Kommunikation, Selbststudium, Organisation,Sport etc). Sparen kann man mMn an Kultur bezogenem Unterricht. ZB braucht kein Mensch Versmaß und ähnliches im Deutschunterricht.

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Ganz deiner Meinung! Auch Demokratie muss mehr Einzug in den Schulen halten. Kinder müssen lernen wie in einer Gemeinschaft Entscheidungen getroffen werden und welche Rolle sie dabei spielen. Das findet an Schulen kaum statt.

Marina Weisband betreut dazu auch ein ganz tolles Projekt

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Wie wäre es wenn man den Kindern dann wirklich erstmal das beibringt was in Lehrplan steht? Außerdem sollte in einem ordentlichen Ganztag der Nachmittag für Sport, Musik und Kunst genutzt werden.

Dann müssen sich auch die Eltern informieren? Praktika wird es in zwanzig Jahren bestimmt auch geben, genauso wie irgendeine Form von Suchmaschine und Internet. Dementsprechend stehen einem da alle Türen offen.

Gerade die letzten drei Jahre haben mMn eindrucksvoll gezeigt, dass Mathe, Physik, Chemie und Biologie deutlich mehr Gewicht im Curriculum bekommen sollten.

Mathe aus den von dir genannten Gründen (denn eine Statistik lesen können oder etwas wie Risiko beurteilen zu können sind eine verdammt wichtige Medienkompetenz).
Aber auch die anderen Fächer sind wichtig, um zu verdeutlichen, wie (naturwissenschaftlicher) Erkenntnisgewinn funktioniert. Das, was man in der Schule lernt ist ja leider nur von der Bauart „irgendjemand hat das mal rausgefunden, deswegen ist das so“. Die Vorgehensweise von der Theorie zur Hypothe zum Experiment muss viel mehr verdeutlicht werden. Ebenso, dass man in der Naturwissenschaft nie etwas beweisen kann, sondern immer nur widerlegen kann ist wichtig, um zu verstehen, wie die Welt funktioniert.

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Einen skandalöseren Satz habe ich in diesem Forum noch nicht gelesen.

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