Wer hilft, wenn Corona-Skeptiker wissenschaftlich argumentieren?

Ihr Lieben,

unter den Corona-Skeptikern in meinem Bekannten- und Freundeskreis gibt es auch Akademiker, die mit Studien und wissenschaftlichen Parametern argumentieren und so zu dem Schluss kommen, die Pandemie sei in der Summe nicht gefährlicher als eine Grippe, die Übersterblichkeit zeige keine signifikante Erhöhung durch Corona usw. Ich bin selbst Akademiker und weiß, wie schwer es bereits ist, die Studien aus dem eigenen Fachgebiet zu verstehen, dann aber Studien aus einem anderen Fachbereich korrekt interpretieren und im Kontext verstehen zu können, ist mir persönlich nur laienhaft und mit gefährlichem Halbwissen möglich.

Meine Frage: An wen kann man sich denn wenden, um wissenschaftlich-geprägte Corona-Skepsis zu beleuchten? Gibt es irgendwo Studierende der Virologie / Biologie / Statistik, die sich bereitwillig auf solche Diskussionen einlassen und die man bei der Argumentation mit Cornoa-Skeptikern um Hilfe bitten kann?

Ich denke, so eine Information ist auch eine Erwähnung in der Lage wert. Eine Beantwortung im Forum reicht mir aber völlig :slight_smile:

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Ich teile deine Kritik, dass in den Medien oft zu oberflächlich auf die Argumente der Corona-Verharmloser eingegangen wird. Dabei entsteht ein zu simple scheinbare Eindeutigkeit und man ist zunächst überrascht, von so manch einer scheinbar fundierter Frage.
Im Drosten-Podcast, aber auch in vielen Interviews von Streeck, erfährt man aber doch immer wieder zusammenhänge.

Der Grippe-Vergleich ist ein relativ einfacher Trick, weil es zur Grippe so viele schwammige Zahlen gibt. Der SWR stellt in einem Beitrag von vor 10 Jahren fest, dass das RKI die Grippetoten in machen Jahren auf bis zu 30.000 Menschen in deutschland schätzte. SWR Reportage - Grippeimpfung Dr. Angela Spelsberg Epidemiologin - YouTube Das ist vermutlich eine falsch Zahl, aber vergleicht man Corona damit, erscheint es aktuell harmlos.

Warum der Vergleich quatsch ist:

  1. In den vergangen Jahren hat man kaum einen vergleichbaren Schutzaufwand betrieben. Die Reproduktionszahl hängt bekanntlich weniger von der Krankheit selbst ab, sondern viel mehr, von den Hygienemaßnahmen. Keiner kann sagen, wie viele gestorben wären, wenn keiner irgendwas gemacht hätte (wie anfangs in Brasilien oder USA)
  2. Wie sind die Krankheitsverläufe? Corona kann mit mehreren Wochen Intensivstation mit Beatmung einhergehen, was bei Grippe eher ungewohnt ist. Über Langzeitfolgen kann es bei Corona gar keine wissenschaftlichen Studien geben…
  3. Wie gut kennt unser Körper den Erreger? Die Grippe (von Europa eingeschleppt) hat vor 500 Jahren ganze Volksstämme in Nord- und Südamerika ausgelöscht. Dagegen ist Corona ein klacks. Aber in Europa sind unserem Immunsystem aus Kindergarten, Schulzeit etc. praktisch alle Grippevieren-Familien bekannt und nur alte Menschen wird es zur Gefahr. Bei Corona gab es zunächst überhaupt keine Immunitäten. Deswegen, obwohl die Krankheit vielleicht nicht schlimmer als eine schwere Grippe ist, hätten an Corona auf einen Schlag potentiell 50 Millionen erkranken können, was bei Grippe eben wengen Immunitäten niemals passieren kann.

Also ja, aus manchen Perspektiven mag die Grippe schlimmer erscheinen, als Corona, aber in entscheidenden Punkten ist Corona doch die größere Gefahr, denke ich.

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Hallo Helmut,

danke für deine Antwort und die Denkanstöße zum Grippevergleich.

Mit meiner Anfrage wollte ich jetzt gar nicht so konkretes Feedback zu bestimmten Diskussionspunkten erhalten. Vielmehr wäre ich dankbar für den Hinweis auf Gruppe xy / Website xy / Institution xy, an die man sich mit begründeten Zweifeln wenden kann und von denen man eine wissenschaftlich fundierte Antwort erhält.

Um den Hintergrund meiner Frage deutlicher zu machen. Ein Freund von mir - Wirtschaftsingenieur - argumentiert z.B. mit der Studie von Ioannidis, schickt mir Graphen zur Übersterblichkeit und Besetzung der Intensivbetten. Laut seiner Interpretation der Daten sieht er die Gesamtsituation als relativ harmlos an und hält sich nicht an die Hygienemaßnahmen. Ich habe den Eindruck, dass er (noch) zugänglich für logische Argumente ist und wenn ich ihn logisch überzeugen könnte, würde er wohl auch sein Verhalten ändern. Ich habe aber gar nicht die Zeit und Energie mich intensiv mit den Studien und Daten, die er mir schickt zu beschäftigen. Außerdem bin ich mittlerweile auch wütend, weil mir sein Verhalten als äußerst arrogant und unverantwortlich erscheint - das heißt, es fehlt mir auch die Geduld zur ruhigen und sachlichen Debatte. Darüber hinaus steht für mich auch die Freundschaft auf dem Spiel.

Daher nochmal meine Frage, kennt ihr Stellen / Experten / Foren, an die man sich wenden kann?
Für Falschmeldungen in den social media gibt es ja z.B. https://correctiv.org/
NDR-Info bietet an, Fragen zum Corona-Virus per Mail an meinefrage@ndr.de einzureichen, doch habe ich auf meine Fragen keine Antwort erhalten.
Ich würde die Debatte auch hier ins Lage-Forum stellen. Vielleicht kann mir einer der Moderatoren sagen, ob solche Diskussionen hier willkommen sind (bin noch neu), dann stell ich hier gerne all meine Fragen / den Mailverkehr mit meinem Kumpel zur Diskussion.

Viele Grüße

Ich weiche von einer Frage ab, aber ich kann dir mal schicken, was mir dazu einfällt.

  1. v. a. der Dunning-Kruger-Effekt, den du selbst schon hast anklingen lassen
  2. Autoritätsargument
  3. confirmation bias
  4. belief bias
  5. Texas sharpshooter fallacy

Keine Ahnung, wie man das dem Freund überzeugend beibringt, aber es könnte ihn dazu bringen, seine Meinung zu reflektieren.
Dass er die Überzeugung anderer hinterfragt, finde ich eigentlich gut.

Ich bin allerdings auch nur Laie was so Psychologie angeht, und vielleicht wird dein Freund entgegenhalten, dass seine Schlussfolgerung damit noch abzulehnen ist.

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Mit Argumenten kann man selten jemanden gewinnen. Gibt es Fakten, die ihre ganze Theorie zu Fall bringen, zweifeln sie die Quellen an.

Ganz entscheidende Zahlen hat vor einigen Tagen die amerikanische Regierung veröffentlicht. 2020 sind mehr als 400.000 Menschen in den USA mehr verstorben wie im vergangenen Jahr, obwohl die Zahl in den letzten Jahren rückläufig waren. Dabei ist in den USA der Altersdurchschnitt deutlich geringer wie in Deutschland (38 zu 44 Jahren)

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das beste Argument sind die aktuellen Todeszahlen, denn die sind jetzt schon höher als sonst die sogenannte Übersterblichkeit.
Wer die leugnet ist nicht zu erreichen.

Ich persönlich bin nicht bereit unnütze Diskussionen zu führen und bereinige mein Umfeld entsprechend.

Ich habe auch schon mit so Konsorten diskutiert.

Es hilft enorm wenn man sich breit informiert* und sich traut die fraglichen Studien und Artikel im original zu lesen, besonders wichtig sind dabei die Diskussion und die limitationen am Ende jeder seriösen Studie/Untersuchung.

Dann kann man sich überlegen wie dies einzuordnen ist, wo sind Schwächen in der Argumentation, was kann ich überprüfen und recherchieren etc.
Einiges kann sogar stimmen oder zumindest eine berechtigte Kritik sein.

(*) ich höre regelmäßig eine Reihe Podcast zu Corona, so natürlich NDR mit Droste, aber auch MDR mit Kekulé, wdr mit DocEsser, EvidenzUpdate mit DEGAM Vorsitzenden Dr Scherer, PinG Corona im Rechtsstaat, klartext Corona von der Apotheken umschau, NDR Wirtschaft in Zeiten von Corona uvm. Und lese viel über Twitter

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Was sie hier beschreiben hört sich ein bisschen an wie: Was soll ich tun wenn mein Gegenüber bessere Argumente als ich hat, meine Meinung aber bereits vorgefertigt ist?

Das für vielen Menschen die Korrektheit der öffentlichen Meinung und die Notwendigkeit der Maßnahmen indiskutabel sind, ist die Folge eines verkürzten Diskurses.
Wenn wir ehrlich sind ist das Thema Corona so komplex, dass es niemals von einzelnen Wissenschaftlern in seiner Gänze erfasst oder Beschrieben werden kann (so wie auch kein einzelner Mensch auf der Welt mehr weiss, wie ein Computer in allen Einzelheiten funktioniert). Man brauch ein Kollektiv von Wissenschaftlern um den Virus und die Folgen des gesellschaftlichen Umgang damit auch nur im Ansatz erfassen zu können.
Man muss sich klar sein, dass wenn Drosten in seinem Podcast einen Lockdown fordert, er den Bereich seiner wissenschaftlichen Expertise verlässt, da kein einzelner Mensch die Folgen des Virus gegen die Folgen des Lockdowns abschätzen kann. Drosten ist kein Wirtschaftswissenschaftler oder Ökonom. Wenn er also solche Forderungen öffentlich (zur Debatte) stellt, dann tut er dies aus seinen persönlichen Überzeugungen und Prioritäten.

Wieso wollen sie ihren Freund denn unbedingt überzeugen? Man kann unterschiedlicher Meinung zu Corona und den Maßnahmen sein, wenn man zB den Wert eines einzelnen Lebens unterschiedlich einordnet. Lassen sie ihrem Freund doch seine Meinung, machen sie ihm doch stattdessen klar, das es gefährlich ist nur aufgrund der eigenen Erfahrungen, des eigenen Wissens und ein paar Grafiken ein derart kompliziertes Problem erklären zu wollen und noch viel wichtiger, dass das was dabei herauskommt, ob richtig oder falsch, eine Einzelmeinung ist und nicht den gesellschaftlichen Konsens zu diesem Thema widerspiegelt.

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