"Warum sagt das keiner von den Grünen?"

Hallo!

Zuerst mal vielen Dank für die erhellenden Beiträge und Diskussionen jede Woche. Ich bin Fan der ersten Stunde und freue mich immer über die differenzierten Einschätzungen und den mitgelieferten Kontext.

Von daher habe ich mich schon sehr über den Grünen-Wahlkampf-Beitrag gewundert. Ich stimme voll und ganz mit der These der handwerklichen Fehler und der Naivität der Grünen überein. Jedoch fehlt mir die Einordnung in den derzeitigen Wahlkampfmodus vor allem von CDU/CSU. Das Niveau ist aus meiner Sicht unterirdisch und es wird nicht umsonst schon von der „Trumpisierung“ gesprochen.

In diesem Licht scheint es mir sehr gewagt, die Umfrageergebnisse allein der vermeintlichen Unfähigkeit der Grünen zuzuschieben. Wir erleben ein neues Level an Diffamierungen und persönlichen Angriffen aus unterschiedlichen Motiven heraus.

Die Grünen müssen damit umgehen, soviel ist klar.

Von Euch hätte ich mir aber eine entsprechende stärker Einordnung gewünscht.

Viele Grüße

Oliver

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Sehr schön, dass sich ein Politiker der Grünen der Debatte hier im Forum stellt!

@TvG: Was viele hier im Forum nicht nachvollziehen können, ist die schlechte Vorbereitung, wenn es zur Prime Time um dass Senden/Vermitteln politischer Inhalten vor Wahlen geht.

Eine Frage etwa in die Richtung: „Was bedeutet die Anhebung der CO2 Steuer für die Wählerinnen und Wähler? Führt das nicht zwangsläufig zu einer Verteuerung, die vor allem untere Einkommen stark belastet!?“ … ist vorhersehbar!

Das Energiegeld müsste als erster Teil der Antwort kommen und nicht als Korrektur für eine schlechte Nachricht, wenn die Zuschauer schon in alte Denkmuster (höhere Steuern bedeuten für mich weniger Geld) gefallen sind. Also eine Antwort in Richtung: „Die Anhebung der CO2 Steuer bedeutet eine höher Auszahlung des Energiegeldes für jeden einzelnen. Berechnungen zeigen, dass gerade Geringverdiener von einer Erhöhung des CO2 Preises profitieren.“

Um Nachfragen zur Berechnung muss man sich dann keine Sorgen machen, sollte aber ein Grafik wie die folgende zur Hand haben, um es zu belegen.


Quelle: https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/C18_MCC_Publications/2019_05_03_Wirtschaftswoche_Folgen_einer_CO2-Steuer.pdf

Ein Sender, wie die ARD oder das ZDF sollte in der Lage sein, eine Grafik einzublenden, die man in der Vorbereitung auf die Sendung vermittelt hat.

Ziel der Grünen sollte es sein, dass sich die Erhöhung des CO2 Preises mit dem Begriff Energiegeld verbindet und nicht mit dem Begriff Benzinpreiserhöhung.

@TvG: Das ist nur ein Beispiel von vielen. Nochmal, warum schafft ihr es nicht euch so vorzubereiten, dass ihr die Debatte führt und in die Richtung lenkt, in die ihr hinwollt. Stattdessen lasst ihr euch in der Regel am Nasenring durch die Arena ziehen oder in Sachgassen leiten. Ihr müsst noch mehr in Coaching investieren und einfache, nachvollziehbare Botschaften senden. Bisher gelingt euch dass mehr schlecht, als recht.
Wie das Vermitteln von Sachverhalten geht, solltet ihr euch mal bei Emissionshandel einfach erklärt (explainity® Erklärvideo) abschauen. In eurem Erklärvideo Wie unser Energiegeld funktioniert bleibt bei den meisten wahrscheinlich emotional hängen, dass Autofahren teurer wird. Es wird keine Parallele vermittelt, dass man für „Müllentsorgung“ natürlich zahlen muss! Da man CO2 nicht in Abfalltonnen sammelt, wird er der Preis mit den Produkten erhoben. Das muss man einfach vermitteln können.

In Summe: Die Inhalte habt ihr ja. Kümmert euch bitte um die Vermittlung und verstrickt euch nicht in Erklärungen, die eigentlich keine Erklärung benötigen. Wenn es zu gezielten Provokationen kommt, hilft eher Vereinfachung, als Komplexität.

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Ich das beim Hören eigentlich nicht als Grünen-Bashing wahrgenommen, eher als Unverständnis darüber, dass die Grünen die Angriffsfläche des Gegners (seine Heuchelei) nicht nutzen und die Widersprüche offenlegen (CO2-Bepreisung beschlossen und es dann den Grünen in die Schuhe schieben, dass die Benzinpreise steigen). Herr Laschet hat das höchstrichterliche Urteil zur Generationenfrage gelobt und jetzt will er eine höhere Pendlerpauschale, damit sich nichts ändert und alle ihn wählen. Bei mir kam eher die Botschaft an: Zum Angriff, nur Mut! Für andere ist das wahrscheinlich sogar viel zu Grünen-freundlich, also das Gegenteil von Bashing. Dass die aufgehübschte Vita eine Nebelkerze ist, wurde m.E. auch gut herausgearbeitet…

Die Meta-Ebene war doch - so kam es bei mir an - was ist das für ein Kuschelkurs der Grünen, wo bleibt der Angriffsmodus? Die Stimmung und die zurück gezogenen Anträge auf dem "„Krönungsparteitag“ belegen auch nicht gerade das Gegenteil, die Grünen üben sich in Mäßigung. Wenn Sie es damit aber übertreiben, riskieren Sie auch so manche Stimme am 26.9…

Liebe Grüße

Ich finde meine Meinung in dieser Diskussion auch gut durch sportbag und Felix1 wiedergegeben.

Aus einem anderem Input kam zur Stellungnahme, oder eben Verteidigung der Grünen auch noch ein Taktikaspekt. Warum sollten die Grünen jetzt schon ihr Pulver verschießen? Man siehts doch am Versagen der Medien und der Bevölkerung, wie schnell die ganzen Skandale der CDU im wahrsten Sinne verpuffen. Also lieber vor dem Wahlkampf Alles auf den Tisch bringen ist vielleicht die bessere Variante.

Ich versteh es einfach nicht, wie es die CDU geschafft hat, dass das ganze Debakel um Scheuer der letzten Jahre, die Korruptionsfälle (Masken, Aserbaidschan usw.) völlig aus dem Wahlkampf rausgenommen wurde. Wer hilft dabei? Die schlechte Berichterstattung der Medien.
Es wurde das CDU-Ablenkungsmanöver AFD gezündet und voll aufgenommen. Kein einziges Thema im Wahlkampf, das die Bevölkerung wirklich weiter bringt. Das ist für mich unglaublich. Und da hätten Journalist:Innen viel mehr machen können. Aber nein, das Thema war gestellt, mehr Gedanken wurden sich nicht gemacht. Zumindest kam bei mir nichts Anderes an, bin offen für Hinweise, hab ja auch nur begrenzt Zeit mich zu informieren.

Das sollte bis zum Wahlkampf den Journalismus beschäftigen finde ich.

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Sehr interessante Diskussion. Ich sehe das ähnlich wie einige andere User hier, das Hauptproblem ist, dass die Erzählungen der anderen Parteien einfach so ohne viel Nachzudenken übernommen werden. Anstatt, dass es wirklich um Inhalte geht, wird die meiste Zeit nur über diese Meta-Inhalte (Alle Medien berichten, Sie hätten das Vertrauen der Wähler verloren, was sagen Sie dazu?) diskutiert. Bestes Beispiel die „Farbe bekennen“-Sendung mit Baerbock in der ARD. Das ist echt ein unterirdisches Niveau und ich frage mich ernsthaft, ob solche „Top-Journalisten“ der ARD in wirklich guten Politikformaten, wie es sie in den USA gibt, einen Job bekommen würden.

Trotzdem hat @myUser recht: Die Grünen müssen an ihrer Kommunikation arbeiten. So sympathisch ich Habeck finde und dass er immer ehrlich erst auf die Frage antwortet bevor er seinen eigenen Punkt macht: Das ist einfach naiv. Mann kann es doof finden, aber es läuft eben heutzutage so, dass diese Talkshows in 2-Minuten-Beiträge verwurstet werden und da darf man den Leuten eben gar nicht erst die Chance geben, so selektiv zu schneiden.
Statt erstmal die negativen Punkte aufzuzählen, bevor man erklärt, wie die Grünen das dann lösen, sollte man einfach nur die positiven Punkte der Grünen aufzählen. Lass doch die anderen vorrechnen, wieviel Cent das Benzin dann teurer wird.

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Ich glaub zum Kernthemen ist viel gesagt, ich glaube gerade das Beispiel von Felix1 macht da auch meine Meinung zu dem Thema sehr transparent.
Ein Metabeitrag über die Rolle von Journalismus & Twitter für die Debtattensetzung und Erzählungen in diesem Wahlkampf wäre wirklich super interessant, sprengt aber vielleicht den Rahmen dieses Podcasts (und ist vielleicht auch kein Thema mit dem sich Ulf und Philipp beschäftigen wollen).

Aber um hier auch einen Beitrag zur Diskussion dazu zu geben, würde ich noch folgende Anregung in die Runde geben.
Meiner Wahrnehmung haben die Grünen im Moment drei Kernthemen.
→ Klimakatastrophenverhinderung
→ Progressives Gesellschaftsbild, insbesondere Feminismus & LBGTI & Antirassimus (und alles was es da noch an Problemen gibt)
→ Politikstil, mit Blick auf das erstarken der neuen Rechten, dem Trumpismus, die asymmetrische Demobilisierung

Die Themen sind m.E. in dieser Reihenfolge wichtig für die Partei.
Aber, der dritte Punkt, der Anspruch andere Politik zu machen als die Kolleg:innen der Union, sachpolitisch, halbwegs ehrlich, und nahbar ist glaube ich wichtig für das Selbstverständnis der Partei.

Da kann man natürlich sagen, dass das machtpoltisch dämlich ist das zu versuchen, aber das halte ich wirklich für seltsame Kritik.
Ich glaube - als Mitglied etwas gebiased - tatsächlich das die Menschen bei den Grünen - stärker als bei anderen Parteien - wirklich Überzeugungstäter:innen zu sein, und die da wirklich sich abgrenzen wollen.

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In den Medien werden ja alle Parteien gebashed. Da die Grünen sich als Kanzler- tauglich halten werden die jetzt halt auch mehr unter die Lupe genommen und präsentieren genau das Bild von sich, was sie sind: noch nicht so weit! Zumindest nicht als erste Kraft! Ich weiß nicht, ob ich „leider“ sagen soll, da die Themen ja immer wichtiger werden, aber die Herangehensweise halte ich halt für falsch. Meines Erachtens kommt man mit den politischen Themen voran wenn man

  1. Wirtschaft
  2. Soziales und
  3. Umwelt behandelt.
    Und genau in dieser Reihenfolge wird man mE nur die Bürger mitnehmen. Die Wirtschaft muss laufen, damit die Menschen Geld haben, um sich Umweltmaßnahmen leisten zu können. Bei den Grünen ist die Reihenfolge halt anders herum. Wie soll das funktionieren?
    Auch wenn die CDU sich als z.T. korrupter Haufen gezeigt hat, merkt man in ihren Aussagen und Handeln halt die Regierungserfahrung.
    In den Einzelthemen wird leider häufig ungenau berichtet, je nachdem, wie es passt. Z.B. Es ist ja schon ein Unterschied, ob man eine Bezinpreiserhöhung um 15ct bis 2025 oder bis 2023 hat?
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Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, kann man sicherlich für die einzelnen Themen ein gemeinsames Verständnis entwickeln und mit einem gemeinsamen Begriff belegen. Das hätte den Vorteil, dass man einen Diskurs über Maßnahmen besser führen kann.
Als Beobachter (Wähler) lassen sich darüberhinaus auch die Angebote der Parteien viel besser vergleichen.

In der Kürze von @Gerralf könnte man die Priorität der „Grünen Kernthemen“ von @Hasenkoettel vielleicht mit

  • Umwelt
  • Gleichberechtigung
  • Politikstil

beschreiben. Das wäre dann sowas, wie eine Angebotssicht.
Die Sicht von @Gerralf ist eine gute konsolidierte Sicht über die Wähler, d.h. im Einzelfall steht auch mal die Umwelt ganz oben auf der Nachfrageseite! Aber eben nicht in Summe!

Die Grünen stehen also vor der Herausforderung mit positiven Wirtschaftsmaßnahmen ihre Umweltziele zu erreichen. Wenn das nicht geht, oder nicht vermittelt werden kann, wird es am Tag der Wahl keine erhoffte Mehrheit geben.

Man kann es natürlich auch so sehen, dass die Wähler noch nicht so weit sind.
Ist aber auch egal, da es am Ende das gleiche Ergebnis produziert.
Dass das mangelnde Bewusstsein für die kausalen Zusammenhänge voraussichtlich massiv auf die eigene wirtschaftliche Lage drücken wird, ist scheinbar kurzfristig nicht vermittelbar, da es den Blick in die Zukunft richtet.
Eine Partei, die ein direktes wirtschaftliches Angebot macht, wie etwa die Erhöhung der Kilometerpauschale, trifft einfach direkt ins Schwarze. Bingo! Das Energiegeld ist mehr über Bande gespielt, und ob es ins Schwarze trifft wird angezweifelt.

In Summe haben die Grünen ein Vermittlungsproblem, weil sie sich nicht in die Lage der Zweifler hineinversetzen können/wollen.
Man muss sich nicht verbiegen oder lügen, wie es in anderen Threads diskutiert wird…
Man muss nur für unterschiedliche Wählergruppen die Maßnahmen unterschiedlich vermitteln.
Das ist auch richtig schwer!

Leider ist das die Prioritätenliste der Leute, die sich eine unausweichliche Veränderung der Bedingungen (Klimaeinfluss auf Wirtschaft z.B.) nicht vorstellen können. Die leiten von den relativ stabilen Wachstumsraten und sicheren Lebensumständen (in der westlichen Welt) der letzen Jahrzehnte ab, dass es so weitergehen wird und also die Zunahme des Wohlstandes die einzige Veränderliche ist. Das ist eine Konstante konservativer Weltanschauung, Und die politischen Motive der Konservativen sind mehrheitlich, die Vorrechte auf denen sie sitzen nicht aus der Hand zu geben. Wären sie nicht privilegiert, wären sie vermutlich nicht konservativ.

Dem ist schwer beizukommen. Am ehesten mit einer grossen Schulreform, in der sinnloses Pauken durch die bestmögliche Entwicklung von sozialer Intelligenz ersetzt würde. Aber da sind wieder die Konservativen sehr dagegen, denen es bisher gelungen ist, die Schulkinder eben durch immer neue Stofffülle die Zeit und Lust zum Nachdenken zu nehmen. Aber sie werden sich irgendwann doch beugen müssen …

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So eine Priorisierung ist doch total realitätsfern. Jede wichtige politische Entscheidung betrifft alle 3 Bereiche. Niemand kann die Wirtschaft fördern ohne dabei auch an Umwelt- und sozialen Auswirkungen zu denken. Und umgekehrt wenn etwas für Umwelt/Soziales getan wird, hat das auch positive Einflüsse auf die Wirtschaft.

Durch jede Entscheidung Umweltauswirkungen zu ignorieren, entstehen früher oder später Kosten für den Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Kosten müssen auch heute schon eingeplant werden, alles andere ist doch nur „Bilanzverschleierung“. Also im Gegenteil: man muss sich Umweltverschmutzung leisten können, denn irgendwann wird jemand für resultierende Klimaschäden
zahlen müssen.
Mancher hofft vielleicht, dass er bis dahin nicht mehr lebt aber mit der gleichen Logik könnte man auch Billiarden Euro Schulden machen, um jedem Bürger ein Elektroauto zu spendieren.
Da merkt dann irgendwie jeder, dass das nicht gerecht sein kann. Dabei würden kommende Generationen wahrscheinlich lieber mit einem riesigen Schuldenberg leben, als mitten in der Klimakatastrophe.

Fiktiv aus der Zukunft: „Wenn Du schon durch Deinen Lebensstil mein Klima kaputt machst, dann nimm wenigstens mein Geld in die Hand um mögliche Folgen abzumildern!“

Wer behauptet er tut nur „das Nötige fürs Klima um die Wirtschaft zu schonen“, hat nur keine Idee wie man beides gemeinsam betrachten kann und versucht verzweifelt jedem der die Umwelt schützen möchte, vorzuwerfen die Wirtschaft zu zerstören.

Vielleicht lässt sich für ein paar Jahre unsere Wirtschaftskraft erhalten indem wir weiterhin den Klimawandel nicht ernst nehmen.
Aber langfristig werden wir unseren Wohlstand nur sichern, wenn wir uns schon heute darauf einstellen, dass man in 5-10 Jahren mit Benzinautos kein Geld mehr macht und wir neue klimaneutrale Technologien entwickeln und marktreif machen.
Denn das werden genau die Produkte sein, die weltweit gebraucht werden.

Das scheint wohl auch Ansichtssache zu sein. Die PKW-Maut, die Pandemiebewältigung, das vom BVerfG einkassierte Klimagesetz und vieles mehr schreien nicht gerade Kompetenz und Voraussicht.

Das die CDU keine Ahnung hat, wie man neue Technologieunternehmen unterstützt hat man ja gut am Beispiel Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Elektro- und Wasserstoffauto oder damals an den Photovoltaik-Herstellern gesehen.

Das Energiegeld ist eine direkte Zahlung an jeden Bürger. Warum ist eine Erhöhung der Pendlerpauschale denn direkter?

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Berechtigter Einwand… Da hatte ich wohl folgenden Gedanken im Kopf, den ich nicht ausformuliert hatte:
Für eine sehr große Wählergruppe führt die Einführung eines CO2 Preises und vor allem die Erhöhung des selbigen durch die Grünen nur zu einer Erhöhung der Spritpreise.

Deren Fazit… Staat zieht uns das Geld aus der Tasche… ungerecht, da es die Besserverdienenden nicht so hart trifft…

Die gleichzeitige Erhöhung der Pendlerpauschale soll diese Gemüter beruhigen! Es besteht ja ein direkter Bezug zu den gefahrenen Kilometer und dem dafür benötigten Sprit. (Ich denke wir sind uns einig, dass dieses Pflaster mit Blick auf die Umwelt und das Klima kontraproduktiv ist.)

Das Energiegeld wird nicht als ein direkter Ausgleich für höhere Spritpreise gesehen, was es ja auch nicht sein soll. Eine individuelle Rechnung, ob das Energiegeld für einen Einzelnen die Erhöhung der Spritpreise kompensiert, ist nicht so direkt und einfach zu ermitteln. (Ist natürlich kein Hexenwerk, da die Grundrechenarten ausreichend sind. Die Gleichung wird bei jedem anders aussehen, da einige ihre Kinder mit einbezieht, andere dies nicht tun…)

Mit über Bande meinte ich, dass es keinen direkten Bezug zum verbrauchten Sprit hat.

Keine Angst, ich habe das Prinzip der Lenkungswirkung über das Energiegeld voll verstanden. Ist ja auch nicht so schwierig :wink:
Warum dies der Großteil der Wähler nicht so sehen kann, verstehe ich auch nicht so recht. Aber dies zu vermitteln ist die Aufgabe der Grünen. Dazu muss man sich in die Köpfe der unterschiedlichen Denkmuster/Wählergruppen hineinversetzten. Das Erkennen von Kausalitäten scheint in einigen Gruppen oftmals leider nicht besonders ausgeprägt zu sein.

Das war mein Denkmuster hinter der von dir hinterfragten Aussage.

NNTR

Ich muss sagen, dass ich die Lenkwirkung des Energiegeldes nicht verstehe.

(Ich unterstelle in folgendem Gedankengang, dass ein Großteil der Menschen ein Bedürfnis nach Urlaub hat)

Was würde ein CO2 Preis + Energiegeld bewirken für:

Reiche Menschen: nichts
Mittelschicht: der Urlaub wird teurer, fliegen aber trotzdem in den Urlaub
Arme Menschen: haben mehr Geld, können sich einen Urlaub aber trotzdem nicht leisten.

Was aus meiner Sicht passieren wird ist, dass sich die untere Mittelschicht evtl. weniger Urlaub leisten kann. Zudem würden die Menschen profitieren, die sich ohnehin keinen (Flug-) Urlaub leisten können.

Meiner Meinung nach bringt ein Energiegeld nur etwas, wenn Menschen bewusst aus diesem Grund nicht in den Urlaub fliegen. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Das Energiegeld ist aus meiner Sicht einfach nur ein „sozialer“ Vorwand um CO2 Preise einzuführen. Am Ende des Tages leidet darunter nur die Mittelschicht.

Meine Theorie zum Konservatismus geht so: Die Menschheit lässt sich in gewisser Hinsicht in 2 Gruppen unterteilen (die Übergänge dazwischen lasse ich der Einfachhheit halber weg)

  1. eben die Konservativen. Sie halten Wettbewerb und Konkurrenz für wesentlich im Zusammenleben. Dabei gehen sie in ihrem Patriotismus „zwiebelschalenförmig“ nach aussen, also zuerst Familie, dann Gemeinde/Stadt, dann Region, dann Land, dann Erdteil, und wenn es Ausserirdische gäbe, wären sie vorbildliche Verteidigers der Menschheit. Weil sie wie gesagt immer konkurrieren, halten sie am Erreichten (Vorrechte, materiellen Wohlstand etc.) eisern fest, gerne zu Lasten der jeweils ausserhalb ihres patriotischen Zirkels gelegenen Menschen, wodurch der erfolgreiche Kampf ja bewiesen ist. Ausserdem haben Konservative die Vorstellung, die Welt wäre immer so gewesen wie gerade jetzt, und sie werde sich entsprechend nie ändern. Selbst bei Einsicht der ernsten Klimasituation haben die K unüberwindliche Probleme, in Vorleistung zu gehen. Erst wenn wirklich alle mittun, verlieren sie die Angst, sich Nachteile einzufangen. Schwierig!

  2. Die Progressiven glauben an Kooperation mehr als an Wettbewerb. Sie betrachten die Vergangenheit und lernen möglichst aus den Fehlern. Sie schauen in die Zukunft und stellen sich vor, wie ihr gegenwärtiges Handeln in die Zukunft wirken könnte und ob es dann auf sie oder ihre Nachkommen zurückschlagen könnte. Sie schauen auch in andere Weltgegenden, ob sie nicht durch unfaires Verhalten auf längere Sicht Gegenwehr zu befürchten haben. (Der letztere Blick fällt den meisten Progressiven allerdings deutlich schwerer…).

Geborene Konservative sind also schwer zu bekehren. Wenn es um ihren Vorteil geht, lässt das eh schon begrenzte Abstraktionsvermögen noch mehr nach. Die eigene Position wird mithilfe der eingesparten Denkenergie noch unbedingter verteidigt. Manche von ihnen gehen in die Politik und die übrigen wählen unweigerlilch diese Politiker. Die konservativen Wähler sehen keinen Anlass, mehr als für den täglichen Kampf nötig über das grosse Ganze nachzudenken, wie gesagt. Deshalb sind sie so verlässlich für die entsprechenden Politiker.

Korruption gefällt ihnen auch nicht, aber gegenüber der Preisgabe von Vorrechten (global gesehen) nehmen sie Korruption halt in Kauf. Man wird wohl (wie hier oder in einem anderen Faden schon gesagt) mit aufgeklärten, fairen Wahlargumenten nicht mehr als 25% der Bevölkerung erreichen vorerst.

Ich frage mich seit sehr langer Zeit, ob man mit bestmöglicher Bildung vielleicht einen grösseren Brocken aus dem konservativen Block herauslösen kann. Das ist immerhin meine Hoffnung.

Ich komme aus mit den Konservativen, z.B. im Sportverein, in der Nachbarschaft, wo sie wirklich anpacken, zuverlässig sind, umgänglich, lustig usw. Sie tun was für die Gemeinschaft, oft mehr als die gewissen Progressiven, man profitiert, so lange man Teil ihres patriotischen Zirkels ist.

Die Grünen (deren Mitglied ich bin) könnten hier und da schon geschickter argumentieren. z.B., dass die Konservativen die freie Marktwirtschaft hochhalten, wenn sie davon profitieren, aber sie einfach wegschieben, wenn sie etwas kosten würde (Umweltschäden). „Verbot“ müsste man nie in den Mund nehmen. Stattdessen „Regeln“ für geringstmögliche Schäden, über die man ja reden kann und soll.

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Wenn das so kommt, wie von dir beschrieben…

… und die CO2 Klimaproblematik einzig am Flugverkehr aufzuhängen ist

… und das Nutzungsverhalten genau so wie von dir beschrieben ist,

dann verfehlt ein Energiegeld die gewünschte Lenkungswirkung natürlich komplett! Dann sollte mit dem CO2 Preis besser „CO2 Senken“ finanziert werden, oder in Technologie investiert werden, die beim Fliegen CO2 reduziert.

Da es aber auch vermeidbare CO2 Verursachung gibt, auf die jeder einzelne durch sein Verhalten direkten Einfluss hat, kann die gewünscht Lenkungswirkung eintreten.
Ich denke da an mehr Fahrgemeinschaften, Nutzung der bestehenden öffentlichen Verkehrsmittel, mal mit dem Rad zum Bäcker fahren und Ähnliches.

Das wäre dann womöglich ein Einstieg in ein Umdenken, was zu veränderten Routinen führen könnte.

Nochmal zum Thema Urlaub… Wäre doch schonmal ein Einstieg, wenn es Einfluss auf die vielen Kreuzfahrer hätte😉

Da stecken mehrere sehr vereinfachende und/oder falsche Annahmen drin, nämlich:

  1. CO2 spart man nur durch Einschränkung von Urlaubsreisen.
  2. Was man sich leisten kann, das leistet man sich auch.
  3. Es gibt nur die Alternative Urlaub oder nichts.

Es gibt aber so viele alltägliche Ausgaben, in denen CO2 steckt, dass man sicher über den Preis zur klimafreundlicheren Variante gelenkt werden kann.

Weniger heizen
Weniger PKW fahren
Regionales Gemüse kaufen
Mehr Homeoffice
Weniger Fleisch essen

Das sind alles Beispiele von Verhaltensänderungen, die der CO2-Preis bewirken kann. Übrigens mit oder ohne Energiegeld. Letzteres braucht man nicht für den Klimaschutz an sich, sondern um eine soziale Abfederung und eine entsprechende Akzeptanz zu erreichen.

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Dein Argument erscheint mir unplausibel, wenn man sich mal Extreme ansieh.
Manchmal muss man die Dosis erhöhen, wenn ein Medikament nicht wirkt. Wie wäre das hier?

Wie stellst du es dir vor, wenn die CO2 Steuer sowas wie 10 000 Euro pro Tonne wäre?
Würde dann die Mittelschicht immer noch einfach in den Urlaub fliegen?

Wenn nein, meinst du, dass es einen Kipppunkt-Preis gibt, vielleicht 2000 Euro pro Tonne, ab dem plötzlich niemand mehr in den Urlaub fliegt, aber bei 1999 Euro pro Tonne fliegen alle wie gehabt?
Wenn nein, dann ist das wohl ein gleitendes Ding, wo mit höherem Preis immer weniger Leute in den Flugurlaub gehen.
Immerhin muss man sich auch andere Dinge kaufen und wenn der Urlaub plötzlich vergleichsweise teurer ist, sagt sich vielleicht schon die eine oder andere „ach, Frankreich ist eigentlich auch schön, da wollte ich schon immer mal hin“.

Ein Gegeneffekt ist bestimmt, dass teure Flugurlaube dann auch wertvollere Statussymbole sind. Wahrscheinlich wäre eine gute flankierende Maßnahme, Werbung für Flugreisen genauso einzuschränken wie Werbung für Tabakprodukte, „Fliegen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung Schaden zu. Wenn Sie mit dem Fliegen aufhören möchten, wenden Sie sich an ein Reisebüro.“.

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Schwieriger Blick auf das Thema CO2 Preis, finde ich. Bei dieser Betrachtung wird das Fliegen gebrandmarkt und verteufelt. Die Reaktion darauf kann ja nur lauten: Ihr wollt das Fliegen verbieten. Das „sich nicht mehr leisten können“, kommt einem Verbot gleich…
Beim Fleischkonsum könnte man das gleiche Muster anführen, immer mit dem gleichen Extrem und der gleichen Reaktion.
Endstation: Klassenkampf

Das gemeinsame Ziel, welches man verfolgen sollte ist doch eine Reduktion der CO2 Quellen auf ein verträglichen Maß durch Maßhalten und nicht durch Verbote.
BTW hierzu müsste man mal sein aktuelles Maß erstmal kennen und auch, wie es sich zusammensetzt. Dann kann man anfangen durch persönliches Verhalten etwas zu verändern. Stichwort: CO2 Footprint App…

@derFragensteller: Das Energiegeld ist nur eine Form, um eine gewünschte Lenkungswirkung zu erzielen. Funktioniert nicht für jede persönlichen Rahmenbedingungen gleichermaßen gut. Vielleicht hast du ja aus deinem Blickwinkel und Rahmenbedingungen heraus eine weitere Form, um eine Lenkungswirkung hin zu weniger CO2 zu erzielen. Je mehr creative Ideeen auf den Tisch kommen, umso besser, oder?

Glaube ich gar nicht. Fliegen wird schon auch diskreditiert, die Schädlichkeit drückt sich im hohen Preis aus. Ist vielleicht sogar ein wenig wie mit dem Rauchen, das noch vor 30 Jahren cool war. Jetzt schaut man auf Raucherinnen eher mitleidig bis abscätzig. Wer will Rauchen jetzt noch verteidigen? So könnte es den Flugreisenden gehen. Weiss nicht, wie es grade in der Schule ist, könnte aber sein, dass Prahlerei mit Fernreisen unter Schülern nicht mehr angesagt sind wenn FFF-Leute zunehmend Wortführer werden.

M.E. kann offensichtlich gewordener gemeinschädlicher Konsum nicht mehr als Statussymbol bestehen bleiben. Einige wenige Trotzige, die es immer gibt, drehen das nicht um.

Diese generalisierte Aussage bezog sich ja ursprünglich auf das Fliegen. Statt wenige Trotzige hoffe ich auf wenige Intelligente, die das Problem lösen, statt es zu vermeiden oder zu ächten. Im Fall vom Fliegen, beispielsweise einen Antrieb ohne CO2 Ausstoß. Bis dahin ist Maßhalten angesagt. Das fällt mit Überzeugung etwas richtiges zu tun leichter, als mit Druck von Außen.

Die Urlaubsreise war nur ein Beispiel. Mir fallen hier zahlreiche Beispiele ein (Reiche fahren mit dem Auto weil es schneller und bequemer ist – ärmere müssen Bahn/Bus fahren; Reiche können sich gesünderes Obst/Gemüse aus weltweitem Anbau leisten – ärmere können nur regional kaufen; Reichere können weltweite Bildungsreisen machen – ärmere nicht…). Die Liste ist endlos. Was ich damit nur zeigen wollte, dass vor Allem die Mittelschicht verzichten muss.

Danke.
Ich finde einen CO2 Preis einfach grundsätzlich für eine sehr schlechte Idee. Ein Energiegeld ist dann auch nur eine Mogelpackung. Am Ende ist die CO2 Steuer ja kein Selbstzeck, sondern soll Menschen daran hindern CO2 auszustoßen. Somit ist die CO2 Steuer einfach nur ein „Verbot“ für die Mittelschicht.

Die Einzige Möglichkeit kann aus meiner Sicht nur der innovative Fortschritt sein. Eine Alternative gibt es dazu nicht.

Diese Aussage halte ich für falsch. Die Anzahl der Flugreisen (wieder nur ein Beispiel, es gibt wieder unzählige andere Beispiele. Aber in keinem anderen Bereich wird „gemeinschädlicher Konsum“ so offen gezeigt), hat in den letzten Jahren enorm zugenommen (ex Covid Zeitraum). Diesen Trend sehen wir weltweit und nicht nur in Deutschland.