Warum ist Ökostrom teurer als Strom aus Fossilen Energien?

Hallo, ist zwar schon etwas spät dafür, aber ich beziehe mich hier auf die Lage Folgen, wo es um das Zustandekommen der Strompreise ging.
Wie es durch dieses spezielle Auktionsverfahren dazu kommt, dass alle Stromtypen dem Preis des teuersten Stromtypen folgen hatte ich so einigermaßen verstanden (auch wenn mir nicht verständlich ist, warum man denn nicht einfach ein anderes System einführt).
Aber die eigentliche Frage, die jetzt bei mir aufgetaucht ist lautet:

Wenn erneuerbare Energien in der Herstellung billiger sind, warum kostet dann Ökostrom mehr als Strom aus fossilen Quellen?

Ich wäre sehr dankbar, falls mir das jemand erklären könnte und frage mich, ob nur ich das nicht verstanden habe, oder ob das in den entsprechenden Lage-Folgen tatsächlich unklar geblieben ist.
Danke im Voraus für die Antworten :slight_smile:
LG Leo

Skaleneffekte und eine gewisse Übermacht der fossil Atomaren Energiewirtschaft - das wäre die kürzeste Antwort.

Professor Bruno Burger erklärt dir das sicher besser…

Börsenstrompreise bilden sich nicht daraus, dass hier nur die günstigsten Erneuerbaren eingerechnet werden, schön wäre das… Heute ist es ein Mix aus allem und damit einfach noch Shit.

Auch selten im Blick ist die internationale Geschichte der Energie:

Die Marktpreise wurden regelmäßig von den energieanbietenden Regierungen und Unternehmen festgelegt und manipuliert und haben oft wenig mit den tatsächlichen Kosten zu tun.

Quelle: John G.Clark The Political Economy of World Energy, The University of North Carolina Press 1990 S.4

Ist doch gar nicht (mehr) der Fall. Bei den heutigen Preisen für fossile Energieträger ist Stromerzeugung durch Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft, Geothermie und auch Kernkraft deutlich günstiger als durch die Verbrennung von Erdgas oder Steinkohle (zumindest in Europa). Dies ist aber eine Entwicklung, die erst seit Ende des letzten Jahres eingetreten ist.

Das große Manko bezüglich PV und Windkraft ist jedoch, dass in den Zeiten, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, alles Geld der Welt keinen Strom aus diesen Kraftwerken kaufen kann. Da es aktuell so gut wie keine Speichermöglichkeit gibt und auch kein leistungsfähiges Stromnetz von Finnland bis Spanien, um zumindest den Beitrag der Windkraft zu vergleichmäßigen, kann man nicht komplett auf die nun günstigste Art der Stromerzeugung umsteigen.

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Der Strompreis bestimmt sich nach der „merit order“ , also vereinfacht gesagt aus den Kosten des „Grenzkraftwerkes“ (also des nächst billigsten Kraftwerkes), das zu Deckung des Strombedarfs genutzt werden muss. Das teuerste laufende Kraftwerk bestimmt also den Preis. Dies ist in der Regel kein mit EE betriebenes Kraftwerk.

Deine Frage muss aber glaube ich anders beantwortet werden.
Ökostrom ist nicht teurer, weil er in der Erzeugung teurer ist, sondern weil dein Energieversorger sicherstellen muss, dass er die von dir nachgefragte Energie aus EE einkauft. Es ist für ihn also eine besondere Anforderung, die er mit einer Prämie versieht.

Das interessante daran ist aber:

  1. Das was bei dir zu Hause ankommt, ist natürlich nicht 100% Ökostrom, sondern der Strommix, der sich gerade im Netz befindet, und
  2. Es könnten garnicht alle Verbraucher 100% Ökostromtarife abschließen, da diese Menge an Ökostrom nicht existiert.

Man könnte sogar sagen, dass der Abschluss eines Ökostromtarifs kurzfristig dazu führt, dass der Energiemix der Nicht-Ökostromtarife einfach weniger EE enthält. Es geht quasi nur um die Bilanzierung.

Ich hoffe, das war so korrekt. :joy:

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Zunächst ist erst mal anzumerken, dass Ökostrom nicht sicher teurer ist als normale Stromprodukte für Haushalte. Ich beziehe mich dabei auf die Preisstruktur vor dem Ukraine-Krieg und gewissermaßen auch z.T. vor Corona (Monitoringbericht der BNetzA von 2020). Damals ist für Haushalte im Segment 2.500 bis 5.000 KWh festgestellt worden, dass Ökostrom im Schnitt bis zu 2 Cent günstiger (Bericht 2020 2 Cent im Bericht 2021 1,3 Cent) ist (verglichen mit der Grundversorgung, wo ja noch viele Verbrauchende drin stecken). Bei anderen Verträgen ist Ökostrom im Schnitt auf dem gleichen Niveau oder nur minimal teurer. Ökostrom kann also nicht erst seit heute mit normalen Stromlieferverträgen mithalten. :smiley:

Aktuell trifft das so sicher aufgrund der gestiegenen Preise und der aktuell im Vergleich günstigen Grundversorgung nicht zu. Wenn sich der Markt aber wieder normalisiert, dann sehe ich keinen Grund, dass es wieder in Richtung der historischen Verhältnisse geht.

Das Ökostrom teurer ist, kann also nicht einfach pauschal gesagt werden. Allerdings zielen Ökostromtarife oft auch auf bestimmte Kundinnensegmente mit einem Bewusstsein für den Klimawandel. Dort ist in vielen Fällen auch eine etwas höhere Zahlungsbereitschaft gegeben und man kann quasi aus dem grünen Gewissen der Kundinnen noch etwas mehr verdienen :wink: .

Zum Markt an sich: Die Merit Order als Preismechanismus und damit die Strombörse als Referenzmarkt wurden hier bereits genannt. Wenn eine Ökostromanbietende nun am Markt teilnimmt, dann bekommt sie entweder den Börsenstrompreis oder wird sich an diesem orientieren. Schon rein ökonomisch ist es für sie sinnvoll, weil sie einen höheren Preis erzielen kann und damit sind für sie Gewinne möglich. Oder anders gefragt: Welchen ökonomischen Grund gibt es für eine Ökostromanbietende günstiger zu verkaufen, wenn auch mehr drinnen ist?

Zusätzlich ist korrekterweise zu beachten, dass

Wobei diese Prämie nicht nur etwas ist, was er kalkulatorisch selber aufschlägt sondern tatsächlich bestimmt werden kann. Für grünen Strom muss sich eine Ökostromanbietende entsprechende Herkunftsnachweise am Markt besorgen. Diese gibt es nur für Strom, der nicht nach dem EEG gefördert wurde (Doppelvermarktungsverbot) und sie werden oft europäisch (z.B. aus Norwegen und Wasserkraft) eingekauft. Eine Kundin erhält also bilanziell grünen Strom, es ist aber nicht sichergestellt, dass dadurch wirklich mehr grüner Strom erzeugt wurde und auch nicht, dass zu jedem Zeitpunkt der Nachfrage auch, zumindest theoretisch grüner Strom irgendwo im Netz zur Verfügung stand (Hauptsache in Summe ist der Verbrauch über das Jahr durch entsprechende Zertifikate gedeckt).

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Danke für die zahlreichen Antworten!

Was die „stimmt nicht“-Argumente betrifft muss ich aus meiner Erfahrung (allerdings hier aus Österreich) sagen, dass es leider doch stimmt. Ich beziehe seit vielen Jahren Ökostrom und habe auch immer wieder Anbieter gewechselt und dafür Tarifvergleichsportale verwendet und die Ökostromtarife waren immer teurer. (allerdings nicht immer so viel teurer wie jetzt)

Zu der Verfügbarkeit über den Tag verteilt: Ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, aber hier in AT ist Ökostrom meistens zu einem sehr große Teil aus Wasserkraft - und die läuft ja auch nachts.

Das Argument mit der besonderen Anforderung von Thommy finde ich sehr einleuchtend. So würde es sich auch erklären, dass es nochmal ein größerer Preissprung von „normalen“ Ökostromanbietern zu denen mit anerkannten Ökostrom-Auszeichnungen gibt (also einerseits das Marketing-Argument und andererseits die schwierigere Beschaffung/besondere Anforderung).

Ok verständlicher ist es jetzt. Blöd bleibt es trotzdem :wink:

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In den letzten Tage hatte wir ja bereits mehr als 80 % regenerative Energien im Netz, schön sichtbar auf der Electricitymap. Die Marktmechanismen belohnen NOCH nicht den Ökostrom - wenn wir uns durch Missinformationen der Energiebranche, dass das nie etwas wird, nicht irre machen lassen, werden wir eines Tages die Erfolge der Energiewende auch finanziell sehen.