Hier gibt’s einen recht ausführlichen Artikel einer reputablen Quelle zum Thema, der als Grundlage für das Verständnis dienen kann. Wer sich also für das Thema interessiert, sollte den Artikel vielleicht mal überfliegen.
Daraus:
Die EZB möchte über den digitalen Euro und seine modernen Zahlungsfunktionalitäten die Digitalisierung der Wirtschaft fördern (EZB, 2020, 9). Dieses Ziel ist nicht ganz uneigennützig. Denn die EZB sieht die Gefahr, dass attraktive Zahlungsformen an den europäischen Zentralbanken vorbei entwickelt werden (EZB, 2020, 10).
Das Eurosystem möchte nicht ausgebootet werden, sondern die Zahlungstechnologien kontrollieren […]. Die Bürger:innen Europas sollen moderne Zahlungssysteme „at the technological frontier“ nicht von Dritten nutzen müssen, sondern sich auf eigene stützen können. Dies hat einen Prestigeeffekt: Der Stolz auf Europa soll durch ein modernes Zahlungssystem in Euro gesteigert werden (EZB, 2020, 12). Im Hintergrund wirkt aber vor allem die Angst, von anderen überholt zu werden […]. Aus Nachhaltigkeitssicht soll der digitale Euro ein „grüner“ Euro werden in dem Sinne, dass die Prozeduren energieeffizient sind und den „ecological footprint of euro area payment systems“ reduzieren (EZB, 2020, 15).
Das finde ich relativ überzeugend. Wenn wir uns verdeutlichen, dass es mittlerweile immer mehr digitale Währungen gibt (Facebook wollte ja auch eine starten, hat das aber nach extremen Gegenwind sowohl in Europa als auch den USA aufgegeben…) sehen die Staaten halt die Gefahr, dass wenn sie selbst keine digitalen Währungen mit sämtlichen Vorteilen anbieten, private Anbieter dies tun werden. Die einzige Alternative wäre ein Verbot (was bei der Facebook-Währungs-Idee ja durchaus diskutiert wurde…), aber das Angebot einer eigenen, guten digitalen Währung wäre natürlich sinnvoller.
Der größte Nachteil ist natürlich die Angst, dass die Staaten irgendwann dann das Bargeld vollständig oder nahezu vollständig abschaffen werden - und dass die Staaten zu viel Kontrolle über das Geldsystem haben. Ob man letzteres als Gefahr oder als Segen ansieht hängt natürlich von der eigenen politischen Position ab.
Ein attraktiver digitaler Euro soll verhindern, dass Geldbestände zu anderen Zahlungssystemen abwandern, welche die EZB nicht kontrollieren kann (EZB, 2020, 12).
Auch das ist ein nachvollziehbares Argument der EZB.
Alles in allem bin ich nach erster Sichtung der Pro- und Contra-Argumente zwar kritisch, aber dennoch für die Einführung eines digitalen Euros, schlicht, weil die Bedeutung digitaler Währungen in den letzten Jahren massiv gestiegen ist und wenn Europa hier den Einstieg verschläft, verliert es einen wichtigen Einfluss auf seine eigene Wirtschaft.
Aber wie bei allen großen technischen Neuerungen oder Reformen kommt es natürlich auf die Umsetzung an. Ein digitaler Euro muss ökologisch und sicher sein, darf zugleich aber keine signifikant höheren bürokratischen Hürden haben als Digitalwährungen anderer Staaten, aus der Privatwirtschaft oder aus dem de-zentralen Ansatz (alá Bitcoin). Und mit „sicher“ meine ich durchaus auch die Sicherheit des Bürgers gegenüber dem eigenen Staat bzw. der EU im Hinblick auf Überwachung und den vielzitierten „gläsernen Bürger“. Das sinnvoll umzusetzen wird jedenfalls nicht einfach, es sind einfach eine ganze Menge Kompromisse nötig und die Frage bleibt, welche Zielvorstellungen im Hinblick auf diese Kompromisse letztlich geopfert werden.