Hallo Ulf, Philip & Team,
in letzter Zeit ging es ja vermehrt um das Wahlrecht, deswegen wollte ich die Gelegenheit nutzen und euch mal auf etwas aufmerksam machen, das vielleicht ein ziemliches Nischen-Thema ist, aber mMn sehr relevant für die Demokratie.
Es geht im Kern darum, dass EU-Bürger*innen, die in einem anderen Land leben als in dem ihrer Staatsangehörigkeit, weniger Wahlrecht haben.
Ich erkläre das direkt mal an meinem Beispiel. Ich bin Deutsche und lebe seit sechs Jahren fest in den Niederlanden, habe dort also meinen einzigen Wohnsitz. Nun gibt es verschiedene Wahlen, an denen ich teilnehmen darf.
- EU-Ebene: hier darf ich mir aussuchen, ob ich für Deutschland oder die Niederlande wähle.
- Bundesebene: für jede Bundestagswahl muss ich (reichlich umständlich) einen neuen Antrag zur Aufnahme ins Wähler*innenregister stellen, dann darf ich für Deutschland wählen. Für die Niederlande nicht, da ich keine Staatsbürgerin bin.
- Landesebene: hier liegt das Problem. Ich habe keinen Wohnsitz in Deutschland, darf also weder in meinem Heimatbundesland Bayern noch in einem anderen Bundesland wählen. Da ich aber keine niederländische Staatsbürgerschaft habe, darf ich auch an meinem Wohnort nicht an der Regionalwahl für Zuid-Holland teilnehmen. Das Regional-Wahlrecht ist mir somit komplett genommen.
- Gemeinde-Ebene: für den Stadtrat zählt dann wieder der Wohnsitz, hier darf ich also in den Niederlanden wählen.
Das finde ich aus demokratischer Sicht sehr problematisch, da ich (und alle anderen Migrant*innen innerhalb der EU) eine Stimme weniger habe als in Deutschland wohnhafte Deutsche, also weniger repräsentiert bin.
Ich frage mich, wie das eigentlich verfassungsrechtlich aussieht - und ob ihr Lust hättet, mal was dazu zu machen.
Ein zweiter Punkt ist, wie oben schon angedeutet, dass es uns auch deutlich erschwert wird, auf Bundesebene zu wählen. Ich muss mich komplett alleine darum kümmern, ins Wahlregister aufgenommen zu werden. Bei jeder Wahl wieder, und ein paar Monate im Voraus, da das einige Zeit dauert. Ich bekomme keine Erinnerung, nichtmal eine Information darüber. Als ich meinen deutschen Wohnsitz abgemeldet habe, wäre das ja zum Beispiel ein guter Moment für die deutsche Verwaltung gewesen, mir zusammen mit der Abmeldebescheinigung auch ein Infoblatt zu schicken, auf dem steht, dass ich mich ab jetzt selbst darum kümmern muss, wählen zu dürfen, und wie das geht. Das ist nicht passiert. Das ist zwar (mal wieder) eher eine Kritik an der Bürokratie als an der Demokratie, aber doch etwas bizarr. Die deutsche Verwaltung weiß ja, wo ich wohne, und dank meiner ersten Registrierung auch, dass ich offensichtlich Interesse daran habe, zu wählen. Warum ich mich alle vier Jahre komplett neu registrieren muss, ist mir ein Rätsel.
So die Zusammenfassung, vielleicht interessiert euch das Thema ja. Dann stehe ich für Rückfragen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Herzliche Grüße,
Rebecca