Da bin ich grundlegend bei dir, ich will auch eigentlich aus dem von dir geschriebenen Grund gar nicht wählen.
Warum? Du musst dich doch auch nicht selbst kümmern oder eine halbe Stunde Zeit damit verbringen deine Unterlagen zusammenzuklicken.
Du kriegst deine Wahlbenachrichtigung doch auch, selbst wenn du Rentner bist und noch nie im Leben an einer Wahl teilgenommen hast, weil es dir nicht wichtig war.
Warum diese Ungleichbehandlung von Wahlberechtigten?
Solange man keine zweite Staatsbürgerschaft hat, ist das einzige Land, wo man ohne Einschränkungen aufenthaltsberechtigt ist, Deutschland. Solange dass der Fall ist, habe ich ein Interesse, die Regierung in Deutschland mitzugestalten. Und wenn man eine zweite Staatsbürgerschaft annimmt, gilt ja dann auch in vielen Fällen (EU, CH ausgenommen), dass man die deutsche Staatsbürgerschaft abgeben muss.
Das Argument akzeptiere ich nur dahingehend, dass es wahrscheinlich sowohl beim Wahlrecht als auch bei der Digitalisierung wichtigere Baustellen gibt als diese. Andere Länder schaffen das aber besser, warum also nicht Deutschland?
Was die Politik angeht: Noch 2013 wollten die Grünen eine Steuerpflicht für im Ausland lebende Deutsche einführen. Das ist zwar ein Weg, viele Auslandsdeutsche loszuwerden, aber aus demokratischer Sicht sehr fragwürdig, darüber abzustimmen während man es den Leuten, die dadurch betroffen sind aktiv schwer macht, an der Abstimmung teilzunehmen.
Zusätzlich zur bestehenden Steuerpflicht nach dem
Wohnsitz wird eine Steuerpflicht auch nach der Nationalität für Menschen mit hohem Einkommen, ähnlich wie in den USA, eingeführt, um
rein steuerlich motivierte Wohnsitzwechsel zu verhindern.
Weil die in dem Land lebenden Leute eben zweifellos von der resultierenden Politik betroffen sind, woanders lebende Leute aber nicht unbedingt, und definitiv nicht im selben Maße?
Das Gesetz sieht Ausnahmegenehmigungen vor, falls „fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft“ gemacht werden können. Ich hab aber keine Ahnung, wie da die Praxis ist.
Ich finde eher umgekehrt, wenn jemand in Deutschland keine Steuern bezahlt, (obwohl er wirtschaftlich dazu in der Lage wäre,) gibt es eigentlich überhaupt keinen Grund, warum er mit darüber bestimmen sollte, wie die Steuergelder der anderen verwendet werden. Warum sollte no taxation without representation nicht auch umgekehrt gelten?
Prinzipiell ist dieses Prinzip, dass man aus dem Ausland mitwählen darf, eben gesetzlich mit bestimmten – nicht allzu hohen – Hürden erlaubt, aber zwingend notwendig ist das nicht. Wenn ich z.B. wegen einem zeitlich befristeten Job temporär in ein anderes Bundesland ziehen muss, und mich ordnungsgemäß ummelde, darf ich auch nicht den Landtag meines Heimatlandes wählen, selbst wenn ich genau weiß, dass ich zeitnah wieder zurückkomme, und daher definitiv ein Interesse daran habe, dessen Regierung mitzubestimmen. Ist dann eben doof für mich, wenn die Wahl genau in diesen Zeitraum fällt, aber bestimmt nicht verfassungswidrig o.ä., und ich sehe nicht zwingend, warum das bei Bundestagswahlen nicht auch so geregelt sein könnte, was es ja bis 1985 im Wesentlichen sogar war.
Insofern ist es doch super für Auslandsdeutsche, dass sie zumindest die Möglichkeit haben. Ich sehe aber nicht, dass der Staat ihnen die Wahlteilnahme noch hinterhertragen bzw. aufdrängen muss.
Das ist aber kein Argument für die Ungleichbehandlung von Wahlberechtigten nach Wohnort.
Warum soll er es aber bei den im Land lebenden machen?
Und noch ein Schmankerl vom Bundeswahlleiter zur Anteagseinreichung:
„Der Antrag muss persönlich und handschriftlich von der Antragstellerin beziehungsweise dem Antragsteller unterzeichnet sein und der Gemeinde im Original übermittelt werden. Eine Einreichung per E-Mail oder Fax ist nicht ausreichend.“
Niedrige Hürde nanntes du das also, dass man nicht nur selber aktiv werden muss, sondern auch noch zwingend in einem bestimmten Zeitfenster nach Deutschland reisen um sich persönlich zu registrieren.
Falsch. Man muss als Auslandsdeutscher nicht „in einem bestimmten Zeitfenster nach Deutschland reisen um sich persönlich zu registrieren“, sondern man muss einen Brief schreiben, den man persönlich unterzeichnet hat.
Persönlich registrieren ist das, was in Deutschland lebende deutsche Staatsbürger machen müssen, wenn sie ihre Wohnadresse wechseln. Das nennt sich Meldepflicht, und aus den Melderegistern werden u.a. die Daten der in Deutschland lebenden Wahlberechtigten gezogen. Im Ausland lebende Deutsche müssen dem deutschen Staat ihre Wohnanschrift nicht mitteilen, und schon alleine deswegen wäre es gar nicht möglich, diese alle auf dieselbe Art und Weise anzuschreiben wie in Deutschland lebende Wahlberechtigte.
Und ja, klar könnte man das auch einfacher machen. Aber weil es eben fundamentale Unterschiede gibt zwischen in- und außerhalb des Landes lebenden Deutschen, sowohl was das materielle Interesse an der Wahlteilnahme angeht, als auch was die praktische Verfügbarkeit aktueller Anschriftsdaten angeht, werden diese eben nicht 100% gleich behandelt, denn Ungleiches muss nicht gleich behandelt werden. Ansonsten kannst du ja gleich verlangen, dass Deutschland weltweit allen im Ausland lebenden Deutschen fußläufig ein Präsenzwahllokal anbietet.
Habe ich auch getan.
Einmal bei meiner Abmeldung in persönlich.
Einmal im Konsulat bei meiner Passbeantragung
Einmal auf der Webseite wo sich Auslandsdeutsche registrieren sollen.
Umgezogen bin ich seitdem nicht, nur dauernd gemeldet dass ich noch lebe.
Und wie schon vorher geschrieben: wenn ich mich schon registrieren soll, wäre es eine Kleinigkeit den so registrierten Auslandsdeutschen eine Mail zum Verfahren der Wahregistrierung zuzusenden.
Jetzt übertreibst du aber.
Eine simple Infomail reicht schon.
Und temporär im Ausland lebende Deutsche dürften ein deutlich stärkeres Interesse an den Wahlen haben als Leute die für immer gegangen sind.
Stell dir vor du hast vor drei Jahren einen Job in Übersee / Asien angenommen und der ist Weihnachten dieses Jahr vorbei.
Sicher dass du kein Interesse an der Bundestagswahl hättest?
Und was die aktuelle Verfügbarkeit von Adressen angeht: musst du dich alle 6 Monate auf der Webseite deines Amtes einloggen um zu bestätigen dass du noch da bist?
Damit du auch mal weißt von welcher Registrierung ich spreche.
Und ja sie ist freiwillig und es gibt keinen Zwang, aber es ist ein einfacher Weg die dort registrierten über ihr Wahlrecht zu informieren und was sie tun müssen um die Wahlunterlagen zu bekommen.
Eine Infomail ist jetzt weder hinterhertragen noch eine fußläufiges Wahllokal.
Hab ich ja nicht bestritten. Aber es gibt eben auch Leute, die z.B. mit Eintritt ins Rentenalter in wärmere Gefilde ziehen und maximal zu Weihnachten noch mal für 2 Wochen die Enkel besuchen kommen. Oder die ins Ausland gehen um dort für ein paar Jahre zu arbeiten, dann dort heiraten, eine Familie gründen, und irgendwann wird aus temporär eben permanent.
Eben. Das ist eine freiwillige Registrierung, gedacht wohl insbesondere für instabile Regionen, damit das Auswärtige Amt im Falle von kriegerischen Handlungen, Unruhen oder Naturkatastrophen weiß, nach wem sie alles suchen sollen bzw. wen zur Evakuierung auffordern. Ich bezweifel mal, dass jemand, der seinen Lebensabend in Spanien verbringt, sich da typischerweise tatsächlich alle 6 Monate meldet.
Ich hab ja nie geschrieben, dass ich etwas dagegen hätte, wenn so eine Infomail verschickt wird. Aber wir haben doch über „Ungleichbehandlung der Wahlberechtigten“ diskutiert, die meiner Ansicht nach berechtigt ist, und so eine Infomail wäre ja immer noch eine „Ungleichbehandlung“, denn es wäre ja bloß eine Art Terminerinnerung mit Linkliste, und keine automatische Zusendung von Wahlunterlagen.
Für den Versand der Wahlunterlagen sind nunmal die Kommunalbehörden am Wahlstandort verantwortlich, und die wissen nichts davon, wo sich ihre früheren Bürger nach der Wohnortabmeldung im Ausland so rumtreiben.
Davon abgesehen möchte man vielleicht auch nicht, dass eine sechs- bis siebenstellige Anzahl Expats ohne Interesse an der Wahlteilnahme in die Wahlbeteiligung einberechnet werden.
Kann ich bestätigen. Der derzeitige Schneckenpostweg von Sydney nach Deutschland beträgt 3-4 Wochen. Also Antrag hin, Unterlagen zurück, kreuzen machen und wider zurück. In meinem Fall war nur noch ein Expressbrief für $100 möglich um rechtzeitig an der Wahl teilzunehmen.
Aus der Tatsache, dass jemand im Ausland lebt kann und darf man nicht schliessen, dass das Wahlrecht in Deutschland eingeschränkt werden kann. Nach derzeitiger Regelung muss nur ein Deutscher der nie länger in Deutschland gelebt hat, seine Bindung an Deutschland darlegen. Mein Sohn lebt zum Beispiel seit 18 von seinen 19 Jahren in Australien.
Ich bin ein im Ausland lebender Deutsche. Es gibt die sogenannte ELEFAND Liste auf die man sich als Deutscher im Ausland lebender eintragen kann. Das habe ich gemacht und wurde vom Auswärtigem Amt im März über die Bundestagswahl und meine Möglichkeit zu wählen informiert. Das ganze ist super kompliziert, weil alles auf dem Postweg stattfinden muss, was im digitalen Zeitalter echt am Leben vorbeigeht. In Shanghai ( wo ich derzeit lebe) gibt es eine Vielzahl von Deutschen, die versucht haben zu wählen und viele sind gescheitert, weil die Wahlunterlagen der ehemalige Heimatgemeinde nicht rechtzeitig in Shanghai angekommen sind oder man die Unterlagen nicht mehr rechtzeitig nach Deutschland bekommen hat. Dies war in den deutschen WeChat Foren in den Wochen vor der Wahl ein dominantes Thema a la „Fliegt jemand nach Deutschland und kann meine Wahlunterlagen mitnehmen.“ In anderen Ländern kann man einfach aufs Konsulat/ Botschaft gehen und dort wählen. Oder Antragsprozesse sind wenigsten digitalisiert. Aber die Problematik mit dem Hin- und Herschicken bleibt. Es gab bis gestern eine Spedition, die Kraut das Thema aber auch nur an.
Genau so hier in Australien. Wie ich meinen Mitbürgern hier erklären kann, dass ein Land dass für Innovation und Technologie steht es nicht einmal schafft Wahlunterlagen elektronisch zu verschicken, ist mir immer noch nicht klar.
Ist es die Deutsche Gründlichkeit die erst einmal alle möglichen und unmöglichen Folgen beleuchten will oder die Angst etwas neues anzupacken? Ist es die Obsession im Datenschutz oder eher die Befürchtung dass Millionen Auslandsdeutsche das Wahlergebnis beeinflussen?
Ein wirklich wichtiges Thema! Für die Europawahl mussten nun 3 Briefe geschickt werden. Laufzeit aus Brasilien ist 20 Tage pro Strecke. An meine Hausanschrift werden keine Briefe zugestellt, weil es zu weit von der nächsten Poststelle entfernt ist. Das Konsulat ist nur eine Stunde Fahrt entfernt, da kann ich aber nicht wählen. Ende vom Lied: Der Wahlbrief ist nicht rechtzeitig angekommen. D.h. meine Stimme ist gerade zur AFD gegangen
Und schon wieder kommt das Thema auf.
Ich werde auch bei der Bundestagswahl nicht mitwählen können, so wie etwa weitere 4 Millionen Deutsch im Ausland. Also so ~6% aller Wahlberechtigten. Das ist wirklich ein großes Problem.
Wie soll der Brief es denn innerhalb von 20 Tagen von Deutschland nach Brasilien und zurück schaffen?
Briefunterlagen werden frühestens am 3. Februar versendet. Am 23. Februar müssen sie zurück sein.
Bei uns in Deutschland wählen die meisten Ausländer in ihrer Botschaft. Ist das für Deutsche nicht möglich? Oder ist der Aufwand zu groß? In Brasilien kann das je nach Wohnort ja eine recht weite Strecke sein.
Tja, das geht leider mit dem deutschen Wahlsystem nicht. Jeder Wahlkreis hat ja andere Wahllisten und andere Kandidaten. Die Stadt/der Kreis, in welchem man zuletzt gewohnt hat, ist auch verantwortlich für die Wahlunterlagen der Auslandsdeutschen. Es ist also überhaupt nicht zentralisiert. In der Botschaft müsste man dann den Wahlzettel jeder Stadt/Kreis vorliegen haben oder auf Bedarf drucken können. Aber das geht bei uns leider nicht. Wir machen ja auch alles noch mit der Post.
Genau, andere Länder haben das hinbekommen.
Ich habe hier Monate lang YouTube-Werbung von der US Regierung bekommen, dass ich als Amerikaner ja auch im Ausland wählen könnte. Die US Regierung hat hier also ordentlich Geld in die Hand genommen, um einfach alle möglichen Leute zu erreichen und darüber zu informieren, dass man auch als Amerikaner im Ausland einfach wählen kann.
Absolute Fehlanzeige in Deutschland. Ich würde sogar fast sagen, dass man mich hier eines meiner Grundrechte verwehrt. Es ist tatsächlich praktisch unmöglich zu wählen, es sei denn ich würde nach Deutschland fliegen.
Ich würde Eure Aufmerksamkeit gerne auf ein Problem lenken, das die vorgezogene Bundestagswahl im Februar mit sich bringt. Für die geschätzten 4 Millionen im Ausland lebenden wahlberechtigten Deutschen wird das Wählen durch die verkürzten Fristen sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich gemacht.
Ich selbst wohne seit 3 Jahren in Kalifornien und möchte auf mein Wahlrecht nicht verzichten. Nachdem ich vor ein paar Tagen den Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis bei meiner ehemaligen Gemeinde (Freiburg im Breisgau) gestellt hatte wurde mir zurück gemeldet, dass die Stimmzettel „voraussichtlich erst zwei Wochen vor der Wahl zur Verfügung stehen. Erst dann werden wir die Briefwahlunterlagen (ins Ausland) versenden können.“ Ähnliches wurde auch anderen hier lebenden Bekannten von ihren Gemeinden zurückgemeldet. Das Problem ist, dass zwei Wochen es nahezu unmöglich machen, die Stimmzettel zu erhalten und rechtzeitig wieder nach Deutschland zurück zu schicken, was dazu führt, dass wir unser Wahlrecht, das uns laut Grundgesetz zusteht, praktisch nicht ausführen können.
Diese Problematik könnte auf geschätzt über vier Millionen Deutsche im Ausland zutreffen. „Würden all diese Personen in einem Bundesland leben, wäre dieses 17. Bundesland in etwa so bevölkerungsreich wie Rheinland-Pfalz oder Sachsen und damit größer als mindestens die Hälfte der bestehenden sechzehn Bundesländer.“ (Robin Wilharm in vorwärts, 12.11.2024).
Hierzu berichten kürzlich auch Spiegel online und vorwärts. Ich fände es toll, wenn die Problematik in einer zukünftigen Lage Folge zur Bundestagswahl Erwähnung finden würde. Ich selbst war schockiert zu hören, dass mir mein Wahlrecht durch diese Umstände möglicherweise genommen wird.
Man kann auch gleich die Sinnfragfe stellen warum sollten dauerhaft im Ausland wohnende noch ein Wahlrecht in dem Staat haben in dem sie nicht leben. Das selbe Problem habe ich z.B. mit den vielen Türken die hier aus Deutschland zu einem nennenswerten Teil gegen die Interessen der im Heimatland lebenden abstimmen.
Ich habe zB mal temporär, 2 Jahre, im Ausland gelebt, und mein Wahlrecht in der Zeit wahrgenommen.
Wer dauerhaft woanders lebt wird vllt dort die Staatsbürgerschaft beantragen wollen um dort wählen zu können. Und ggf die deutsche Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht in D damit abgeben müssen.
Wäre mal interessant zu wissen, wieviele Deutsche leben im Ausland, wie verteilt sich da „dauerhaft“ bzw „temporär“ und wieviele nehmen jeweils ihr Wahlrecht wahr.