Sollte einmal nicht mehr die Frage von Krieg und Frieden alles andere überschatten, werden die politische Debatte in Deutschland sicherlich wieder zur „schwarzen Null“ zurückkehren. Daher wage ich den Versuch, obige Diskussion in einen eigenen Thread auszukoppeln.
Folgende Kausalkette scheint mir keine Frage des Glaubens zu sein.
- Die Zunahme der Buchgeldmenge in einem Währungsraum bedingt notwendigerweise eine Zunahme der Verschuldung in gleicher Höhe.
- Das wesentliche Ziel privater Geschäftstätigkeit ist die Erzielung eines Überschusses an Buchgeld als Ergebnis der wirtschaftlichen Betätigung, welcher (zumindest in Teilen) an die Eigentümer abgeführt wird.
- Damit die Privatwirtschaft ihren in (2) formulierten Zweck erfüllen kann, muss nach (1) die Verschuldung in einem Währungsraum stetig zunehmen.
- Verschuldungsfähige Akteure gibt es in einer Volkswirtschaft folgende: die öffentliche Hand, die Privatwirtschaft, private Haushalte sowie „das Ausland“ (welches sich wiederum aus den drei erstgenannten Akteuren, jedoch ausländischer Provenienz, zusammensetzt).
4a. Den privaten Haushalten gehört die Privatwirtschaft, welche nach (2) Buchgeldüberschüsse an sie abführt. Also können private Haushalte (als Gesamtheit) netto nicht die Gesamtverschuldung erhöhen, denn bei ihnen sammeln sich ja die Buchgeldüberschüsse der Privatwirtschaft an.
4b. Wie sich das Ausland verhält, ist nicht durch Regularien innerhalb eines Währungsraums zu determinieren.
4c. Somit bleiben als mögliche dauerhafte „Schuldenmacher“, die nach (2) für das Funktionieren der Privatwirtschaft unabdingbar sind, nur die Privatwirtschaft sowie die öffentlichen Haushalte. - Wenn nun die (Neu-)Verschuldung der öffentlichen Haushalte grundsätzliche limitiert wird, impliziert dies, dass die Privatwirtschaft sich jeweils in Höhe ihrer Buchgeldüberschüsse zusätzlich verschulden muss. Vereinfacht gesagt: die in der Privatwirtschaft anfallenden (Buchgeld-)Überschüsse müssen stets durch schuldenfinanzierte Neuinvestitionen in gleicher Höhe wieder aufgesaugt werden.
Wenn man mir bis hierhin folgt, dann kann man die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse in Abwesenheit einer Globalsteuerung der Investitionstätigkeit der Privatwirtschaft nicht als eine Glaubensfrage bezeichnen. Stattdessen ist ganz klar, dass die Sache nicht funktionieren kann, sobald die Neigung zu schuldenfinanzierten Investitionen in der Privatwirtschaft nachlässt.
P.S. Hier bin ich gerade auf einen Text gestoßen, der meine Bauchschmerzen beim Behaupten von „Glaubensfragen“ für Sachverhalte, die sich meines Erachtens eindeutig beschreiben lassen, auf den Punkt bringt: Zu Unrecht vergessen: Wolfgang Stützel und seine Saldenmechanik - Herdentrieb
[Es gibt] neben Zusammenhängen, die vom menschlichen Verhalten abhängen, […] viele Größenbeziehungen in der Wirtschaft […], über die sich streng Allgemeingültiges aussagen läßt, Zusammenhänge, die nicht vom menschlichen Verhalten abhängen, sondern auch dann unverändert bestehen bleiben würden, wenn die Menschen sich noch so ungewöhnlich verhielten.