Volksentscheide auf Bundesebene?

Vielleicht sehe ich das ein bisschen anders aber diese Formulierung finde ich klasse… Schönen Tag!

@Guenter: Bei deiner Analyse bin ich bei dir, aber nicht bei der Schlußfolgerung, die du daraus ziehst. Aber ich will das Thema Wahlrechtsreform auch hier nicht im Detail aufmachen.

Was ich eigentlich mit dem Beispiel sagen wollte, ist dass es Themen gibt, da machen die Parteien insgesamt kein ordentliches Angebot an die Bevölkerung. Zum Beispiel weil eben ein Interessenkonflikt vorliegt. Das gilt mMn zum Beispiel auch für die Korruptionsbekämpfung im politischen Betrieb. Hier kann eben eine außerparlermentarische Kraft Verbesserungen bringen. Was nützt es schließlich wenn wir alle 4 Jahre wählen aber keine der Parteien, die realisitsche Chancen haben, bestimmte Punkte wirklich angehen will.

Im übrigen haben wir ja bereits Volksentscheide und -begehren auf Landesebene z.B: in Brandenburg. Und da gibt es, wie ich meine einen ordentlichen Prozess wie das abläuft:

  1. Volksbegehren: Eine bestimmte Zahl von Unterschriften muss gesammelt (z.B. von 5% der Einwohner) werden.
  2. Wenn erfolgreich, muss Parlament sich damit befassen, bringt dass nichts, kommt es zum Volksentscheid, bei dem dann z.B. auch noch min. 25% ALLER WAHLBERECHTIGTER für die Änderung stimmen müssen.

Und was das Argument mit der Komplexität angeht: Es gibt außerhalb des parlamentarischen Betriebes ja auch Juristen. Und z.B. bei einer Wahlrechtsreform, die den Bundestag verkleinern würde, gäbe es bestimmt genug Juristen, sagen wir mal aus dem Umfeld des Bundes deutscher Steuerzahler, die sich sofort an das ausarbeiten vollständiger Gesetzestexte machen würden. Im Grunde gibt es bei jedem Thema NGOs mit entsprechender Expertise.

Ich denke also nicht das sich bei Volksentscheiden zwingend juristische Davids mit parlamentarischen Goliaths anlegen.

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Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie eine außerparlamentarische Kraft Korruption sinnvoll einhegen würde. Korruption ist sowieso illegal und es ist auch jedem politischen Akteur klar, dass „das Volk“ Korruption nicht gutheißt. Die Frage bei sowas ist eher, was sind die etablierten Normen im politischen Betrieb und setzen sich die Akteure dafür ein, die zu erhalten oder gar zu verbessern bzw. sie aufzuweichen. Wenn es da keinen entsprechenden Ethos gibt, dann verhinderst Du das mit den besten Gesetzen nicht. Solche Einflussnahmen können ja auch auf sehr subtilem Wege geschehen, jemand, der sich kaufen lassen will, schafft das schon.

Mein Eindruck ist, dass die Empörung über die bekannte Fälle wächst, aber es grundsätzlich eher besser als schlechter wird. Viele der Dinge, die in der BRD des 20. Jahrhunderts gelaufen sind, wären heute völlig undenkbar. Franz-Josef Strauß anybody?! Natürlich ist es gut und legitim mit der Existenz von Korruption auch im aktuellen Umfang nicht zufrieden zu sein, aber man sollte da die längerfristigen Tendenzen nicht außer Acht lassen.

Und es ist auch nicht richtig, alle Parteien über einen Kamm zu scheren. Grüne und Linke zum Beispiel sind deutlich unabhängiger als CDU und FDP, weil sowohl Partei als auch einzelne Abgeordnete viel weniger von Industriezuwendungen bzw. Nebeneinkünften abhängen. Die erheben auch beide entsprechende Forderungen. Ich halte es für deutlich erfolgsversprechender diese Kräfte zu stärken als eine Volksabstimmung mit dem Ergebnis, dass das Parlament sich ein weiteres Gesetz zur Verhinderung von Korruption geben möge.

Vermutlich sind wir beide der Meinung, dass die EU eine großartige Idee ist und das ein Austritt von Nationalstaaten aus dieser StaatenUnion ein falscher Schritt ist.

Gleichzeitig ist natürlich die Zugehörigkeit zur eu eine Sache wo man sich ganz formidabel und auch sehr lange drüber streiten kann. Und wo in den jahrezehnten des Zusammenwachsens der Union auch zu wenig demokratischer Diskurs drüber stattgefunden hat

Ja, finde ich überflüssig. Gehört dringend abgeschafft.

Oh no! Doch keine FDP-Lobbyorganisation für so etwas wichtiges.

Das ist falsch. In dem Themenbereich aktive NGOs wie bspw. Transparency International kritisieren seit langem, dass viele Formen der Korruption in Deutschland im Gegenteil völlig legal sind, und man sich als korrupter Politiker eigentlich schon sehr dumm anstellen muss, um in den strafbaren Bereich zu kommen. Auch der Europarat hat Deutschlands mangelhaftes Vorgehen gegen Korruption wiederholt kritisiert.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-05/europarat-lobbyismus-korruption-deutschland-kritik

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Soweit würde ich zwar nicht gehen, aber der Tenor einiger Antworten wundert mich auch. Es werden zwar die bekannten Schwächen der parlamentarischen Demokratie eingeräumt aber gleichzeitig eine naheliegende Alternative, die erkennbar einige der Schwächen umgehen würde, nicht in Betracht gezogen und zwar nur, weil diese ebenfalls Nachteile hat.

Dabei wäre es konstruktiver sich zu fragen, wie man parlamentarische und direkte Demokratie möglichst so kombinieren kann, dass die Stärken des einen Systems die Schwächen des anderen Systems ausgleichen.

Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von mehr direkter Demokratie auch auf Bundesebene, bietet sie doch unbestreitbar eine der stärksten und direktesten Legitimationen von politischen Vorhaben.
Ich bin aber der Überzeugung, dass die Mittel gut abgewogen werden müssen, da neben den Vorteilen direkter Demokratie eben auch Nachteile existieren:

  • Minderheitenschutz
  • Schutz von Menschen mit niedrigem Bildungsstand oder Migrationshintergrund, die erfahrungsgemäß seltener Wählen gehen. Volksentscheide würden, wenn sich dieser Trend nicht umkehren würde, das Problem mangelnder Repräsentation im Entscheidungsverfahren verschärfen.
  • Verschiebung der Macht hin zu Medien & finanzstarken Unternehmen/Individuen, die versuchen könnten, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. (Wer finanziert die Kampagnen von Volksbegehren?)
  • Menschen stimmen ab, ohne sich mit dem Thema je befasst zu haben. → Erstarken von Populismus?

Ansonsten verweise ich auf eine Sammlung von Pro- und Contra-Argumenten in der wikipedia

Das alles soll nicht heißen, dass mehr direkte Demokratie keine Berechtigung hat, mich würde aber eben interessieren, wie die existierenden Probleme dabei berücksichtigt werden können.

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