Volksentscheid bedingungsloses Grundeinkommen Berlin

In Berlin werden bis 5. September Unterschriften gesammelt für einen Volksentscheid, der einen Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen herbeiführen soll. Wie sind die Chancen dass das durchkommt, wie bewertet ihr den Volksentscheid juristisch und inhaltlich? Wär natürlich auch super wenn der Volksentscheid durch eine Thematisierung in der Lage Aufwind bekäme.
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Nur in Berlin? Das müsste doch deutschladweit durchgeführt werden? Wenn dies nur in Berlin durchgeführt wird, wird es doch bestimmt direkt wirder durch das BVG einkassiert (ähnlich dem Mietendeckel)?

Das hat den Berliner Senat bisher nicht davon abgehalten solche „Gesetze“ zu machen, die dann regelmäßig von den Gerichten einkassiert werden. Unabhängig von persönlicher Meinung zu dem Inhalt der Gesetze wäre meine Erwartung, dass eine Regierung nicht Zeit und Geld verschwendet zu versuchen auf Landesebene Bundesgesetze auszuhebeln, denn das ist ja in der Verfassung sehr klar geregelt. Schade, dass es die aktuelle Berliner Landesregierung immer wieder versucht.

Eigentlich kommt ein Bürgergeld dem schon extrem nahe. Darum gibt es für mich nur einen Grund, dass solche Dinge vorgeschlagen werden, obwohl …

Das ist halt Populismus. Und anscheinend kann man damit ja auch Wahlen gewinnen. Und ich freue mich auf diese Debatte beim nächsten Treffen zum Länderfinanzausgleich

Im Grundgesetz ist überhaupt nicht geregelt, dass es keinen Mietendeckel auf Landesebene geben kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt so entschieden, und das muss man hinnehmen, aber im Vorhinein war das alles andere als klar. Das haben wir übrigens auch in der Lage mehrfach ausführlich besprochen.

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Das würde ich völlig anders bewerten: Wenn der Föderalismus irgendeinen Sinn haben soll, dann besteht der doch darin, dass verschiedene Länder verschiedene Ansätze entwickeln und ausprobieren, so dass man im Nachhinein entscheiden kann, welcher Ansatz welche Folgen hat und welchen man präferiert. Auch bei einem Grundeinkommen hängt es von der Ausgestaltung im Detail ab, ob das auf Landesebene rechtlich zulässig ist oder nicht.

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Nö, das ist ein völlig normales Austesten der juristischen Grenzen.
Hätte es bereits eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Thema gegeben und die Politik würde sich trotzdem weigern, dem zu folgen, und neue Gesetze erlassen, die dieser Rechtsprechung widersprechen - das wäre Populismus.

Und das ist übrigens genau der Populismus eines Jens Spahn, der sich weigert, das höchstrichterliche Urteil des BVerwG umzusetzen, das besagte, dass ein Medikament zur Sterbehilfe freigegeben werden müsse. Oder der Populismus eines Markus Söder, der sich weigert, ein rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts München umzusetzen.

Es spricht absolut nichts dagegen, in juristisch unklaren Fragen zu riskieren, dass die Gerichte die Gesetze wieder kassieren - denn das ist die einzige Möglichkeit, überhaupt herauszufinden, wie die Meinung der Gerichte zu diesen Fragen ist. Populismus ist es hingegen, rechtskräftige Urteile von Gerichten zu missachten - und in diesen Fällen ist es wirklich schade, dass das für die Politiker keine juristischen Konsequenzen hat.

(Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin strikt dagegen, Politiker für „Fehleinschätzungen“ zu bestrafen, das wurde ja auch mehrfach im Forum diskutiert. Wie gesagt, Politiker dürfen und müssen sogar riskieren, dass eines ihrer Gesetze mal kassiert wird. Wenn das aber passiert und die Politiker sich daraufhin weigern, ein rechtskräftiges Urteil umzusetzen, endet meines Erachtens der Spaß, weil das Nicht-Verfolgen hier eine Erosion des Rechtsstaats zur Folge hat)

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Was unterscheidet diesen Modellversuch denn von allen anderen, die schon gemacht wurden? Das Problem ist doch, dass es wieder nur für einen Teil der Bürger für einen zeitlich begrenzten Zeitraum zur Verfügung steht. Also ich würde mein Leben nicht umkrempeln weil ich für 3 Jahre ein Grundeinkommen bekommen würde. Es wäre lediglich eine angenehme zusätzliche Finanzspritze. Bei lebenslang sähe das anders aus. Ausserdem wird Berlin nicht einen Mitarbeiter umschulen oder wo anders einsetzen. Heißt, auch hier ist das Modell fehlerhaft. Ich bin wirklich ein Befürworter des Grundeinkommens, aber die aktuell noch offenen Probleme wird man mit dem Modell nicht aufgreifen und einen weiteren Erkenntnisgewinn sehe ich auch nicht.

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Das ist generell das große Problem beim BGE:

Die Einführung eines BGE ist ein denkbar großes Risiko, da man dazu einfach sehr viele etablierte Systeme grundsätzlich ändern muss. Eine Finanzierung des BGE ist nur sinnvoll möglich, wenn man die Sozialverwaltung massiv verschlankt - und da stellt sich dann die Frage: Wohin mit all diesen Verwaltungsfachangestellten?

Und wenn es dann schief geht und man tatsächlich feststellt, dass das BGE nicht funktioniert, wird es extrem schwierig, die gesamte Sozialverwaltung wieder aufzubauen.

Kurzum:
Ich würde mir wünschen, dass ein großer Staat (also ein Staat mit vergleichbarer Bevölkerungsstruktur wie Deutschland) dieses immense Risiko trägt und alles gut ausgeht. Aber ich kann absolut nachvollziehen, dass die Verantwortungsträger in Deutschland nicht wollen, dass Deutschland dieser Staat ist, eben weil niemand die Verantwortung dafür tragen will.

Das wird man hoffentlich bei einer Evaluation des Modellversuchs herausrechnen.

Soweit ich das verfolgt habe ist die genaue Gestaltung des Versuchs noch offen. Da er aber von renommierten Instituten wissenschaftlich begleitet werden soll, bin ich sicher, dass er so gestaltet wird, dass es auch einen Erkenntnisgewinn geben wird. Manchmal kann man eben nicht sofort den großen Wurf machen. Trotzdem ist es wichtig dass man deswegen nicht ganz aufgibt. Ein Modellversuch würde das Thema mehr in den Fokus rücken und kann der Politik Entscheidungsgrundlagen liefern.

Ich habe das noch einmal genauer recherchiert und es gibt nicht nur den Volksentscheid in Berlin sondern eine Gruppe von Leuten, die sich dafür einsetzt das Grundeinkommen per direkter Demokratie voranzubringen. Zitat von der Homepage:

Die Expedition Grundeinkommen ist eine Bewegung aus Menschen, die wollen, dass in Deutschland ein staatlicher Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen an den Start geht. Wir gehen dazu den weltweit einzigartigen Weg, diesen Modellversuch mithilfe von direkter Demokratie – also Bürgerentscheiden und Volksentscheiden – auf den Weg zu bringen. Momentan haben wir laufende Kampagnen in Berlin, Hamburg und Bremen.

Expedition-Grundeinkommen

Es gibt also nicht nur in Berlin, sondern parallel auch in Hamburg und Bremen Initiativen dazu. Ich finde das einen sehr interessanten Ansatz so ein Thema mit den Mitteln der direkten Demokratie voranzubringen.

Ich bin kein Jurist. Mein Verständnis war allerdings dass wenn etwas in einem Bundesgesetz abschließend geregelt ist dann kann ein Bundesland das nicht per Landesgesetz anders regeln. Ich vermute der juristische Begriff „abschließend“ kann in diesem Kontext unterschiedlich interpretiert werden? Nehme an das ist diese „5 Juristen, 6 Meinungen“ Ding?

Im Gesetzesvorschlag geht es ja darum einen Modellversuch durchzuführen und das steht nicht im Konflikt zur Gesetzgebung im Bund.

Warum spekulieren? Wir haben das Thema mehrfach in der Lage ausführlich diskutiert. Du kannst das doch einfach nachhören.

Und nein, so einfach ist es natürlich nicht. Es gibt alle möglichen rechtlichen Konstellationen. By default haben die Länder (!) die Gesetzgebungskompetenz. Teilweise können die Länder Bundesrecht einfach ersetzen (zB im Versammlungsrecht). Teilweise können die Länder gar nichts selbst regeln (zB Währung, Uhrzeit, Staatsangehörigkeit). Und teilweise können die Länder nur insoweit Regelungen treffen, wie der Bund Lücken gelassen hat.

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das ist leider komplett falsch. Wenn ein Land keine Gesetzgebungskompetenz hat, dann darf es auch keine „Modellversuche“ regeln.

Leute, könntet ihr mal davon Abstand nehmen, euer Bauchgefühl zu posten? Das trägt zum Diskurs nichts bei. Eine gute Selbstkontrolle ist es, das Thema zu googlen und nur Dinge zu posten, für die sich seriöse Belege finden lassen, sofern ihr nicht selbst die Expertise habt.

@ExMod sowas meine ich, bitte wegmoderieren und den Leuten per PN Feedback geben warum.

Der Gesetzentwurf ist schon für verfassungsgemäß erklärt worden. Diese Prüfung findet in Berlin immer vor einem Volksbegehren (zweite Unterschriftensammlung) statt.

Genau. Und dass es in diesem Fall in der Gesetzgebungskompetenz des Landes liegt, das wurde vom Berliner Innensenat so bestätigt. Jedes Volksbegehren muss eine Zulässigkeitsprüfung durchlaufen, bei der diese Fragen geprüft werden – diese war positiv.

Im Prinzip ja, bei irrelevantem Quatsch. Es gibt aber auch die Kategorien „weitverbreitete Irrtümer“, die ich freigebe, weil sich im Forum immer beschlagene UserInnen finden, die sie aufklären - und die damit auch gewinnbringend für die Mitlesenden sind…

Hier eine detaillierte Stellungnahme zur Gesetzgebungskompetenz von der Homepage der Initiative:
Stellungnahme zur Zulässigkeit

Hab auch schon davon gehört, wäre mega das mal gut eingeordnet zu bekommen und 5.9. ist ja nicht mehr lange hin

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