Verwendung des Begriffes der "Ausladung" in der Berichterstattung über Steinmeier-Selenskyj

Bei Gesprächen mit meiner Stiefmutter über Selenskyjs Erteilung einer Absage an einen Besuch Frank-Walter Steinmeiers in Kiew fiel ihr auf, dass wie selbstverständlich von einer „Ausladung“ Steinmeiers die Rede ist. Das gilt für deutsche Leitmedien (1)(2)(3) wie auch für deutsche Politiker*innen (4) und ist problematisch: Der Duden definiert eine „Ausladung“ explizit als das „Rückgängigmachen einer Einladung“ (5). Eine solche Einladung nach Kiew hat es nach Angaben von Selenskyj allerdings nie gegeben (6). Steinmeier gab am vergangen Freitag lediglich kund, dass er über den richtigen Zeitpunkt eines Besuchs der Stadt Kiew nachdenken würde (7).

Unabhängig davon, ob man Absage daran für richtig oder falsch erachtet, suggeriert der Begriff der „Ausladung“ einen falschen Sachverhalt. Geht man per Begriffsdefinition davon aus, dass die Absage einer vorherigen Einladung folgte, erscheint sie als inszenierte öffentliche Bloßstellung von Frank-Walter Steinmeier. Gute Gründe für die Absage scheinen in der aufgeheizten Debatte völlig unterzugehen. Beispielsweise hat Selenskyj in der vorherrschenden Kriegssituation keine Zeit für ein Treffen mit einem eher repräsentativen Amtsträger, der keine verbindlichen Zusagen für humanitäre oder militärische Hilfe Deutschlands zusagen kann. Möglicherweise ist die Wahrnehmung einer Bloßstellung von Steinmeier auch eine Mitursache für heftige Gegenreaktionen wie der von Rolf Mützenich (8) oder das Unverständnis von 63% der deutschen Bevölkerung für die Absage in einer heutigen Forsa-Umfrage (9).

Mich würde freuen, wenn ihr diesen Aspekt in der nächsten Lage mitberücksichtigen und auf den Begriff verzichten könntet, um die falsche Wahrnehmung nicht noch weiter zu reproduzieren.

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Eine Einladung erfolgte durch Duda.
Anscheinend war Selenskij telefonisch für Steinmeier nicht zu erreichen, für andere aber schon. Und das ist auf politischem Parkett, besonders angesichts der Vorgeschichte, dann genauso zu bewerten wie es Steinmeier tat. Dass die Ukraine dann die Wogen versucht zu glätten ist auch logisch. Aber das Zeichen wurde gesetzt. Und das tut ein Politiker nicht aus Versehen.

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Ich kann mir gut vorstellen, dass es hier einfach ziemlich „gemenschelt“ hat: Es war zunächst geplant und abgesprochen, dass die Staatsführer der baltischen Staaten und Polen in die Urkaine reisen. Letztlich ist es ja auch so gekommen und Selensky hat diese empfangen als die Führer der europäischen Staaten, die sehr früh sich für Waffenlieferung und ein starkes Energieembargo ausgesprochen haben. Dieses Wording wäre nicht mehr möglich gewesen sein, wenn der Staatsführer des größten europäischen Staats mitgekommen wäre, der in der internationalen Öffentlichkeit als größter Bremser bei diesen zwei Themen gilt.

Der Fehler lag m.E. bei Duda. Er hätte nicht Steinmeier vorschlagen sollen, mitzufahren, ohne das vorher mit Kiew (und vermutlich auch mit den Balten) abzustimmen.

Ein Schalk, der dabei Böses denkt …

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