Ich habe keinen Thread gefunden, in den diese hineinpasst:
Der Bundespräsident muss den Deutschen Bundestag nach einer verlorenen Vertrauensfrage nicht zwangsläufig auflösen.
Der Bundeskanzler kann nach einer verlorenen Vertrauensfrage den Bundespräsidenten binnen 12 Tagen bitten, den Bundestag aufzulösen.[1][3].
Der Bundespräsident kann dem Vorschlag des Bundeskanzlers folgen und den Bundestag aufzulösen. Er ist dazu aber nicht verpflichtet[3].
Übrigens: Das Recht zur Auflösung des Bundestages erlischt, wenn der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen neuen Bundeskanzler wählt[4].
Der Bundeskanzler kann auch anders auf eine verlorene Vertrauensfrage reagieren. Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine auf die Auflösung des Bundestages gerichtete Vertrauensfrage nur gerechtfertigt, „wenn die Handlungsfähigkeit einer parlamentarisch verankerten Bundesregierung verloren gegangen ist“[3].
Warum kann der Bundespräsident nicht sagen:
„In der aktuellen, globalen Lage ist eine lame-duck-Regierung bis Mitte / Ende März staatspolitisch nicht zu verantworten. Es gibt eine Mehrheit von Union und SPD. Ich fordere die beiden Fraktionen auf, in Koalitionsverhandungen zu treten mit dem Ziel, eine parlamentarische Mehrheit für eine Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode zu erreichen. Nur, weil der Bundeskanzler in einer solchen Koalition dieses Amt nicht mehr ausüben würde, sind vorzeitige Neuwahlen nicht die einzige Option.“
Übrigens, fun fact: Wenn März unbedingt sofort Neuwahlen will, könnte er ein Misstrauensvotum anstrengen, sich mit den Stimmen von FDP, Linken, BSW und, ja, auch der AfD wählen lassen, sofort die Vertrauensfrage stellen und dann (notfalls muss die eigene Partei gegen ihn stimmen) den Bundespräsidenten um die Auflösung des Bundestages ersuchen. Theoretisch natürlich.
Steinmeier kann das gerne fordern. Aber er kann die Union nun mal nicht zwingen, mit der SPD zu koalieren. Warum sollte sie auch als Juniorpartner einen Kanzler Scholz unterstützen, wenn sie genau weiß, dass sie nach einer Neuwahl den Kanzler stellt?
Und was das Misstrauensvotum angeht: Merz bräuchte die Stimmen von FDP und AfD sowie von 5 weiteren Abgeordneten. Warum sollten die für einen Kanzler Merz stimmen? Und ein gescheitertes Misstrauensvotum ändert genau gar nichts. Deshalb kann Merz alleine da gar nix machen, auch wenn es hier inzwischen schon in mehreren Threads behauptet wird.
Ich habe es schon an anderer Stelle geschrieben, aber grundsätzlich könnten auch Scholz, die SPD, Grüne und die FDP einem Misstrauensvotum von Merz zustimmen (vorher natürlich abgesprochen).
Merz könnte dann sofort die Regierung übernehmen, vermutlich mit Scholz oder Habeck als Vizekanzler. Wir hätten dann binnen 2 Wochen wieder eine stabile Regierung und dieses ganze rumtaktiere von Scholz und Spindoktor Klingbeil, das die beiden gerade abziehen, wäre sofort beendet.
Leider scheint Scholz und Klingbeil dafür die staatsmännische Größe zu fehlen. Stattdessen stellen die in Interviews rhetorische Fragen wie
So geschehen bei Maischberger.
Dabei ist die Antwort ganz einfach. Weil es nicht die Aufgabe der Opposition ist die Regierung zu retten wenn die sich zerrauft und Fritze Merz natürlich auch ein wirtschaftlichsliberales Weltbild hat und der SPD sicher nicht zu Wahlgeschenken im Wahlkampf verhelfen kann.
Bei aller Verachtung für Fritze, ich finde es so dreckig wie sich die SPD gerade verhält und vermute es kostet sie einige Prozente.
Theoretisch ja, theoretisch kann es auch ab der nächsten Bundestagssitzung eine Allparteienregierung von Linken bis AfD mit einem Kanzler von der dänischen Minderheit geben. Die Frage ist nur, was realistisch ist. Und weder für Merz noch für Scholz gibt es irgendeinen nachvollziehbaren Grund, warum sie sich in der derzeitigen Situation auf solch einen Deal einlassen sollten.
Ich finde es unsinnig, vorschnell mit solchen Vokabeln zu handtieren und die dann auch noch so einseitig zuzuschreiben. Auch Merz hat doch aus verständlichen Gründen keinerlei Interesse daran, mit der gegenwärtigen Sitzverteilung im Bundestag zu regieren.
Ich bin doch einigermaßen erstaunt, dass hier einige immer noch davon auszugehen scheinen, dass es in der Politik tatsächlich vor allem darum ginge, sachliche Probleme und Themen im Sinne einer möglichst umfassenden Allgemeinheit anzugehen. Schön wär’s, aber die Realität sieht doch offensichtlich anders aus, sonst gäbe wäre jemand wie Scholz (Cum-Ex) nicht Kanzler und jemand wie Merz (Blackrock) nicht sein Nachfolger. Politik heißt vor allem Wettstreit um die Durchsetzung unterschiedlicher (partikularer) Interessen. Und dann kommt erst mal lange nix.
Ich habe das als Gegenposition zu den vielen Forderungen nach staatsmännischen Handeln der CDU geschrieben. Natürlich wird Scholz und die SPD das Kanzlerheft nicht aus der Hand geben. Aber dann brauchen Scholz und Klingbeil auch nicht staatsmännisches Handeln der anderen fordern. Ich finde diesen Hahnenkampf in Berlin aktuell so daneben, dass ich schon fast dazu neige Positionen der Trumpisten anzunehmen (krankes Establishment). So wie die sich aktuell verhalten kann man nur politikverdrossen werden.
Edit: Wichtig ist auch zu verstehen, dass es um Attributierung geht. Wer immer die sinnvollen Forderungen als Kanzler durchbringt hat beim Wähler einen Stein im Brett.
M. E. wird die Vokabel „staatsmännisches Handeln“ eh enorm inflationär benutzt. Da gibt es vor allem Männer und Parteien, die Regieren wollen. Der/die eine will und kann noch nicht und der/die andere kann nicht mehr, will aber auch noch.
Schön wär’s. Nicht erst seit Dienstag Nacht sollte klar sein, dass es mitnichten um die sinnvollsten Forderungen geht.
Ich weiß nicht, ob es vielleicht schon irgendwo im Forum diskutiert wurde, aber was passiert eigentlich, wenn Scholz die Vertrauensfrage an die Reform der Schuldenbremse knüpft? Schließlich ist daran die Ampel zerbrochen.
Wenn er den Gesetzentwurf so formuliert, dass die Union dem eigentlich zustimmen müsste, wäre das ein kluger Move. Aber die Union kann dem nicht zustimmen, weil Scholz sonst Kanzler bliebe. Faktisch wird das nix bringen, aber für den Wahlkampf wäre das ein Vorteil für die SPD.
In der aktuellen (?) Ausgabe von Machtwechsel hat Robin Alexander einen interessanten Punkt gemacht:
SPD und Grüne müssen bei der Vertrauensfrage ein Auge auf die AFD haben, und zumindest ein Teil der SPD und Grünen müssen Scholz bei der Vertrauensfrage selbst das Vertrauen entziehen.
Ansonsten würde man Gefahr laufen, dass die AFD für Scholz stimmt, und somit Scholz weiterhin eine Mehrheit hat.
Und das die AFD zu solchen Spielchen bereit ist, wissen wir seit Thüringen und Kemmerich.