Verkehrsministerium

Ich bin neu als Hörer des Podcast, meine aber Kritik an der Politik von Herrn Wissing oft zu hören.
Ohne mich zu der (nicht vorhandenen) politik von Hr Wissing weiter äußern zu möchten, fehlt mir ein Aspekt: es wird oft kritisiert, dass die FDP zB das Tempolimit nicht befürwortet. Ich selbst als FDP- Wähler fand das ein wunderbares Verhandlungspfand, denn es kommt mir nicht darauf an.
Noch vor Beginn der konkreten Ampelverhandlungen haben die Grünen - zu meinem Entsetzen - das Tempolimit öffentlich aufgegeben (zugunsten der FDP, ohne dass diese das verlangt hat).
Ich habe großen Respekt vor der Verhandlungskunst der Grünen, diesen Punkt so früh freizugeben, um sich was auch immer dafür zu holen. Aber warum wird das jetzt der FDP vorgeworfen??

Ich denke nicht, dass der FDP vorgeworfen wird, dass sie den Koalitionsvertrag so verhandelt hat.

Ich persönlich jedenfalls würde ihr nur vorwerfen, dass sie auf diesem Punkt immer noch beharrt, obwohl insbesondere im Verkehrsbereich die Einsparungen der Emissionen bei weitem nicht ausreichen.

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Ich bin mir sicher, dass die FDP diesen Punkt sofort aufgeben würde, wenn die Grünen dafür ihr Beharren auf dem Abschalten der letzten AKW im Frühjahr 2023 aufgeben.

Mag sein, dass wir die AKW bis dahin nicht mehr flott kriegen (z. B. wegen des Mangels an Brennstoffen, aber auch weil es finanziell Unsinn ist). Aber gerade deswegen könnte man doch den temporären Weiterbetrieb akzeptieren. Wenn die Unternehmen das dann als unmöglich ablehnen wäre das eine Blamage für die FDP und wir hätten das Tempolimit.

Der Unterschied ist hier die Wichtigkeit des Themas für die Partei und ihre Wähler.
Ein großer Teil der FDP-Wähler würden der FDP wohl verzeihen, wenn diese doch ein Tempolimit mit trägt. Auch wenn die FDP immer gegen ein Tempolimit war, war das nie der Kern der Selbstidentifikation der Partei. Das sieht bei den Grünen und der Atomkraft anders aus, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Grünen aus der Anti-Atomkraft-Bewegung entstanden sind.

Von den Grünen daher zu erwarten, dass sie eine Laufzeitverlängerung akzeptieren, wäre in etwa so, wie von den Piraten zu erwarten, eine volle Vorratsdatenspeicherung zu akzeptieren. Das würde das Wahlergebnis der Grünen vermutlich tatsächlich halbieren.

@Daniel_K ich gebe dir Recht. Ich finde aber, dass Parteien in einer Bundesregierung das Beste für das Land, nicht für ihre Partei tun sollten.

Und ich habe auch schon die eine oder andere Umfrage gesehen, nach der auch viele Grünen-Wähler einen Weiterbetrieb staatsmännisch akzeptieren würden. Man verliert halt eher die Fundis, denen persönliche Ideale wichtiger sind als alles andere. Verschmerzbar. Zumal man denen ja erklären kann, dass das eh keine Auswirkungen haben wird, da die Brennelemente zu spät kämen. Man könnte es quasi so darstellen als hätte man die FDP ausgetrickst.

Problematisch würde es nur wenn die FDP Recht hätte. Dann wären die Grünen der Lüge überführt.

Der Großteil der Experten scheint eher dazu tendieren, dass eine Laufzeitverlängerung - selbst wenn sie technisch möglich wäre - nicht das Beste für das Land sei, eben weil Investitionen in erneuerbare Energien sinnvoller wären, als jetzt Milliarden in die AKWs zu stecken. So gesehen finde ich es eigentlich auch gut, dass Deutschland und Frankreich so komplett gegensätzliche Energie-Strategien fahren - dadurch hat man in Zukunft dann gute Vergleichsobjekte. Wobei für Frankreich als Atommacht die Atomkraftwerke natürlich ohnehin eine andere Bedeutung hat als für Deutschland…

Was das „staatsmännisch handeln“ vs. „Parteiidentität“ betrifft ist das immer eine Gratwanderung. Auch mal die Ideale der Partei zu Gunsten einer gerade notwendigen, pragmatischen Lösung hinten anzustellen ist natürlich durchaus wünschenswert, aber desto größer der Verstoß gegen die Ideale ist, desto zwingend notwendiger müssen auch die „pragmatischen Lösungen“ sein.

Nicht nur, weil es der Partei um den eigenen Machterhalt geht, sondern auch, weil die Wähler der Partei im Rahmen des demokratischen Prozesses eben auch diese Ideale gewählt haben. Wenn die Grünen jetzt eine Laufzeitverlängerung akzeptieren würden, die nicht ganz offensichtlich wirklich absolut alternativlos ist, würden sich die Wähler - mit Recht - von der Partei verraten fühlen.

Wie bereits oben geschrieben, das Framing wäre ja

Das kommt eh nicht. Wir bekommen die Brennelemente nicht rechtzeitig, die Mitarbeiter sind alle schon entlassen oder kurz vor weg und wirtschaftlich macht das eh keinen Sinn weil die Anlagen alle kurz vor dem Zusammenfallen sind.

Das erzählen die Grünen ja ohnehin schon seit mindestens Mai und seitdem sind bereits einige Monate vergangen, also ist die Zeit zur Vorbereitung noch wesentlich knapper geworden.

Sollte das Argument der Grünen stimmen, könnte ein Weiterbetrieb gar nicht erfolgen. Dann wäre die FDP bis auf die Knochen blamiert. Hätten die Grünen hier allerdings gelogen, müssten sie die Schelte der Fundis ertragen und wäre für den Rest der Bevölkerung entlarvt.

So oder so würde die Bevölkerung gewinnen.

Gibt es denn irgendwen, der dieses Argument bestreitet? Also ich habe auch von Union und FDP bisher nichts diesbezüglich gehört. Dadurch erscheint mir die ganze Diskussion ja auch als Schattendiskussion, als klassische Finte. Man verspricht der Bevölkerung Linderung der aktuellen Krise, verfolgt aber in Wirklichkeit das Ziel, die Atomkraft - idealerweise auf unbestimmte Zeit - weiter betreiben zu wollen.

Das Risiko des von dir dargestellten Szenarios wäre, dass sich vielleicht eine Firma finden ließe, die behauptet, sie könne „Mitte 2023“ Brennstäbe liefern. Dass diese dann tatsächlich erst im Winter 2023 oder 2024 ankommen, ist dann egal, denn wenn die Dinger erst Mal bestellt sind, werden sie auch verbraucht. Warum sollten die Grünen dieses Risiko eingehen?

Nebenbei, dass eine Lieferung von Brennstäben bis zum nächsten Winter möglich wäre, wurde glaube ich auch von den Grünen nicht bestritten. Streitig sind doch eher, ob die Atomkraftwerke überhaupt den Gasengpass mildern können - und ob die AKWs die Sicherheitsüberprüfungen, die bei einer Laufzeitverlängerung nachgeholt werden müssten, bestehen würden (und falls nicht, wie lange sie ausfallen und welche Kosten dabei anfallen; siehe Frankreich…). Und eben die Tatsache, dass eine Bestellung neuer Brennstäbe uns auf viele Jahre, bis die Stäbe ausgebrannt sind, festlegen würde. Das wollen die Grünen ganz offensichtlich nicht.

Also das Szenario, welches du aufstellst, würde in der politischen Realität mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so ausgehen, wie du denkst, alleine, weil die Streitpunkte komplexer sind, als nur die Frage, ob man „rechtzeitig Brennstäbe bekommen könnte“.

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