Ursprung der Cancel Culture

Meiner Meinung nach hab ihr versäumt zu erörtern wo der Begriff eigentlich herkommt. Soweit ich weiß ist der Begriff an US Universitäten geboren worden. Diese haben einen lange Tradition auch kontroverse Redner einzuladen. Das ist in den letzten Jahren aber durch den Druck vor allem Linker Studenten immer seltener geworden und hat dazu geführt das viele dieser Reden und Diskussionen Seiten der Universität gecancelt wurden. Das trifft nicht nur rechte Hetzer wie Ben Shapiro oder Steve Bannon, sondern durchaus auch Liberale wie z.B. Bill Maher der absolut auf der Seite der Demokraten steht, jedoch klar für Dialog und Meinungsfreiheit plädiert und z.B. die fehlende Unterstützung von Sanders Anhängern für Hillary Clinton kritisiert hat. Auch viele Comedians kommen nicht mehr als Gastredner an Universitäten, weil sie den „purity test“ nicht bestehen. Wie ihr richtig geschildert habt ist der Begriff zum rechten Kampfbegriff gemacht worden. Nichtsdestotrotz hatte der Ursprung eine berechtigte Kritik inne, nämlich das Meinungen aufgrund ihrer politischen Richtung an US Universitäten kein Forum mehr bekommen und der offene Diskurs nicht mehr stattfindet.

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Stimmt, danke für den Hinweis!

Hier würde ich mich auch gerne mal einklinken, da mich die Diskussion um den Begriff „Cancel Culture“ hierzulande seit Lisa Eckhart etwas stört. Primär, da die Nutzung des Begriffs gerade als eine Art „Nazi-Marker“ dargestellt wird, der Ursprung also bei den Rechten zur Verunglimpfung Linker/progressiver Stimmen ausgemacht wird. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist das nicht so bzw. etwas differenzierter. Ich kenne den Begriff seit einigen Jahren auch aus Youtube- und Gamingszene und er wurde dort auch ganz unpolitisch genutzt, allerdings oft im Zusammenhang mit Vorwürfen im Zusammenhang mit Sexismus, Rassismus, etc.
In der Realität aber sah es eher so aus - Beauty-Youtuberin X hat ein Beef mit Beauty-Youtuber Y und peitscht die eigene Fanbase auf um Y zu „canceln“, primär geht es dann daran den Sponsoren zu vermitteln daß sie diesen fürchterlichen Menschen nicht mehr unterstützen sollten weil er/sie mal etwas homophobes gesagt hat usw. Auch unter Gamern werden gerne einfach mal alte Tweets ausgegraben um irgendeinen Grund zu finden, oft vollkommen hanebüchen.
Insgesamt stellt es sich so dar daß der „Cancel Mob“ schon oft mit politischer Korrektheit argumentiert, allerdings sind die Opfer sehr viel öfter Kollegen die man als Außenstehender auf der selben Seite sieht. Ein Paradebeispiel war z.B. Natalie Wynn aka „Contrapoints“, eigentlich eine Vorzeigefigur sowohl der Trans-Community als auch linker Youtubeszene, die allerdings in einem ihrer Videos einem Trans-Mann eine kurze Sprechrolle gab der als „problematisch“ gilt - woraufhin sie aufs Übelste von der eigenen Community „gecancelt“ wurde.
Kurzum, „Cancel-Culture“ steht zumindest meiner Ansicht nach für ein sehr spezifisches Phänomen, ja, meist von linker Seite, allerdings auch sehr oft innerhalb der eigenen Community, und meist geht es direkt an Firmen, Sponsoren, Arbeitgeber und die Person wird als „problematisch“ dargestellt.
Nun aber zu rechten Mobs und den Beschwerden daß diese nicht auch als Cancel Culture betitelt werden. Ich persönlich mache hier auch einen Unterschied, selbst wenn das Ergebnis am Ende das selbe ist. Zu rechten Mobs passt „Hass“ einfach besser, sie nutzen Mittel die man nicht primär mit Cancel Culture verbindet, nämlich direkte Gewaltandrohung, Morddrohungen, die ganze Palette von Sexismus und Frauenfeindlichkeit. In meinen Augen ist der „Hatemob“ eine Steigerung.
Was mir an der jetzigen Diskussion Sorge bereitet ist daß der Begriff jetzt primär mit Rechten in Verbindung gebracht wird, dem ist meiner Meinung nach nicht so, der Begriff ist auf Social Media seit langem in allen möglichen Zusammenhängen im Umlauf, man wird ihn aus der Youtube-Szene usw. auch nicht so schnell wieder herausbekommen, und man sollte aufpassen jetzt nicht überall Nazis zu sehen.

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Dazu würde ich sehr empfehlen den Beitrag von Natalie Wynn bzw. „Contrapoints“ zu Cancel Culture anzuschauen.

Er ist zwar lang, aber sehenswert und zeigt, dass Cancel Culture eigentlich seinen Ursprung aus gesellschaftlichen Missständen hat. „Cancelling“ ist zunächst ein Weg gewesen Personen öffentlich zur Verantwortung zu ziehen, die sonst für (sozial)schädliches Verhalten keine Konsequenzen zu befürchten hatten. So wie #MeToo ein Werkzeug wurde für Opfer sexueller Gewalt, Gehör zu finden, auf Missstände bei der Verfolgung solcher Taten aufmerksam zu machen und ihre Peiniger zur Rechenschaft zu ziehen, weil die Justiz und Gesellschaft an der Stelle versag(t)en. Es ist eine Art Selbstjustiz, der ein gewisses Maß an Frustration vorausgehen muss. Der spätere Missbrauch bzw. inflationäre Gebrauch dieses Werkzeugs ist dabei, jede Chance auf fruchtbaren Diskurs zu zerstören. Die Herkunft zeigt aber eher, dass es ein Symptom dysfunktionaler Strukturen und bröckelndem gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.

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Das oben verlinkte Video sagt alles über Cancel Culture (auch Ursprung und Gebrauch) was man wissen muss. Aber Ungeduldige, denen der Beitrag zu lang ist, könnten vielleicht an einem der Podcast-Interviews zum Thema interessiert sein.

Wer etwas über die Exzesse der Cancel Culture lernen will, sollte sich mal den Podcast von Sam Harris gönnen (sowieso hörenswert, wenn auch inzwischen kostenpflichtig.) Dieser eher linksliberale und extrem differenzierte Denker hat über die Jahre viele haarsträubende Beispiele über das Ziel hinausschießender political correctness diskutiert (in die Show Notes schauen). Anhören und dann nochmal behaupten, es gäbe (in den USA) kein Problem!

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Liebe/r Diskutant/in,

Du machst eine Menge Punkte, zu denen ich mich nicht geäußert habe und nicht äußern will, weil ich sie zum Teil nicht beurteilen kann und ich das Thema - ehrlich gesagt - auch eher leidig finde.

Interessant finde ich aber schon, wie zielgenau Du an dem Wenigen, was ich gesagt habe, vorbeiargumentierst und wie Du mit Andeutungen und mehr oder minder subtilen aber unbelegten Abwertungen einer Person arbeitest, statt zum Thema zu sprechen:

  1. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es in den USA eine große Zahl absurder Entgleisungen gibt, bei denen Menschen oft ihre Anstellung verloren haben. Von solchen berichtet Sam Harris immer wieder. Es ging mir - wie gesagt- nicht darum, ob er Selber irgendwo ausgeladen wurde.

  2. [quote=„Hufschmied, post:7, topic:1008“]
    Zu mal Harris mit seinem Werk The moral Landscape mehr als klar dargestellt hat dass der von Philosophie und Sozialwissenschaften wenig Ahnung hat.
    [/quote]

Das ist mal eine steile Behauptung. Kannst Du das irgendwie substantiieren? Ich habe das Buch auch gelesen und komme trotz Soziologie- und Psychologie-Studium zu einer diametralen Einschätzung. Abgesehen davon, dass das überhaupt keinen Zusammenhang mit der Frage hat, ob es Exzesse der Cancel Culture gegeben hat.

  1. „Liberal“ und „Medienintellektuelle“: sorry, dass sind einfach billige rhetorische Mittel, um Personen im Vorbeigehen zu desavouieren, ohne selbst Substanz zu liefern, oder sich konkret zu einer Sachfrage zu äußern.

In Summe Illustriert Deine Art der Diskussion schon vieles, was heute falsch läuft: Substanzlose ad-hominem-Angriffe und Aneinander-Vorbeireden statt offener Austausch von Argumenten.

Schade.

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;tldr; - Sorry, aber mir fehlt die Zeit (und ehrlich gesagt auch die Motivation), diese Vielzahl von Strängen zu bearbeiten und auf alle Deine Punkte einzugehen, die überwiegend nur marginal mit meinem Post zu tun haben.

Ich habe einfach nur darauf hingewiesen, dass Sam Harris (und es hätte auch Peter Schmitz sein können - Maher habe ich nie erwähnt, schon weil ich ihn nicht kenne - oder The Atlantic oder werauchimmer) eine Zahl von Fällen diskutiert, in denen Menschen in haarsträubend absurder Weise für Handlungen in Good Faith ruiniert wurden und dass dies m.E. belegt, dass hier etwas in moralischer Selbstüberhöhung aus dem Ruder gelaufen ist.

Ich verstehe nicht, warum Du darauf mit einer theoretischen Abhandlung über alles, nichts und Sam Harris Moralphilosophie antwortest.

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BTW: zu sagen, Harris hätte „Schnittpunkte“ mit „Leuten wie Peterson“ ist auch wieder so ein dunkles Raunen. Die beiden haben geschätzte 12 Stunden öffentlich diskutiert und waren sicherlich nicht immer einer Meinung.
Was soll mir dieser Seitenhieb also jetzt über Sam Harris sagen, der m.W. nie irgendetwas in der Richtung von „Kulturbolschewismus“ von sich gegeben hat?

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Und nein, “liberal” ist für mich alles andere als ein Schimpfwort, aber Du hast das Harris als liberal in Anführungsstrichen bezeichnet, ohne zu erklären, was Du damit meinst, und das ist m.E. ein unredliches rhetorisches Mittel, um jemanden en passant schlecht zu machen.

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(Beitrag vom Verfasser gelöscht)