Unterschiedliche Behandlung von Flüchtlingen aus der Ukraine

Nicht nur in der LgN, sondern in vielen Medien, wird gerade darauf hingewiesen, dass die unterschiedliche Behandlung von fliehenden Personen aus der Ukraine diskriminierend erscheint. Ich war da such erstmal ziemlich betroffen. Ich telefonierte deshalb gestern mit eine Freundin, die als Juristin auf Ausländerrecht spezialisiert ist und sie konnte mir vieles erklären, was ich hier gerne teilen und zur Diskussion geben würde.

Warum Ukrainer einfach in die EU einreisen können und sich in der EU frei bewegen können und das so anders als bei syrischen oder afghanischen Geflüchteten ist:

Ukrainer können mit einem biometrischen Reisepass drei Monate legal und visumsfrei in die EU einreisen. Dieses Aufenthaltsrecht kann auch relativ problemlos um drei Monate verlängert werden. Dh anders als bei Syrern ist die Einreise in die EU auch ohne Stellung eines Asylantrags legal. Für Ukrainer stellt sich die Frage nach der Gewährung von Asyl also erstmal gar nicht und sie können auch in diesen drei Monaten durch die EU reisen und müssen nicht in dem Land bleiben, wo sie eingereist sind und einen Asylantrag stellen mussten. Sie können zu Verwandten fahren und sich dort überlegen, einen Asylantrag zu stellen, um Leistungen zu erhalten und länger zu bleiben. Sie müssen nicht in Polen bleiben.

Wenn nun der ägyptische Student aus der Ukraine nach Polen fliehen möchte, ist er nicht im Besitz einer solchen automatischen Aufenthaltserlaubnis und muss zwingend direkt an der Grenze einen Asylantrag stellen, um legal einreisen zu können. Dies erklärt, warum er in einer anderen Schlange anstehen muss (rechtfertigt natürlich keine schlechtere Behandlung). Wenn er Asylantrag stellt, muss er in Polen bleiben. Das erklärt die fehlende Motivation der Polen, denke ich. Bei den Ukrainern ist absehbar das nicht alle in Polen bleiben wollen. Vielleicht will das auch gar nicht der Student und möchte in Polen gar kein Asyl und wir landen wieder bei dem alten Thema, warum das EU Asylrecht verbesserungswürdig ist.

Es gibt also rechtliche Unterschiede und es ist nicht per se Diskriminierung (ausser es kommt wirklich eine schlechte Behandlung usw hinzu). Die unterschiedliche Vorgehensweise gibt das Recht vor. Die Qualität der Behandlung muss natürlich gleich gut sein!

Würd mich echt freuen, wenn ihr mal in der Sache rechtlich noch einmal etwas tiefer eintaucht.

Solche Hintergrundinformationen und Einordnungen sind wichtig, damit man sich über die wirklichen Ungerechtigkeiten empört, zB illegale Pushbacks oder dass Menschen im Mittelmeer ertrinken.

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Es war ja auch genau von Pushbacks gegenüber nicht „europäisch“ aussehenden Menschen berichtet. Ich halte den Vorwurf der Ungleichbehandlung nach allem was ich gehört habe schon für realistisch.

Insbesondere dass man wegen eines fehlenden Visums bei Studenten den Grenzübertritt verhindert scheint mir eine Nebelkerze zu sein.

https://www.google.com/amp/s/www.deutschlandfunk.de/amp/rassismus-vorwuerfe-gegen-polnischen-grenzschutz-afrikaner-an-flucht-ueber-die-grenze-gehindert-100.html

Da dieses Thema seit Beginn des Krieges immer wieder in den Medien angesprochen wird und auch in der Lage, bin ich froh, auf diesen Thread gestoßen zu sein. Was mich an der bisherigen Debatte hierzu stört ist, dass man eigentlich immer im Kontext von „Polen, ostdeutsche Bundesländer etc. nehmen ukrainische Flüchtende auf“ hört, dass das zwar gut sei, aber vorher bei anderen Flüchtenden nicht der Fall gewesen sei. Egal aus welchen Medien ich das bisher gehört/gelesen habe, war das eigentlich die einheitliche Meinung. Ich finde es allerdings immer schwierig, jemanden für etwas durchgehend Positives zu kritisieren und das mit vorherigem (vermeintlich) falschem Verhalten zu verknüpfen. Das ist für mich eigentlicht eine Art whataboutism, der in diesem Kontext nicht angebracht ist, gerade weil man das eigentlich bei jeder guten Tat machen könnte ("Er hilft jetzt xy, warum hat er dann nicht vorher zz geholfen usw.). Den Rassismus sollten man klar benennen und kritisieren, aber doch nicht genau in dem Moment, wenn jemand richtig handelt!?
Und im Übrigen: Natürlich gilt der Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 GG für jeden Menschen. Aber trotzdem fehlt mir in dieser Debatte ein bisschen das Verständnis, dass man sich doch seinen Nachbarn bzw. europäischen Mitbürgern verbundener fühlt (auch weil man das Gefühl hat, es könnte bald einen selbst treffen) als Menschen vom Rest der Welt und diesen bereitwilliger hilft (genauso wie man seinem Mitbewohner vielleicht eher hilft als einem anderen Menschen aus einer anderen Stadt, Stichwort „Nachbarschaftshilfe“). Da dann gleich immer die große Keule „Rassismus“ hervorzuholen, finde ich wirklich schade und es fehlt mir hier in der Medienlandschaft fast jegliche Differenzierung. Und nochmals: Jeglicher Rassismus ist nicht zu rechtfertigen, insbesondere wenn bei Flüchtenden aus der Ukraine nach Hautfarbe differenziert werden sollte, mich stört nur die bislang einseitge Darstellung.
Liebe Grüße

Natürlich klingt das jetzt etwas kalt in der aktuellen Situation, aber für mich ist ein Ukrainer genauso sehr „Nachbar“ wie der Syrer oder Somalier, nämlich gar nicht. Kriegsflüchtlinge sind gleich zu behandeln, und wir haben nun einmal das Menschenrecht auf Asyl bei solchen schlimmen Situationen akzeptiert und begrüsst.

Die Keule mag hier und da zu „gross“ sein, aber nach meiner Erfahrung trifft sie dennoch oft ins Mark und die Richtigen. Ich finde es völlig akzeptabel wenn es hier auch mal die Falschen trifft. Muss man dann aushalten. Wenn an Grenzen Menschen miit anderer Hautfarbe als „weiss“ zurückgewiesen werden, obwohl sie aus der gleichen Region kommen wie andere Flüchtlinge, dann muss man das auch so bezeichnen wie es ist, das ist Rassismus.

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