Unterschätzung der Impfquote - und niemand hat's kommen sehen?

https://www.zeit.de/gesundheit/2021-08/robert-koch-institut-corona-impfquote-unterschaetzt-mehr-geimpfte

Während in der Befragung 79 Prozent angaben, geimpft zu sein, waren es laut Meldesystem 59 Prozent.

Ich bin sehr überrascht, dass man das Problem nicht hat kommen sehen.
Menschen, die mit in Deutschland nicht anerkannten Impfstoffen (Sputnik V o.ä.)
oder mit in Deutschland anerkannten Impfstoffen aber nicht in Deutschland geimpft wurden, sagen von sich selbst geimpft zu sein. Das RKI sieht das anders - und dennoch haben beide irgendwie Recht.

Es könnte also dazu kommen, dass es in Deutschland eine hohe Impfquote gibt, diese aber nicht mehr gesteigert werden kann, da es in Deutschland keine nicht-geimpften mehr gibt.
Oder andersherum könnte es Staaten geben (insbesondere Inselstaaten) mit einer Impfquote weit über 100%.

Dass das Ausland nicht mit in die Impfquoten einbezogen wird ist gelinde gesagt enttäuschend.

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Der verlinkte Artikel gibt die von dir getroffenen Schlussfolgerungen überhaupt nicht her. Stattdessen steht dort, dass es im Hinblick auf die vollständigen Impfungen überhaupt keine statistischen Unterschiede zwischen Melderegister des RKI und der Covimo-Umfrage gibt. Die Unterschiede betreffen überhaupt nur die Erstimpfungen und dafür gibt der Artikel drei Erklärungsansätze, die jeweils unproblematisch sein dürften:

  • Möglicherweise haben noch nicht alle Betriebsärzte ihre Daten an das RKI gemeldet.

  • Die Covimo-Erhebung überschätzt die Impfquote bei Erstimpfungen, da geimpfte Menschen eher dazu geneigt sind, an einer Umfrage teilzunehmen und ihr Anteil deshalb die Statistik nach oben verzerrt. (Es ergibt ja auch Sinn, dass im Umkehrschluss Menschen, die von der Impfkampagne noch nicht erreicht wurden, auch von Umfragen schlechter erreicht werden und ihr Anteil deshalb unterrepräsentiert ist.)

  • Wenn ich den Artikel richtig verstehe, dann könnten bei der Umfrage auch Unsicherheiten hinsichtlich der Impfung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson eine Rolle spielen, da hier nur eine Impfung verabreicht wird und das RKI diese nur als Zweitimpfung verbucht, nicht aber als Erstimpfung.

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Ca. 16 Mio. Deutsche sollen bereits im Ausland mit Sputnik o.ä. geimpft sein? Ganz bestimmt. *lol*

so war das gar nicht gemeint :slight_smile:
ich sehe nur den Zusammenhang nicht so direkt, wie ihn das RKI in seinem Impfdashboard ausdrückt:

Aktueller Impfstatus
Am 10. August 2021 wurden in Deutschland 404.541 Impf­dosen verabreicht. Damit sind nun 46.227.957 Personen (55,6 % der Gesamt­bevölkerung) vollständig geimpft. Insgesamt haben 52.108.008 Personen (62,7 %) mindestens eine Impf­dosis erhalten.

(ich vermute aufgrund der Zahl dass das RKI statt Gesamtbevölkerung Gesamtbevölkerung Deutschlands meint)

Wie kommt das RKI darauf, dass in Deutschland ausschliesslich die Bevölkerung Deutschlands geimpft wurde, wenn die Daten der Nationalität bei der Impfung in Deutschland nicht erhoben wird?

Oder andersherum: Warum geht das RKI davon aus, dass die deutsche Bevölkerung sich in Deutschland impfen lässt?

Auf wieviele Personen dies tatsächlich zutrifft ist mal wieder eine Frage, die aufgrund von fehlenden Daten aktuell nicht beantwortet werden kann.

Die Abweichung zwischen Umfrage und RKI-Statistik besagt ja nur eines: Schade, dass es keine belastbaren Zahlen gibt. Ohne belastbare Zahlen kann keine gute Politik gemacht werden; frei nach dem Prinzip Garbage in, Garbage out.

siehe da - ein Erfahrungsbericht.

Für die Betroffenen ist es blöd, für die Statistik verfälschend und für die Politik unmöglich.
Denn wem glaubt man denn nun - der RKI Zahl oder der Selbstauskunft der Bürger?
Das ganze ist mal wieder lächerlich ungeplant in Deutschland. Andere Länder machen es vor, wie es geht, aber die deutsche Verwaltung wird nicht von Spanien lernen.

Das Framing erscheint mir, wenn man den Artikel und das zugrunde liegende RKI-Bulletin liest, vollkommen absurd. In dem Papier wird sehr ausführlich diskutiert, was die Gründe für eine mögliche Überschätzung der Impfquote bei Erstimpfungen in einer einzigen Outlier-Umfrage sein könnten. (Oder eben für die Unterschätzung bei den Meldedaten). Man hätte, statt direkt Behördenversagen zu unterstellen, den Artikel auch überschreiben können mit „Das RKI versucht sehr gewissenhaft, für die Bereitstellung korrekter Impfdaten zu sorgen“.

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Ich stimme Dir vollkommen zu, dass die Differenz zwischen den Ergebnissen und der Melderate sehr sensationalistisch aufgenommen und interpretiert wird und Leute alle möglichen vermeintlichen Ursachen (er-)finden, ohne die Analyse, die die Umfrage des RKI mitliefert, überhaupt gelesen zu haben - Leider aus meiner Sicht nur symptomatisch für den emotioanlisierende Weise mit der in dieser Pandemie mit vermeintlich objektiven Zahlen umgegangen wird.
Wo ich allerdings skeptisch bin sind Aussagen wie „Das RKI versucht…“ Come on, guys, it’s your fucking job, just get it done! Ihr hattet monatelang Zeit ein - auch bei föderalen Strukturen - funktionierendes Meldesystem für Impfungen aufzubauen. Dasselbe bei der Meldeinzidenz, wo die Johns Hopkins University nach 1,5 Jahren immer noch schnellere und bessere Zahlen liefert und sich RKI und Gesundheitsämter gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben… Ganz abgesehen davon, wie viele Daten überhaupt nicht erhoben werden. Hätte man angemessene Kohortenstudien (wie z.B. in UK), bräuchte man auch nicht so völlig ungeeignete Methoden wie Telefonumfragen, um den tatsächlichen Imfstatus zu erfassen.
Siehe hierzu auch Falsche Impfquote: Marodes Meldewesen - taz.de

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Malta könnte in etwa 2-3 Wochen der erste Staat sein, der 100% seiner Bevölkerung geimpft hat. Sie werden aber nicht aufhören zu impfen, denn es wird weiter Impfwillige und Impfberechtigte geben. Das zeigt doch, dass die Ins-Verhältnissetzung von gesetzten Spritzen (oder gemeldeten vollständigen Impfungen) und Einwohneranzahl ein verzerrtes Bild ergibt.

Die Impfaktion abzubrechen nur weil die Quote der vollständig geimpften 100% erreicht hat wäre keine besonders kluge Politik.