Unseriöser Schnelltest-Betreiber MediCan

Aktuell wird gegen den Bochumer Schnelltest-Betreiber MediCan aufgrund vermutlich nach oben verfälschter Testzahlen ermittelt, die an das Gesundheitsamt gemeldet wurden.

Diese mangelnde Seriosität würde ich persönlich gerne noch durch den Hinweis auf eklatante Datenschutzverletzungen untermauern:
Als Düsseldorfer war ich erfreut, als das Uniklinikum Düsseldorf vor einigen Wochen auch ein Testcenter eingerichtet hat, und bei der nächsten Gelegenheit, wollte ich daher dort einen Testtermin buchen.
https://www.uniklinik-duesseldorf.de/ueber-uns/pressemitteilungen/detail/bis-zu-20000-coronatests-taeglich

Stutzig wurde ich schon bei der Tatsache, dass ich auf der zentralen Website vom Anbieter MediCan zunächst den Standort UKD als - vermeintlich medizinisch maximal seriösen - Standort aus einer ganzen Palette an kuriosen Standorten (Baumärkte, Möbelhäuser, etc.) heraussuchen musste. Weiterhin habe ich mich gewundert, dass ich noch vor der Möglichkeit, aktuelle Termine einzusehen, meine Daten angeben musste, die darüber hinaus auch die Personalausweisnummer beinhalteten, was ich bisher noch bei keinem anderen Anbieter erlebt habe. Zu guter letzt habe ich dann festgestellt, dass in den (fehlerhaft formulierten) Checkboxen zur Zustimmung zu den Aufklärungsinformationen und der Datenschutzerklärung diese überhaupt nicht einsehbar waren, da die Verlinkungen einfach wieder auf dieselbe Seite zurückführten. Nachdem ich dieses Problem, das viel andere offenbar nicht davon abgehalten hat, einen Termin zu buchen, an den outgesourcten Datenschutzbeauftragten von MediCan geschickt habe, warte ich seit 6 Wochen auf Rückmeldung. Das Problem besteht weiterhin:
https://medicanst.com/?branch_id=ZDE264A#

MediCan nutzt für die Terminbuchung den externen Anbieter ticket.io, dessen Datenschutzbestimmungen man ebenfalls zur Kenntnis nehmen soll, die mir aber noch mehr Bauchschmerzen bereitet haben, da sie praktisch auf die Organisation von Events ausgelegt sind:
Datenschutz

Ich lese mir natürlich auch nicht in allen Fällen die Datenschutzerklärungen im Detail durch, in diesem Fall war ich jedoch froh durch gesunden Skeptizismus nicht auf den Leim dieses offenbar in mehrerlei Hinsicht unseriösen Anbieters gegangen zu sein.

Ein Thema für die Lage?

Herzliche Grüße

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Ich finde, man sollte sich bei diesem Skandal nicht nur auf die betrügenden Unternehmen stürzen, sondern auch auf die zuständigen staatlichen Stellen, die das geschaffen haben, was man auf Soziologendeutsch eine Gelegenheitstruktur nennt: Wenn ich als Staat sage: Testen, testen, testen und dann jedem, der nicht bei 3 auf den Bäumen ist ohne jegliche Nachweise angebliche Tests in beliebiger Höhe mit einer fixen Summe erstatte, muss man sich nicht wirklich wundern, wenn das ausgenutzt wird, oder?

Ob das Ganze wirklich was mit der Meldeinzidenz zu tun hat, weiß ich nicht, denn negative Schnelltests werden ja soweit ich weiß, überhaupt nicht ans Gesundheitsamt übermittelt. Und wenn eine Teststation von MediCan statt 1000 Tests auf dem Papier nur 50 macht und davon 5 positiv sind - gehen ja so oder so nur diese 5 Fälle ans GA oder?

Das mit der Personalausweisnummer machen viele Anbieter aus Servicegründen, weil man die z.B. bei Einreisen häufig auf dem Test stehen hat. Ich hatte bisher nie Probleme damit, da „ABC0000“ einzutragen.

Fände ich auch ein interessantes Thema, zumal es gerade beginnt, Kreise bis in die höchste Politik zu ziehen:

Dieser Beitrag der SZ (leider paywalled) ist übrigens, wie alles angefangen hat. Sehr lesenswert:

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Was mich persönlich sehr nervt:
Von Ende Februar an kamen Menschen in unsere Apotheke und haben uns vorgeworfen, dass wir immer noch nicht testen. Spahn hat dich versprochen, dass alle Apotheken testen.

Jetzt kommen (teilweise dieselben) Menschen, und beschimpfen uns, dass wir uns ja alle nur bereichern wollen.

Ja, wenn man die Prozesse richtig hinbekommt und einen gewissen „Durchlauf“ hat, kann man mit Tests ganz gut verdienen. Das ist aber auch nötig, um einen Anreiz zu schaffen, innerhalb weniger Tage/Wochen die angestrebte Infrastruktur zu schaffen.

Staatlich organisiert wäre das niemals in der Zeit zu stemmen gewesen.

Das sich niemand in der Verantwortung sieht, die Abrechnung zu prüfen, ist natürlich problematisch, allerdings ist man verpflichtet, alle Unterlagen bis Ende 2024 aufzubewahren, dazu ist also noch Zeit.

Es werden, zunachst durch die Medien, dann von vielen Menschen, mal wieder viele Dinge vermischt und unpräzise ausgedrückt bzw. verstanden, weil man sich dann viel schöner aufregen kann.

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Das Problem ist doch aber auch hier, dass „die Politik“, allen voran die Bundesregierung, auch bei der Beschaffung von Schnelltests wieder keinerlei Vorausplanung hatte. Von der Existenz der Tests wusste man ja schon länger, und dass sie irgendwann in rauhen Mengen verfügbar sein werden, auch. Also hätte man sich ja auch ein vernünftiges Testkonzept inkl. Abrechnungsprozessen überlegen können, anstatt das jeder Baumarkt drei Studenten einstellt, irgendwelche Phantasiezahlen ans Amt faxt und dafür fürstlich belohnt wird.

Man war halt wieder völlig im „Fahren auf Sicht“-Modus unterwegs, aber das liegt halt wie so oft nicht am Nebel, sondern an der besch* Fernsicht.

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Die Frage ist wie das überhaupt zu prüfen ist. Soweit mir bekannt ist sollen aus DSGVO Gründen keine personenbezogenen Daten vom Test-Unternehmen gespeichert werden. Wie weisst man also nach, ob man tatsächlich X Personen getestet hat, wenn man die einfach „erfinden“ kann? Schwierig.

Ja das ist wie mit der Bezahlung der Ärzte in den Impfzentren, die ja auch völlig überproportional war und ist. Kann man machen, weil es eben diesen Notstand gab, aber dann sollte man das auch genau so kommunizieen und nicht danach so tun, als wäre das nicht erwartbar gewesen.

Und eigentlich muss man ja ohnehin das Thema noch einmal aufmachen, wieso man ohne Testung durch die gesamte Pandemie in einem Lebensmittelgeschäft einkaufen konnte, jedoch jetzt nicht in irgendeinem anderen Laden.Oder wieso man monatelang den Friseur ohne Test aufsuchen konnte, dann aber nicht mehr. Sieht irgendwie schon nach der nächsten „Wirtschaftsförderung“ aus, und wieder machen eben auch Apotheken Reibach (nach den Masken).

Dass dies ein Datenschutz-Problem ist, erschließt sich mir nicht. In der Verordnung ist geregelt, dass ich die Personen-Infos nicht bei der Abrechnung nicht übermitteln darf, aber ich würde interpretieren, dass zur reinen Testdurchfürung ein berechtigtes Interesse im Sinne der dsgvo vorliegt. Ich muss ja nicht zwangsläufig das Ergebnis speichern.

In Duisburg wurde von der Stadt eine super Lösung gefunden:
Unter du-Testet.de sind alle in Duisburg zugelassenen Testcenter gelistet. Der Bürger hat eine Anlaufstelle und die Behörde eine Übersicht über die Testzahlen. Wie so oft in der Pandemie kann ich nur sagen, dass Duisburg das sehr sehr gut gelöst hat! (siehe Impfbrücke)

Bezüglich der Frage der Vergütung: ich empfinde es als sehr schade, wie wenig Selbstbewusstsein Spahn/die Politik da hat.
Bei den Testcentern, beim Impfen und in gewissem Rahmen auch bei der Maskenverteilung. Es muss doch legitim sein, zu sagen: in dem Moment der Entscheidung hatten wir große Not, haben kosten und nutzen abgewogen und halten die Vergütung für gerechtfertigt.
Wenn es sich in laufenden Prozess ändern lässt, macht man das, wenn es gerechtfertigt ist, oder bleibt dabei, wenn nicht.

Gerade bei den Testcentern finde ich die Vergütung nicht deutlich zu hoch, dass Problem ist doch, dass zu viele Tests abgerechnet werden. Eine Senkung der Vergütung bestraft doch die ehrlichen.

Die Frage ist eben wie ich als Stadt/Land den Betreiber kontrollieren kann. Übermittelt der nur pseudonymisierte Daten, dann kann er die ja auch „erfinden“.
Wenn wie in Duisburg die Anmeldung komplett über das Portal der Stadt läuft ist das natürlich super. Kann man bei euch dann nicht ohne Anmeldung hingehen? Das ist hier in Köln möglich.

Ich denke darüber lässt sich streiten. Materialaufwand ist pauschal mit 6€ abgegolten, und das ist wohl deutlich mehr als was das im Einkauf kostet (zumindest wenn man größere Mengen abnimmt). Und dann 12€ für das Testen selbst, was vielleicht 5 Minuten dauert (wenn man die Abstrich und die Behandlung der Probe etc. mit einrechnet). Finde ich schon arg viel.

Man kann auch spontan die Daten erfassen.

Die 6€ sind nicht pauschal für Material, sondern NUR für den Schnelltest selbst. Und man kann auch nicht den einfach 6€ (Abzgl. MwSt) abrechnen, sondern, zumindest wenn man nicht betrügt, nur die tatsächlichen Kosten. Das ist also wirklich komplett „Ergebnisneutral“.

Von den 12€ muss also alles an Vorlaufkosten gedeckt werden, das Personal bezahlt werden, Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel, sonstiges Verbrauchsmaterial. Da kommt schon was zusammen. Hängt dann natürlich von den Prozessen, den Lohnkosten und der Frequenz an, wie sich das rechnet. Gut bezahlt ist es auf jeden Fall. Aber nicht so übertrieben, dass dies selbst ein Skandal wäre.

Der Skandal ist, dass es wie immer Betrüger gibt und wie immer, wenn wir aufhören „deutsch“ zu sein, und Bürokratie reduzieren, kommt später jemand und entdeckt, dass Bürokratie auch seine Vorteile hat.

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Und ergänzend:
Wenn man es seriös macht, hat man auch ein gewisses Risiko. Verordnungen ändern sich wöchentlich, Gesamte Entwicklung ist nicht absehbar, von heute auf morgen braucht auf einmal keiner mehr einen Test…
Und du hast Personal angestellt und musst es bezahlen, obwohl keine Einnahmen mehr.

Kann man im ersten Schritt nicht einfach nachvollziehen wie viele Tests gekauft wurden? Ich meine in der Buchhaltung muss das ja festgehalten sein und wenn ich statt 90 Tests 1000 Abrechne sollte es eine gewisse Differenz zwischen dem Einkauf und dem Verbrauch geben. Klar müsste man dann die Kette nachvollziehen. Aber das müsste man ja eh machen. Also ist die Abrechnung echt. Wurde das Geld für die Tests auch zu diesem Zeitpunkt verrechnet usw. Bin in der Materie „Steuerfahndung“ nicht zu Hause aber da muss es doch fertige Verfahren geben die man auf so ein Unternehmen anwenden kann. Natürlich kann die Firma dann immer noch betrügen aber zumindest die Doofen und die ganz Unverschämten könnten man auf diese Weise schon mal raussieben.

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Ihr hattet in der Folge den Zusammenhang zwischen Meldung und Abrechnung nicht ganz verstanden. Hier zur Aufklärung:
in NRW muss jeder Betreiber jeden Abend die Anzahl der durchgeführten Tests und der positiven Tests über ein Portal an das Land NRW melden. Auf diese Zahlen hatten die Journalisten Zugriff, diese wurden mit den gezählten Tests vor Ort verglichen.

Die Abrechnung erfolgt dann aber am Monatsende über die KV. Dort meldet man die Zahl der in den Monat durchgeführten Tests und die entsprechenden Kosten für die Beschaffung.

Die beiden Zahlen (tägliche Meldung an das Land und Abrechnung mit der Kv) sollten natürlich übereinstimmen, sind aber nicht mit einander verknüpft. Es wäre als denkbar, dass ein Betreiber, dem man Abrechnungsbetrug vorwirft, und das kurz vor Monatsende, einfach doch nicht so viele Tests abrechnet, wie er vorher beim Land angegeben hat.

Außerdem möchte ich noch eine Vermutung einbringen: Es gibt, wie Ihr sagt, an jeder Mülltonne ein Testcenter. Damit man abrechnen kann, braucht man eine „Beauftragung“ der jeweiligen Kommune. D
Denkbar ist aber (und ich habe das in dem ein oder anderen Fall beobachtet), dass jemand, der an einem Standort einen Auftrag hat, einfach an weiteren Standorten testet, ohne eine neue Beauftragung zu beantragen. Richtig ist das auf keinen Fall, vor allem, dadurch eine Kontrolle durch die Aufsichtsbehören nicht möglich ist, aber es ist trotzdem nicht zwangsläufig so, dass die Tests nicht durchgeführt wurden.