Uni sagt Vortrag von umstrittener Biologin ab

Ein für die Lange Nacht der Wissenschaften der Humbold Uni Berlin letztes Wochenende geplanter Vortrag wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt, nachdem eine Studentenvereinigung Proteste angekündigt hatte.

Der Vortrag wurde dann auf Youtube veröffentlicht: [LIVE] Uni cancelled Evolutionsvortrag von Biologin - YouTube

Ich halte es für bedenklich, wenn eine Gruppe einseitig bewirken kann, dass ein offensichtlich von der Meinungsfreiheit gedeckter Vortrag nicht gehalten werden kann.
Wie seht Ihr das?

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Ich halte es für bedenklich, wenn man sich über ein Thema nur unzureichend informiert, dann aber heiße Cancel Culture-Takes rausballert und es den Mitforist:innen überlässt, die Scherben zusammenzusammeln.

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Gibt’s da noch Informationen in welcher Form der Protest gedacht war?

Mit dem bisschen was du schreibst wirkt es eher so, als ob der Veranstalter jedweder Kritik und Diskussion ausweichen will.

Dann reicht es wahrscheinlich auch schon wenn eine Einzelperson ankündigt sich mit einem Protestplakat und einem Infoblatt am Eingang postieren zu wollen.

Auch wenn das von Ihnen vermutlich definitiv nicht so gemeint war (sondern einfach nur sehr vorsichtig formuliert wurde): wenn harte naturwissenschaftliche Fakten schon unter den Schutzmantel von „von der Meinungsfreiheit gedeckt“ genommen werden müssen, dann sind wir wohl schon nahe am Abgrund.

Der Vortrag ist extrem sehenswert, informiert nüchtern über die Biologie und liefert Beispiele dafür, warum überhaupt noch eine (wissenschaftsferne) Debatte über die biologische Zweigeschlechtlichkeit geführt wird: wegen naturwissenschaftlichem Unverständnis oder falscher Wortwahl, teilweise auch von echten oder vermeintlichen Experten (Stichwort: Fachbeiträge à la „Gender-Identität der Kiwi“ oder „Gender-Unterschiede des Seeigels“ – Frau Vollbrecht vermutet hingegen, dass Kiwis und Seeigel gar kein soziales Geschlecht haben).

Die Humboldt-Universität hat den Vortrag abgesagt mit dem Verweis auf Sicherheitsbedenken. Um den Anschein der Wissenschaftsfeindlichkeit wieder loszuwerden sollte die Universität meiner Meinung nach den Vortrag in einem mindestens genauso medienwirksamen Rahmen nachholen. Vielleicht könnte die Universität auch aus der Not eine Tugend machen und ein breitere Veranstaltung organisieren, bei der die im Vortrag aufgezeigten Missverständnisse und Unterschieden zwischen den verschiedenen Geschlechterkategorien einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden können.
Und mindestens der Glaubwürigkeit halber müsste die Universität ihr Sicherheitskonzept überarbeiten, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.

Ferner schließe ich mich der Analogie der Moderatorin an: man stelle sich vor, eine Gruppe von Coronaleugner erzielt mit ihrem Protest, dass die Universität keine Vorträge von Virologen mehr zulässt.

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Mal langsam. In der Begründung der Universität hinsichtlich der Absage des Vortrags spielen „Sicherheitsgründe[]“ eine eher untergeordnete Rolle. Es geht vor allem um die Sorge darum, dass die Auseinandersetzung um den Vortrag von Marie-Luise Vollbrecht - neben den Protesten waren auch Proteste gegen die Proteste angekündigt - die restlichen Beiträge zur Langen Nacht der Wissenschaften überschatten würde. Die Universität stellt die Absage in der Kontext der reibungslosen und erfolgreichen Durchführung des Gesamtevents. Die Berichte, dass „gewaltbereite“ Studierende für die Absage des Vortrags gesorgt hätten, folgt dem Framing von Vollbrecht, das den Protestierenden ein Gewaltmotiv unterstellt.

Die Universität hat hier natürlich trotzdem maximal unsouverän reagiert. Das Problem liegt aber vor allem darin, dass man den Vortrag von Vollbrecht überhaupt ins Programm aufgenommen hat. Bei der Langen Nacht der Wissenschaften sollen Forschende aus ihrer Forschung berichten. Vollbrecht forscht über die Auswirkungen von Sauerstoffmangel auf die Hirnzellen von Fischen. Man ist vermutlich froh darüber, dass sich überhaupt Forschende finden, um bei der LNDW aufzutreten, und hat deshalb erst nicht genau hingeschaut, dann schließlich bemerkt, dass man sich die Co-Autorin eines wissenschafts- und transfeindlichen WELT-Artikels, der gegen die Reform des Transsexuellengesetzes agitiert, ins Programm geholt hat, die außerdem überhaupt nicht zu Geschlecht forscht, und daraufhin qua Kurzschluss die unsouverän und hilflos wirkende Absage des Votrags verfügt. Dann hat man auch noch versucht, dieses Fiasko den Studierenden in die Schuhe zu schieben. (In der „Abendschau“ des rbb wurden diese dann übrigens mit Nazis verglichen, die 1933 Bücher verbrannt haben.)

Eine „Wiederholung“ des Vortrags mit weitergehendem Rahmenprogamm ist übrigens schon vor der Erstellung dieses Threads für die nächste Woche angekündigt worden.

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Danke für diese Zusammenfassung. Das ist so ein weirdes Ding dass ich es schwer habe den Ablauf den eher konservativen Freunden in meinem Umfeld zu erklären. Das hat natürlich die Runde gemacht.

Dazu noch dieser Wunderbare Thread auf Twitter

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